„So kommen wir nicht weiter!" Phoebe schloss das Buch der Schatten und sah zu Piper,
die nachdenklich vor ihr auf und ab ging. Sie hatten einfach zu wenig Informationen und
im Buch konnten sie auch nichts finden. Wie auch? Sie wussten doch noch nicht einmal,
wonach sie suchten.
„Ich sehe mal nach Wyatt! Du kommst hier klar?" fragte Piper und verließ den Dachboden,
als Phoebe ihr mit einem Nicken zu verstehen gab, dass sie sie im Moment nicht brauchte.
Phoebe seufzte laut, als sie das Buch wieder öffnete. Irgendwas musste sie finden, einen
Anhaltspunkt zumindest.

„He, was suchst du?" frage Chris der gerade am Dachboden erschien. Phoebe sah ihn an.
Er wirkte müde und angespannt. Seine Augen waren matt und er schien Schmerzen zu haben.
„Alles ok mit dir?" frage sie Chris besorgt, der auf sie zukam.
„ Ja, ich denke schon! Ich weiß nicht. Ich habe wohl schlecht geschlafen. Wird schon wieder!"
entgegnete er ihr mit einem gequälten Lächeln, als er sich neben sie gesellte. Er wusste selber
nicht, was mit ihm los war. In einem Moment wollte er nichts anders, als sich weiterhin auf
die Suche nach jenem Dämon zu machen, der für ihrer aller Zukunft verantwortlich war und
im Nächsten hätte er am liebsten das Halliwell-Manor dem Erdboden gleich gemacht.
Er war erschrocken über seine Gedanken und schüttelte seinen Kopf, als könnte er diese abschütteln.

Er blätterte im Buch der Schatten, während Phoebe sich auf das Sofa setzte, versunken in ihre Gedanken.
„Leo hat uns von den Veränderungen erzählt, die sich die letzten Tage zugetragen haben.
Die Ältesten wissen nicht genau, worum es sich handelt. Weißt du vielleicht, was es sein kann?"
Chris blätterte noch immer im Buch der Schatte, als er mit der Faust auf die Seiten schlug.
„Was?" fauchte er. „Du auch? Was wollt ihr von mir?" Phoebe erschrak.
„Ho! Langsam, junger Mann! Was ist denn mit dir los? Ich habe dich nur gefragt, ob du weiß,
was es sein könnte! Könnte ja sein, dass du etwas weißt. Kommst du aus der Zukunft, oder wir?"
Chris blickte verlegen zu Boden. Er wusste selber nicht, was mit ihm los war. Warum ist er Phoebe
eben so angefahren? Er konnte es nicht sagen. Immerhin hatte sich Phoebe bis jetzt immer fair
ihm gegenüber verhalten. „Es tut mir Leid!" kam es zerknirscht von Chris. Phoebe sah ihn
mitleidig an. Sie versuchte die Gefühle von Chris zu empfangen, doch da war nichts. Wie immer.

„Was ist los mit dir Chris? Etwas stimmt doch nicht?" frage sie sanft. Chris schwieg.
Er konnte ihr nicht Antworten. Was hätte er denn antworten sollen?
„Chris! Das hier ist wirklich wichtig! Irgendwas bahnt sich da draußen an und wir wissen
nicht, womit wir es zutun haben. Wenn du also etwas weißt, dann sag es uns bitte!"
Chris Augen begannen zu blitzen und seine Hände zitterten. Er sah Phoebe scharf an,
bevor er das Regal neben sich ergriff und zu Boden schleuderte.
„Was geht euch das an?" fauchte er. Phoebe ging sofort in Deckung.
„Paige! Piper!" schrie sie. Chris verdrehte die Augen und lachte.
„Wie süß! Ruf doch nach deinen Schwestern!" hauchte er und wandte sich wieder dem
Buch der Schatten zu, doch als er die nächste Seite umblättern wollte, schloss sich das
Buch und flog auf den Boden.

