Der Astronomieturm
Der Astronomieturm in Hogwarts war bei vielen Schülern sehr beliebt. Nicht wegen des Unterrichts, der tagsüber dort stattfand, nein. Nachmittags und auch nachts war es der Treffpunkt für Geliebte. Dort konnten sie ungestört alleine sein, die Aussicht auf das Schlossgelände oder den Sternenhimmel genießen, während sie auf der Couch (die dort stand, damit die Lehrer sich erholen konnten, während die Schüler abgelenkt waren) kuschelten.
Es war perfekt, noch nicht einmal Filch ahnte etwas. Nun, vielleicht hatte Dumbledore eine Ahnung, aber wenn er die hatte, drückte er beide Augen zu. Er war ein sehr großzügiger Direktor. Und so lange nichts Ungesetzliches geschah, sah er über so manches hinweg. Sehen wir uns doch einmal an, wer so alles dahin kommt.
Die Tür (geöffnet durch einen einfach Zauber, den alle Schüler schon im ersten Jahr lernen) öffnete sich quietschend. Vorsichtig lugte ein Kopf mit braunen Locken hinein.
„Die Luft ist rein, Ron", sagte Hermine und zog Ron an der Hand in den runden Raum. Sie schloss die Tür und belegte sie mit einem Verschließungszauber, den niemand so leicht brechen konnte.
„Ach Miene, warum haben wir diesen wunderbaren Platz erst in unserem letzten Schuljahr entdeckt?", seufzte Ron. Hermine kicherte ein wenig, küsste Ron, bevor sie ihm antwortete: „Weil wir erst seit kurzem ein Paar sind?"
„Hätten wir den Raum vorher gefunden, wären wir bestimmt früher ein Paar geworden!"
Hermine zog Ron zur Couch und die beiden ließen sich nieder, heftig knutschend. Plötzlich ratterte es an der Tür. Ein „Alohomora" Versuch war gescheitert.
„Wer ist da drin? Beeilt euch gefälligst, ihr seid nicht die einzigen hier", beschwerte sich eine Stimme, die die beiden gut kannten.
„Vergiss es, Seamus! Wir sind gerade erst gekommen! Such dir mit Lavender einen anderen Platz!"
„Ronald Weasley! Du solltest mal lieber die Klappe halten, nach deinem Patzer beim letzten Quidditch Spiel! Sei froh, dass ich dir den Arsch gerettet habe! Jetzt macht doch Platz für uns, ihr seid schon länger zusammen als wir!"
„Ja, genau eine Woche länger! Und Quidditch hat hiermit nichts zu tun, klar? Versuchs doch im Nordturm!"
„Unter Trewlaneys Nase meinst du? Vielen Dank, ich verzichte! Komm, Seami- Bärchen, der ist zu stur. Wie wär's mit eurem Schlafsaal?", kam Lavenders Stimme durch die Tür.
Die Stimmen entfernten sich, noch bevor Ron aufsprang und rief: „Wagt es ja nicht, ich will da noch schlafen!"
„Lass sie, wenigstens sind wir sie los! Außerdem, weißt du nicht mehr, letzte Woche...?", kicherte Hermine. Ron errötete, obwohl er ja keinen Grund hatte. „Na ja, wenn wir es tun, ist das jawohl etwas anderes!"
Sie machten weiter, wo sie aufgehört hatten. Ron wurde sich immer sicherer, dass er Hermine liebte, mit jeder Sekunde wuchsen seine Gefühle für sie. Ein leises Stöhnen entfuhr ihm. Hermine ließ ihr Hand über seine Brust gleiten –
WUMM! Die Tür donnerte, jemand trat heftig dagegen.
„WAS? KANN MAN HIER NICHT EINMAL UNGESTÖRT SEIN?", regte Ron sich auf.
„DOCH UND GENAU DESWEGEN SIND WIR HIER! Lass uns jetzt rein, Wiesel, du hast doch tausend andere Plätze, an dem du es mit dem Schlammblut treiben kannst!", sagte eine schmierige Stimme. Alleine die Wortwahl ließ auf den Sprecher schließen.
