Nadir stand im dunklen Gang und beobachtet, wie Lucian die Tür schloss. Er hatte den
Wächter des Lichts in einem Raum gebracht, der sich nicht unweit von dem befand, in
dem Kaja eingeschlossen war. Er wartete geduldig, bis Lucian sich entfernte. Langsam
schlich sich Nadir zu dem Raum und blieb einen Augenblick davor stehen. Er dachte
daran, wie es dieser Nichtsnutz in Kajas Wohnung gewagt hatte ihn anzugreifen.
Niemand hatte diesen Frevel jemals überlebt. Auch diesmal würde er denjenigen dafür
büßen lassen.
Cian hatte kein weiteres Interesse an dem Wächter des Lichts. Er brauchte
ihn nur, um die mächtigen Drei herzulocken. Deshalb würde Cian auch nicht sofort
merken, wenn dieser verschwunden war. Und wenn doch, dann wäre es für Cian selbst
bereits zu spät. Nadir stieß die Tür auf und sah, wie Chris in einer Ecke lag. Vorsichtig
öffnete er seine Augen und hob seinen Kopf, um zu sehen, wer da gekommen war. Chris
wollte etwas sagen, doch es kam kein Wort über seine Lippen. Immer noch war er zu
schwach. Chris ließ seinen Kopf wieder auf den Boden fallen und stöhnte leise. Es gab
keinen Teil seines Körpers, der ihn nicht schmerzte. Innerlich wünschte er sich, dass dies
alles bald ein Ende hatte. Egal wie. Er wollte einfach nichts mehr spüren, nichts mehr
fühlen. Nadir ging einige Schritte auf den Wächter des Lichts zu, als er hinter sich die
Stimme von Cian hörte.
„Was hab ich dir gesagt, Nadir!" unsanft wurde Nadir aus dem Raum gezerrt und von
Cian an die gegenüberliegende Wand gedrückt.
„Habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt? Hab ich dir nicht gesagt, ihm darf kein Haar
gekrümmt werden? Welchen Teil dieser Anweisung hast du nicht verstanden?"
Cian schnaubte wütend und seine Augen blitzten.
„Ich hab … er war schon in dem Zustand, als ich den Raum betrat. Ich wollte mich nur
vergewissern, ob …!" Nadir brach den Satz ab, als ihn Cian erneut unsanft gegen die
Wand stieß.
„Dich nur vergewissern, was? Wer's glaubt!"
„Er hat Recht!" Cian sah verwundert zu Lucian, der gerade zu ihnen kam.
„Er war schon in der Verfassung, als ich ihn holte!" Cian sah kurz zu Chris, der immer
noch am Boden lag und sich kaum bewegte. Langsam ließ er Nadir los und warf ihm
einen verachtenden Blick zu.
„Na schön! Diesmal hast du noch Glück gehabt! Ich sag es dir jetzt noch einmal,
ein letztes mal, rühr ihn nicht an!" mit diesen Worten verließ er die beiden und Nadir
folgte ihm. Lucian blieb in dem Raum zurück und starrte Chris an.
„Ich weiß zwar nicht, was mit dir geschehen ist, doch nicht mehr lang, dann ist alles vorbei!
Versprochen! So lange musst du noch durchhalten!" flüsterte Lucian.
Er wusste, dass ihn der Wächter des Lichts nicht hören würde, dennoch schenkte er ihm
ein bemitleidendes Lächeln, als er sich umdrehte und zur Tür ging. Plötzlich hörte er ein
Stöhnen. Er drehte sich wieder zu Chris und sah, wie Blitze um ihn herum zuckten.
Chris war zu schwach, als dass er noch einen Laut von sich geben konnte.
Er wartete nur noch darauf, bis alles ein Ende hatte.Welches, war ihm egal. Lucian riss
die Augen auf. Dieses Bild kam ihm bekannt vor.
Mit schnellen Schritten verließ er den Raum und lief zu Cian, der erneut versuchte die Macht
von Sebulon aus Kaja zu holen. Er hielt die Urne in seiner Hand und starrte Kaja
durchdringend an.
„Aufhören!" schrie Lucian, noch bevor er zu Cian aufschloss. Doch Cian hatte bereits eine
Athame in seiner Hand. Es hatte wieder nicht funktioniert und er verlor die Geduld.
Er war gewillt die Macht von Sebulon mit allen Mitteln zu besitzen. Mit einer schnellen
Armbewegung warf er die Athame Richtung Kaja. Wenn dies die letzte Möglichkeit war,
so sollte sie sterben. Die Athame borte sich tief in Kajas Bauch und mit einem lauten Schrei
sackte sie auf den Boden. Cian sah sich um. Er hatte das Gefühl, als hörte er ihren Schrei
noch einmal. Cian hielt immer noch die Urne in seinen Händen und wartete, doch nichts
geschah.