„Was …?" gab Chris erschrocken von sich. Er starrte auf das Buch, dann zu Phoebe.
„Phoebe? Alles in Ordnung?"
„Wer bist du?" fragte Phoebe ängstlich. Sie hörte laute Schritte von draußen, als sich
die Tür zum Dachboden öffnete. Piper und Paige standen in der Tür und sahen ängstlich in den Raum.
„Was ist los?" fragte Piper völlig außer Atem. Phoebe rappelte sich auf und kam hinter dem
Sofa hervor.
„Bleib, wo du bist!" Ihr Blick wich nicht von Chris, der völlig regungslos da stand und die
Drei verstört ansah. Chris schnappte nach Luft. Er wollte etwas sagen, doch es fehlten ihn
die Worte. Angst schnürte ihm die Kehle zu. Er lauschte den Ausführungen von Phoebe,
als sie ihren Schwestern erklärte, was vorgefallen war, doch er konnte die Worte nicht glauben.
Er hob das Buch der Schatten wieder vom Boden auf und legte es auf seinen abgestammten Platz.
Dann schloss er die Augen und wich ein paar Schritte zurück.

„Bitte! Das wollte ich nicht! Du musst mir glauben, Phoebe!" Sein Blick richtete sich flehend an
Phoebe, die sich ans andere Ende des Dachbodens zu ihren Schwestern gesellt hatte. Jetzt sahen
ihn auch Paige und Piper fassungslos an.
„Hast du …?" setzte Piper an Paige gerichtet, zu einer Frage an, ohne dabei den Blick von Chris
zu nehmen.
„Ja, schon! Aber er war zuvor schon etwas merkwürdig! Ich kann mir nicht vorstellen, dass
mein Spruch das bewirkt hat!" Piper und Phoebe starrten weiterhin Chris an, der sich inzwischen
in einen Sessel gesetzt hatte. Sein Kopf ruhte auf seinen Armen und er gab keinen Laut von sich.
Was hatte er getan? Er hob seinen Kopf und sah die drei Schwestern an.
„Es ...!" Er schluckte „Es tut mir Leid!" Seine Augen füllten sich langsam mit Tränen. Er konnte
sie nicht zurück halten. Er fühlte sich schlecht. Sein Kopf dröhnte und jedes seiner Glieder schmerzte,
als würden Feuer in ihnen brennen. Piper sah ihn schief an. Sie glaubte ihrer Schwester, doch
hatte sie nicht das Gefühl, als wäre er jemand, den sie plötzlich fürchten müssten. Vielleicht ist dies
alles inzwischen zuviel für ihn? Vielleicht übermannten ihn gerade seine Gefühle, die er immer so gut
vor ihnen allen verstecken wollte. Vielleicht hatte er auch einfach nur schlecht geschlafen? Sie waren
alle einmal schlecht drauf. Wer weiß!

„Ok! Lasst uns unten weiter reden!" sagte Piper schließlich zu ihren Schwestern und verließ den
Dachboden. Bevor sie durch die Tür ging, sagte sie zu Chris gerichtet
„Und du solltest dich vielleicht etwas hinlegen! Ich meine es ernst!" nach diesen Worten verließen
sie Chris, der immer noch auf dem Sessel saß und ihnen nachsah. Er sank in die Lehne des weichen
Sessels zurück. Er konnte nicht glauben, was eben vorgefallen war.

Kaja stand in ihrem Schlafzimmer und blickte verzweifelt an die Wände. Angst erfüllte sie,
als sie die fremden Zeichen sah, die an die Wände gemalte waren. Wer hatte dies getan?
War sie es etwa gewesen? Sie konnte sich nicht erinnern. Und wie kam sie hier her?
Sie konnte sich nicht erinnern. Sie war im P3 und wischte gerade den Tresen, als sie wieder
diese seltsamen Stimmen hörte. Dann fand sie sich in ihrem Schlafzimmer wieder. Es war bereits
später Nachmittag und die Sonne schien. Hatte sie geschlafen? Das Fenster stand weit offen und
von draußen dran der Straßenlärm herein. Sie ging auf das Fenster zu und schloss es fest.

