Cian und Lucian erschienen in einer Seitengasse San Franciscos. Es war eine Seitengasse,
wie viel andere auch. Sie war dunkel. Niemand war zu sehen. Die Fenster der angrenzenden
Häuser waren nicht erleuchtet und hie und da war ein Geräusch von der angrenzenden
Straße zu hören. Cian hatte sich noch nicht beruhigt. Er hatte mit einem Schlag alles
verloren und wusste noch nicht, wie er das Ruder wieder an sich reißen sollte. Er starrte
Lucian an, der still neben ihm stand und sich umsah. Lucians Gedanken rasten. Er musste
sich etwas einfallen lassen, jetzt wo Cian nicht mehr im Besitz der Urne war. Im Grunde war
es ihm egal, wer von den beiden die Macht an sich riss, so lange er selber in der Lage war
im passenden Moment den Schwur, den er Sebulon leistete, zu brechen. Doch wenn er
ehrlich sein sollte, dann bezweifelte er, dass Nadir in der Lage sein würde die Macht von
Kaja auf sich zu übertragen. Cian hingen … ja, ihm traute er es zu. Er musste ihm helfen
Nadir zu finden und die Urne zurück zu bekommen.

„Woran denkst du?" Lucian wurde aus seinen Gedanken gerissen und starrte Cian erschrocken an.
„Nichts! An gar nichts! Wie sollen wir Nadir finden?" Cian ergriff Lucians Schulter.
„Ganz einfach! Warst nicht du derjenige, der uns darauf aufmerksam machte, dass der Wächter des
Lichts sich die Macht mit Kaja teilt? Und warst es nicht auch du, der uns darauf hinwies, dass
wir zuerst ihn töten müssen, bevor wir an Kaja ran kommen?" Lucian schluckte. Cian hatte Recht.
Er hätte selber daran denken können. Nadir würde versuchen so rasch als möglich an sein Ziel zu
kommen und der Weg dort hin führte über den Wächter des Lichts. Wo sonst, als im Haus
der Mächtigen Drei würde er ihn finden? Lucian sah wieder zu Cian.
„Kaja wird auch dort sein!"
„Dann müssen wir uns genau überlegen, wie wir die Sache angehen. Ich brauche in erster Linie die
Urne, um die beiden anderen kümmere ich mich danach. Nadirhingegen wird im Haus der
Mächtigen Drei seinen letzten Atemzug tun!" Cians Augen blitztenbei dem Gedanken und ein
siegessicheres Lächeln huschte ihm über das Gesicht. Lucian gefieldiese Sache nicht. Es war riskant.
Es gab zu viele Faktoren, die sein eigenes Ziel zunichte machen konnten. Was ist, wenn keiner
von beiden, weder Nadir noch Cian, erfolgreich sein würden? Was ist, wenn die Schwestern
bereits mehr wussten, als sie selbst annahmen? Würden sie dann die Macht vernichten, ohne,
dass er selbst noch in der Lage war sein eigenes Ziel, das er schon so lange verfolgte, zu erreichen?
Lucian schloss die Augen und hielt den Atem an. Sie mussten wirklich vorsichtig sein und nichts
überstürzen.

