Die Schwestern standen immer noch im Wohnzimmer des Halliwell-Manors
und versuchten ihre Gedanken zu ordnen. Was war eben geschehen?
„Man könnte sagen, die beiden haben sich gesucht und gefunden!" meinte Paige schließlich
sarkastisch, als sie ihre Fassung wieder gefunden hatte. Ihre Schwestern sahen sie mit
offenem Mund an. Keine von ihnen sagte ein Wort. Langsam drehte sich Piper zu Leo,
dessen Erstaunen ihm ebenfalls ins Gesicht geschrieben stand.
„Woher wusstest du es?" frage er schließlich. Phoebe sah zur Seite, als würde sie nachdenken.
Langsam ging sie zum Sofa, setzte sich und nahm ein Kissen zur Hand, welches sie fest an
sich drückte. Sie brauchte etwas zum anhalten. Wie sollte sie erklären, woher sie wusste,
wie Leo Chris heilen konnte. Sie wusste es nicht, vielmehr war es eine Ahnung, ein Gefühl,
dass sie nicht beschreiben konnte.
„Ich wusste es nicht, Leo! Als Kaja das Wohnzimmer betrat spürte ich ihre Angst und
Verzweiflung und als sie Chris sah und diese Gefühle in Hass und Wut umschlugen,
empfand ich es, als würde es in mir widerhallen, als wären es nicht nur Kajas Gefühle …!"
sie machte eine kurze Pause und seufzte „… sondern auch die von Chris!
Macht das für euch irgendeinen Sinn?"
„Ehrlich gesagt? Nein!" Piper ging auf Phoebe zu und setzte sich langsam neben
sie auf das Sofa.

„Nein, es macht keinen Sinn! Wieso ist Kaja ein Dämon, wieso schloss sich auch
Chris' Wunde, als Leo Kaja heilte? Wieso verhält auch sie sich so merkwürdig und
was haben die beiden miteinander zutun?" Piper sah von Phoebe zu Paige und ließ
dann ihren Blick auf Leo ruhen. Sie sah ihn durchdringend an und Leo konnte die vielen
Fragen, die sich in ihrem Kopf befanden, förmlich hören. So sehr er auch wollte,
er konnte ihnen nicht die erwarteten Antworten auf all ihre Fragen geben, er wusste
selbst zu wenig und was er wusste, hatte er den Schwestern mitgeteilt. Immer noch hatten
sie zu wenig Informationen, als dass sie im Buch der Schatten etwas finden könnten, oder
etwas gegen den Verlauf, den die ganze Sache nahm, zu unternehmen. Er sah Piper fest
in die Augen. Wie sehr er sie vermisste, ihre Berührungen, das vertraute Gefühl, wenn
sie ihn umarmte. Er sah zu Boden, als er schließlich sagte
„Gut, ich werde sehen ob ich Tarik noch einmal herbringen kann! Tut bitte nichts,
bevor ich wieder hier bin!"
„Versprochen!" sagte Paige, die immer noch an derselben Stelle stand, wie zuvor
und sah zu Leo, der sich im blau funkelnden Licht davon orbte. Schließlich begab
sie sich ebenfalls zu ihren Schwestern und setzte sich auf die Lehne des Sofas, machte
einen tiefen Seufzer und sah ihre Schwestern an. Was sollten sie jetzt tun? Sie mochte
es nicht tatenlos herum zu sitzen und zu warten. Sie sah zu Phoebe, die mit ihren
Gedanken bereits einige Schritte voraus zu sein schien.

„Woran denkst du, Phoebe?" Phoebe starrte weiterhin in den leeren Raum,
missachtete die Frage ihrer Schwester, als sie schließlich das Kissen beiseite legte.
„Das kann ich euch noch nicht sagen! Wartet hier! Schön sitzen bleiben!" mit diesen
Worten stand Phoebe auf und ließ ihre Schwestern ohne weiteren Kommentar alleine.
Paige rutschte von der Lehne auf das Sofa und lehnte sich an Piper.
„Was denkst du?"
„Über Phoebe?" fragte Piper und musste leise lachen.
„Nein, über die ganze Sache!" auch Paige musste schmunzeln, denn sie dachte
das gleiche, wie Piper. Phoebe hatte sie eben wie zwei kleine Kinder angewiesen,
schön artig zu sein und nichts anzustellen.

