Mann oder Mädchen
„Mann, was für eine bescheuerte Idee!", rief Harry aus. Er zupfte an seiner blasslilanen Bluse herum, richtete seinen BH, der dank einer geleeartigen Füllung den Eindruck echter Brüste vermittelte und strichen den Rock, der zum Glück seine Knie bedeckte, glatt.
„Nein, wir hatten nie eine bessere! Du siehst echt aus wie ein Mädchen, fehlt nur noch eine Perücke!"
Ron lief umständlich zur Tür des Jungenschlafsaals und rief die Treppe hinab: „HERMINE!"
Dann ließ er sich zurück auf sein Bett fallen, welches unter der schweren Ritterrüstung, die er trug, ächzte. Ein Mädchen mit buschigen braunen Haaren, das ein rot- oranges Kleid trug, kam mit erhobenem Zauberstab ins Zimmer gerannt.
„Was? Bei wem ist die Sicherung durchgebrannt... oh, Harry! Du bist doch Harry, oder?"
Harry nickte.
„Er braucht lange Haare", kam es von Ron. Seine Visier klappte zu und er schob es hoch. „Kriegst du das hin?"
Hermine sah ihn beleidigt an. „Das fragst du mich? Manchmal denke ich, dir ist auch noch das letzte Bisschen Verstand abhanden gekommen, Ronald Weasley!"
Sie schüttelte ihre wilde Haarpracht und stellte sich vor Harry hin. Ein Schlenker ihres Zauberstabes und ein gemurmeltes „Longus haarus" später, begannen Harrys Haare zu wachsen. Als die Spitzen ihm auf den Busen fielen, stoppten sie. Harry nahm sie in die Hand.
„Oh mein Gott!"
Hermine nickte. „Wunderschön, das stimmt! Du siehst jetzt so aus, wie dein innerstes Ich in Wirklichkeit ist! Meine beste Freundin eben!"
Harry hätte sie ja beleidigt angesehen, aber er betrachtete immer noch entsetzt seine Haare.
Hermine maß ihn mit einem kritischen Blick. „Du solltest noch deine Beine rasieren und die Brille ablegen, dann ist die Tarnung perfekt."
„WAS?", rief Harry aus, während Ron vor Lachen japste. Auf dem Bett kugeln konnte er sich mit der Rüstung nicht. Das Visier seines Helmes klappte zu und er schob es nach oben, doch schon beim nächsten Lacher war es wieder unten.
„Ich soll WAS?", fragte Harry noch einmal, nur um sicherzugehen.
Hermine verdrehte die Augen. „Willst du die beste Verkleidung haben, oder nicht? Ich meine, kein Mädchen läuft mit solch behaarten Beinen rum!"
Sie gestikulierte zu Harrys Waden.
„Na, vielen Dank auch!" Harrys Wangen wurden rot. Hermine zuckte mit den Schultern.
„Ich sage nur die Wahrheit. Als Junge ist das okay."
Ron kippte nach hinten um, sein Visier rastete quietschend ein und es ertönten gedämpfte Lachgeräusche hervor. Harry strafte ihn mit einem bösen Blick.
„Soll ich dir helfen? Ich kenne einen Zauber zum Entfernen der Haare, einen, der die Brille für ein paar Stunden unnötig macht und einen, der deine Stimme höher werden lässt", sagte Hermine.
„Ja, ja", murrte Harry.
Hermine richtete ihren Zauberstab auf Harrys Beine, Harry kniff die Augen zusammen. Als er sie wieder öffnete, war seine Brille verschwunden, aber er konnte noch genauso gut sehen. Er beugte sich hinab und strich über seine Beine.
„Seidig glatt wie die einer Göttin", murmelte er mit seiner neuen Stimme. Hermine nickte grinsend. Auch auf Harrys Gesicht schlich sich ein Grinsen.
„Und ihr meint, ich bin wirklich nicht zu erkennen?"
Hermine ging zu Ron und zog ihn nach oben. „Nein, bist du nicht", sagte sie dabei.
In Harrys Kopf formten sich ein paar Pläne. Zuerst einmal würde er sich unter eine Gruppe von Mädchen mischen und herausfinden, worüber sie so redeten, wenn keine Jungs dabei waren. Und dann, wenn er genug Informationen hatte, um sich wie ein Mädchen zu verhalten, könnte er sich an einen der heißbegehrtesten und daher für ihn unerreichbaren Jungs der Schule ranmachen. Sie wussten ja nicht, dass er ein Junge war.
Harrys grinste noch mehr und stand auf, streckte sich. Keine schlecht Idee, seine Verkleidung für die diesjährige Halloweenparty. Und da er kein Date hatte, war es auch okay, sich an einen Jungen ranzumachen. Seit er vor einem Monat mit Colin Schluss gemacht hatte, war seine Aufmerksamkeit auf jemanden gerichtet, der garantiert nicht schwul war. Harry verbrachte daher jeden Tag in dem Bewusstsein, diesen speziellen Jemand überwinden und sich einen neuen suchen zu müssen. Der heutige Abend sollte der letzte werden, an dem er sich seine Schwärmerei noch erlauben würde.
„Showtime, Jungs", sagte Hermine. Sie zerrte Ron auf die Füße, der sie abwehrte.
„Ich kann das schon alleine!"
Harry ging ins Bad. Ein Mädchen mit langen schwarzen Haaren, reichlich Make- Up im Gesicht und kurviger Figur sah ihn aus dem Spiegel an. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Harry klimperte mit den Wimpern und machte einen Kussmund.