„Was müsst ihr mit mir besprechen?" Chris sah Phoebe besorgt an. Irgendwas sagte ihm,
dass es nichts Gutes war, was sie ihm zu sagen hatte. Langsam ging er auf die Schwestern
zu, die immer noch auf dem Sofa saßen. Phoebe stand auf und ging langsam auf Chris zu.
Immer wieder drehte sie sich um und sah die Anderen Hilfe suchend an. Sie rang mit ihren
Hände, als sie vor Chris stehen blieb. Sie sah ihn einige Sekunden an und suchte nach den
richtigen Worten, doch welche waren die Richtigen? Welche Worte benutzte man, wenn man
jemanden eine solche Nachricht übermitteln musste. Phoebe schluckte, als sie das Wort an
Chris richtete.
„Es ist … leider so, dass …!" sie stockte kurz und sah zu Nereus, ehe sie sich wieder Chris
zuwandte. „ … dass Nereus selbst nicht in der Lage ist, dich von der Macht zu
befreien, lediglich Kaja und das ist das Problem!"
Chris sah sich fragend um und schütteltedann den Kopf.
„Ich verstehe nicht!"
„Er kann die Macht in Kaja erst dann vernichten, wenn Kaja alleine in deren Besitz ist!"
„Aber … wenn er mich nicht davon … also … wie wollt ihr dann …!" Chris stockte der Atem.
Er wollte nicht glauben, was ihm durch den Kopf ging.
„Oh nein! Nein! Das ist nicht euer ernst!" Chris wurde kreidebleich und wich einige Schritte
zurück.
„Chris, bitte ...!" Phoebe wollte ihn beruhigen, doch Chris hob abwehrend seine Hände.
Jetzt standen auch Leo und die Schwestern vom Sofa auf, doch nur Leo ging auf Chris zu.
„Chris, du weißt, ich bin in der Lage dich zu heilen, wenn …!"
„Zu heilen? Wie? Wenn ich tot bin? Dazu bist nicht einmal du in der Lage!" schrie Chris.
Seine Stimme zitterte und er versuchte die aufkommenden Tränen zu unterdrücken.
„Und? Wer wird es machen? Oh, lasst mich raten! Du, Leo! Das wird ein Freudentag
für dich werden!" Chris' Stimme klang so verbittert, dass alle Anwesenden bedrückt den
Blick von ihm abwandten. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
„Nein, Chris, das verstehst du falsch! Nichts liegt mir ferner, als …!" doch Leo wurde
von Phoebe unterbrochen
„Ich werde es tun!" Für einige Sekundenherrschte eine erdrückende Stimmung auf dem
Dachboden des Halliwell-Manors. Keiner sprach oder traute sich zu atmen. Chris Lippen
zitterten, doch er brachte kein Wort heraus,während er Phoebe ansah. Mit glasigen Augen
hielt sie seinem Blick stand und presste die Lippen zusammen. Chris stieß einen tiefen Seufzer
aus und sah zu Boden.
„In Ordnung! Ich…ich, ähm, ich möchte kurz alleine sein, wenn es euch recht ist!"
„Natürlich!" Leo versuchte Chris dabei nicht in die Augen zu sehen.
„Ich bin dann … unten!" sagte Chris monoton undging langsam auf die Tür zu.
„Es tut mir leid!" hörte er Phoebe flüstern, als er die Tür hinter sich schloss.

Nadir beobachtete das Haus der Halliwell-Schwestern und hielt die Urne fest in den Händen.
Um nichts auf der Welt wollte er sie wieder verlieren. Wenn er die Macht erst besaß, so
würde er die Urne für immer vernichten. Er stand auf dem Dach des gegenüberliegenden
Hauses und machte sich den Schatten, den die angrenzenden Bäume durch das Mondlicht
warfen, zu Nutzen. Er wartete. Er wartete auf den passenden Moment. Er musste den
Wächter des Lichts alleine antreffen. Er konzentrierte sich auf die Fenster und versuchte
etwas zu erkennen. Am Dachboden herrschte reges Treiben, doch er wusste nicht, wer sich
dort befand. Nadir schloss die Augen und konzentrierte sich. Sein Atem wurde langsamer
und beruhigte sich, während er versuchte die Stimmen, die Menschen in dem Haus zu
lokalisieren. Wenn du fest genug daran glaubst, dann kannst du alles!
„So ein Schwachsinn!" flüsterte Nadir, als er an diese Worte dachte. Cian gab diese
Weisheit einmal von sich, kurz nachdem Nadir sich ihm anschloss. Damals ließ er Cian in dem
Glauben, dass er ihn bewunderte, ihm immer treu untergeben sein würde, doch schon damals
wollte Nadir mehr. Nadir öffnete wieder seine Augen. Obwohl er wusste, dass Cian Unrecht
hatte, versuchte eres immer wieder aufs Neue.
„Dann wird es wohl ein Blindflug werden!" Langsam trat er aus dem Schatten und ein finsteres
Lachen ließ seine vergilbten Zähne zum Vorschein treten. Er sah noch einmal auf die Urne,
ehe er davon schimmerte.

