Sylvesterparty

Ja, auch auf Hogwarts wurde der Jahreswechsel gefeiert, wenn ihm auch weniger Bedeutung zugemessen wurde als dem Julfest oder Halloween. Es gab um Mitternacht ein Feuerwerk – eine von Dumbledores leichtesten Übungen – und davor ein Festbuffet. Kein Schüler, der in den Ferien in Hogwarts blieb, ließ sich diesen Schmaus entgehen. Es war auch Brauch, an diesem Tag seine Mitmenschen auf den Arm zu nehmen, vergleichbar mit dem 1. April der Muggel.

Obwohl sie das Julfest im Fuchsbau verbracht hatten, wollte Ron dieses Jahr unbedingt Sylvester in Hogwarts feiern.

„Es ist unsere letzte Chance", war seine Begründung (auf ein weiteres Festessen). Harry sollte er nur Recht sein, und Hermine ging ja sowieso dorthin, wo Ron hinging.

Also liefen sie am Morgen des 31.12., ein Samstag, den Weg von Hogsmeade zum Schloss hoch. Der erste, dem sie dort drin über den Weg liefen, war – Snape.

„Was macht ihr denn hier, die Schule hat noch nicht begonnen", murrte er. Harry tötete ihn mit seinem Blick, aber Snape entblößte seine gelben Zähne. „Keine Chance, Potter, ich bin zäh", sagte er und drehte ihnen den Rücken zu. Missmutig liefen sie weiter, die Koffer vor sich herschwebend, zum Gryffindorturm.

Plötzlich knallte Harrys Koffer, den er auf Augenhöhe um eine Ecke schweben gelassen hatte, gegen eine Person. Ein „Au, verdammt!" folgte und ein Plumpsen. Harry senkte seinen Koffer zu Boden und wollte der Person gerade aufhelfen und sich entschuldigen, als er sah, um wen es sich handelte.

„Ah! Pass doch auf, musst du meinem Koffer in den Weg laufen?", beschwerte er sich stattdessen. Dort unten auf dem Boden saß Malfoy und wühlte eifrig in seinen Taschen, wobei er noch mehr fluchte.

Harry grinste.. „Zauberstab vergessen, Malfoy? Was hältst du davon, ich stehe hier mit meinem in der Hand."

Ron sagte zu Harry: „Mit dem wirst du fertig, oder? Ist ja nicht so, als wäre der Koffer leicht in der Luft zu halten." Und er und Hermine ließen Harry und Draco alleine. Ein Fehler, vielleicht, aber hätten sie es nicht getan, wäre diese Geschichte ganz anders verlaufen.

Malfoy rappelte sich hoch. „Na schön, Potter, tu, was du nicht lassen kannst. Aber ich warne dich, wenn mein Vater –"

Mit einem Schwenker aus Harry Zauberstab war Malfoys freches Mundwerk besiegelt. Er machte dumpfe Geräusche und lief rot an.

„Ah, wie schön das ist, dich einmal sprachlos zu sehen", sagte Harry, während er überlegte, was er dem armen Kerl als nächstes antun konnte.

Doch der arme Kerl hatte nicht vor, sich das gefallen zu lassen. Während Harry in Gedanken versunken war, schmiss er sich gegen ihn, Harry ging zu Boden und Malfoy fing Harrys Zauberstab auf. Er entfernte seine Mundsperre und richtete den Zauberstab auf den am Boden liegenden Harry.

„So schnell kann sich das Blatt wenden, Potter!", keifte er dabei.

„Malfoy, das ist mein Zauberstab! Du richtest damit nur Schaden an!"

„Ich wüsste nicht, welchen. Und ist heute nicht der Tag des Schadens?"

„Der Tag der Streiche ist heute, du Witzbold!", schnaufte Harry, als er aufstand.

„Jaah, genau! Also, wie könnte ich dich reinlegen?" Malfoy tat, als überlege er, oder vielleicht überlegte er ja tatsächlich, wer weiß das schon.

„Gib mir meinen Zauberstab wieder!", forderte Harry, und näherte sich langsam dem Objekt seiner Begierde (seinem Zauberstab natürlich).

„Ach – Nö." Malfoy steckte ihn mit einer schnellen Bewegung in die Innentasche seines Hemdes, das er offen über einem langärmeligen Shirt trug. Harry kochte vor Wut. Er stürzte zu Malfoy, packte ihm am Kragen und schüttelte ihn kräftig durch.