„Aufhören!" Cian fuhr herum und sah Lucian wütend an.
„Was?" schrie er ihn an. „Wehe, wenn es nicht wichtig ist!"
„Wir haben ein Problem!" sagte Lucian und sah auf Kaja, die keuchend am Boden lag,
die Hände um die Athame geschlossen. Sie zog sie aus ihrem Bauch und warf sie
Cian vor die Füße. Langsam richtete sie sich wieder auf, ihre Hände auf die Wunde
gedrückt. Cian sah sie erstaunt an. Ihre Hände waren nur leicht mit Blut verschmiert
und als sie diese wegnahm sah er, dass die Wunde nicht schlimm war.
„Wie kann das sein?" Cian war fassungslos. Er sah Lucian mit offenem Mund an.
„Das ist unser Problem!" sagte Lucian schlicht.
Piper hatte Wyatt im Arm und schaukelte ihn sanft hin und her. Liebevoll strich sie ihm
über den Kopf und gab ihm einen Kuss. Es wäre ihr lieber gewesen, wenn Leo ihn zu den
Ältesten gebracht hätte, doch wie schon so oft, war dies wieder einmal nicht möglich
gewesen. Sie machte sich Sorgen. Sicher war Wyatt in der Lage bei Gefahr sein
Schutzschild aufzubauen, doch würde das auch diesmal genug sein? Was ist, wenn es
eine Macht gab, die dieses Schutzschilds durchdringen konnte? Sie musste an die
Geschehnisse der letzten Tage denken und fragte sich, ob nicht Chris selber an seinem
Schicksal schuld war. Was war, wenn er versucht hatte an die Macht von Sebulon zu
kommen? Die Tatsache, dass Paige ihn mit diesem Pechzauber belegt hatte, konnte auch
dafür verantwortlich gewesen sein, dass sein Plan schief ging. Oft genug hatten sie Chris
dabei erwischt, wie er ihnen Lügen auftischte, wie er sogar einen Dämon in die Nähe von
Wyatt ließ. Sie wusste im Grunde nichts über ihren neuen Wächter des Lichts. Er
behauptete immer wieder, er wäre hier, um Wyatt vor dem Bösen zu bewahren. Doch
wer sagte, dass nicht Chris selbst das Böse war?
Wie gerne hätte sie alles ungeschehen gemacht. Wie gerne hätte sie gesehen, dass Leo
wieder an ihrer Seite lebte und nicht ein Ältester war. Diese Tatsache schmerzte sie immer
noch. Sie vermisste ihn so sehr, dass sie sich fast jeden Tag in den Schlaf weinte.
Wie konnte dies alles nur gesehen? War ihre Liebe nicht groß genug gewesen, um dies
alles zu verhindern? Vorsichtig drückte sie ihren Sohn an sich. Tränen liefen ihr über die
Wangen. Nun hatte sie nur noch Wyatt. Er war ihr ein und alles und sie wusste, dass sie
nie wieder im Leben jemanden so sehr lieben würde, wie den Vater dieses wunderbaren
Kindes. Er konnte nicht böse sein. Wie auch? Er hatte einen wunderbaren Vater, der ihn
über alles liebte. Sie würde alles tun um Wyatt zu beschützen. Erneut gab sie ihrem Sohn
einen Kuss auf die Stirn und sah, dass er in ihren Armen eingeschlafen war.
Vorsichtig legte sie ihn zurück in sein Bett und deckte ihn zu. Langsam ging sie zur Tür und
warf noch einmal einen Blick auf Wyatt, ehe sie die Tür hinter sich schloss. Piper lehnte sich
von außen an die Tür und schloss die Augen. Sie versuchte die Tränen zu unterdrücken,
ehe sie wieder auf den Dachboden zurück kehrten würde. Sie wollte nicht, dass jemand sah,
dass sie geweint hatte. Vor allem Leo nicht. Natürlich war sie Anfangs wütend auf ihn gewesen,
doch im Grunde konnte er nichts dafür. Vielmehr gab sie Chris die Schuld dafür. Chris.
Etwas in ihr sträubte sich dagegen ihm zu helfen. Sollte er doch bleiben, wo der Pfeffer
wächst, doch sie wusste nicht, aus welcher Ecke ihres Inneren der Wunsch kam, ihm
dennoch zu helfen. Mit den Ärmeln wischte sie sich die übrig gebliebenen Tränen aus
den Augen und ging wieder Richtung Treppe.
Pipe öffnete gerade die Tür zum Dachboden, als sie sah, wie Phoebe Tarik am Kragen
packte und zu sich zog.