„Malfoy, du kommst hier nicht rein! Ihr habt auch genügend andere Plätze!", sagte Hermine.
„Und? Wir wollen nun mal hier unsere Bedürfnisse ausleben!"
„Verpiss dich, Malfoy! Und Harry, tut mir leid, aber wir waren nun einmal zuerst hier", fügte Ron hinzu.
„Wie lange braucht ihr denn, Ron?", fragte Harrys Stimme durch die Tür.
„Wahrscheinlich nicht lange, der kommt doch schon, wenn er nur einen ziemlich lebhaften Traum hat", höhnte Draco.
„Sei leise, er ist immerhin mein Freund!"
Hermine verdrehte die Augen. Ron nickte zustimmend. Er legte seinen Finger auf seine Lippen als Zeichen für Hermine, die sofort verstand und einen Schweigezauber auf die Tür legte.
„Ich habe echt keine Lust auf deren ewigen Streiterein", sagte sie.
Ron konnte wieder nur nicken. „Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja..."
Wieder fanden ihre Lippen zusammen. Dieses Mal hatten sie ganze zwei Minuten, in denen Hermine schon quälend langsam Rons Hemdknöpfe vorgenommen hatte. Dann hörten sie ein leises Schuhuhen. Eine Eule war durch die offene Balkontür hereingekommen. Sie hüpfte hinter Hermine auf der Couch herum und streckte ihnen ihr Bein entgegen.
„Sollen wir sie nicht einfach ignorieren?", fragte Ron. Hermine stimmte ihm zu. Nasse Küsse flogen von Mund zu Mund.
„Miene, pass auf, deine Fingernägel bohren sich ja in meine Kopfhaut", sagte Ron zwischen den Küssen.
„Ronnie, meine Hände befinden sich gerade beide südlich von deinem Kopf."
„Aber was...?" Ron schlug die Augen auf und Hermine schrie spitz auf.
„Was für eine aufdringliche Eule!"
„Ih, komm sofort da herunter!"
„Es nützt wohl nichts, wir werden den Brief lesen müssen..."
„Ja, ja. Gib schon her, du Federvieh."
Ron nahm nun die Mitteilung und las laut vor. „Geehrte Schüler, wer auch immer sich in diesem Moment im Turm befindet, ich muss Sie bitten, ihn zu räumen. Nachdem in den letzten Monaten immer mehr Beschwerden eingingen, in denen mir mitgeteilt wurde, dass es wegen diesem gemütlichen Turm öfters Streitereien gab, muss ich Ihnen nun den außer- unterrichtlichen Verkehr dort verbieten. Dumbledore. So ein Mist!" Der letzte Satz stand natürlich nicht auf dem Papier, sondern war Rons eigene Kreation.
Ron starrte Hermine an. Sie nahm den Brief, überflog die Zeilen, während ihr Lippen stumm mitlasen. Dann gab sie ihn Ron zurück. „Ja, wirklich blöd! Wer hat sich bloß beschwert! Denkst du Seamus...?"
„Wohl eher Malfoy, Harry kann ihn nicht immer von solchem Scheiß abhalten."
Hermine wiederrief die Zauber und die beiden gingen zurück. Einsam und leer blieb der Turm zurück. Doch was war das? Zwei schemenhafte Gestalten tauchten aus den Schatten auf.
„Ha! Die haben es geschluckt! Sogar die Granger! Wirklich eine tolle Idee von dir, Harry!"
„Ich weiß... Los, bevor wieder jemand kommt!"
Glücklich zog Harry seinen Freund in den Turm. Die Tür stieß er einfach mit dem Fuß hinter sich zu, da seine Hände anderweitig beschäftigt waren.
Von außen waren nur noch laute Stöhngeräusche zu hören. Und der Astronomieturm war froh, heute doch noch seinen Zweck erfüllen zu können.
°Ende°