Draco versuchte, sich zu wehren, er umklammerte Harry mit den Armen und lief in Richtung Wand. Sein Plan war es, Harry festzunageln und ihn so von diesem Schüttel- Quatsch abzubringen. Im Eifer des Gefechts jedoch knallten ihre Köpfe zusammen, Malfoy wurde schwindelig und er sank in Harrys Armen zusammen. Harry blickte sich unbehaglich um.

„Äh – Malfoy. Lass den Quatsch. Wir kämpfen gerade, da kannst du jetzt doch nicht kuscheln wollen", sagte er. Sein Pech, dass Ron und Hermine in diesem Moment um die Ecke bogen, fürsorglich nach ihrem Freund sehen wollten und die letzten Worte mitbekamen.

Sie erstarrten. Malfoy lag in Harrys Armen, und Harry sagte etwas übers Kuscheln – das war eindeutig nicht so, wie es sonst immer war.

„Harry?", krächzte Ron. Harry drehte seinen Kopf zu ihm.

„Ah, gut, dass ihr kommt, könntet ihr –" Harry ächzte unter der Last, und Draco kam wieder zu Bewusstsein, stöhnte und fasste sich an den Kopf.

„Warum willst du mit Malfoy kuscheln?", fragte Ron.

Draco erfasste die Situation sofort und grinste. Er stellte sich richtig auf seine Füße und umfasste Harry an den Hüften.

„Tja, Weasley, schon ein Schock, oder? Harry, wir können es nicht länger verstecken", schnurrte er. Harry riss die Augen auf und versuchte, zu entkommen.

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst, Malfoy!"

Malfoy beugte sich vor, ganz nahe zu Harry, und wisperte in sein Ohr: „Sieh dir Weasley an und sag mir, dass das kein Spaß ist."

„Ich wüsste nicht, warum –"

Malfoys Antwort kam wieder geflüstert, und mit jedem Atemstoß, der in Harrys Ohr kam, lief ihm ein Schauer über den Rücken.

„Vielleicht, weil ich so gut küssen kann. Oder – auch nicht unwichtig – weil ich deinen Zauberstab habe und mir noch einmal ganz stark überlegen werde, wann und ob ich ihn dir zurückgebe."

Er grinste Harry an. Harry war rot (das war auf Malfoys erste Aussage zurückzuführen) und knurrte ihn an (dies auf seine letzte). Er befreite sich aus Dracos Griff. „Ja, sicher doch, Draco, trotzdem würde ich es begrüßen, wenn du nicht in der Öffentlichkeit –"

„Du meinst, er hat Recht? Er verarscht dich nicht?" Rons Stimme erklang drei Oktaven höher als normal. Hermine blickte sie zweifelnd an. Harry wurde noch roter.

„Äh, ja, ähm", stammelte er. Draco legte einen Arm um seine Schultern und gab ihm einen Kuss auf die Wange, grinsend natürlich.

Harry war dies alles sehr unangenehm. Zu seiner Erleichterung packte Hermine (warum war sie nur allzu leicht bereit, es zu glauben?) Ron am Arm und zog ihn weiter.

„Dann lassen wir euch mal alleine. Wir sind unten in der Küche und helfen den Hauselfen."

Sie verschwanden und Draco lachte. „Was für eine miese Ausrede", sagte er. Harry trat erst einmal drei große Schritte von ihm weg und streckte seine Hand aus. „Da wäre ich mir nicht so sicher. Wenn du jetzt also…?"

„Oh, Harry, du willst in der Öffentlichkeit mit mir Händchen halten? So schnell?"

Harry knurrte wieder (seine Animagusform war bestimmt ein Hund) und antwortete: „Nein, Malfoy. Ich möchte meinen Zauberstab haben."

Dracos Grinsen wurde noch breiter. „Wo bleibt denn da der Spaß. Ich möchte dieses Gesicht von Weasley noch öfter sehen heute. Und ich finde es auch sehr angenehm, wenn du sprachlos bist. Also, man sieht sich."

Er machte viele große Schritte und verschwand bald aus Harrys Sichtfeld, und Harry stand da und starrte ihm nach. Wo hatte er sich da bloß hineingeritten? Und wie sollte er die Party überstehen? Dass er sich nicht amüsieren würde, war jetzt schon klar.

