Zabinis Plan

„Husch, husch", machte Blaise Zabini, „Ich will heute noch zum Essen kommen."

Er hasste dieses Katzenvieh. Nie würde er verstehen, warum seine Mutter ihm die geschenkt hatte. Sie roch immer nach alten Socken und sah auch aus wie eine.

Im Moment lag sie mal wieder im Weg herum und Blaise' Fuß nahm Anlauf, um sie wegzuschubsen. Blöderweise entwischte sie mit einem Mauzen, das Blaise in den Ohren weh tat.

Auf dem Weg in die Große Halle lief ihm das Wasser im Mund zusammen, als er sich ausmalte, was es wohl zum Essen gab. Vielleicht Spaghetti? Oder Pfannkuchen? Am liebsten aber Kartoffelpüree, Blaise Lieblingsspeise.

Doch ein Hindernis galt es noch zu überwinden. Potter stand in der Halle, mit seiner neuen Freundin, diese Weasley. Blaise mochte ihn nicht, dafür sie aber umso mehr. Wie wunderschön ihr rotes Haar ihre Schultern umfloss und ihr Gesicht umschmeichelte... Aber sie war eine Blutsverräterin. Punkt, Ende, Aus.

Seine Stirn zog sich kraus. Ob es in Slytherin wenigstens angesehen war, eine Nacht mit ihr zu verbringen? Er konnte sie danach ja fallen lassen. Und damit Potters Zorn auf sich ziehen, dachte Blaise, darauf konnte er verzichten.

„Na Potter, glaubst du, wenn du dich mit der einlässt, kommst du in ihre Familie? Damit du endlich mal Eltern hast?", fragte Blaise quer durch die Halle.

Potter ignorierte Blaise, er hieß ja nicht Malfoy, aber Weasley zeigte ihm den Stinkerfinger. Was für ein wunderbarer Mittelfinger es war, fiel Blaise erst auf, als er schon in der Halle war.

Es gab Schnitzel mit Reis. Da Blaise, sensibel wie er nun einmal war, Vegetarier war, aß er nur den Reis.

„Immer noch nicht bereit, Tiere schlachten zu lassen?", höhnte einer seiner Zimmergenossen, Theodore Nott. Blaise schickte ihm einen kalten Blick. „Ich wäre dazu bereit, dich schlachten zu lassen", sagte er.

Theodore zuckte mit den Schultern, spieß ein Stück Fleisch auf seine Gabel und steckte es sich genüsslich in den Mund. Blaise schüttelte sich und richtete seinen Blick auf seinen Teller.

„Jedes Mal, wenn ich Potter mit seiner Weaslette hereinstolzieren sehe, könnte ich kotzen", kam es dann von Blaise anderem Tischnachbarn und er hob den Kopf. Tatsächlich, Potter kam herein, mit ihr im Arm... Wie ihre Augen doch funkelten, im Kerzenschein...

„Was ist mit dir, Zabini?", fragte Draco Malfoy, „Hörst du mir nicht zu?"

„Sicher tue ich das, Malfoy. Ich könnte auch kotzen. So ein Glück ist ja nicht auszuhalten. Lass sie uns auseinander bringen!"

Auf Dracos Gesicht schlich sich ein gemeines Grinsen. „Und was hast du vor?"

Blaise zuckte mit den Schultern. „Lass uns das nachher besprechen", sagte er, Weasley immer noch im Blick. Ihr Vorname war Ginny... passte der nicht hervorragend zu ‚Blaise'? Verdammt, jetzt verrann er sich schon wieder in verbotenen Gedanken. Zum Glück wusste Draco nichts davon, oder noch schlimmer, Theodore. Der war zwar nach außen hin vollkommen harmlos, aber er hatte es faustdick hinter den Ohren.

Später saß Blaise mit Draco in ihrem Versteck, ein unbenutztes Klassenzimmer. Das heißt, benutzt wurde es schon, und zwar von ihnen.