„Oh, Harry, heute Abend ist dein Abend", flötete er. Doch dann stutzte er. Er konnte sich schlecht Harry nennen, in diesem Outfit.
Ron und Hermine waren schon an der Tür, als Harry sie einholte.
„Was soll ich sagen, wenn jemand nach meinem Namen fragt?"
„Harriet natürlich", drang Rons gedämpfte Stimme durch sein Visier. Hermine verzog das Gesicht.
„Nein. Den Namen benutzt heute noch kaum jemand. Und Harry will doch auch Erfolg bei den Jungs haben, oder?"
Hermine zwinkerte Harry zu, der sofort Hitze in sein Gesicht aufsteigen spürte. War er so leicht zu durchschauen?
„Habe ich also richtig gedacht, du lässt die Gelegenheit nicht ungenutzt. Hm, was wäre ein guter Name...?"
„Aber das ist doch unfair, wenn der andere Junge keine Ahnung hat! Ekelhaft!" Ron schüttelte sich. Harry und Hermine blickten ihn an. Harry machte sich keine Mühe, sein Grinsen zu unterdrücken. „Unfair? Das, was er uns bis jetzt angetan hat, war mehr als nur unfair."
„Ja, er hat es verdient", sagte Hermine. Ron schob sein Visier auf und blickte stirnrunzelnd von einem zum anderen.
Hermine seufzte, beugte sich vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Rons Gesichtszüge erschlafften.
„Oh."
Hermine nickte. Dann schob sie ihn an. „Weiter geht's, Jungs. Harry, nenn dich einfach Gaby, den Namen gibt es öfters."
Harry lief hinter ihnen die Treppe herunter. „Gaby Smith aus Ravenclaw. Ja, das ist gut", murmelte er.
((o)) ((o)) ((o)) ((o)) ((o)) ((o))
Nicht viel später am Abend saß Harry bei Padma Patil und ihren Freundinnen. Er klammerte sich an seinen Becher Bowle und stellte Überlegungen an, ob er nicht lieber ins Bett gehen sollte, war doch eh alles hoffnungslos. Sie alle kicherten, wobei er nicht verstand, worüber. Vielleicht hatten sie schon mehr intus als er.
In einem Zug leerte er den Becher und stellte ihn mit neuem Elan unsanft auf dem Tisch ab.
„So, und jetzt klärt mich mal auf", verlangte er. Padma prustete los, ihre Freundinnen Sarah und Corinna ebenfalls. Harry rollte mit den Augen.
„Sicher meintest du jetzt etwas anderes als das, was ich denke", sagte Padma.
„Aus welchem Jahrgang bist du noch mal?", fragte Sarah.
„Aus dem unter euch", meinte Harry. „Aber ich meine das ernst. Was muss ich tun, um nen Kerl abzukriegen? Ich hab noch keine Erfahrungen, wisst ihr."
Corinna riss die Augen auf. „Noch gar keine? Obwohl du schon sechszehn bist?"
Harry nickte. Er ließ seinen Blick durch die Große Halle schweifen. Ron und Hermine tanzten, wobei Ron sich sehr ungeschickt anstellte. Lag wohl an seinem Kostüm. Hermine lächelte selig, fing seinen Blick auf und zwinkerte ihm zu.
Nicht weit entfernt, darauf hatte Harry bei der Wahl seines Tisches geachtet, saß eine Gruppe Slytherins. Bestehend aus Malfoy, McDougal, Nott, Pucey und Zabini. Sie stießen mit Bierkrügen an, lachten lauthals und beäugten die Mädels, die sich auf der Tanzfläche scharrten. Harry wusste, dass sie nicht lange alleine bleiben würden, und er wollte zu denen gehören, die in ihren Armen liegen würden.
Sarah folgte seinem Blick.
„Vergiss es, wenn du nicht benutzt, getreten und dann auf dem Boden liegend zurückgelassen werden möchtest."
Harry blickte sie an. „Spricht hier jemand aus Erfahrung?"
Sarah lief rot an und nickte. „McDougal. Er hat mir den Himmel auf Erden versprochen und am nächsten Tag wachte ich alleine auf. Er ignoriert mich seitdem."
Corinna legte einen Arm um sie. „Mach dir nichts draus. Wenn wir so mit den Kerlen umspringen würden, wären wir die Schlampen vom Dienst."
Sarah nickte. Padma blickte sich um. „Wisst ihr, wen ich noch nicht gesehen habe? Harry Potter. Ron und Hermine kamen alleine rein."
„Oh, für Harry würde ich den Ruf als Schlampe in Kauf nehmen", kicherte Sarah. Corinna nickte.
„Aber er ist schwul, sonst würde ich ihn auch gerne mal anknabbern."
Harry versuchte, die aufwallende Hitze zu unterdrücken. Padma wandte sich an ihn.
„Was ist mit dir, Gaby? Stehst du auch auf Potter?"
Harry schüttelte den Kopf. „Nicht so mein Typ. Ich bin eher für Blonde zu haben."
Das entsprach sogar der Wahrheit. Harry warf einen weiteren Blick zum Slytherintisch.
Padma grinste. „Also willst du Malfoy oder Pucey?"
Harry nickte. Padma legte ihm eine Hand auf die Schultern. „Vergiss es. Ich empfehle dir einen Hufflepuff, wenn du auf eine Beziehung aus bist."
„Keine Beziehung. Nur eine kurze Affäre", sagte Harry.