Sie starrte auf die Straße vor dem Haus. Alles wirkte so unwirklich und ein grauer Schleier legte
sich vor ihre Augen. Sie wich vom Fenster zurück und starrte wieder auf die Wände.
„Was ist das?" frage sie sich. Schwindel befiel sie und Kaja taumelte zurück. Ihr Herz raste
und sie atmete einige Male tief durch. Sie hatte das Gefühl, als würde sie von einer Ohmacht
übermannt werden, doch nichts dergleichen geschah. Sie krümmte sich und griff sich mit den
Händen an die Brust.
„Was...?" stammelte sie, als sie auf ihre Knie sank. Sie schloss ihre Augen und konzentrierte sich.
Ihr Atem beruhigte sich und ihre Arme ruhten nun auf ihren Oberschenkeln. Ein leichtes Surren
zog sich durch ihren Kopf, bevor sie in eine Art Trance verfiel. Ihr Körper ruhte auf ihren Beinen
und ihre Augen waren immer noch geschlossen. Das Fenster schlug wieder auf und ein kalter
Wind drang zu ihr herein. Er blies durch ihr Schlafzimmer, doch sie blieb regungslos auf ihren
Knien ruhen. Die Temperatur in ihrem Zimmer schien auf den Null-Punkt zu fallen und ihr Atem
kondensierte angesichts der Kälte.
„Cumhachd!" flüsterte sie.
„Cumhachd! Sebulon!"

„Er benimmt sich merkwürdig! Das müsst ihr doch zugeben!" sagte Phoebe, die hinter Piper
und Paige ins Wohnzimmer her hastete.
„Definiere merk…!" Phoebe unterbrach Paige mit einer Handbewegung.
„Du weißt, was ich meine, Paige!" erwiderte sie gereizt. „Merkwürdig halt! Er ist launisch,
sehr launisch! Und ihr müsst zugeben, dass dies nicht normal ist! Selbst für seine Verhältnisse nicht!
Er hat das Bücherregal umgeworfen und er ist auch dir gegenüber ausfällig geworden, Paige!"
Paige sah Phoebe an und musste ihr Recht geben. Ja, er war etwas seltsam. Seltsamer als sonst.
Piper sah ihre Schwestern an. Sie wusste nicht, was sie erwidern sollte. Auch sie musste ihnen
Recht geben, etwas stimmte nicht. Doch was? Sie hörten ein vertrautes Geräusch, als sich Leo im
blau schimmernden Licht zu ihnen orbte. Er war nicht alleine.

„Wer ist das, Leo?" frage Paige. Leo sah die Drei an, doch er antwortete nicht.
„Was ist hier los?" fragte er stattdessen.
„Chris!" das war alles, was er von Phoebe zu hören bekam. Er sah die Drei verwirrt an.
„Äh, das ist Tarik!" sagte er schließlich „Ähm, was ist mit Chris?"
„Was soll schon sein mit mir!" Chris orbte ins Wohnzimmer und kam auf Leo zu.
Er warf ihm einen verächtlichen Blick zu, bevor er sich an Phoebe wandte.
„Ich muss mit dir reden, bitte!" sagte er flehend. Phoebe bewegte sich nicht. Sie musste
immer noch an das Geschehnis am Dachboden denken und an den kalten Blick, den Chris
ihr zuwarf. Chris merkte die Zurückhaltung der anderen und seufzte. Was sollte er tun?
Er wich einige Schritte zurück und sah in die Runde.

