Ein Tag wie jeder andre:
Ohne Liebe, ohne Glück.
Ein Schritt noch vorne und zwei zurück.
Doch nichts hat Bestand.
Nicht mal das Leid.
Und selbst die größte Scheiße geht mal vorbei!
Lass es zu, dass die Zeit sich um dich kümmert.
Hör mir zu, und mach es nicht noch schlimmer.
Denn es gibt 'nen neuen Morgen, 'n neuen Tag, ein
neues Jahr.
Der Schmerz hat dich belogen!
Nichts ist für immer da...
- Nichts ist für immer da
-
- - Onkelz - -
Coxy
öffnete die Augen und kniff sie gleich wieder zu, als helles
Sonnenlicht ihm direkt ins Gesicht schien.
„Ey,
fuck", murmelte er leise und völlig verschlafen.Er bewegte
sich etwas, als sein Arm gegen etwas stieß; etwas Weichem und
Warmen..
Er hob die
Lider nur ein kleinwenig und sah zur Seite.
„Oh"
Das war für einen langen Moment das Einzige, was ihm beim
Anblick des schlafenden Colin einfiel.
Der lag
mit dem Gesicht zu ihm, den rechten Arm halb unter sich, die Finger
der linken Hand gespreizt auf seinem gesamten Gesicht. Irgendwie war
es schön, ihn anzusehen. Coxy kniff die Augen zu, als ein
herzhaftes Gähnen in seiner Brust anschwoll und mit
weitaufgerissenem Mund fuhr er sich über die Augen, die Stirn
und seinen rasierten Schädel. Für einen Moment hielt seine
Hand auf seinem Hinterkopf inne, dann senkte er den Arm und als er
die Augen wieder öffnete, sah er direkt in 2 Grüne.
„Oi",
sagte er mit gedämpfter Stimme und kam nicht umhin, zu lächeln.
Ein sanftes, warmes Lächeln, das sich einfach von selbst auf
seine Lippen legte.
Colin
starrte ihn an – vielleicht nicht unbedingt geschockt, aber mehr
als irritiert.
„Oi,
Colin", wiederholte Coxy schmunzelnd. Zugegeben, das Szenario, wie
sie da beide in Colins Bett lagen – dicht aneinander, aber in
voller Montur – hatte was Befremdliches.
„Coxy?", schien
Colin die gestrige Nacht erst mal rekonstruieren zu müssen.
„Yeah,
leibhaftig das Original", lachte der.
Plötzlich
hellte sich Colins Blick auf, als er sich offensichtlich erinnerte,
dann verfinsterte es sich aber auch im selbem Atemzug.
„Geht's
dir besser?"
„Eh?"
Coxy wusste ehrlich für einen Moment nicht, was Colin meinte.
„Na,
gestern..."
„Oh...",
Coxy räusperte sich, „ach ja..." Scheiße! Er hatte
nicht daran gedacht. Wow. Noch nie hatte er das Glück, nach dem
Aufwachen nicht sofort wieder von all diesen gottverdammten
Erinnerungen und Scheißgefühlen überrannt zu werden.
Ob das daran lag, dass Colin das Erste war, was er nach dem
Wachwerden gesehen hatte...?
„Geht schon wieder." Coxy
wusste, dass Colin die Lüge nicht abnehmen, aber auch nicht
weiter fragen würde.
„Hmm...",
hörte er ihn dicht an seinem Ohr und dann Schweigen. Eins zu
Null, oder?
Colin
wusste nicht, was er sagen sollte, aber er wollte etwas sagen.
Unbedingt!
Irgendwie
musste er Coxy zeigen, dass – „Col?" – na ja, er sollte
wissen, dass er, Colin, da war und wollte, dass es ihm wirklich gut
ging; irgendwie zumindest!
„Oi!"
„Eh!"
Colin schrak zusammen.
„'Nen Penny für deine Gedanken,
yeah?"
„Was?"Coxy
lachte.
„Über
was hast du grad so schwer konzentriert nachgedacht?"
„Kann
ich dir nicht sagen."
„Warum
nicht?"
„Würdest
dich über mich lustig machen."
„Nah!"
Coxy
rutschte etwas auf dem Bett herum und drehte sich auf den Bauch.
Colin sah
ihm dabei verstohlen zu.
„Starrst mir auf die Brust, als hättest
du noch nie was Interessanteres gesehen."
Colin
wurde rot und heftete die Augen auf das Bettlaken. Coxy hatte mit dem
Blick zur Decke gesprochen, aber Colin war klar, dass er ihn aus den
Augenwinkeln beobachtet haben musste.