„Sicher?"
„Ich will Erfahrungen sammeln."
Padma lehnte sich zurück. „Aber mit einem Slytherin...?"
„Sie haben einen guten Ruf, was das betrifft."
„Was Sex betrifft, meinst du", sagte Sarah. Harry nickte. Du meine Güte, waren Mädchen immer so direkt? Oder war er es einfach nur von Colin gewöhnt, Andeutungen zu machen, da dieser schüchtern gewesen war?
„Also? Helft ihr mir?", fragte er. Padma sah Sarah und Corinna an. Die zuckten mit den Schultern und deuteten ein Nicken an. Padma warf ihren langen braunen Zopf zurück.
„Ich weiß nicht, was du erwartest. Es gibt keine Regeln oder so was. Konzentrier dich auf das, was du willst und lächle ihn an. Und immer schön zappeln lassen. Wenn du ihm zu willig in die Arme fällst, langweilt er sich."
Harry nickte und atmete tief ein. Er blickte zu Malfoy, der über beide Ohren grinste. Auch die anderen Jungs an dem Tisch lachten.
„Er guckt einfach nicht hierher", beschwerte Harry sich.
Padma lachte. „So einfach ist das auch wieder nicht. Du musst dir seine Aufmerksamkeit verdienen."
Harry blickte unwohl auf den Tisch. Irgendwie hatte er sich das leichter vorgestellt. Bis jetzt hatte er nur eine Beziehung gehabt, und auch nur einen Bettpartner.
Er streckte seine Brust raus und lächelte, wie er Colin angelächelt hätte. Nicht, dass er noch etwas von ihm wollte, aber er war Harrys einzige Vergleichsmöglichkeit.
„Soll ich ihn zum Tanzen auffordern?"
„Wen denn?", fragte Corinna.
„Malfoy."
Padma pfiff durch die Zähne. „Ausgerechnet? Ich weiß nicht, ob ich zulassen kann, dass dein Herz gebrochen wird."
„Es ist meine Entscheidung, nicht?" Harry war auf alles vorbereitet. Er rechnete nicht damit, weit zu kommen. Ein Kuss würde ihm genügen, dann würde er das Weite suchen.
„Ich habe Malfoy noch nie tanzen gesehen", sagte Sarah.
„Doch", sagte Corinna. Padma nickte.
„Wenn er sehr betrunken ist." Sie warf einen Blick über die Schulter. „So wie jetzt. Willst du ihn vor allen anderen fragen?"
Harry stand auf. „Warum denn nicht?" Er strich sich über die Brüste, da sie ihm Unbehagen bereiteten, und zippelte an seinem Rock herum.
„Du hättest gut nach Gryffindor gepasst", lachte Corinna. Harry warf ihr einen Blick zu und grinste. Wenn sie wüsste.
Auf dem Weg zu dem Tisch, an dem die Slytherins saßen, blickte Harry zu Hermine und Ron, die immer noch tanzten. Hermine grinste nur und legte ihren Kopf auf Rons Schulter. Harry bekam kaum mit, wie er seine Füße bewegte. Plötzlich stand er vor dem runden Tisch, das Gegröle verstummte und fünf Augenpaare blickten ihn an.
Sofort fixierte Harry Malfoy, der einen Arm über die Stuhllehne gelegt hatte und spöttisch eine Augenbraue hob.
„Ich äh, willst du tanzen?"
Blut schoss in Harrys Kopf. Er hatte darauf los geredet, bevor er es sich anders überlegen würde. Malfoy grinste seine Kollegen an, dann musterte er Harry von oben bis unten. Harry nahm die Augen nicht von ihm.
„Mit dir doch immer", sagte Malfoy und stand auf. Harrys Herz schlug ihm bis zum Hals, als Malfoy einen Arm um seine Schultern legte und ihn zur Tanzfläche führte.
Dort bewegte er seine Hände zu Harrys Hüften und fing an, sich im Takt zu bewegen. Harry, der noch nicht so viel getrunken hatte, machte zögerlich mit. Mit der Zeit wurde er mutiger, legte seine Hände auch auf Malfoys Hüften. Wie wunderschön das war. Er genoss einfach die Nähe dieses begehrenswerten Körpers, blickte dabei über Malfoys Schulter und sah den anderen beim Tanzen zu, um nicht ganz den Verstand zu verlieren.
Malfoys rechte Hand wanderte höher und strich über Harrys Bauch. Dann fasste er Harry am Kinn und zwang Harry, ihn anzusehen. Als Harry in die blassen Augen sah, verlor er sich augenblicklich darin, obwohl er keine Gefühle erkennen konnte.
Malfoy strich mit dem Daumen über Harrys Wange.
„Ich bin so froh, dass du mich gefragt hast", flüsterte er. Harry musste lächeln. Malfoy war ein guter Lügner, hatte er Harry doch vorher nicht beachtet. Ja, eigentlich sah er ‚Gaby' gerade zum ersten Mal.
Malfoys Gesicht näherte sich nun Harrys, wobei er ihn nicht aus den Augen ließ. Ein paar Zentimeter vor seinem Ziel schloss er jedoch die Augen. Harry drehte im letzten Moment den Kopf nach rechts und Malfoy küsste seine Wange. So gerne Harry es wollte... es war ihm nicht wohl dabei, dass Malfoy das erstens mit jeder machte und zweitens mit einer, die er gar nicht kannte.
Aber wer hatte denn gesagt, dass Harry ihn ändern wollte? Er wollte doch bloß seinen Kuss und dann abhauen. Was hielt ihn jetzt zurück?