Phoebe hastete die Treppen hinauf auf den Dachboden und blieb in der Mitte stehen.
Sie sah sich langsam im Raum um und ihr Blick viel auf das zerstörte Regal, dann auf
das Buch der Schatten. Sie blickte sich weiter um und drehte sich langsam im Kreis
bis sie schließlich mit schnellen Schritten den Dachboden wieder verließ. Sie ging in
ihr Zimmer und kramte in ihrem Kasten nach einem Block und setzte sich auf ihr Bett.
Sie begann einige Notizen zu schreiben, sie wollte nichts durcheinander bringen. Sie
sah wieder auf und schloss kurz die Augen, überlegte, versuchte sich zu erinnern.
Dann schrieb sie wieder ein paar Notizen und hielt inne.
„Kann das sein?" murmelte sie. Dann stand sie auf, verließ ihr Zimmer und lief die
Treppen wieder hinunter ins Wohnzimmer, wo Paige und Piper immer noch auf dem
Sofa saßen. Sie hörte eine weitere Stimme. Leo.

„Das ging aber schnell!" sagte sie, als sie sich wieder zu ihren Schwestern begab
und bemerkte, dass Leo Tarik mitgebracht hatte. Phoebe setzte sich zu Piper und
Paige und legte ihren Notizblock auf den Tisch vor sich.
„Da sind wir jetzt aber gespannt!" meinte sie schließlich und richtete ihren Blick
auf Tarik. Er hatte seine Hände in den Ärmeln seines Umhanges und kam langsam
auf die Drei zu. Wieder blickte er zu Boden, während er nach den richtigen Worten
suchte. Mit einem sanften Handbewegung deutete er Leo sich ebenfalls zu setzen,
eher begann.
„Wie Leo euch schon berichtet hat, habe ich einen von Yales Schläfern getötet.
Ich weiß, dass ich es nicht mehr ändern kann, dennoch möchte ich mich hierfür rechtfertigen.
Als mir klar wurde, dass die Schläfer, trotz ihrer Loyalität uns gegenüber, erbarmungslos
gegen die Mächte der Finsternis vorgingen und trotz ihres Gewissens nicht vor
Unschuldigen, die zur falschen Zeit, am falschen Ort waren, halt machten, wurde
mir bewusst, dass wir diese Schäfer niemals erschaffen hätten dürfen. Sie erwiesen
uns gute Dienste, doch das Leben eines Unschuldigen dufte nicht durch einen von
ihnen beendet werden. Das widersprach allem, wofür wir kämpften. So beschloss
ich dem ganzen ein Ende zu setzen und tötete einen der Schläfer, mit dem Ziel, sie
alle zu vernichten. Doch meine Tat blieb nicht unbemerkt. Ein mächtiger Dämon
beobachtete mich und zwang mich ihm das Geheimnis der Schläfer zu verraten,
andernfalls würde er mich den Ältesten übergeben, die über mich richten würden!"
Tarik unterbrach und machte einen tiefen Atemzug. Langsam blickte er in die Runde,
wollte feststellen, ob jemand etwas zu sagen hatte, als er weiter sprach.
„Der Dämon nahm mich mit in die Unterwelt und hielt mich dort, bis er alles, was er
wissen wollte, von mir erfuhr. Im Gegenzug für meine Hilfe versprach er, mich gehen
zu lassen und mich niemals wieder aufzusuchen. Sein Name war Sebulon!"

„Was wollt ihr von mir?" schrie Kaja, doch sie konnte sich nicht aus dem Griff des Dämons
befreien. Aus irgendwelchen Gründen, war sie nicht in der Lage ihm etwas anzuhaben,
ihn zu verletzten, ihn zu töten. Mit festem Griff hielt Lucian die junge Frau am Arm, als
er mit ihr und Nadir im Schlepptau in der Höhle erschien. Lucian warf der jungen Frau
einen strengen Blick zu und zog sie unsanft mit sich.
„Bitte, lasst mich gehen!" Immer wieder versuchte sich Kaja von Lucian loszureißen,
doch sein Griff war zu fest und so blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Hilfe
suchend blickte sie sich um, in der Hoffnung einen Ausweg aus der Situation zu finden.
Sie wusste nicht, warum sie ihre Kräfte, in dessen Besitz sie so plötzlich kam, nicht
einsetzten konnte. Immer wieder hob sie ihren Arm, um den Dämon zu vernichten,
doch nichts geschah. Sie gab auf.