„Es tut mir Leid!" Phoebe wandte sich wieder Leo zu
„Ok, schieß los! Gibt es etwas Neues?"
„Also, wie gesagt, das ist Tarik! Tarik ist ein Wächter des Lichts, was im Moment nicht
weiter wichtig ist, doch was wichtig ist, ist, was er zu berichten hat!" Leo schob den Wächter
des Lichts etwas unsanft vor sich. Die drei Schwestern sahen gebannt zu Tarik, in Erwartung,
was er ihnen zu erzählen hatte. „Es gibt einige Veränderungen …!"
„Wissen wir! Weiter!" schnaubte Piper und Tarik schrak zurück. Er hatte nicht mit einer
solchen Reaktion gerechnet.
„Oh, ok!" stammelte er. „Ich war Wächter des Lichts, als jene Ereignisse ihren Anfang nahmen.
Damals stand es sehr schlecht um das Gute auf der Welt und die Mächte der Finsternis schienen
die Oberhand zu gewinnen. Ich stand im Dienste von Yale, einem Ältesten, dessen ganzes
Bestreben darin bestand, das Böse zu vernichten. Er unternahm alles, um gegen das Böse anzukommen,
doch all seine Bemühungen scheiterte." Tarik unterbrach seine Ausführung und sah verwirrt zu Chris.

Phoebe folgte seinem Blick und erschrak.
„Hhhoooo! Was …?" Chris stand regungslos im Raum.
Phoebe tippte ihren Schwestern auf die Schultern.
„Äh …!" stammelte sie. Ihre Schwestern drehten sich zu ihr um und ihr Blick fiel nun ebenfalls auf Chris.
„Das hat er heute schon einmal gemacht!" meinte Paige monoton, wobei ihr Erstaunen nicht verborgen blieb.
„Wie? Das? Also mit allem drum und dran?" fragte Phoebe erstaunt. Sie ging einige Schritte
auf Chris zu. Er schien mitten in der Bewegung erstarrt zu sein.
„Ja, in etwa genau so!" meinte Paige „Naja, bis auf das mit dem … Atem! Ist es hier kalt?
Ich hab nicht das Gefühl, als wäre es hier kalt!" meinte Paige. Chris Atem war zu sehen, als hätte es im
Wohnzimmer des Halliwell-Manors Minusgrade. Alle Augen waren auf Chris gerichtet und keiner traute
sich etwas zu sagen. Keiner wusste, was hier los war. Phoebe traute sich noch einige Schritte näher
an ihn heran, bevor sie sich zusammen krampfte.

„Oh mein Gott!" hauchte sie. Sie wich zurück und setzte sich auf das Sofa. Ihr Blick war fest auf Chris gerichtet.
„Was?" schrie Piper, die diese ganze Sache einfach nicht verstehen konnte. Phoebe sah zu den anderen.
„Ich kann etwas spüren. Angst … Wut… Verzweiflung … Hass. Ich weiß nicht, welches Gefühl
… stärker ist. Ich … versteh das nicht. Ich habe noch nie etwas … von ihm empfangen!"
Piper wirbelte herum und sah Tarik an!
„Ok, raus mit der Sprache! Was ist hier los!" schrie sie den Wächter des Lichts an. Gerade, als
dieser Antworten wollte, hörten sie, wie Chris einen tiefen Atemzug tat. Er starrte in die Runde.
„Ich …! Was …?"
„Was hast du getan?" fuhr ihn Leo an und ging mit großen Schritten auf ihn zu. Er war sich sicher,
das Chris mit der ganzen Sache etwas zutun hatte. Mehr, als er wieder einmal zu gab. Chris war
erschrocken. Er wusste nicht, was los war, warum Leo ihn so anfuhr.
„Warte ...!" stieß er hervor und hob abwehrend die Hände in die Höhe, doch Leo hielt weiter
auf ihn zu. Plötzlich holte Chris mit seinem Arm aus und schleuderte Leo mit voller Wucht in die
hinterste Ecke des Wohnzimmers. Leo schlug hart an der Wand auf, bevor er zu Boden sank.
Er starrte Chris ungläubig an.
„Woher …?" stammelte er. Chris' Augen blitzten, als er sich den drei Schwestern zuwandte.
„Noch jemand?" fragte er herausfordernd und schimmerte davon.