Malfoy war vielleicht überrascht, ließ es sich aber nicht anmerken. Er wanderte zu Harrys Hals und verteilte da Küsse darauf.
„Du bist wohl schüchtern?", hauchte er. Harry nickte, da er sich sicher war, dass seine Stimme den Dienst versagen würde.
Malfoy grinste. Kurz darauf lagen seine Lippen auf Harrys, der nicht wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte. Er beschloss, sich zu entspannen und bewegte seine Lippen leicht.
Harry fühlte sich wie im siebten Himmel. Dauert ermahnte er sich, dass Malfoy ihn nur küsste, weil er ihn nicht erkannte. Und doch hielt ihn das nicht davon ab, den Kuss zu genießen, obwohl noch nicht einmal Zungen im Spiel waren.
Harry seufzte leise. Malfoy löste sich und blickte Harry an.
„Das hört sich jetzt vielleicht blöd an... aber es kommt mir so vor, als würde ich dich schon lange kennen."
Harry grinste. „Oh, das tust du auch. Wir begegnen uns jeden Tag."
Malfoy runzelte die Stirn. „Wie heißt du noch mal?"
„Gaby Smith."
Harry legte seinen Kopf auf Malfoy Brust, der ihn sofort näher zu sich zog.
„Ach ja. Der Alkohol, weißt du..."
Harry grinste noch breiter. Er war genau da, wo er sein wollte. Er könnte Stunden so verbringen. Warum nur war ihm das nicht vergönnt? Warum war Malfoy so hetero? Das sollte verboten werden.
Malfoy beugte sich hinab und küsste Harry wieder, diesmal ließ er es sich nicht nehmen, mit der Zunge über Harrys Lippen zu streichen. Harry überlegte nicht lange und gewährte ihm Einlass.
Unwillkürlich stöhnte er auf, als Malfoys samtene Zunge die seine massierte. Dabei strich er mit einer Hand über Malfoys Rücken und zog ihn an sich. Malfoy hatte seine Hände währenddessen zu Harrys Po wandern lassen und knetete ihn.
Ihr Kuss wurde intensiver, Harry erkundigte Malfoys warme Mundhöhle und umgekehrt.
Nach Minuten lösten sie sich voneinander. Harry blickte in Malfoys Augen, der den Blick erwiderte.
„In welchem Haus bist du?"
„Ravenclaw", sagte Harry.
Malfoy suchte in Harrys Augen nach etwas, was ihm Erkenntnis brachte. Er schüttelte leicht den Kopf.
„Kann nicht sein, mit Ravenclaws befasse ich mich nicht. Ich kenne dich von woanders... hatten wir schon mal was?"
Harry schüttelte den Kopf und lachte. „Wieso, was siehst du denn in meinen Augen?"
„Keine Ahnung, es ist merkwürdig. Du verarschst mich doch, oder? Wir hatten auf jeden Fall schon mal was, ich bin mir jetzt sicher."
Harry seufzte. „Nein, Malfoy."
Malfoy zog die Brauen zusammen. „Warum erinnert mich an alles an dir an... alleine schon, wie du meinen Namen aussprichst. Das habe ich schon so oft gehört."
„An was erinnere ich dich?"
Malfoy schüttelte den Kopf. „Vergiss es, ich bin hier, um mich zu amüsieren."
Er küsste Harry wieder, mit mehr Verlangen. Der Kuss brachte Harrys Magen zum Explodieren und in diesem Moment wusste er, dass er sich endgültig in Malfoy verliebt hatte. Er seufzte und legte alles Feuer, alles, was er für ihn fühlte, in den Kuss. Könnte er doch der letzte sein.
Es schien, als würde der Kuss niemals enden wollen. Wenn einer von ihnen sich löste, um Atem zu schöpfen, wurde er von dem anderen schnell wieder in den Kuss gezogen. Sie achteten nicht auf ihre Umgebung, bis jemand Harry antippte.
Er fuhr herum. Es war Zabini, mit Corinna im Arm.
„Malfoy und... wer auch immer, die Party ist vorbei. Malfoy, kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?"
Malfoy nickte. Er beugte sich vor und küsste Harry auf die Wange.
„Warte, ich bin gleich wieder da."
Harry nickte, dann fand er sich mit Corinna allein gelassen da. Malfoy und Zabini gingen abseits und redeten. Harry blickte sich um, die Große Halle war verlassen, überall lagen leere Plastikbecher rum.
„Seit wann gehen die Partys hier denn nur so kurz?", fragte er Corinna.
„Also, Gaby, entweder hast du überhaupt kein Zeitgefühl, oder Malfoy hat es dir wirklich angetan. Wir haben schon zwei, und ihr habt stundenlang rumgeknutscht."
Harry spürte, wie er rot wurde. „Stundenlang? Dann sollte ich jetzt wohl gehen."
„Spinnst du? Du wolltest doch Erfahrungen sammeln, und du hast definitiv Chance auf mehr." Sie grinste und Harry blickte zu Malfoy.
„Schön wär's", seufzte er. Malfoy fing seinen Blick auf und zwinkerte. Harry sah schnell weg.
„Nein. Ich muss gehen, bevor der Abend in einer Katastrophe endet. So behalte ich ihn in guter Erinnerung."
Schweren Herzens machte Harry sich auf den Weg zur Tür. Als er in der Eingangshalle war, hörte er einen Ruf.
„Gaby, warte!"