„Fahr zur Hölle!" fauchte sie Lucian an, der sie nur kurz ansah und schief lächelte
„Dein Wunsch kommt zu spät!" Kaja sah den Dämon irritiert an. Sein schwarzes Haar fiel
ihm in leichten Strähnen ins Gesicht und seine grünen Augen blitzen. Er war noch jung,
doch seine Augen wirkten alt, doch sie erkannte in ihnen keine Wut, als er sprach.
Es war etwas anderes, etwas, was sie nicht beschreiben konnte.
„Cian!" rief Lucian und blieb stehen. Er sah sich um und wartete auf ein Zeichen
seines Herren, als dieser vor ihnen erschien. Cian hob die Arme in die Höhe,
als würde er etwas huldigen und klatschte in die Hände.
„Wie schön sie ist!" sagte er, kam auf die Neuankömmlinge zu und sah Kaja tief
in die Augen. Kaja erschauderte. Etwas in seinem Blick ließ ihr das Blut in den Adern
gefrieren. Ohne es zu bemerken rückte sie näher an Lucian ran und sah zu Boden.

„Sie nur, Lucian, wie zart sie ist und dennoch hat sie die Macht uns alle zu vernichten,
dies unwissende Kind!" Cian lachte leise, aber dies Lachen ging durch Mark und Bein.
Kaja blickte wieder hoch und sah, wie Cian seinen Kopf in den Nacken warf, immer noch
lachend. Langsam drehte er sich um und ging von ihnen fort.
„Du kannst gehen, Nadir!" sagte er schließlich. Nadir verzog das Gesicht und sah
verächtlich zu Lucian, dem nichts dergleichen befohlen wurde. Zornig schimmerte
er davon. Kaja empfand dies als Erleichterung und wich wieder von Lucian, der sie
immer noch im Griff hielt, doch der Druck, den er auf ihren Arm ausübte, war nicht mehr
so fest, wie zuvor. „Lass sie los!" sagte Cian ohne sich umzudrehen. Lucian sah kurz zu
Kaja bevor er ihren Arm los ließ und einen Schritt zurück wich. Kaja rieb sich ihren Arm
und sah sich wieder um. War da nicht vielleicht doch irgendwo ein Ausweg aus dieser
Situation? Sie versuchte aus der Höhle zu schimmern, doch nichts geschah. Was immer
sie tat, es blieb ohne Erfolg. Panik machte sich in ihr breit und sie schluckte angesichts
der Tatsache, dass sie hier fest saß. Hier! Wo war hier?
„Erzähl mir von dir!" sagte Cian schließlich und drehte sich zu ihr um. Seine Hände
waren hinter seinem Rücken gefaltet und ein zufriedenes Lächeln huschte über sein Gesicht.

„Erzähl!" Kaja sah den Dämon irritiert an, denn sie wusste nichts darauf zu antworten.
Was sollte sie einem Dämon erzählen, der sie in seiner Gewalt hatte, außer
„Geh zum Teufel!"
„Ah … ja!" sagte Cian schlicht und sah zu Boden, während er einige Schritte auf sie zuging.
„Ich bin Cian!" und er deutete mit einer Hand auf sich. Kaja sah ihn fragend an.
Sie kam sich vor, wie bei einem Treffen der anonymen Alkoholiker.
„Ich bin ein Dämon und nicht zu Späßen aufgelegt! Ich habe dich holen lassen, weil du
etwas hast, das mir gehört und das hätte ich gerne wieder!" Cians Stimmer war ruhig
und er versuchte sanft zu klingen, doch ein gewisser höhnischer Unterton war nicht zu
überhören.
„Ich … ich verstehe nicht!" stotterte Kaja. Sie wusste nicht, was er von ihr wollte.
Was hatte sie, dass ihm gehören könnte. Was wollte er? Cian sah Kaja an, als er
seine Augen leicht aufriss.
„Ah … ich verstehe! Du hast keine Ahnung, was? Du weißt nicht, wovon ich spreche,
denn du weißt noch nicht einmal, was du bist, du ahnungsloses kleines Nichts!"
Cian schmunzelte, als er begriff, dass sie keine Ahnung von all dem hatte, was mit ihr geschah.
„Lass mich dir helfen. Hattest du in letzter Zeit einige seltsame Veränderungen an dir
feststellen können? Irgendwelche magischen Kräfte, die du zuvor nie hattest? Gemütswankungen?
Wutausbrüche? Hattest du jemals davor einen Dämon gesehen? Und wenn nicht,
warum kommt es dir dann nicht seltsam vor, dass es sie gibt … dass du sie bekämpfst?"