HIH

Harry und Ron kleideten sich für die Party an. Ron und Hermine hatten Harry nicht mehr auf sein „Outing" angesprochen, und er tat es auch nicht. Es wäre ein leichtes, seine Gründe zu erklären, aber wenn er schon dazu gezwungen wurde, dann wollte er auch seinen Spaß dabei haben. Und das hieß einen ahnungslosen und kurz vor der Ohnmacht stehenden Ron. Dass Hermine die Sache durchschaute, da war er sich gewiss. Aber Harry hatte keine Gelegenheit gehabt, mit ihr alleine zu sprechen. Doch anscheinend hatte sie Ron nicht aufgeklärt, denn als die drei dann endlich in der Eingangshalle standen und Malfoy auf sie zukam, wurde er eine Spur heller und machte merkwürdige Geräusche. Harry wusste nicht, ob er ein Würgen oder einen Heulkrampf zu unterdrücken versuchte.

„Jetzt sag endlich, dass es nicht wahr ist", sagte Ron. Malfoy war noch fünf Meter entfernt.

„Ron, jetzt mal ehrlich, von dir hätte ich mehr Verständnis erwartet", sagte Harry und setzte ein strahlendes Lächeln auf, das er Malfoy (drei Meter entfernt) schenkte. Malfoy grinste und war zwei Sekunden später kurz vor Harry und blickte auf ihn hinab.

„Ah, Schatz", sagte Harry so überzeugend wie möglich, mehr traute er sich aber nicht. Aber wozu war Draco der durchtriebenste Schüler Hogwarts? Er fasste Harry im Nacken und mit einem Blick auf Ron (der beide ohne ein Wimpernzucken anstarrte), senkte er seine Lippen auf Harrys. Harry entzog sich, sobald es nicht mehr auffällig war und zog ihn zur Seite.

„Das war nicht nötig", redete er eindringlich auf Draco ein. Dann fiel sein Blick auf Ron. Er schien einer Ohnmacht nahe, hing an Hermines Arm und ließ die beiden nicht aus den Augen.

„Allerdings ein guter Schachzug", sagte Draco, der seinem Blick gefolgt war. Harry grinste Ron an, ihn überkam auf einmal ein merkwürdiges Hochgefühl. Vielleicht würde der Abend doch noch ganz lustig werden. Er packte Draco am Hinterkopf und zog ihn zu sich, seine Lippen wieder auf seine pressend. Er hatte die Augen zwar geschlossen, aber er war sich Rons Blicke bewusst.

Und er erwiderte sogar die Kontaktanfrage von Dracos Zunge. Es erschien ihm nicht mehr ekelhaft, sie mit seiner eigenen zu umkreisen und zu reizen. Es trug einfach zum Spaß des Sylvesterabends bei. Atemlos brach er schließlich ab und schaute Draco befremdlich in die Augen.

Doch den Augenkontakt unterbrach er, als er hörte, wie die Türen zur Großen Halle geöffnet wurde. Er ließ sich dazu hinab, Malfoys Hand zu nehmen und zog ihn mit einem „Komm" zu Ron und Hermine, die in die Große Halle gingen bzw. torkelten.

Es waren nicht viele Schüler da, drei Hufflepuff (McMillan, Abbot und Diggory), vier Ravenclaw (Chang, Patil, Lovegood und ein Mädchen, dass Harry nicht kannte), drei Gryffindor (hm… kannte Harry alle nicht, einschließlich sich selbst) und drei Slytherin (Zabini, fremdes Mädchen, anscheinend Zabinis Freundin und Malfoy). Deswegen stand nur ein Tisch in der Halle. Die Lehrer, insgesamt sieben, saßen schon dort und Dumbledore winkte den Schülern zu. Das Buffet war rechts aufgebaut, in der Halle lagen und hingen überall Spiele, Knallbonbons, Süßigkeiten und Girlanden. Außerdem lag ein dezenter Glitzerstaub in der Luft, der nie dort war, wo man selber war.

Harry schippte sich ordentlich Kartoffelsalat, Frikadellen und Frühlingsrollen auf den Teller, so beladen ging er an den Tisch und setzte sich neben Rons Platz, der im Augenblick noch frei war. Auf Rons anderer Seite saß Hermine und blickte Harry an. Harry lächelte ihr zu, als er sich hinsetzte, aber sie zog nur die Augenbrauen hoch. Harry zuckte mit den Schultern und machte sich über sein Essen her. Wenn sie etwas hatte, dann würde er das mit Garantie noch heute Abend erfahren.