Chris ging langsam die Treppen hinunter, seine Hand glitt geistesabwesend über den
Handlauf. Als er am Zimmer von Wyatt vorbei kam, stockte er. Vorsichtig öffnete er die Tür
und trat ein. Wyatt lag in seinem Bettchen und schlief. Er sah so friedlich aus. Chris ging
langsam auf ihn zu und sah ihn an. Er musste daran denken, dass er vielleicht bald nicht
mehr in der Lage war Wyatt vor seiner eigenen Zukunft zu retten. Was, wenn etwas schief
ging? Was, wenn Leo nicht in der Lage war ihn rechtzeitig zu heilen?
„Wer wird sich dann um dich kümmern, großer Bruder?" flüsterte er und Tränen rannen ihm
über das Gesicht.
Wyatt öffnete schlaftrunken seine Augen. Als er ihn sah, bildete sich sofort sein Schutzschild
und Chris wich einen Schritt zurück. Es schmerzte ihn zu sehen, dass Wyatt ihm nicht
vertraute. Es war erst kurze Zeit her, als er sich zu ihm ins Wohnzimmer orbte, ohne Angst
zu zeigen, ohne sein Schutzschild zu aktivieren. Warum jetzt? Warum vertraute er ihm nicht?
Chris schloss die Augen. Er dachte an seine Welt, an den erwachsenen Wyatt und daran,
was alles passieren würde, würde er hier und jetzt versagen. Er dachte an die Zeit, als alles
noch in Ordnung war und an die Zeit, in der Hass und Gewalt sein Leben prägten. Chris
setzte sich auf den Sessel in der Ecke und starrte auf Wyatt. Er dachte über Phoebes Worte
nach und kam immer mehr zu dem Schluss, dass sie alle keine andere Wahl hatten. So
wenig ihm diese Tatsache auch gefiel, er hätte nicht anders entschieden, wäre eine der
Schwestern in seiner Situation. Er wusste, dass es Phoebe nicht leicht gefallen war diese
Aufgabe auf sich zu nehmen. Er machte ihr keinen Vorwurf. Niemandem. Nicht einmal Leo.
Chris schloss seine Augen und schüttelte seinen Kopf. Leo! Dad! Er konnte sich nicht mehr
erinnern, wann er ihn das letzte Mal so genannt hatte. Es war eine Ewigkeit her, in einem
anderen Leben. Er liebte Leo. Er liebte seinen Dad so sehr, dass er nichts mehr anderes für
ihn empfinden konnte, als Hass. Hass, für das, was er getan hatte. Hass, für das, was er
nicht getan hat. Hass dafür, wie wenig er ihn, seinen Sohn, liebte. Und dennoch war dieser
Hass nicht mehr so existent, wie zuvor. Er hatte Leo gesehen, wie er seine Mutter ansah,
wie sehr er sie liebte, wie sehr er Wyatt liebte. Und er wusste, was immer auch geschehen
mag, was immer er von Leo verlangen würde, Leo würde alles daran setzten um Wyatt vor
dem zu bewahren, was ihm bevor stand. Das war das Einzige, weshalb er zurückgekommen
war. Wieder sah er zu Wyatt, der seinen Schutzschild immer noch aufrecht hielt.
„Sie lieben dich. Sie lieben dich über alles. Wie sehr habe ich mir immer gewünscht, dass sie
mich auchso lieben, wie dich. Ich konnte dich damals nicht retten und ich kann es wohl heute auch
nicht. Wenn du nur verstündest, was ich dir sage, was ich versuche, dir zu erklären. Ich kann
nur hoffen, dass … dass ich weiterhin hier sein kann, um dich zu beschützen. Es tut mir so
leid, großer Bruder!"