Cian sah Kaja schweigend an. „Dein Name!" Kajas Gedanken rasten. Sie versuchte
all die Ereignisse und das, was Cian ihr gerade sagte zu verstehen. Er hatte Recht.
„Fahr zur Hölle!" schrie sie. Cian sah sie zornig an und kam mit riesen Schritten auf sie zu.
Kaja zuckte zusammen und blieb regungslos stehen, doch eine Hand ergriff Ihren Arm
und zog sie vorsichtig einige Schritte zurück.
„Dein Name!" schrie Cian. Kaja stockte der Atem.
„Ka…Kaja!" sagte sie vorsichtig und sah, wie Cian wieder ein Lächeln aufsetzte.
Zufrieden drehte er sich um und ging einige Schritte zurück. Der Griff, den sie auf
ihrem Arm spürte, löste sich wieder und Kaja sah, wie Lucian seine Hand langsam
zurück zog und sie in seine andere Hand hinter seinem Rücken legte. Sie blickte hoch,
doch Lucian sah sie nicht an. Sein Gesicht zeigte keine Mine und er sah gerade aus,
vorbei an Cian.

„Nun, Kaja, du hast dich sicherlich auch schon gefragt, warum du deine Kräfte gegen
uns nicht einsetzten kannst!" Cian blieb stehen und blickte auf die Wand vor sich.
Er hob seinen Kopf, als lausche er in die Stille. Er ergriff ein Objekt, das vor ihm lag
und drehte sich wieder zu Kaja und Lucian. In seiner Hand hielt er eine Urne.
„Das, meine Liebe, ist eine der Cadal-Urnen. Es gibt derer zwei und was in ihnen
verborgen, ist das, was ich ersehne. Wer sie besitzt, besitzt auch die Kontrolle über
deren Inhalt. Sie bietet mir Schutz und das ist auch der Grund, warum du hier fuchteln
kannst, wie du möchtest, es wird nichts geschehen! Nun wollte das Schicksal, oder mehr
der Leichtsinn eines, wie soll ich sagen, dummen, arroganten, niederträchtigen, unwichtigen
kleinen Ar…!" Cians Stimme wurde immer lauter, bevor er kurz stockte und sich beruhigte
„…Dämons, dass du in den Besitz des Inhaltes dieser Urne kamst!" Cians sah die
Urne kurz an, bevor er sich wieder Kaja zuwandte. „Und weil du ja ein kleines dummes
Ding bist, werde ich dir helfen zu verstehen! In dieser Urne …!" Cian hielt die Urne in das
schwache Licht, dass sich in der Höhle befand
„… befand sich eine Macht, so groß, wie du sie dir nicht vorstellen kannst. Eine Macht,
die mich zu dem machen soll, zu dem ich berufen bin. Die Macht von Sebulon.
Doch leider, leider hast nun du, durch denn dummen, arroganten, niederträchtigen …!"
Cian stoppte und stieß einen tiefen Seufzer aus
„… wie auch immer. Diese Macht steckt nun in dir und ich hätte sie ganz gerne wieder!"
Kaja stand der Mund offen. Was sollte sie sagen? Wieso hatte sie diese Macht?
Was war an ihr so besonders, dass die Macht sie auserkor?
„Und … und wie habt ihr euch das vorgestellt?" fragte sie vorsichtig. Cian ging wieder
zurück und legte die Urne auf ihren Platz.
„Das wirst du schon bald sehen!" sagte er spöttisch.