Draco setzte sich neben Zabini und seine blonde Freundin mit dieser widerlichen Hochsteckfrisur. Sie saßen auf der anderen Seite des Tisches ein wenig entfernt, stellte Harry mit Bedauern fest. Äh, mit Erleichterung natürlich, denn er brauchte auch mal eine Pause von diesem Spiel.

Da Ron immer noch nicht da war, rückte Hermine auf. „Sag mal Harry, seit wann geht das schon mit dir und Malfoy?"

„Wie bitte?" Harry riss seinen Blick von dem blonden Knaben los und ließ Hermines Frage einsacken. Dann wurde er rot.

„Oh, das… ähm, noch nicht so lange…"

„Und eure Zankereien, alles nur Show?"

„Nein, ganz und gar nicht, Draco ist wirklich zickig", sagte Harry lachend. Und schaute wieder zu dem Blonden, der in seinem Essen herumstocherte und ein aggressives Gespräch mit Zabini zu führen schien.

Harry zuckte mit den Schultern und fuhr mit seiner Mahlzeit fort. Ron kam an, drei Teller balancierend.

„Wow, das kannst du aber toll", meinte Hermine. Sie half ihm, die Teller hinzustellen, damit er sich setzen konnte.

„Allerdings frage ich mich, wieso du sie nicht hast schweben lassen."

„Ähm, ich war so beschäftigt mit der Frage, was ich nehmen sollte…", sagte Ron, ließ seinen Blick über die Teller streichen und wirbelte seine Gabel herum. Dann begann er, von allen Tellern gleichzeitig zu essen. Harry fragte sich, ob er einen neuen Rekord aufstellen wollte.

Nachdem dann alle fertig gegessen hatten (auf Dumbledores Befehl warteten sie sogar noch auf Ron, der zum Dank eine Hand hob, ohne seine Mahlzeit zu unterbrechen), wurde der Tisch zur Seite gerückt, und auf die Bühne lief eine Band auf, die anfing, die wildeste Musik zu spielen. Gleichzeitig erschienen drei kleine, runde Tische mit kuscheligen und halbrunden Sitzbänken, nicht weit voneinander entfernt, in der Halle. Die Lehrer setzten sich an einen, die Mädchen und Jungen aus Ravenclaw und Hufflepuff an einen anderen und die drei Slytherin an den letzten Tisch. Harry fragte sich, ob Malfoy ihren Spaß schon vergessen hatte oder keinen Gefallen mehr daran fand. Das fände er sehr enttäuschend, schließlich hatte der Spaß gerade erst begonnen.

Doch in diesem Augenblick drehte Malfoy sich um, sein Blick fiel auf die unschlüssig herumstehenden Gryffindor und er winkte Harry zu sich.

„Das bedeutet, ihr dürft mitkommen", zischte Harry Ron und Hermine zu, schon halb auf dem Weg dorthin. So sah er nicht Hermine die Augen verdrehen und Ron plötzlich wieder weiß werden.

Harry setzte sich neben Draco, nicht zu weit weg. Ihre Beine berührten sich, denn schließlich mussten Ron und Hermine noch auf die Bank passen, so war das. Zabini und Freundin starrten ihn böse an. Harry lächelte halbherzig, aber sie starrten immer noch, so gab er das Lächeln auf. Stattdessen streckte er die Hand aus.

„Hi, ich bin Harry", sagte er.

Keine Reaktion.

Draco neben ihm knurrte plötzlich. „Wenn sich jemand vorstellt, dann nimmt man auch die Hand von diesem. Es sei denn, man ist ganz dreist und erwünscht Feindschaft", fügte er mit einem Blick auf Harry hinzu, der sich fragte, was das nun wieder zu bedeuten hatte.

Zabini räusperte sich. „Und wenn man eigentlich schon verfeindet ist?", fragte er unschuldig.

„Auch dann", nickte Draco.

„Also schön. Nur heute Abend, Potter, da Draco dich eh bald fallen lassen wird. Wie wir heißen, weißt du ja", sagte Zabini und schüttelte Harrys Hand. Harry schüttelte den Kopf. Zabini rollte mit den Augen.

„Ich bin Za- Blaise, und das ist Alice."