Chris vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Er bemerkte nicht, dass sich jemand vor der Tür
befand, sich an die Wand lehnte, um nicht gesehen zu werden, doch der knarrende Fußboden hätte
ihn verraten müssen. Phoebe kam leise in das Zimmer und sah zuerst Chris an, dann Wyatt.
Immer noch war das Schutzschild über ihm und er sah neugierig in den Raum. Langsam kam Phoebe
auf Chris zu und blieb stehen. Sie ging neben dem Sessel in die Knie und wollte Chris an der
Schulter berühren, doch sie zögerte kurz. Als Chris die Berührung spürte, schrak er hoch.
Er sah zuerst zu Wyatt, dann erst fiel sein Blickauf Phoebe. Er sagte kein Wort, als er sein Gesicht
wieder in seine Hände vergrub.

„Ich hatte recht, nicht wahr?" sanft drang Phoebes Stimme zu ihm vor. Was hätte er antworten
sollen? Langsam nickte er mit dem Kopf.
„Warum …!" Phoebe unterbrach kurz ehe sie weiter sprach.
„Warum hast du mich zuvor angelogen, warum hast du es abgestritten?" Chris sah auf, doch sein
Blick war leer.
„Wie … wie hast du es vor?" seine Stimme klang traurig, als er Phoebe ansah.
Sie musste schlucken. „Ich … ähm … wir wissen es noch nicht!" sagte sie vorsichtig, doch
das war gelogen. Sie wusste es. Da sie selbst es war, die diese Bürde tragen musste, blieb
ihr nur eine Sache. Eine Athame von Nereus. Doch das wollte sie ihm nicht sagen.
Die Tatsache, dass sie es tun würde, war im Moment traurig genug.
„Warum …?" Chris wusste, was Phoebe von ihm wissen wollte.
„Ich kann mich gut an den Tag erinnern, als wir das erste Mal alle gemeinsam etwas unternahmen.
Auch Dad …Leo warmit. Das erste Mal hatte er es geschafft. Ich war glücklich meine
gesamte Familie um mich zu haben. An diesen Tag. Es verging kaum eine Stunde, da musste
er wieder weg. Ein Notfall hieß es!" Chris lachte verächtlich.
„Er umarmte Mum und gab ihr und Wyatt einen Kuss. Mich würdigte er keines Blickes und
verschwand. Es war … mein fünfter Geburtstag!"

Chris sah Phoebe nicht an, sah nicht, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Er rang mit
seinen Händen.
„Ich wollte doch nur ...!" Chris schwieg und schloss die Augen. „Ich wollte nicht, dass einer von
euch erfährt, wer ich wirklich bin, woher ich komme! Es ist schon so schwer genug für mich,
dies hier alles zu ertragen. Ich weiß nicht, was es für Auswirkungenhaben würde, wenn Piper
und Leo davon erfahren. Deshalb schwieg ich. Ich komme ganz gut damit zurecht!" jetzt
endlich fand Phoebe ihre Stimme wieder.
„Ganz gut damit zurecht? Du bist hier unter deinerFamilie, die nichts davon weiß und du lässt
alles über dich ergehen, ohne ein Wort zu sagen? Wie kann man damit zu Recht kommen?"
„ Ich habe mich daran gewöhnt und kann damit leben! Leo's Skepsis und Abneigung mir
gegenüber ist mir nicht Neues. Ich bin nur aus einem Grund hier und das ist Wyatt vor dem
Bösen zu bewahren. Ich bin nicht wegen mir hier! Das war nie meine Absicht!"
Auch Chris kämpfte mit seinen Tränen, während er zu Phoebe blickte. Dann sah er zu Wyatt,
dessen Schutzschild verschwand. Chris musste lächeln, doch es war ein gezwungenes Lächeln.
„Sieh nur, wie sehr er dir vertraut! Er vertraut euch allen, er liebt euch alle!"
„Du bist sein Bruder. Er liebt dich auch, auch wenn es jetzt nicht so scheint!" Chris schwieg.
Er wischte sich mit den Ärmeln die Tränen aus seinen Augen.
„Nein! Und das ist auch nicht nötig. Ich will nur das Eine und du wirst dafür sorgen …!"
Chris sah Phoebe durchdringend an. „Sorge dafür, dass er nicht zu dem wird, was meine
Zukunft für ihn vorgesehen hat! Und sag keinem, wer ich bin! Das ist alles, worum ich dich bitte!"
Jetzt konnte Phoebe nicht mehr länger und nahm Chris in den Arm. Still liefen ihr die Tränen
die Wangen hinunter, als sie ihren Neffen fest an sich drückte und spürte, wie sein Körper
leicht bebte, als auch er seinen Tränen freien Lauf ließ.