Harry wirbelte herum. Wie konnte Malfoy es wagen, ihm hinterher zu rennen, als würde es ihm etwas ausmachen! Aber wahrscheinlich machte es ihm etwas aus, wenn er heute Nacht nicht mehr zum Schuss kam. Hatte er denn sonst keine Probleme, er und seine Slytherin- Clique?
„Nein! Ich kann darauf verzichten, morgen eine weitere Eroberung auf deiner Liste zu sein!"
Malfoy trat auf Harry zu und nahm seine Hand. Er setzte an, etwas zu sagen, aber blickte dann verwundert auf Harrys Hand. Harry entzog sie ihm schnell, hoffentlich hatte Malfoy nicht gemerkt, dass es eine Jungenhand war. Doch Malfoy nahm die Hand wieder und blickte Harry in die Augen.
„Du bist mehr, als eine bloße Eroberung. Komm mit, Gaby!" Er beugte sich zu Harry und küsste ihn sanft auf die Lippen. Harry war erstaunt, wie leicht Malfoy den Eindruck erwecken konnte, als meinte er das, was er sagte, auch ernst.
Harry entzog sich von Malfoys Lippen und Hand. Ohne sich umzublicken rannte er die Marmortreppe hinauf und ignorierte alles, was ihm hinterher gerufen wurde.
((o)) ((o)) ((o)) ((o)) ((o)) ((o))
Am nächsten Tag erwachte Harry nach ein paar Stunden Schlaf, der natürlich voller Träume von Malfoy gewesen war. Er fasste sich an den Kopf und stöhnte, dabei bemerkte er, dass er noch lange Haare hatte.
„So ein Mist! HERMINE!"
„Was soll das Geschreie?", kam es von Ron. „Ich schlafe noch. Und wenn hier einer Hermine ruft, dann bin ich das!"
„Was ist Harry, Albtraum gehabt?", fragte Dean.
„Oder doch eher das Gegenteil?", wollte Seamus wissen.
Harry zog seine Vorhänge auf. Laute UH- und AH- Rufe folgten.
„Mein lieber Harry!", rief Seamus aus. Er stutzte, dann brach er in einen Lachanfall aus. „Also warst du gestern Abend die geheimnisvolle Unbekannte, an der Malfoy die ganze Zeit geklebt hat?"
Harry nickte peinlich berührt. „Ja, und er darf niemals erfahren, dass ich es war."
Seamus kicherte vor sich her, während Dean einfach nur der Mund offen stand. Neville schlief noch, und Ron saß mit einem Grinsen und unglaublich verwuschelten Haaren auf seinem Bett, als Hermine reingestürmt kam.
„Wem ist diesmal die Sicherung durchgebrannt?"
Harry zeigte auf seine Haare und Hermine erledigte das mit einem „Haarus reductio". Dann kuschelte sie sich an Ron.
„Erzähl mal, wie war's? Seamus weiß schon Bescheid, wie ich höre."
Harry setzte seine Brille auf und fühlte sich sofort sicherer. Dann gähnte er, fuhr sich durch die kurzen Haare und seufzte.
„Es war so wunder, wunderschön! Der schönste Abend meines Lebens!"
Seamus stand auf und streckte sich. „Na dann auf, zu den schönsten Tagen deines Lebens!"
„Du meinst zu den schrecklichsten Tagen meines Lebens, an denen ich mir Malfoy aus dem Kopf schlagen muss."
Seamus machte Liegestütze. „Eins... er wird dich, zwei... schon nicht in den Wind schießen, drei..."
„Ja. Weil er nie erfahren wird, dass ich es war", sagte Harry. Seamus sprang auf und boxte in die Luft. Dean fand seine Sprache wieder.
„Mist, dann verlier ich ja meine Wette!", rief er aus. Seamus kicherte.
„Sieht so aus!"
„Was für eine Wette?", fragte Ron.
„Na ja", sagte Dean. Er schlug Seamus Hände, die in boxten, weg. „Ich habe gewettet, dass Malfoy seine große Liebe gefunden hat, weil er sonst immer mit mindestens drei Mädchen rumknutscht. Seamus meinte aber, dass Malfoy selbst seine große Liebe links liegen lassen würde." Dean zuckte mit den Schultern.
Da es Samstag war, beeilten sie sich nicht, aufzustehen. Irgendwann waren sie dennoch auf den Beinen und zum Mittagessen natürlich in der Großen Halle versammelt. Harry bemühte sich, nicht zum Slytherintisch zu blicken, während er zwischen Ron und Dean saß und Fischstäbchen aß.
„Guck mal, Seamus. Vielleicht hab ich doch gewonnen", sagte Dean. Harry erbarmte sich, doch von seinem Teller aufzublicken. War Malfoy etwa nun mit einer Ravenclaw zusammen? Harry würde sich das niemals verzeihen können.
Malfoy stand tatsächlich am Ravenclawtisch und redete mit Anthony Goldstein, dem Vertrauensschüler. Harry hätte zu gerne gelauscht. Ihr Gespräch artete in einen Streit aus, Malfoy verzog ärgerlich sein Gesicht und stürmte dann aus der Halle.
„Tut mir echt leid, Dean. Du würdest nur gewinnen, wenn Harry Malfoys große Liebe ist. Sieh es endlich ein und gib mir mein Geld", grinste Seamus.
Harry seufzte leise. Mussten sie es so offensichtlich sagen? Aber vielleicht war es besser so, das holte ihn auf den Boden der Tatsachen zurück.