„Pass auf! Du wirst uns diesmal alles erzählen, was du weißt! Ich schwöre dir, wenn auch
nur eine einzige Frage offen bleibt, dann befördere ich deinen Hintern persönlich in die
ewigen Jagdgründe!" Piper riss erstaunt ihre Augen auf. Sie wusste zwar, dass Phoebe
gelegentlich auch mal ausrastete, doch so hatte sie sie schon lange nicht mehr gesehen.
Piper schloss die Dachbodentür hinter sich und ging auf die anderen zu. Ihr Blick fiel dabei
auf Leo, der neben Tarik stand. Als sich ihre Blicke trafen, sah Piper verlegen weg.
Sie hatte Angst, Leo würde sehen, dass ihre Augen vom Weinen leicht gerötet waren.
„Ich würde machen, was sie sagt!" Piper sah Tarik dabei tief in die Augen.
„Denn wenn nicht, werde ich dafür sorgen, dass dein Hintern gegrillt wird!" Piper
lächelte schief. Phoebe sah Tarik noch einige Sekunden an, bevor sie ihn von sich stieß.
Tarik taumelte zurück und landete auf dem Sofa hinter sich.
„Ich … in Ordnung! Es ist nicht so, dass ich euch etwas vorenthalten hätte!"
„Ach nein?" Paige kam einen Schritt auf ihn zu, die Arme vor sich verschränkt.
„Dann haben wir etwas Neues für dich! Ein Dämon war hier und hat sich Chris geholt!"
schnaubte sie.
„Nicht nur das! Davor durchfuhren Blitze Chris und ich hatte eine Vision. Von Kaja.
Ein Dämon hielt sie gefangen und es war nicht der Selbe, der vorhin hier war! In meiner
Vision geschah mit Kaja das Selbe, wie hier mit Chris!"
„Welcher Dämon?" fragte Tarik und sah von Paige zu Phoebe.
„Wir wissen es nicht! Der, der Chris holte, wirkte noch recht jung. Er hatte schulterlanges
schwarzes Haar, seine Augen waren, was ich sehen konnte, grün und er…" Paige
unterbrach kurz und sah zu Piper
„… er sagte, dass es ihm Leid täte!" beendete Piper den Satz und man sah ihrem Gesicht an,
dass sie über diese Aussage mehr als verwundert war. Tarik sah die Schwestern an.
Konnte das sein? Lebte er tatsächlich noch? Tarik dachte angestrengt nach. Ja! Die alte Macht!
Der Schwur! Wer, außer ihm könnte es sonst gewesen sein?
"Was ist?" fragte Paige, die am Blick von Tarik erkannte, dass er zu wissen schien,
wer der Dämon war.
„Ich bin mir nicht ganz sicher! Ich dachte, er wäre bereits tot!" Tarik holte tief Luft.
Er konnte es selber nicht glauben.
„Lucian. Er war einst mein Schützling, doch er starb vor mehr als 200 Jahren.
So dachte ich zumindest. Es hieß, er wäre vernichtet worden!" Den Schwestern
fiel die Kinnlade herunter.
„Ein Schützling?" rief Phoebe erstaunt. Wie konnte das sein? Phoebe ging wütend auf
Tarik zu, der abwehrend seine Hände in die Höhe hielt.
„Warte!" stieß er hervor. „Ich werde es euch erklären!"
Phoebe schnaubte und stemmte ihre Arme in die Hüfte, als sie sich wieder umdrehte und
zu ihren Schwestern ging.
„Dann schieß mal los!" Paige war wirklich gespannt auf die Geschichte, die Tarik ihnen
nun erzählen würde.
„Ich hatte damals einen Schützling namens Lucian. Er war ein junger ungestümer Hexer,
der sich oftmals in Gefahr brachte. Als die Geschichte mit den Schläfern begann,
vernachlässigte ich meine Aufgabe als Wächter des Lichts. Mehr, als gut war.
Ich sah die Gefahr nicht. Lucian spielte mit dem Feuer und musste dafür büßen!"
Tarik sah betrübt zu Boden. Er hielt kurz inne ehe er fort fuhr.
„Als Sebulon und Yale den letzten Schläfer vernichtet hatten, kehrten die Mächte zu
ihnen zurück. Doch die Ältesten erkannten, dass die Gefahr so lange nicht gebannt war,
so lange sich die Mächte in den beiden befanden. Nereus, der damals mächtigste Hexer,
half den Ältesten. Er sollte zwei Urnen erschaffen, in denen die Mächte für immer
verbannt werden sollten und Yale und Sebulon sollten den Rest ihres Lebens als
Sterbliche auf Erden weilen. Als Sebulon von dem Plan erfuhr, wusste er, dass er nichts
dagegen unternehmen konnte. So suchte er nach einer Möglichkeit, wie er danach wieder
an seine Macht kommen konnte. Er wusste, dass er als Sterblicher niemals in der Lage
gewesen wäre, dies alles wieder rückgängig zu machen. Er geriet an Lucian, der leider
eine gewisse Faszination dem Bösen gegenüber verspürte und zwang ihn einen Schwur
zu sprechen, der ihn an Sebulon binden sollte. Sollte Sebulon seine Macht verlieren, so
sollte Lucian Nereus töten und die Urne zu ihm bringen. Erst dann würde er Lucian von
seinem Schwur entbinden und er wäre wieder frei. Sollte Lucian jedoch die Urne nicht
rechtzeitig finden und Sebulon sterben, so würde Lucian auf immer an den Schwur
gebunden sein. Sebulon starb einige Monate später, ohne seine Macht jemals wieder
erhalten zu haben und Lucian war dazu verdammt als Diener der Finsternis zu existieren.