Plötzlich merkten sie, wie sich Wyatts Schutzschild wieder aufbaute. Erschrocken sahen sich
Phoebe und Chris um, doch konnten nichts sehen. Rasch standen beide auf und versuchten
etwas zu erkennen, als plötzlich vor ihnen ein Dämon erschien. Mit einem zufriedenen
Lächeln schleuderte er einen Feuerball auf Chris, doch verfehlte ihn.
„Sag leb wohl!" grollte er, als er erneut einen Angriff auf ihn startete. Chris machte instinktiv
eine schnelle Handbewegung und schleuderte den Dämon an die Wand. Erschrocken sah
Phoebe ihrenNeffen an, als dieser sie am Arm packte und zu Wyatt stieß
„Nimm Wyatt!" schrie er. Phoebe sah von Chris zum Dämon und blickte dann auf Wyatt.
„He, mein Kleiner, ich bin es, TantePhoebe!" Phoebe hörte, wie ein weiterer Feuerball auf
der Wand aufschlug, doch sah sich nicht um. Der Schutzschild von Wyatt war immer noch aktiv.
„Piper, Paige, Leo!" schrie sie, als sie plötzlich von den Beinen gerissen wurde. Chris wurde
in ihre Richtung geschleudert und riss sie mit auf den Boden.
„Aaauu!" stieß Phoebe hervor, als sie auf dem Boden aufschlug. Rasch wandte sie ihre
Aufmerksamkeit wieder Wyatt zu, doch der Dämon schien an ihm kein Interesse zu haben.
Wieder sah sie, wie Chris den Dämon durch den Raum schleuderte und ein Gegenstand aus dessen
Hand fiel, als er hart aufschlug. Phoebe sprang instinktiv auf, um den Gegenstand zu ergreifen,
doch stockte, als zwei weitere Dämonen erschienen. Sie sahen sich kurz um, ehe der eine
ebenfalls einen Feuerball schleuderte, allerdings auf den ersten Dämon. Phoebe war irritiert.

Sie kannte die beiden Neuankömmlinge. Mit offenem Mund beobachtete sie das Geschehen.
Sie konnte nicht sagen, wer wen lieber tot sehen wollte. Sie sah zu dem Objekt, das der Dämon zuvor
verloren hatte, doch es war verschwunden. Sie hatte nicht gemerkt, dass einer der Dämonen
es aufgehoben hatte. Stattdessen blickte sie in die Augen des Dämons, der Chris geholt
hatte. Sie duckte sich, als ein der Verputz der Decke auf sie herab fiel, ehe sie ihn erneut
ansah.
„Lucian?" fragte sie vorsichtig. Der Dämon blickte Phoebe verwirrt an und wich einen
Schritt zurück. Mit einem Schrei wurde Chris von der Wucht zweier aufeinander prallender
Feuerbälle nach hinten geschleudert. Benommen lehnte er an der Wand, ehe er mit all
seiner Kraft anwesenden Dämonen durch den Raum schleuderte.
„Piper! Paige!" schriePhoebe erneut. Das ganze Geschehen kam ihr wie eine Ewigkeit vor.
Plötzlich schrie der Dämon, der sie zuerst angegriffen hatte, auf und ging in Flammen auf. Hinter
ihm war Kaja erschienen und blitzte wütend in die Runde. Sie wollte auch die anderen Dämonen
vernichten, doch der andere schimmerte mit dem Objekt in seinen Händen davon. Kajas
Aufmerksamkeit richtete sich nun auf Lucian, der immer noch verwirrt Phoebe anstarrte und
keine Anstalten machte, zu verschwinden. Kaja war gewillt auch ihn zu töten.
„Warte!" schrie Phoebe, doch es war zu spät. Kaja schleuderte einen Blitz auf den Dämon,
als Paige mit Piper erschien.
„Lass sie erstarren!" schrie Phoebe und Piper hob automatisch ihre Hände.
Mit einem Mal war alles still in dem Kinderzimmer.