Harry schob seinen Teller zurück. „Ich geh wieder in den Turm, hab keinen Appetit mehr."
Ron und Hermine lächelten ihm aufmunternd zu. Harry blickte den Ravenclawtisch hinunter, als er vorüberging. Das ein oder andere Mädchen mit langen schwarzen Haaren sah er schon. Malfoy würde sich freuen. Das heißt, wenn er den Abend noch nicht vergessen hatte, er war ja ziemlich betrunken gewesen.
Harry trat in die kühle Eingangshalle. Er sah, dass die Türen nach draußen aufstanden und ging hin, um sie zu schließen.
„Lass das, Potter. Ich brauche frische Luft."
Harry drehte sich um. Malfoy lehnte an der Wand gegenüber der Tür, durch die er gerade gekommen war. Harry war in Gedanken gewesen und hatte ihn übersehen.
„Du holst dir noch eine Verkühlung", sagte Harry. Aber er drehte sich um, anstatt die Türen zuzuziehen.
„Potter, verschone mich von deinem Rettungskomplex, okay?"
Harry nickte. Er wollte so schnell wie möglich weg von Malfoy, gerade weil er sich am liebsten in seine Arme werfen wollte.
„Was stehst du hier so dumm rum?", fragte er.
„Das geht dich nichts an. Da fällt mir auf, du hast dich gestern Abend sehr zurückgehalten. Hast wohl eingesehen, dass es nichts nützt, mir das Leben schwer zu machen?"
Harry grinste. Oh, er sollte sich zurückgehalten haben?
„Oder vielleicht warst du einfach nur zu beschäftigt, Malfoy?"
Malfoys Wangen färbten sich mattrosa. „Und wieder geht es dich nichts an, Potter."
„Ich weiß", seufzte Harry. Er sollte jetzt wirklich gehen. „Man sieht sich."
„Nicht, wenn ich dich zuerst sehe."
Harry schüttelte den Kopf. „Arschloch", murmelte er, als er an Malfoy vorbei zur Treppe ging.
„Potter", donnerte Malfoy. Er stieß sich von der Wand ab und baute sich vor Harry, der sich umgedreht hatte, auf. „Wie hast du mich genannt?"
„Meine Güte, bist du empfindlich! Ich bin sicher, du hast schon viel schlimmeres gehört."
Malfoy öffnete den Mund, aber in diesem Moment gingen die Türen zu Großen Halle auf und eine Gruppe von vier Mädchen kamen heraus. Während sie die Treppe hochgingen, musterte Malfoy jede einzelne genau. Dann wandte er sich wieder Harry zu.
„Äh, wo waren wir stehen geblieben?"
„Wir haben gestritten."
„Genau." Malfoy realisierte, wer da vor ihm stand und lachte auf. „Was frag ich überhaupt, du kannst ja nichts anderes!"
„ICH?" Harry verschränkte die Arme. „Wer fängt denn immer an?"
„Also, jetzt wird es mir zu kindisch. Verzieh dich einfach."
„Nein, Malfoy", sagte Harry, wütend über die Abfuhr. Und auch beleidigt, dass Malfoy ihn nicht erkannte.
Malfoy stutzte. „Sag das noch mal."
„Was?"
„Na... ach, egal. Hast du eigentlich nichts zu tun?"
Wieder kamen ein paar Schüler heraus, die Malfoy nicht aus den Augen ließ, bis sie verschwunden waren. Harry schüttelte den Kopf.
„Du wartest auf jemanden, habe ich Recht? Zabini?"
Malfoy runzelte die Stirn. „Das geht –"
„Mich nichts an, natürlich."
„Du hast es erfasst."
„Tja, dann geh ich jetzt mal, so wie ich es schon vorhin wollte."
Malfoy nickte. „Warte mal, Potter. Ich muss etwas ausprobieren."
Er trat auf Harry zu und nahm seine Brille ab. Harry schrie empört auf und streckte seine Arme aus.
„Gib mir die sofort wieder! Das ist unfair!"
„Du siehst so aus wie sie", murmelte Malfoy.
Harry stutzte. „Wie Gaby meinst du?", fragte er. Dann schlug er sich die Hand vor den Mund. Ups.
„Woher kennst du sie, Potter? Woher weißt du überhaupt, wen ich meine?"
„Gib mir erst meine Brille wieder!"
Harry spürte, wie Malfoy die Brille auf seine Nase setzte. Er seufzte und packte Malfoys Handgelenk, bevor es verschwand.
„Pass auf, Malfoy. Ich zeig dir jetzt etwas, wovon ich sicher bin, dass es dir nicht gefallen wird. Hattest du Spaß, gestern Abend?"
„Das geht dich nichts an."
„Malfoy!"
„Warum sollte ich dir das sagen, Potter? Was willst du jetzt hören? Dass ich mich königlich amüsiert habe und jetzt auf der Suche nach etwas Neuem bin? Was denkst du eigentlich von mir? Ich weiß das von dir und Creevey, aber so einer bin ich nicht. Außerdem bin ich vergeben." Er rümpfte die Nase.
„Was? Wenn du vergeben bist, warum knutschst du dann mit Gaby rum?" Harrys Herz sank in die Hose. So war das also. Malfoy der Macho.
„Zum letzten Mal, woher kennst du sie? Woher willst du wissen, dass ich nicht an sie vergeben bin?"
„Weil sie mir das erzählt hätte. Wir sind sehr eng befreundet."