„Also, lass hören", sagte Draco. Er saß auf einem Tisch und ließ die Beine baumeln. Alles in allem sah er schon wieder sehr gelangweilt aus. Aber unter dieser Oberfläche brodelte ein Vulkan, und Blaise kannte genau die richtigen Worte, um ihn ausbrechen zu lassen.

„Ich hasse Potter, nur deswegen tue ich das hier, das verstehst du doch?", fing er an. Draco nickte, seine Augen blitzten auf. Er hasste Potter am meisten von allen, auch das wusste Blaise.

„Ich habe mir gedacht, wie könnten wir ihn am meisten verletzten?"

„Sie auseinander bringen, meinst du?"

„Noch mehr. Sie muss ihm das Herz brechen", sagte Blaise. Ein schelmisches Grinsen legte sich auf seine Lippen.

„Und ihn betrügen."

„Ganz genau." Blaise lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinterm Kopf. Drei... zwei... eins.

„Und darum willst du dich kümmern?"

Blaise klatschte Draco auf den Rücken, so dass er nach vorne fiel. „Du hast es erfasst, Kumpel. Und du darfst dafür sorgen, ich bin ja so gnädig, dass er zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist, um uns zu erwischen. Schlag ihm ein kleines Duell vor oder so, du bist der einzige, der ihn aus der Reserve locken kann."

Draco schien die Tatsachen abzuwägen, und dann nickte er. Und fasste Blaise ins Auge.

„Und du... ziehst nicht zufällig einen persönlichen Vorteil aus der Sache?"

„Oh doch, natürlich tue ich das", grinste Blaise. „Warum sonst bin ich in Slytherin?"

Draco grinste und gratulierte ihm zu seiner Gerissenheit und Hinterhältigkeit.

Am Abend des Tages schlenderte Blaise im Schloss herum. Wie schwer konnte es sein, Weasley alleine zu erwischen und sie davon zu überzeugen, dass er, Blaise Zabini, Meister aller Herzen (nur in Gedanken, aber das wusste sie ja nicht), ihre wahre Liebe war?

So schwer, wie Nora einen Fußtritt zu verpassen. Nun, manchmal entwischte sie zwar, aber meistens traf Blaise sie. Nora hatte er übrigens sein stinkfaules Tierchen genannt.

Um die ganze Sache zu beschleunigen, rannte Blaise hinter der nächsten Ecke in die Weasley. Leider war auch Potter dabei, aber Blaise wusste etwas, was Potter noch nicht wusste.

„Potter! Malfoy hat gesagt, er erwartet dich Großmaul um Punkt sechs im Pokalzimmer, aber ich habe ihm gesagt, er soll nicht so lange warten, weil du wahrscheinlich zu feige bist. Also, entweder du rennst jetzt los oder du verpasst ihn."

Potter knurrte und war mit drei großen Schritten von der Bildfläche verschwunden.

„Und jetzt zu dir, Kätzchen", schnurrte Blaise. Vielleicht hätte er Nora lieber Ginny nennen sollen. Sie lehnte an einer Wand und verschränkte die Arme, als Blaise auf sie zukam.

„Was willst du, Zabini?" Ihre Augen funkelten, diesmal im Lichte der Gaslampe, die auch wunderbar ihre Haare glänzen ließ. Blaise seufzte leise. Ein Fehler. Weasley war mit allen Wassern gewaschen.

„Oh, kann das sein, dass du mich magst, Blaise?", hauchte sie mit einem verführerischen Blick und trat einen Schritt auf ihn zu. „Und kann es sein, dass ihr dir ein bißchen gefalle?"

Sie stand nun ganz nahe vor Blaise und ihm ging zum ersten Mal im Leben die Luft aus. Und die Worte. Sie klimperte mit den Augen und stellte sich auf Zehenspitzen, um ihm dann ins Ohr zu hauchen: „Vergiss es."

Blaise war schon ziemlich nervös, seine Hormone feierten eine Riesenparty. Doch das wollte er sich nicht anmerken lassen, ebenso wenig wie die Tatsache, dass er nichts zu erwidern wusste.