Piper und Paige standen zwischen Kaja und Lucian und sahen sich verwirrt in dem Zimmer
um.
„Was ist denn hier los!" Paige ging auf Phoebe zu und half ihr auf.
„Alles in Ordnung mitdir?"
„Ja, alles in Ordnung! Chris?" Phoebe sah zu Chris, der sich langsam wieder
aufrappelte.
„Mir fehlt nichts!" Piper eilte zu Wyatt, der in dem Moment, als er seine Mutter sah,
den Schutzschild senkte.
„Ok, mein Kleiner! Mummy ist ja hier!" behutsam nahm sie ihren Sohn aus dem Bett und strich
ihm sanft über den Kopf.
„Den kennen wir doch!" Paige deutete auf Lucian.
„Ich verstehe ja, warum wir Kaja erstarren lassen sollten, aber hätten wir nicht warten können,
bis sie den Dämon vernichtet hat?" Phoebe schüttelte den Kopf.
„Nein, Paige, du verstehst nicht! Das ist Lucian! Du erinnerst dich, was Tarik uns über seinen
Schützling sagte? Ich glaube, er kann uns noch nützlich sein!"
„Tatsächlich?" Paige verzog das Gesicht und sah Lucian abschätzend an.
„Ich denke schon! Ich weiß zwar noch nicht wie, aber …!" Phoebe hob die Schulter, als sie
langsam auf Lucian zuging. „Ich brenne zwar darauf zu erfahren, was hier geschehen ist, doch
vorher müssen wir dafür sorgen, dass die beiden nichts anstellen können! Und zwar schnell,
sonst haben wir einen Dämon gehabt!"
Piper deutete auf den Blitz, der dicht vor Lucian schwebte und ihn unweigerlich vernichten
würde, wenn die Starre sich löste!Paige ergriff rasch die Schulter des Dämons und orbte
fort ehe sie kurze Zeit später wieder erschien und mit Kaja ebenfalls verschwand.
„Wo ist eigentlich Leo?" fragte Phoebe und erschrak, als der Blitz mit einem lauten Krachen auf die
Wand traf.
„Wow!" sie griff sich mit der Hand auf die Brust.
„Äh, also Leo … tja, der ist mal wieder gerufen worden!" Piper schüttelte den Kopf, als sie
sich von der Wand wieder abwandte. „Er meinte, dass wir ihn sicherlich für eine Zeit
entbehren können!" Piper verzog genervt ihren Mund, während sie Wyatt immer noch im
Arm hielt und schaukelte.

„Ok, sie sind sicher verwahrt!" Paige erschien in der Tür. „Tarik und Nereus haben ein
Auge auf sie! Kaja ist allerdings etwas wütend!"
„In Ordnung! Ihr werdet wieder rauf zu den anderen gehen und versuchen herauszufinden,
wie uns dieser Dämon nützlich sein kann. Vielleicht müssen wir doch nicht …!" Piper unterbrach
und sah kurz zu Chris ehe sie weiter sprach.
„Vielleicht kann er uns weiter helfen! Wer weiß! Ich bleibe noch ein wenig. Ich möchte Wyatt
jetzt noch nicht alleine lassen!"
Mit einem Nicken ergriff Paige die Hand von Phoebe und orbte aus dem Kinderzimmer. Als
Chris ihnen folgen wollte, wurde er von Piper zurück gehalten.