„Oh." Malfoy schien zu überlegen, während Harry langsam sein Handgelenk losließ. Vorhin hatte er noch vorgehabt, Malfoy einfach zu küssen, aber der Mut dazu hatte ihn schon wieder verlassen. Er wäre eh sinnlos.
„Kannst du Gaby etwas von mir sagen?"
Harry riss die Augen auf und nickte. Malfoy fuhr sich durch die Haare. „Also... Ist sie in Gryffindor?"
„Das soll ich sie fragen?"
„Nein, du Idiot, das frage ich dich. Goldstein meinte, es gäbe keine Gaby Smith in Ravenclaw."
Harry grinste. „Ja, sie ist in Gryffindor. Hast du ein Problem damit?"
„Nein, nein. Nicht mehr. Also... ach Mist, ich will mit dir nicht meine Probleme diskutieren." Er blickte angestrengt zu den Scharen an Schülern, die aus der Halle geströmt kamen.
„Malfoy", sagte Harry. „Sie ist nicht dabei."
Malfoy blickte Harry an. Dann kniff er die Augen zusammen. „Ist sie deine Halbschwester oder so? Denn dann müsste ich es mir noch einmal stark überlegen."
„Was überlegen?"
Malfoy seufzte. „Ist sie es?"
„Nein, du hast ja Ideen."
„Hey Harry, hast du es ihm jetzt doch erzählt?", rief Seamus, der mit Dean zu ihnen kam. Harry griff sich an den Kopf und stöhnte. So ein Idiot. Hitze stieg in sein Gesicht.
„Verzieh dich, Finnigan", zischte Malfoy.
„Ja, Seamus", sagte Harry eindringlich. „Und nein, habe ich nicht. Genug gehört. Kusch, kusch!"
Seamus und Dean gingen weiter. Seamus grinste breit und Dean reckte ihm einen Daumen nach oben.
„Was willst du mir sagen, Potter?" Malfoy stemmte die Hände in die Hüften.
„Nichts. Was soll ich Gaby jetzt sagen? Willst du sie wiedertreffen?", fragte Harry, halb hoffnungsvoll und halb ängstlich, dass dies zutraf.
Malfoy blickte sich um und senkte seine Stimme dann. „Theoretisch schon. Aber ich hatte das Gefühl, dass sie mich nicht besonders mochte."
„Nur, weil sie nicht von dir benutzt werden wollte, Malfoy?"
Malfoy bedachte Harry mit einem langen Blick. „Hat sie dir jede Einzelheit erzählt?"
Harry zuckte mit den Schultern und grinste dann. „Es ist mir, als wäre ich dabei gewesen."
Malfoy griff sich an den Kopf. Dann fuhr er durch seine Haare, und Harry starrte sie an. Warum durfte er das nicht machen?
„Malfoy, lassen wir das ganze Theater, okay? Du bist doch eh vergeben, und sie ist nicht gewillt, dich wiederzusehen."
Harry drehte sich um, aber Malfoys Hand grub sich in seinen Arm. „Warte doch! Warum ist sie das nicht? Und ich bin nicht vergeben, ich meinte damit, dass ich... äh, gerne vergeben wäre, wenn du verstehst."
Harry drehte sich zurück und Malfoy ließ los. „Du meinst, du bildest dir ein, dich verliebt zu haben. Ausgerechnet du."
Wieder flog Malfoys Nase in die Luft. „Du hast überhaupt keine Ahnung, Potter."
„Dann klär mich auf." Harry verschränkte die Arme und blickte Malfoy abwartend an. Der wurde sichtlich nervös, und Harry wusste, er sollte nicht so viel Zeit mit ihm verbringen. Aber mal ehrlich, konnte es noch schlimmer kommen?
„Jeder hat eine zweite Chance verdient, findest du nicht?"
„Sicher. Jeder außer dir."
Malfoy lief rot an, wohl vor Zorn. „Wenn du ihr so was einredest, ist es ja klar, dass sie –"
„Malfoy, jetzt halt den Rand! Ich glaube kaum, dass du wirklich was von ihr hältst. Du bereust es nur, sie nicht ins Bett bekommen zu haben! Aber soll ich dir mal was sagen? Das wirst du nie schaffen, weil es keine Gaby Smith gibt. Stell dir mich mit langen Haaren und in Verkleidung vor. Ja, ich habe dich ausgenutzt, nun zufrieden? Jetzt weißt du, wie es sich anfühlt! Wenn du mich nun entschuldigen würdest!"
Harry ließ einen perplexen Malfoy stehen und lief die Treppe hinauf. Irgendwie war alles außer Kontrolle geraten. Sicher würde Malfoy ihn nun noch lange auslachen und die Geschichte überall rum erzählen, mit Betonung darauf, dass er ja keine Ahnung hatte, wen er da geküsst hatte.
((o)) ((o)) ((o)) ((o)) ((o)) ((o))
Harry lag auf seinem Bett und blätterte in „Quidditch im Wandel der Zeiten", als Ron herein kam.
„Harry. Ich weiß, es ist alles ganz schrecklich und du willst Malfoy vermeiden und so, aber..."
Harry blickte auf. „Was denn? Bitte, verschone mich mit dem. Außerdem weißt du doch am besten, was für ein Arsch er ist."
„Ja, schon... Aber jeder verdient eine zweite Chance."
„Das sind doch nicht deine eigenen Worte."
Ron setzte sich auf Harrys Bett. „Stimmt. Hermine sagt das, nachdem... äh... Malfoy mit ihr geredet hat."