„Sebulon?" frage Paige und sah ihre Schwestern an. Sie hatte noch nie etwas von ihm gehört.
Verständnislos sahen sie wieder zu Tarik.
„Sebulon war bestrebt eigene Schläfer zu erschaffen, um den Schläfern von Yale Einhalt zu gebieten.
Doch er wollte mehr. Mit ihrer Hilfe wollte er das Gleichgewicht der Mächte verändern,
um endgültig die Welt in Finsternis zu stürzen. Deshalb schuf er nicht nur aus seinem Blut,
sondern auch aus dem Blut eines Schläfers, seine eigenen Krieger, die nun sowohl die Macht
des Guten, als auch des Bösen in sich vereinten. Doch was Sebulon nicht wusste, war,
dass seine Schläfer nicht nur die Kräfte des Guten, sondern auch deren Gewissen und
Loyalität dem Guten gegenüber hatten. Hin- und her gerissen von den verschiedenen Gefühlen
und Mächten, die sie in sich trugen, töteten Sebulons Krieger zuerst alle Schläfer, die Yale
erschuf, bevor sie sowohl Dämonen, Hexen, Wächter des Lichts, Unschuldige … einfach
jeden, der sich ihnen in den Weg stellte, vernichteten. Sebulon entglitt die Kontrolle über
seine Schläfer und musste selber um seine Existenz bangen!" Tarik hielt inne und sah zu Boden.

Er machte einen tiefen Seufzer bevor er seinen Blick in die Runde richtete.
Die Schwestern und Leo sahen sich erstaunt an eher Piper sich an Tarik wandte.
„Ist Chris ein Schläfer?"
„Nein! Chris ist ein Wächter des Lichts und das nicht erst seit gestern. Schläfer wurden
extra erschaffen. Kein Wesen, das bereits magische Fähigkeiten hat, kann die Macht
eines Schläfers in sich tragen. Schläfer hatten bis zu ihrem Erwachen keine magischen
Fähigkeiten, doch Chris hat seine Kräfte als Wächter des Lichts schon länger.
Er kann kein Schläfer sein!" Die Stille, die auf seine Antwort folge war erdrückend.
Jeder dachte nach, versuchte die Informationen, die Tarik ihnen gab, zu verarbeiten,
bis sich schließlich Phoebe zu Wort meldete.
„Doch!" antwortete sie.
„Ich glaube, er ist einer!" sagte sie monoton. Ihre Augen blickten traurig in die Runde
und ließen erkenne, dass sie diese Worte nicht leichtsinnig sprach.

Tarik schüttelte den Kopf. Er verstand nicht.
„Nein, das ist unmöglich, Phoebe!" sagte er schließlich und hielt weiterhin seinen Blick
auf sie gerichtet. Auch Leo und ihre Schwestern blickten sie nun fragend an.
Phoebe sah kurz auf ihren Notizblock und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder
Tarik zu
„Woher willst du das wissen?" frage sie schließlich.
„Es gibt keine Schläfer mehr! Sie wurden alle vernichtet!" Tariks Stimme war mehr
ein Flüstern und in seiner Stimme schwang ein trauriger Unterton mit.
„Wie kann das sein?" Paige hatte die ganze Zeit geschwiegen, hatte aufmerksam
zugehört, um nichts zu versäumen.
„Wie kann es sein, dass du uns all das erzählst, uns in ein Geheimnis einweihst,
dass selbst die übrig gebliebenen Ältesten nicht zu wissen scheinen, ohne einen
triftigen Grund dafür zu haben? Wir würden dieses Gespräch nicht führen, wäre
nicht die Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass noch ein Schläfer existiert!" Paige fixierte
Tarik und sah dann zu Piper, die ebenfalls ihr Wort an Tarik richtete
„Weißt du, Tarik …" Pipers Stimme klang sanft, als sie sich dem Wächter des Lichts
zuwandte
„... Halbwahrheiten haben uns schon oft in Schwierigkeiten gebracht, die wir
beinahe nicht meistern konnten. Sie sind der Tot für uns alle und schüren Misstrauen
und Zweifel. Chris kann davon ein Lied singen. Du solltest uns schon mehr vertrauen,
uns die ganze Wahrheit sagen, denn du verschweigst uns immer noch etwas!" Tarik schluckte.
Wie konnte er nur an den Mächtigen Drei zweifeln. Glauben, dass sie nicht sehen, dass
dies alles größer war, als er zu sagen wagte.