Alice glotzte nur blöd, Harry war sich nicht ganz sicher, ob sie sprechen konnte. Endlich kamen auch Ron und Hermine zu ihnen und setzen sich neben Harry. Ron nach außen, so weit wie möglich von Draco und Harry entfernt.

Hermine lachte nervös und versuchte, ein Gespräch mit Alice anzufangen. Doch die speiste sie mit knappen Antworten ab. Harry saß ungeduldig neben Draco, spürte dessen Hitze und fragte sich, warum er auf einmal das Bedürfnis hatte, über Draco herzufallen. Lag bestimmt an dem Essen, Junge, hatte er viel gegessen. Und erst getrunken, dieser Kürbissaft hatte es ganz schön in sich.

Die Musik wurde lauter, Cho und Padma fingen an, zu tanzen, und zwar mit Cedric. Harry beobachtete sie, ohne groß den Wunsch zu verspüren, selber zu tanzen. Ron war sehr wortkarg, genauso wie Zabini, und die einzige, die an diesem Tisch redete, war Hermine. Doch nach einiger Zeit gab sie es auf und die Stille, die sich ausbreitete, konnte Harry einfach nicht ertragen. Schließlich kuschelte Alice sich an Zabini, tuschelte mit ihm und sie lachten über Witze, die niemand anderes mitbekam. Harry wusste es, sie lachten über ihn, über wen sonst?

Hermine starrte auf die Tanzfläche (sie dachte bestimmt an das vierte Jahr, wo ihr Ballpartner ein begeisterter Tänzer gewesen war) und Ron klammerte sich mit halb geschlossenen Augen an sein Glas. Harry seufzte. Und dann spürte er eine Hand seine eigene, die auf seinem Bein lag, umschließen.

Er blickte Draco an, der lächelte und sich vorbeugte.

„Zabini nimmt es mir nicht ab", flüsterte er. Harry blickte zu Zabini, der einen Arm auf Alice' Schultern liegen hatte. Er nahm keine Notiz von ihnen.

„Na, dann sollten wir ihn überzeugen", sagte Harry herausfordernd. Draco nickte, legte seinen Arm um Harry und zog mit einem Finger Harrys Kinn nach oben. Harry ließ alles mit sich machen, vor allem, dass Draco ihn im nächsten Moment küsste, machte ihn sehr willig. Nur nebenbei bekam er mit, wie Ron Hermine fragte, ob sie nicht tanzen wolle.

Ob Zabini nun zu ihnen guckte oder nicht, das war Harry egal. Er zog Draco näher zu sich und vertiefte den Kuss, setzte seine Zunge wieder ein, lernte, dass Draco unter der Zunge besonders empfindlich war (wenn Harry diesen Punkt berührte oder anstupste, gab er leise Stöhngeräusche von sich) und genoss den letzten Abend im Jahr.

Erst eine schrill klingende Stimme, die Harry etwa so angenehm empfand wie einen Wecker, der ihn aus den schönsten Träumen riss, holte ihn in die Wirklichkeit zurück.

„Könnt ihr nicht ein wenig Rücksicht nehmen oder wenigstens aufs Zimmer gehen?", fragte diese Stimme. Harry und Draco unterbrachen den Kuss, Harry bemerkte, dass er schon halb auf der Bank lag. Wann war denn das passiert?

Draco war ganz rot ihm Gesicht und sagte etwas zu Alice, aber Harry hörte nicht hin. In seinen Ohren rauschte es gewaltig. Und es war so warm, nicht auszuhalten. Dann fing er Zabinis Blick auf, der sofort grinste. Ein äußerst slytherinhaftes Grinsen, fand Harry. Draco trug es fast ständig zur Schau.

„Na, Potter, hast du deinen Spaß?", fragte Zabini. Harry nickte.

„Das sehe ich", meinte Zabini weiter. Harry nickte noch einmal. Die Stimmen neben ihm wurden lauter, Draco stritt sich wohl mit Alice. Zabini bemerkte das auch, denn er zog Alice zu sich und schüttelte den Kopf in Richtung Draco. Draco schnaubte.

„Lass mich mal raus", sagte er zu Harry. Harry rutschte raus und erlaubte Draco, aufzustehen, dann setzte er sich wieder. Natürlich nicht, ohne Draco hinterher zu sehen, wie er die Halle verließ.

„Was hast du gesagt?", fuhr Harry Alice zornig an.

