„Jetzt kann auch ich es spüren!" sagte Leo, der auf der Golden Gate Bridge stand und wandte sich
dabei an den Ältesten neben sich. Es war bereits Nachmittag und der Regen hatte schon vor Stunden
aufgehört. Die warmen Sonnenstrahlen ließen die Stadt erleuchten und die Luft roch frisch.
„Woher kommt es? Was wissen wir darüber?" Leo sah sein Gegenüber fragend an.
„Wir wissen es noch nicht genau. Wir können es alle spüren, doch keiner hat eine genaue Vorstellung
davon, was es ist, oder woher es kommt. Es gehen verschiedene Gerüchte um, doch eines hält sich
hartnäckig in unseren Kreisen. Dem Gerücht zufolge geschah dies das letzte Mal vor mehr als
450 Jahren und es heißt, dass damals eine Macht freigesetzt wurde, die von niemanden mehr
kontrolliert werden konnte!" Leo sah den Ältesten besorgt an.
„Doch mehr wissen wir alle nicht!" Leo blickte wieder über San Francisco.
„Wie sollen wir gegen etwas ankämpfen, was nicht einmal wir kennen?" fragte Leo leise,
mehr an sich gerichtet. Er sah wieder zu dem Ältesten, der seine Frage schweigend zu teilen
schien und verschwand.
„Chriiiis!" schrie Paige, die im Wohnzimmer des Halliwell-Manor auf und ab ging. Wo steckte er nur?
Sie versuchte den jungen Wächter des Lichts nun schon den ganzen Nachmittag zu erreichen,
doch er schien sie nicht zu hören. iOder wollte er es einfach nicht/i Paige verzog frustriert das Gesicht.
„Paige, bitte! Lass ihn! Wenn er nicht will, dann will er nicht! Du weißt doch, wie er sein kann!" sagte Phoebe,
die Paige's Rufen einfach nicht mehr hören konnte. Sie rieb sich die Schläfen, als sie das Wohnzimmer betrat.
„Du nervst! Hast du es schon mal im P3 versucht?" Phoebe sah Paige fragend an. Paige schüttelte leicht
den Kopf, als verstünde sie nicht, was ihre Schwester von ihr wollte.
„Du glaubst doch nicht, dass ich mich einfach in sein Zimmer orbte. Er ist unser Wächter des Lichts und
er hat schließlich zu erscheinen, wenn man ihn ruf!" gab Paige schnippisch zur Antwort. Sie weigerte
sich ihn zu suchen, immerhin wollte ja er von der Wirkung, die Paige's Zauberelixier verursachte, befreit werden.
„Dieser sture …!"
„Äh, ja, behalt es für dich, bitte!" sagte Phoebe gequält. Ihre empathischen Fähigkeiten begleiteten
sie nun schon längere Zeit, doch konnte sie sie gelegentlich immer noch nicht ganz unter Kontrolle halten.
Ein Beamgeräusch war zu hören, als sie Leo ins Wohnzimmer des Halliwell-Manors orbte.
„Wo ist Piper?" fragte Leo.
„Oben bei Wyatt, warum?" Phoebesah Leo dabei besorgt an,
der sichtlich angespannt wirkte.
„Ich muss mit euch reden!"
„Piiiipeeer!" schrie Paige und blickte dabei in Richtung Treppe. Phoebe hielt sich wieder die Schläfen
und sah dabei genervt zu Paige hinüber.
„Was?" fragte Paige unschuldig. Kurz darauf waren Schritte zu hören und Piper kam die
Treppen herunter. Sie war sichtlich überrascht Leo hier zu sehen, da sie eigentlich nicht mit ihm
gerechnet hatte.
„Leo, was machst du hier?" Sie ging auf ihn zu und sah ihn dabei verwundert an.
„Ist etwas passiert?" Leo deutete den Dreien sich zu setzen und blieb dabei selber stehen.
„Ich habe euch doch gestern erzählt, dass etwas Merkwürdiges vor sich geht! Veränderung!"
Die drei Schwestern sahen Leo schweigend an.
„Jetzt kann auch ich sie spüren, doch die Ältesten wissen noch nichts Konkretes.