„Nathan!" sagte er schließlich. Phoebe schüttelte verwirrt den Kopf.
„Nathan?"
„Das war sein Name!" Phoebe hob ärgerlich ihre Arme in die Höhe.
„Sind wir hier bei einem Ratespiel? Du musst uns schon mehr sagen. Wer ist Nathan?"
Sie stieß einen Seufzer aus, als sie sich auf das Sofa zurückfallen ließ. Tarik sah zu Leo
und Verzweiflung lang in seinen Augen, doch Leo sah ihn fragend an. Er schüttelte
leicht den Kopf, als wolle er Tarik damit sagen, dass er ihn verachtete. Was hatte
Tarik noch zu sagen? Tarik wandte sich wieder an die Schwestern
„Nathan! Er war der Letzte! Als die Macht der Schläfer außer Kontrolle geriet, schlossen
sich Yale und Sebulon zusammen, um ihnen entgegen zu treten. Die Ältesten befanden,
dass Yale selbst dafür sorgen sollte, den angerichteten Schaden wieder gut zu machen
und Sebulon war bestrebt seine und die Existenz aller Dämonen nicht von einem seiner
Schläfer auslöschen zu lassen, denn die Schläfer waren eine Gefahr für alle.
Da die Schläfer sowohl das Blut von Yale, als auch das von Sebulon in sich trugen,
waren nur die beiden im Stande, sie aufzuhalten. Doch mit jedem Schläfer, den sie
vernichteten, wuchs die Macht der anderen und es wurde immer schwieriger sie
ausfindig zu machen. Ein Schläfer namens Luth wollte nicht tatenlos zusehen, wie
seine Art ausgelöscht wurde und suchte nach einer Möglichkeit sie für immer am Leben zu erhalten.
Da sie selbst nicht in der Lage waren Nachkommen zu zeugen, musste er jemanden finden,
der dies konnte. Er machte sich das Wissen von Yale und Sebulon, das in ihm schlummerte,
zu Nutze und fand in einem Schmied ein geeignetes Opfer. Er übertrug dem Schmied all
seine Macht und ließ dafür sein Leben. Der Name des Schmieds war Nathan.
Er hatte erst vor kurzem geheiratet und was weder Yale, noch Sebulon wussten, war,
dass Nathan nach seiner Verwandlung zum Schläfer ein Kind zeugte!"

Wieder war die Stille, die sich im Halliwell-Manor ausbreitete, fast greifbar.
„Wenn weder Yale, noch Sebulon von dem Kind wussten, wie kommt es, dass du es weißt?"
frage Piper trocken. Diese Sache gefiel ihr immer weniger.
„Wenn ein Schläfer starb, so verließen ihn die Mächte und all das Böse, dass
er in sich trug. Was zurück blieb war ein Unschuldiger mit dem ganzen Wissen über seine Taten.
Ich fand den sterbenden Luth. Um sein Gewissen rein zu waschen gestand er mir, was er tat,
ehe er zu Asche verfiel! Nachdem Nathan von Yale und Sebulon vernichtet wurde, kehrten
die Mächte wieder zu ihnen zurück und die Gefahr war fürs erste gebannt. Ich suchte Nathans
Frau auf und sah, dass sie das Kind noch nicht geboren hatte. Ich sah keine Veranlassung
ein ungeborenes Kind zu töten, da die alte Macht, wie ich glaubte, bereits gebannt war und
beließ es dabei!"
„Scheint ein Fehler gewesen zu sein!" meldete sich Leo zu Wort, der ebenfalls die ganze
Zeit schwieg. Tarik sah verlegen zu Leo, denn der vorwurfsvolle Unterton in seiner Stimme war
nicht zu überhören. Leo hatte Recht. Er hätte das Kind damals töten sollen, doch niemals hätte
er damit gerechnet, dass die alte Macht jemals wieder befreit werden würde. Niemals. Er war
ein Narr das zu glauben.