„Nichts", flötete die und lehnte sich gemächlich an Zabini an. Der trug wieder sein Grinsen im Gesicht und spielte mit ihren Haaren. „Ich habe ihm nur die Wahrheit gesagt. Dass es mit dir eh nicht lange halten wird, und dass es einer von euch oder vermutlich sogar ihr beide nicht ernst meint." Sie zuckte mit den Schultern.

Harry sprang auf. „Spinnst du?", schrie er. Zabini fuchtelte mit seiner Hand herum.

„Beruhige dich, Harry. Draco kommt schon wieder, er ist wahrscheinlich nur aufs Klo. Was Alice oder überhaupt andere sagen, geht bei dem in ein Ohr rein und kommt aus dem anderen wieder raus."

Harry setzte sich, immer noch wütend. Die Tanzfläche war voller geworden, die Luft flimmerte vom Glitter, war abgestanden und es roch unangenehm.

Zabini stand auf und zerrte Alice auf die Tanzfläche.

Harry saß eine geschlagene Minute allein am Tisch. Dann stand er auf, um frische Luft schnappen zu gehen.

Das Portal stand offen, deswegen war es in der Eingangshalle kühl. Draußen schlug ihm noch mehr Kälte entgegen. Harry atmete tief durch und lief ein paar Schritte das Gelände hinunter. Hagrids Hütte lag verlassen da, Hagrid war ebenfalls in der Großen Halle. Auch der See lag still da und spiegelte das Mondlicht und die Wolken wider.

Harry trat ans Ufer. Leicht strich der Wind über die Oberfläche und ließ seichte Wellen Harry entgegenschlagen. Er blickte sich um, vom Schloss her fiel ein Lichtschein heraus und Musik drang leise an sein Ohr.

Harry fragte sich, warum er vorhin so wütend reagiert hatte. Merlin, es war nur ein Spiel, ein Scherz, den sie um Mitternacht auflösen würden. So war das nun mal mit Scherzen in der Sylvesternacht.

Trotzdem hätte er nie im Leben gedacht, dass er etwas an Malfoy entdecken würde, das ihm gefiel. Und dann war dieses Etwas auch noch seine Küsse. Wie er wohl erst im Bett war… Harry schüttelte sich und machte sich auf den Weg zurück, wobei er vorher noch aufs Klo ging.

In der Halle saßen alle seine Tischnachbarn wieder am Tisch. Draco war zwischen Zabini und Hermine eingequetscht, und Hermine erschien überglücklich, als sie Harry sah und sprang auf, um ihn neben Draco sitzen zu lassen. Auch Draco sah erleichtert aus und er zog Harry sofort in einen Kuss, als er sich gesetzt hatte. Harry passte diesmal jedoch auf, dass es nicht wieder ausuferte und unterbrach ihn nach einiger Zeit.

Zabini haute auf den Tisch, und Ron zuckte zusammen.

„Zeit, die Häuserfeindschaft zu begraben, Draco und Harry machen es vor", sagte er und hielt ein Pinchen hoch. Erst jetzt sah Harry, dass sie alle so eines vor sich hatten. Er hielt seins hoch, Draco ebenfalls, Alice runzelte die Stirn und blickte Hermine an, die mit den Schultern zuckte und ihr Glas nahm. Alice schloss sich an. Alle Augen waren nun auf Ron, den Sturkopf, gerichtet. Dieser sah sich überstimmt, nahm sein Glas, stieß mit allen an und schüttete es als erster hinunter. Zabini lachte und dann zogen sie alle mit Ron gleich.

Vom Lehrertisch drang ein Klatschen herüber und Harry sah, dass Dumbledore aufgestanden war und ihnen applaudierte. Ein breites Grinsen schlich sich auf Harrys Gesicht und überglücklich kuschelte er sich an Draco, der einen Arm um ihn legte. Und wenn es morgen vorbei war. Diesen Abend konnte er noch genießen.

Harry spürte, wie Dracos Nase sich in seinen Haaren vergrub und wie Müdigkeit hochstieg.

„Wie spät?", nuschelte er. Hermine blickte auf dir Uhr.

„Noch eine halbe Stunde", sagte sie.

„Echt? So lange sitzen wir schon hier?", fragte Harry verwundert. Doch dann traf ihn der Schlag. Nur noch eine halbe schöne Stunde, dann war alles vorbei! Er krallte sich unbewusst an Draco fest.