„Hey,
kein Grund zur Panik, Col!" Coxy rollte sich mit einem kurzen
Auflachen wieder auf die Seite und stützte sich auf den linken
Ellenbogen. Den Kopf in die Handfläche gelegt, sah er Colin mit
einem seltsamen Glitzern in den Augen an.
Colin,
unsicher was er sagen, oder tun sollte, richtete sich etwas auf und
es Coxy gleichtuend, wechselte er ebenfalls in die halbsitzende
Position.
„Also?"
„Eh?"
„Was
ging so Wichtiges in deinem Kopf rum?"
Colin
fühlte sich sichtlich unwohl unter der Frage – rutschte hin
und her, nur um in der gleichen Haltung wie zuvor zu enden. Er schien
einen Moment komplett zu versteinern, dann sah er auf; Coxy direkt in
die Augen und es sprudelte aus ihm:
„Ich will für dich da
sein. Will deine Hand halten und dich vor Schmerz beschützen.
Vor jedem Schmerz." Er hielt mit offenem Mund inne. Fuck, das hatte
er jetzt nicht alles laut gesagt, oder? Aber es war seine Stimme
gewesen, auch wenn sie komisch geklungen hatte, so zittrig. Colin
senkte verschämt den Kopf, konzentrierte sich auf das Betttuch.
Er wartete, aber Coxy reagierte überhaupt nicht. Hatte er es
doch nur gedacht? Vorsichtig, ohne den Kopf zu heben, sah er Coxy von
unten herauf an. Er hatte gehofft, irgendeine Gefühlsregung,
irgendwas, in dessen Gesicht lesen zu können, aber nichts! Weder
positiv, noch negativ – Coxy sah ihn einfach nur an.
„Aber...",
entwisch Colin ein Flüstern. Mist!
Coxy sah ihn noch immer,
beinah ohne zu Blinzeln, an.
„Was aber?" Aus seiner Stimme
ließ sich ebenso nicht viel entnehmen. Man konnte maximal ein
wenig Angespanntheit hineininterpretieren.
Colin suchte einen
Moment nach der richtigen Formulierung.
„Aber
ich weiß, du würdest es nicht wollen."
Ruhe.
„Und
wenn doch?" Coxys Stimme war ganz weich...
Colin
antworte nicht, aber er hob den Kopf und sah Coxy wieder direkt an.
„Wie würdest du mich denn vor allem Schmerz beschützen?
Zeig's mir."
Vielleicht
war sie nicht nur weich, sondern auch kraftlos – ausgebrannt. Colin
hatte Angst zu antworten und dennoch...Jetzt, oder nie – hieß
es nicht so?
„Ich
würde dich fest in den Arm nehmen." Er ärgerte sich etwas
über sich selbst. Es war mehr ein Hauchen, als ein Sprechen
geworden.
„Tu es",
und überrascht stelle er fest, dass Coxy noch leiser gesprochen
hatte, als er selbst.
Colin
rutschte dicht an ihn heran, so dicht, das er locker mit einer Hand
um Coxys Taille greifen konnte. Und das tat er...als er Coxy dabei in
die Augen sehen wollte, um irgendeine Reaktion abzulesen, hatte der
sie geschlossen.
Aber Colin
spürte, dass sich Coxy noch ein bisschen enger an ihn schmiegte,
nicht hart, eher wie ein Kind, dass verzweifelt Wärme sucht...
Also hielt
er ihn einfach fest.
Coxy
fühlte sich leicht, wie schwebend. Scheiße, könnte
jetzt bitte jemand die verfuckte Welt anhalten!
Sie lagen
eine ganze Weile so da. Es war still, so still, dass Colin den Atmen
von sich und Coxy hören konnte. Aber Coxys konnte er auch
spüren...
Colin
löste die Umarmung, ganz langsam, ganz zart, als wäre Coxy
nicht 3 Jahre älter und einen halben Kopf größer,
sondern ein Baby.
Die
Distanz brachte den dazu, die Augen zu öffnen. Colin, ohne
irgendein Gespräch aufkommen zu lassen, legte eine Hand auf
Coxys Brust. Er fühlte die warme Haut und die Muskeln selbst
durch den weißen Pullover. Einen Moment ließ er sie still
liegen, spürte, wie Coxys Oberkörper sich mit jedem Atemzug
hob und sank. Er mochte das. Dann folgten seine Finger langsam dem
Verlauf der Muskeln – über die Brust, zum Bauch hinab und
wieder zurück. Als er eben zum zweiten Mal den Linien folgen
wollte, legte Coxy plötzlich eine Hand auf seine. Nicht fest,
aber es reichte auch so, um ihn innehalten zu lassen.