Betroffen ließ Tarik sich schließlich auf das Sofa gegenüber den Schwestern sinken.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Geschichte wiederholte war groß und das machte ihn Angst.
Große Angst.
„Du weißt von uns allen am besten, wie ein Schläfer agiert, wie er denkt, wie er handelt!"
sagte Phoebe. Sie schwieg kurz und Tarik nickte zustimmend.
„Du weißt um die Geschehnisse, die sich seit gestern hier zutrugen!" Phoebe machte eine kurze Pause
„Nach allem, was wir von dir wissen, bestünde die Möglichkeit, dass noch ein Schläfer existiert.
Würde er sich seltsam verhalten, also von einem zum anderen Moment böse werden,
versuchen andere zu verletzten, zu vernichten, um im nächsten Moment nicht mehr genau
zu wissen, was vorgefallen war oder was er tat? Könnte er in einem Moment magische
Kräfte entwickeln, die er zuvor niemals hatte, nur um im nächsten Augenblick nicht mehr
zu wissen, dass er sie besitzt?" Phoebe schwieg wieder. Ihre Schwestern und Leo sahen
sie fragend an. Sie verstanden zwar, worauf sie hinaus wollten, doch sie sahen in ihren Augen,
dass sie bereits einige Schritte im Voraus gedacht haben muss. Tarik sah sie verwundert an
„Ja. Würde er!" sagte er schlicht und sah nachdenklich an den Schwestern vorbei.
„Kaja!" schoss es aus Piper.
„Ich meine, wenn Chris kein Schläfer sein kann, dann wohl Kaja! Nach Chris ist sie
diejenige, die sich am merkwürdigsten verhält!" Paige richtete sich auf und ihr Gesicht
lichtete sich, als träfe sie die Erkenntnis mit einem Schlag im Gesicht.
„Ja, du hast Recht! Aber … wenn Kaja ein Schläfer ist, was ist dann mit Chris?
Warum benimmt er sich ebenfalls so merkwürdig?" Wieder kehrte Stille im Wohnzimmer ein.

Kaja stockte der Atem. Sie wusste nicht, was sie tun sollte und ihr Gefühl sagte ihr,
dass sie tief in der Patsche saß. „Bring sie weg!" sagte Cian ohne sich umzudrehen.
Lucian packte Kaja wieder am Arm und zog sie aus dem Raum, in dem sie sich befanden.
Sie gingen einen langen Gang entlang und die Wände, von denen er umgeben wurde, waren
kalt und nass. Immer wieder bog sie mit Lucian ab, erst rechts, dann links, sie verlor irgendwann
die Orientierung und Panik machte sich in ihr breit. Immer weiter drangen sie in Cians
Labyrinth vor, bis sie schließlich von Lucian in einen Raum gebracht wurde, der ihr gerade
genug Platz bot um sich halbwegs ausgestreckt hinzulegen. Lucian ließ sie los und wich einige
Schritte zurück, bis er vor dem Eingang des Raumes zum Stehen kam. Mit einer Handbewegung
aktivierte er ein magisches Schild, das sich vor dem Eingang aufbaute.
„Jetzt kannst du schreien, soviel du willst, machen was du willst, es wird dir alles nichts helfen!"
sagte er monoton und sein Blick traf den von Kaja. Einen Augenblick sahen sie sich schweigend an,
ehe Lucian sich von ihr abwandte.
„Warte!" schrie Kaja. „Was wird mit mir geschehen, was hat er vor?" fragte sie flehend
und hoffte, dass Lucian noch einmal retour kam, doch Lucian blieb nur kurz stehen, ohne sich
umzudrehen, bevor er seinen Weg wieder fortsetzte und Kaja alleine ließ. Er hörte das flehende
Rufen, doch er ignorierte sie so gut es ging. Lucian ging den langen Weg retour, den sie gekommen
waren. Er hätte es auch schneller haben könne, er brauchte sich nur zu Cian schimmern, doch
er wollte nicht. Langsam ging er die Gänge entlang und dachte nach.

Wenn ich versage, dann wirst auch du versagen, mein Lucian, und du wirst niemals die
Erlösung finden, die du dir so lange ersehnt hast. Bedenke meine Worte, wenn du dich auf
die Suche machst. Enttäusche mich nicht, du weißt, was dann passiert. Ich lasse dich nicht
gehen! Du gehörst mir, bis in alle Ewigkeit!

Lucians Schritte wurden immer schneller, als er plötzlich stehen blieb. Er stützte sich mit einer Hand
an die nasse Felswand und atmete tief durch. Immer wieder musste er an diese Worte denken und
er konnte sie nicht vergessen. Wie auch. Sie waren verantwortlich dafür, was er war, was er ist und
wenn Cian keinen Erfolg hatte auch das, was er auf Ewigkeit sein wird. Lucian schloss seine Augen
und lehnte seine Stirn an die kalte Wand.
„Ich hätte dich töten sollen, Sebulon, als ich die Möglichkeit hatte!" flüsterte er.