Harry fing Hermines Blick auf. Sie blickte sehr nachdenklich, und Harry war sich noch nicht einmal sicher, ob sie ihn anblickte oder durch ihn hindurch. Er fand es auch nicht heraus und schloss einfach die Augen, saugte Dracos Duft ein. Er roch anders als früher, falls er früher überhaupt nach etwas gerochen hatte.

Vielleicht war Harry eingeschlafen, vielleicht verging die Zeit auch nur schneller in Dracos Armen, jedenfalls wurde er kurz danach gerüttelt.

„Lass uns nach draußen gehen und das Feuerwerk anschauen, Harry", sagte Draco. Harry stand auf, streckte sich und schloss sich den anderen an. Sie strömten nach draußen, auf das Schlossgelände. Dort waren alle versammelt, die Lehrer, Harry erblickte Snapes Gesicht, das trotz allem noch missmutig erschien, und die Schüler der verschiedenen Häuser. Nach einigen Minuten zählte Dumbledore rückwärts: „Zehn… neun…"

Harry blickte die umstehenden Gesichter an, die alle Dumbledore lauschten. Sein Blick blieb an Draco haften, der völlig abwesend erschien und dessen Mund leicht geöffnet war. Dann wandte er sich wieder Dumbledore zu. „Drei… zwei…eins… Frohes Neues Jahr meine lieben Schüler!"

Er ließ Feuerwerke aus seinem Zauberstab gen Himmel fliegen.

Alle wünschen sich ein Frohes Neues, Harry schüttelte tausend Hände, sogar Cho und Cedric kamen an, und Harry hatte ihnen alles, was jemals gewesen war, verziehen. Er umarmte Hermine und sogar Ron, Zabini zog Harry ebenfalls in eine stürmische Umarmung, Alice schüttelte ihm nur die Hand und dann stand er vor Draco. Harry streckte seine Hand aus, unsicher, wie er sich jetzt verhalten sollte. Hermine und Ron sowie Zabini und Alice lagen sich schon knutschend in den Armen. Einem Impuls gehorchend umarmte Harry Draco auch, das war sicher nicht verboten.

„Frohes neues Jahr", hauchte er ihm ins Ohr.

„Dir auch ein frohes neues Jahr", sagte Draco. Sie schauten sich an und Harry konnte sich nicht länger zurückhalten. Ein Abschiedskuss war dringend nötig. Der erste Kuss in diesem Jahr, ein Abschiedskuss. Schon traurig.

Draco war wohl derselben Meinung, denn er drückte Harry unnötig feste an sich und versuchte ganz sicher, ihre Zungen miteinander zu verknoten. Harry ließ seine Zunge unter Dracos flutschen, immer wieder, und strich über seinen empfindlichen Punkt. Draco atmete heftig in Harrys Mund hinein. Harry musste fast grinsen, aber dann blieb er doch ernst und saugte an Dracos Zunge. Draco stöhnte und entwand sich aus Harrys Griff.

„Was soll das denn?", fragte er keuchend. In seinen Augen reflektierten sich die Feuerwerke, die über ihnen knallten. Harry zuckte mit den Schultern.

„Deinen Zauberstab bekommst du morgen, Potter", sagte Draco. Er blickte Harry noch einen Moment lang an, dann lief er ins Schloss. Für Harry brach eine Welt zusammen, obwohl er auf diesen Moment vorbereitet gewesen war. Er ertrug die glücklichen Paare und Gesichter um ihn herum nicht mehr und machte sich ebenfalls auf den Weg ins Schloss. Wenn er und Draco verschwunden waren, fiel es sicher nicht auf, alle würden denken, sie hätten sich zurückgezogen, um sich… zu amüsieren. Harry schauderte bei dem Gedanken, verbannte ihn aus seinem Kopf und trat in die Eingangshalle ein. Dort stand er und betrachtete die Tür zu dem Kerker, hinter der Draco vor ein paar Sekunden verschwunden sein musste.

Und plötzlich flammte Wut auf. Er wollte diesen verdammten Zauberstab, für den er sich zum Affen gemacht hatte, gefälligst jetzt und nicht erst morgen haben! Nach ein paar Schritten war er bei der Tür und stürzte die Treppe hinunter. Er rannte den Weg zum Slytherinverlies und sah Draco hineingehen. Schnell quetschte er sich noch durch die Lücke.