Harry schoss nach oben. „Er hat was? Warum? Wieso? Was hat er gesagt?"
„Er will mit dir sprechen. Um ehrlich zu sein – er sitzt unten und wartet darauf, dass du ihn hochkommen lässt."
„Verarschst du mich?"
Ron schüttelte den Kopf und senkte dann die Stimme. „Also, wenn du mich fragst, ich würde ihm nicht trauen. Er hat zuviel Aftershave benutzt, und na ja, wenn er nichts über die Armut meiner Familie sagt, ist das schon verdächtig, findest du nicht?"
Harry nickte lahm. „Schick ihn rauf. Warte, erst in zehn Minuten! Bis dahin quält ihn noch ein bisschen, er hat es verdient!"
Ron grinste. Er stand auf und flitzte die Treppe hinunter. Harry stand auch auf und ging ins Bad. Er roch unter seinen Achseln, benutzte Mundwasser, versuchte erfolglos, seine Haare zu bändigen und rückte seine Brille zurecht. Dann ging er zu seinem Bett, warf sich darauf und nahm das Buch zur Hand. In den Minuten, die folgten, überlegte er, was Malfoy wohl wollen könnte. Ihn ausquetschten, ob es Gaby nicht doch gab?
Endlich vernahm er Schritte auf der Treppe und hielt sich das Buch vor die Nase. Es folgte ein Räuspern.
„Warum liest du das Buch verkehrt herum, hat das einen tieferen Sinn?", erklang Malfoys Stimme.
Harry spürte die Hitze sein Gesicht erobern und antwortete: „Kann man wohl sagen." Dann ließ er das Buch sinken. „Was willst du? Verfolgst du mich jetzt schon in den Gryffindorturm? Dir ist nichts heilig, kann das sein?"
Malfoy setzte sich ungefragt auf Harrys Bett. Der schmiss das Buch auf den Boden und setzte sich auf. „Rede!", forderte Harry. Malfoy räusperte sich erneut und Harry wunderte sich, ob er hier war, um ihn nach einer guten Medizin zu fragen.
„Also... ich habe zu Granger gesagt... Ich wollte eine zweite Chance. Sie hat mir zugestimmt."
„Das ist schön, dann geh doch zu ihr. Obwohl, sie ist mit Ron zusammen. Also würde ich das lassen, wenn du nicht den gesamten Zorn des Hauses Gryffindor auf dir haben willst."
„Also, darüber macht man keine Scherze!" Malfoy klang empört. „Ich bin wegen Gaby hier."
Harry stöhnte. „Ich habe dir doch gesagt, dass es sie nicht gibt."
„Oh, es gibt sie schon", sagte Malfoy. Seine Augen glitzerten, während Harry seine zusammenkniff.
„Wunschträume, Malfoy? Oder willst du, dass ich mich noch mal verkleide? Vergiss es. Entweder ganz oder gar nicht." Harry lachte auf.
„Ich wähle ganz."
„Könntest du bitte aufhören, dich in Rätseln ausdrücken?", bat Harry ihn. Fürsorglich mied er Malfoys Blick, betrachtete stattdessen die Robe von demselben.
„Oh, natürlich. Ich vergaß deinen unterbemittelten Verstand. Also, noch mal von Anfang und für jeden verständlich: Ich bin sehr angetan von... Überraschung! Von dir nämlich."
Harry starrte Malfoy nun doch an. Der grinste ihn verschmitzt an. Harry wusste nicht, was er sagen sollte, außer: „Du kleine Schwuchtel!"
„Na, hör mal!", rief Malfoy aus. Er besah sich seine Nägel. „Ist ja auch egal, jetzt habe ich mich zum Affen gemacht. Toll. Ich dachte, wenn Potter dich küsst, muss der sich was dabei denken, aber nein, wie es aussieht, ist er wohl eine kleine Schlampe, die es mir nur heimzahlen –"
Er kam nicht weiter, da Harry sich auf ihn geworfen hatte.
„Noch ein Wort, und ich vergesse mich, Malfoy!"
Malfoy grinste. „Gut."
Harry schüttelte den Kopf und nahm Malfoys Kopf in seine Hände. Er drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Nach wenigen Sekunden löste er sich und blickte Malfoy an, der langsam die Augen öffnete.
„Die Welt ist nicht untergegangen", sagte Malfoy. Harry nickte.
„Sie wird es aber, wenn du nicht augenblicklich weitermachst", sagte Malfoy.
Harry ließ sich nicht lange bitten. Sie versanken in einen Kuss, der alle bisherigen übertraf. Harrys Zunge war froh, Dracos wiederzutreffen. Sie verschmolzen, und Harry vergaß sich tatsächlich in Dracos Mundhöhle.
Sie bekamen nicht mit, wie Seamus und Dean hereinkamen.
„Ha, ich hab doch gewonnen, Seamus! Los, her mit meinem Gewinn", sagte Dean und streckte die Hand aus.
„Pah, wer sagt denn, dass du Malfoy nicht dazu angestiftet hast? Oder wer sagt, dass Harry auch wirklich seine große Liebe ist?"
„Würde er sonst einen anderen Jungen, und dazu noch Harry, küssen? Gib endlich auf, Seamus!"
Seamus knurrte und zahlte Dean seinen Gewinn aus. Wie es aussah, hatte er in der Tat verloren, so, wie sich Harry und Malfoy nun auf dem Bett wälzten. Und Seamus schwor sich, nie wieder mit Dean zu wetten.
#Ende#