Offenbar geschah dies schon einmal. Vor mehr als 450 Jahren!" Leo sah nun die drei Schwestern an,
die einander einen fragenden Blick zuwarfen.
„Ok, was heißt das?" fragte schließlich Piper. „Ich meine, wenn dies schon einmal vorkam,
warum wissen dann die Ältesten nichts Genaues?"
„Bei dem Angriff der Titanen wurden viele von uns getötet. Viele, die das alte Wissen besaßen!
Die Titanen haben uns damals sehr geschwächt und die, die überlebten, wissen nichts,
oder halten sich bedeckt."
„Wieso bedeckt? Wenn es etwas ist, dass für uns alle eine Gefahr bedeutet, was haben
dann die Ältesten davon, wenn sie uns nichts darüber sagen?" mischte sich Phoebe ein.
Sie verstand die ganze Sache nicht. Was war hier los? Warum weiß keiner etwas, oder
möchte nichts sagen? Sie wartete auf eine Antwort von Leo, doch er schien auch nicht mehr zu wissen.
Schweigend saßen sich die Schwestern gegenüber, als Leo in die Stille horchte.
„Ich muss gehen!" sagte er und orbte aus dem Wohnzimmer. Noch immer sagte keiner der Dreien
etwas, bevor Piper das Schweigen brach.
„Na schön! Wir können im Moment nicht mehr machen, als zu warten, bis Leo mehr für uns hat.
Bis dahin würde ich vorschlagen, wir versuchen selber etwas heraus zu finden, mit den wenigen
Informationen, die wir haben!"
„Was für Informationen?" fragte Paige überrascht und sprach damit genau das aus, was sich auch
die anderen dachten.
„Sag bloß, dein Wissensdurst wurde nicht gestillt?" Piper musste lachen, denn im Grunde hatte
Paige Recht. Sie erhob sich vom Sofa und ging Richtung Küche.
„Vielleicht weiß ja Chris etwas!"
„Chriiiiiiiiiis!" schrie Paige bevor sie von einem Zierkissen am Kopf getroffen wurde.
Chris öffnete seine Augen. Er lag auf dem Bett seines kleinen Zimmers im P3 und versuchte
sich in der Dunkelheit zu orientieren. Sein Kopf schmerzte und als er sich aufsetzen wollte,
merkte er, dass dies nicht das einzige war, das ihm wehtat. Er sank wieder zurück auf sein Bett.
Er konnte jeden einzelnen Knochen in seinem Körper spüren und seine Brust schien bei jedem
Atemzug explodieren zu wollen. Er atmete schwer. Er wusste nicht, was mit ihm los war.
Er konnte sich nicht genau erinnern. Er war in sein Zimmer georbt und wollte noch etwas an
der Bar trinken. Hatte er es gemacht? Hatte er vielleicht zuviel getrunken? Er schloss seine Augen
und dachte angestrengt nach, doch er kam zu keinem Ergebnis. Chris konnte sich einfach nicht erinnern.
Paige Schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Er dachte darüber nach, ob sie vielleicht erneut
einen Gegenzauber ausgesprochen hatte, der schief ging. Unter Stöhnen rollte er sich auf die Seite und
ließ seine Beine auf den Boden sinken. Er stützte seinen Oberkörper mit den Armen hoch und wollte a
ufstehen, als seine Beine zitternd nachgaben. Er sackte neben seinem Bett zu Boden.
„Was…?" keuchte er.
„Chriiiiiiiiis!" hörte er eine vertraute Stimme.
„Chriiis, verdammt noch mal!" Chris saß immer noch am Boden und sein Kopf ruhte
am Rand seines Bettes. Er hatte das Gefühl, als würde der Schmerz seinen Körper zum zerbersten bringen.
„Paige!" sagte er schließlich, als er die Stimme erkannte. Er stützte sich am Bett ab und rappelte
sich auf. Er atmete kurz tief durch, bevor er sich aus seinem Zimmer orbte.
Als er im Wohnzimmer des Halliwell-Manors materialisierte sah er einer mürrischen Paige entgegen.
„Was?" schnaubte er und sah, wie Paige ihre Augenbrauen hoch zog.
„He, wenn hier einer mies gelaunt sein darf, dann bin das ja wohl ich! Wo warst du?"