„Malfoy!", rief er.

Draco wandte sich um, auf seinem Gesicht sah Harry Überraschung und Müdigkeit. Harry trat einen Schritt näher.

„Ich will meinen Zauberstab jetzt haben", sagte er. Dracos Miene versteinerte sich und er rollte mit den Augen. „Das ist das Wichtigste, ja? Na schön, dann komm mit, ich will gleich nicht noch mal die Treppen rauf latschen."

Er wandte sich um und Harry folgte ihm zwei Steintreppen hinauf, dann stand er in Dracos Schlafsaal. Er war eigentlich nicht anders als der in Gryffindor, nur in Grün und Silber gehalten. Harry trat ans Fenster, sie befanden sich nun im ersten Stock, aber das Fenster ging nicht auf das Schlossgelände, sondern auf die Landschaft hinter Hogwarts hinaus.

„Potter", sagte Draco, und Harry drehte sich um. Er ging zu Draco, nahm seinen Zauberstab und steckte ihn extra langsam ein, und dann stand er wortlos vor Draco. Er wollte etwas sagen, nur was? Wie war überhaupt ihre Beziehung zueinander, sicher waren sie keine Feinde mehr, oder? Nicht, wenn sie den ganzen Tag hemmungslos rumgeknutscht hatten… andererseits, es war nur ein Spaß gewesen…

„Ist noch etwas?", fragte Draco. Er runzelte die Stirn.

„Nein. Ähm, gute Nacht!" Harry wandte sich ab und sah sich in Zeitlupe die Tür ansteuern. Spontan drehte er sich wieder um, und Draco sah ihn immer noch an.

„Soll ich es den anderen sagen?", fragte er. Draco seufzte und ließ sich auf sein Bett fallen, dann begann er, seine Schuhe auszuziehen.

„Mach doch, was du willst", sagte er.

„Echt? Was ich will?", fragte Harry. Er trat wieder einen Schritt näher. Draco nickte und Harry sprang zu ihm.

„Das nenn ich Glück", sagte er, nun vor Dracos Nase stehend. Draco erschrak und sprang auf.

„Was wird das, ich meinte damit nicht, mich umbringen oder so", quiekte er.

„Jetzt mal ehrlich Draco, denkst du, das will ich? Nachdem ich weiß, dass du so ein guter Küsser bist?"

Draco zuckte unsicher mit den Schultern. „Es hat dir also gefallen?", fragte er, den Blick beharrlich auf einen Punkt an der Wand gerichtet. Harry drängte sich an ihn und strich ihm über die Wange. „Ja", hauchte er.

Draco grinste und wandte den Blick auf Harry. „Und das nenn ich Glück", sagte er, zog Harry endlich zu sich und küsste ihn. Harry empfing seine Zunge gebührend und machte da weiter, wo er aufgehört hatte. Diesmal gab es keine gesellschaftliche Begrenzung, bald schon stöhnte er selber und ließ sich von Draco auf sein Bett ziehen.

Als er auf Draco lag, unterbrach er den Kuss und sah ihn an. „Also, Malfoy, lassen wir die anderen in dem Glauben, wir wären zusammen?"

Draco schüttelte den Kopf. „Das hört sich ja an, als wären wir es nicht", sagte er. Harry grinste. Und küsste Draco immer wieder, seinen Hals, seine Brust (nachdem er ihn von dem blöden Umhang und Hemd befreit hatte) und seinen Bauch.

Urplötzlich wurde er dort müde und ließ seinen Kopf sinken. Ja, ja, der Alkohol… Draco zog ihn nach oben, küsste ihn und befreite Harry auch von seinem Umhang und Hemd, dann von seinen Schuhen („Wie kannst du mit Schuhen auf mein Bett, darüber müssen wir noch mal sprechen") und seiner Hose, seine eigene zog er auch aus, und was tat er dann? Unerhörterweise? Als Harry ihn in Boxershorts sah, war er sicher, noch ein wenig aufbleiben zu können, doch Draco legte sich neben ihn, zog die Decke über sie und losch das Licht. Nicht weiter schlimm, aber dann kuschelte er sich an Harry, küsste ihn und murmelte „Gute Nacht". Harry hörte ihn schon bald gleichmäßig atmen, und schlief dann selber ein.

Alles in allem ein gelungener Start ins neue Jahr.

xENDEx