„Tja, eigentlich wollte ich dir nur sagen, dass wir uns das Duell nicht entgehen lassen sollten, und schließlich musst du deinen Freund ja nachher noch aufkratzen, aber wenn du nicht willst...", sagte er, trat einen Schritt zurück und ging schulterzuckend davon.

Und er hatte es mal wieder richtig gemacht. Denn sie war nach wenigen Schritten doch an seiner Seite und zischte: „Wehe, das ist eine Falle, Zabini."

Blaise grinste nur. Er würde sie schon noch soweit bringen... irgendwie. Am besten vor dem Pokalzimmer, wenn Potter ohnehin schon niedergeschlagen herauskam.

Blaise lief langsamer, je näher sie kamen. Sie hatten noch kein Wort miteinander geredet.

„Also... wie kommt's, dass du in Gryffindor bist?", fragte er. Ein Mann muss auch einmal dazu bereit sein, sich lächerlich zu machen, wenn es ihn seinem Ziel näher bringt. Weasley fauchte, ganz wie Nora, und antwortete: „Es liegt in der Familie."

„Ja und bist du denn damit einverstanden?"

„Und ob ich das bin, du Volltrottel."
"Kein Grund, mich zu beleidigen, ich muss doch bitten."

Sie kamen vor der Tür stehen, hinter der das Pokalzimmer war und Blaise lehnte sich gegen die Wand. „Wir warten hier", sagte er, um Zeit zu schaffen.

Doch Weasley funkelte ihn an, mal wieder, und riss die Tür auf. Blaise wollte zwar die Gelegenheit nutzen und sprang ihr hinterher, packte sie am Arm, aber es war zu spät. Sie erstarrte unter seinem Griff in der offenen Tür und Blaise musste grinsen.

Doch dann sah er, warum sie wirklich erstarrt war. Dort war Potter, und Draco war auch da. Sie lehnten gegen einen Schrank, aus dem ein paar Pokale herausgefallen waren, und...

„Harry?", krächzte Weasley in einem außergewöhnlich hohem Ton. Potter und Draco fuhren auseinander und blickten sich um. Potter wurde auf der Stelle rot.

„Ginny, ich... das war jetzt nicht so, wie es aussah..."

Draco grinste. „Das kommt drauf an, wonach es aussah, nicht wahr, Potter?"

Nun ergriff Blaise das Wort, er vergaß ganz, dass er Weasley noch festhielt. „Es sah nach einer wilden Knutscherei aus, Draco", sagte er.

„Nun, dann war es doch so, wie es aussah", antwortete Draco. Blaise traute seinen Ohren kaum. Potter stammelte noch etwas unverständliches, doch Blaise zog Weasley aus dem Raum und schloss die Tür.

„Das hätte ich nie erwartet, gerade von –"

„Dieser Arsch!", heulte Weasley plötzlich los und schmiss sich in Blaise Arme. Es kam sehr unerwartet, aber er wiegte sie schon bald sanft und machte dazu „Sch... er hat es nicht verdient, dass du um ihn weinst..."

Und dann grinste Blaise. Ihr Plan war doch aufgegangen, wenn auch nicht so, wie er es erwartet hatte. Er genoss das Gefühl, Weasley zu trösten und brachte sie sogar zu ihrem Turm, verabschiedete sie mit den Worten: „Ich bin immer für dich da... wenn du mal reden willst."

Er hatte keinen Versuch gestartet, sie zu küssen, nein, er war ein Gentleman. Was Draco sich dabei gedacht hatte, würde er auch noch rausfinden, aber so, wie er Draco kannte, war die Antwort wahrscheinlich: gar nichts. Draco handelte immer sehr intuitiv.

Blaise lief mit einem breiten Grinsen zu seinem Schlafsaal zurück. Nora lag auf seinem Bett und schlief. Er setzte sich daneben und streichelte sie zum ersten Mal. „Ich denke, wir könnten uns doch noch anfreunden, du und ich."