Ich hingegen wurde für die Sache mit den Schläfern und dafür, dass ich einen Schützling
an die Mächte der Finsternis verlor, von den Ältesten bestraft. Ich wurde von meinen
Pflichten als Wächter des Lichts entbunden und musste ebenfalls ohne Kräfte auf Erden
weilen. Ich war bei Yale, als dieser einige Jahre später starb. Doch im Gegensatz zu
Sebulon und Yale, war ich nicht sterblich. Ich hatte die Möglichkeit erhalten mich eines
Tages wieder zu bewehren. Ich traf Lucian einmal vor mehr als 200 Jahren. Wir sprachen
nicht viel, doch ich hatte erfahren, dass er die Suche nach Erlösung nicht aufgegeben
hatte. Ich weiß bis heute nicht, wie er die Erlösung finden wollte. Ich traf ihn damals das
letzte Mal. Vor etwa 95 Jahren erhielt ich den Status eines Wächters des Lichts zurück,
doch bis heute hatte ich keinen neuen Schützling. Ich werde noch geprüft!"
Leo sah Tarik mit großen Augen an. Das war es also. Er wusste, dass es einen Wächter
des Lichts gab, der in Ungnade fiel und der, trotz allem, seinen Status zurück erhielt.
Doch er hatte nicht das Vertrauen der Ältesten. Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass es
Tarik war. Er sah Tarik an, dessen Augen geschlossen waren. Leo war wütend. Wütend
auf Tarik, weil er so lange über diese Sache schwieg und wütend über Chris. Er konnte
sich nicht vorstellen, dass er an der ganzen Sache unschuldig war. Jemand musste die alte
Macht befreit haben und Chris war in letzter Zeit oft unterwegs, ohne ihnen allen zu sagen,
was er tat. Chris hatte alle schon öfters in Schwierigkeiten gebracht und die Tatsache,
dass er über alles, was ihn oder die Zukunft betraf, schwieg, macht ihn nicht gerade
vertrauenswürdig. War er vielleicht das Böse, von dem er immer sprach? Hatte er mit
dem Dämon aus Phoebe's Vision einen Pakt geschlossen und wurde er jetzt selber
hintergangen? Wenn ja, so geschah es ihm recht. Leo presste seine Lippen zusammen.
Wenn er gekonnt hätte, dann hätte er Chris auf der Stelle zur Rechenschaft gezogen.
„War das alles, oder gibt es noch etwas zu erzählen?" fragte Paige schließlich. Tarik sah
sie mit glasigen Augen an. Er dachte kurz nach.
„Ich … weiß nicht!" er blickte an Paige vorbei und starrte ins Leere. Er dachte nach.
„Chris kam nur durch Zufall an diese Macht.Was wir beobachten konnten ist es vielmehr so,
dass er alles, was Kaja widerfährt, abfängt, beziehungsweise schwächt. Alle Schmerzen,
alle Gefühle. Wenn der Dämon aus Phoebe's Vision versucht an die Macht von Sebulon
heranzukommen, so wird ihm das nur gelingen, wenn er Chris tötet. Erst dann geht die
gesamte Macht auf Kaja über und er kann sich diese zu Eigen machen. Ich glaube nicht,
dass er Kaja töten wird können, um über Chris an die Macht zu gelangen. Ich befürchte,
uns bleibt nicht viel Zeit, bis auch dieser Dämon sich dessen bewusst wird! Und ich denke,
dieser Dämon wird auch nach Yales Urne suchen, um dessen Macht zu erlangen!"
Die Schwestern sahen sich an. In den Blicken war große Sorge zu erkennen, nur nicht
im Blicken von Piper und Leo.
so, das war es mal wieder fürs erste! ich hoffe es hat gefallen! fbs wie immer gerne
gesehen!
schon mal ein großes danke schön für die fbs von phania!
hab die einstellungen geändert, damit nicht nur registrierte ein fb abgeben könne
(falls noch jemand was zu sagen hat :) :) :) )
lg
ris