Paige ging auf Chris zu, der sich auf die Couch sacken ließ.
„Sorry, Paige, war nicht so gemeint! Was gibt es?" Paige's finstere Miene lichtete sich wieder,
als sie sich neben Chris setzte. Sie betrachtete ihn von der Seite. Er wirkte etwas blass.
„Alles ok?" „Ja, alles bestens, also was gibt es?"
„Oh, hatten wir eine anstrengende Nacht?" Paige stand wieder auf und entfernte sich einige
Schritte von Chris, bevor sie sich ihm wieder zuwandte. Chris sah sie ohne etwas zu entgegnen an.
„Ich habe einen neuen Zauberspruch, der dich von dem …naja, eh schon wissen … erlösen soll!"
Chris sah sie erstaunt an.
„Wie? Nach dem Motto ‚Alle guten Dinge sind Drei'?". Paige verstand den Sinn der Aussage
nicht, denn sie sah Chris weiterhin fragend an. Drei? Wieso Drei
„Keine Ahnung, wovon du sprichst!" Chris machte eine flüchtige Handbewegung.
„Vergiss es! Mach schon!" Paige zog einen Zettel aus ihrer Hosentasche, faltete ihn
auf und ging wieder ein paar Schritte auf Chris zu.
Nimm hinweg den falschen Zauber
Der sich gegen ihn wandt
Für immer sei'st du nun vergessen
Und aus dieser Zeit verbannt
Paige sah Chris erwartungsvoll an, doch dieser rührte sich nicht. Immer noch sah er zu Paige
und sein Blick hatte sich nicht verändert.
„Äh, Chris?" frage Paige irritiert.
„Huhu?" sie schnippte mit ihren Fingern vor seinen Augen, als er schließlich reagierte.
„Was?"
„Hat es funktioniert?" Paige sah ihn erwartungsvoll an.
„Tja, das weiß ich nicht. Keine Ahnung. Sollte ich die Treppe runter stürzen, solltest du deinen
Spruch noch einmal überdenken!" sagte er sarkastisch und orbte sich aus dem Wohnzimmer.
„Was ist denn mit dem los?" fragte sich Paige, die nun alleine da stand.
„Tarik?" Leo sah sich fragend um. Der Name war ihm schon einmal untergekommen, doch
er konnte ihn nicht zuordnen. „Ich verstehe nicht!" entgegnete er und sah dabei die Ältesten an,
die ihn gerufen hatten. Tarik war ein Wächter des Lichts, doch er kannte ihn nicht. Woher kannte
er diesen Namen? Fragend wandte er sich an die anderen Ältesten.
„Er weiß mehr, als wir. Er war schon ein Wächter des Lichts, bevor wir geboren wurden.
Du solltest dich mit ihm unterhalten! Er wird dir alles sagen, was er weiß" Leo konnte immer noch
nicht verstehen. Was hatte ein Wächter des Lichts mit der ganzen Sache zutun und warum war er,
wenn er doch schon so lange auf Erden weilte, immer noch ein Wächter?
„Wo finde ich ihn?" fragte Leo schließlich. Langsamen, aber bestimmenden deutete einer der
Ältesten mit dem Arm in Richtung großen Saal. Leo folgte dem Hinweis und verließ ohne Worte
die Anderen. Was würde dieser Wächter ihm erzählen? Was wusste er? Seine Schritte hallten in
den hohen weißen Wänden wider und er beschleunigte von Sekunde auf Sekunde. Leo riss das
Tor zum großen Saal auf. Die Augen aller Anwesenden waren auf Leo gerichtet, der nun in der
offenen Tür stand und sich suchend umsah. Sein Blick wanderte von einem zum anderen, als er
schließlich in den Saal rief
„Tarik?" Alle wandten sich wieder ihrem Tun zu, aus dem sie Leo zuvor gerissen hatte.
Alle, bis auf einem. Ein junger Mann mit dunklem Haaren schloss das Buch, dass er in der
Hand hielt und legte es auf den Tisch neben sich. Er faltete seine Hände vor sich und ging
langsam auf Leo zu.
„Ich bin Tarik. Was möchtest du wissen?"