„Willst
du, dass ich's ausziehe?" Colin sah zu Coxy auf und nickte stumm.
„Du
zuerst", und Coxy grinste herausfordernd. Colin zögerte.
„Na komm
schon!" Eigentlich wollte er nein sagen. Aber er war froh, dass
Coxy wieder lächelte, oder zumindest grinste, also zog er sich –
nicht besonders elegant – den Pulli über den Kopf und schmiss
ihn über Coxy hinweg, auf den Boden.
Der sah
ihn einen Moment an – in seine Augen, auf seine Brust, auf seinen
Bauch.
„Okay", und Coxy entledigte sich wesentlich schneller seines
Pullovers und bevor Colin irgendwas sagen, oder machen konnte, legte er sich
dicht an seine Seite, legte sich auf ihn und ganz kurz schmerzte es
entsetzlich auf seinen Rippen. Doch dann war es sofort weg und als Colin die
Augen öffnete – er hatte sie wohl zusammengekniffen – hatte sich Coxy auf
seinen Händen abgestützt und grinste auf ihn herab.
Colin gab
ein kaum hörbares Stöhnen von sich. Er fand das Gefühl
überwältigend – Coxys warme Haut auf seiner eignen,
nackten Brust.
Coxy
lächelte leise für sich. Da lag er mit Colin und es machte
allen Schmerz irgendwie erträglicher, vielleicht sogar
ungeschehen – für ein paar Minuten.
Okay,
zugegeben, mit Colin halbnackt in dessen Bett war wohl das Letzte,
was er von diesem Tag, von diesem Besuch, erwartet hatte, aber nicht
das Schlechteste, was hätte passieren können, oder?
Colins
Herz tat einen heftigen, schmerzenden Sprung, als es für eine
Sekunde so aussah, als würde Coxy ihn küssen, aber dann
zwinkerte der nur, drückte sich weg von Colin und stand ziemlich
ruckartig auf.
„Wo is'n die Küche?" Seine Stimme klang
etwas neben dir Spur und Coxy räusperte sich hart.
Colin
brauchte einen Moment, um die Frage zu verstehen. Sein Hirn war grad
vollkommen auf Fühlen umgeschaltet gewesen.
„Äh,
rechts, bis ins Wohnzimmer. Da drin links."
„Hmm",
murmelte Coxy eher zu sich selbst. Als er um die Ecke und aus Colins
Blickfeld war, fluchte er innerlich mit deutlicher Mimik. Gerade
hätte er Colin fast geküsst! Hallo! Das konnte er
unmöglich tun! Aber wäre er nicht sofort zurückgewichen
– aufgestanden – hätte er es getan. Er hätte es
verdammt noch mal getan! Es war ja nun wirklich nicht so, dass er
irgendeine Hemmschwelle hatte, einen andren Kerl zu küssen.
Rusty und er hatten sich mal rumgeknutscht. Ziemlich heftig sogar.
Aber sie waren besoffen gewesen und eigentlich war's nur pure
Albernheit. Diese Situation mit Colin war irgendwie...anders gewesen.
Er hatte
Angst, es kaputt zu machen – dieses Andere.
War Colin
ihm tatsächlich so wichtig?
Es stand
plötzlich von jetzt auf dann so eisklar vor ihm, das es wie ein
Schlag ins Gesicht war.
Scheiße
ja! Colin war ihm verdammt wichtig!
Coxy
stutzte einen Moment. Er hatte nicht mal gemerkt, dass er längst
im Wohnzimmer stand. Er knurrte und ging nach links in die Küche.
Colin war
ihm mit etwas Abstand gefolgt.
„Was
gibt's bei euch zum Frühstück?", fragte Coxy und riss
die Kühlschranktür auf.
„Mum war diese Woche noch
nicht einkaufen."„Das heißt, ihr habt nichts
Brauchbares?"
„Yeah."
Coxy
schmiss die Tür genervt zu.
„Lausiger
Service", aber er lächelte schon wieder. „Dann komm', ich
lad' dich ins Pup ein."
„Zum
Frühstück?", und Colin fragte so ungläubig, das Coxy
lachen musste.
„Was spricht gegen Bier und Sandwich?"
Colin
lächelte.
„Hmm...nichts", und er folgte Coxy nach, zurück
in Mark und sein Zimmer. Frühstück mit Coxy – das gefiel
ihm irgendwie.
TBC!