„Warte Chris!" Chris materialisierte wieder und sah Piper erwartungsvoll an.
„Ich kann mir vorstellen, was in dir vorgehen muss, Chris, doch ich möchte, dass du weißt,
dass es keinem von uns leicht gefallen ist diese Entscheidung zu treffen! Auch wenn es manchmal
nicht so erschein, so liegt uns dennoch etwas an dir! Wir haben es nicht immer leicht miteinander
gehabt! Vor allem du und Leo habt eure Schwierigkeiten! Ich weiß nicht, woher das kommt,
was dieGründe dafür sind, doch auch ihm gefällt diese Sache nicht!"
Chris hielt den Atem an und sah zur Seite. Er konnte Piper nicht länger in die Augen sehen.
„Du machst es uns nicht leicht dir zu vertrauen. Du scheinst so viel vor uns zu verbergen, so
viele Geheimnisse zu haben. Ich habe dich in all der Zeit fast nie lachen gesehen, Chris, und
das ist traurig! Warum kannst du nicht das, was du mit allen Mitteln vor uns zu verbergen
versuchst, mit uns teilen?" Chris biss sich auf die Lippen.
„Ich kann nicht! Es … tut mir leid, Piper!" flüsterte er.
Piper sah zu, wie sich ihr Wächter des Lichts im weiß-blauen Licht fort orbte. Sie seufzte.

„Beruhig dich, Kaja! Du wirst dich nur selbst verletzen!" sagte Paige, als sie sah, wie Kaja
erneut versuchte das Kraftfeld, das sie umgab, zu zerstören. Das Energiefeld knisterte und
Funken fielen auf Kaja herab, als der Feuerball im Inneren aufprallte. Kaja duckte sich und
fluchte leise. Ein leises Lachen war zu hören.
„Ich weiß nicht, was daran so lustig sein soll!" Kaja funkelte den Dämon wütend an.
Lucian stand nicht unweit von ihr entfernt. Er war ebenfalls von einem Kraftfeld umgeben und
hatte seine Arme verschränkt. Er schüttelte nur seinen Kopf, immer noch ein Lächeln in seinem
Gesicht, und wandte sich an dieSchwestern.
„Nun, was habt ihr jetzt mit uns vor?" Phoebe kam langsam auf ihn zu.
„Da ich davon ausgehe, nein, da ich weiß, dass du in diese ganze Sache involviert bist, kann
ich mir ja jegliche Erklärungen sparen und gleich zum Wesentlichen übergehen. Der Dämon, in
dessen Begleitung du erschienen bist, möchte mit allen Mitteln die Macht von Sebulon, was
wir zu verhindern wissen, denn wir werden diese vernichten. Doch wir haben ein Problem,
welches auch dir bekannt sein dürfte!" Sie drehte sich um, als sie ein ihr vertrautes Geräusch
hörte. Chris wirkte noch niedergeschlagener, als zuvor.

„Ah, der Wächter des Lichts! Ja, das ist ein Problem!" Phoebe sah wieder zu Lucian und
näherte sich ihm etwas mehr.
„Was können wir machen? Was weißt du?"
„Ich? Ich weiß nichts, weniger als ihr!"
„Du weißt mehr, Lucian!" Tarik war der Ansicht, dass es nun wieder Zeit wäre sich einzuschalten.
Langsam schloss er zu den Schwestern auf.
„Ich glaube nicht, dass es an dir ist mir zu sagen, was ich weiß, oder nicht!" Lucians Stimme
klang verbittert als er Tarik ansah.
„Wenn du ihnen hilfst, dann finden wir vielleicht auch eine Lösung, dir zu helfen. Ich weiß,
wonach du seit so langer Zeit strebst!"
„Mir helfen? Ich brauche eure Hilfe nicht und deine schon gar nicht, Tarik! Du warst es doch,
der mich in diese Lage gebracht hat! Dir habe ich diese Hölle zu verdanken, in der ich mein
Dasein friste!" Tarik verstand nicht. Ungläubig schüttelte er den Kopf.
„Ich verstehe nicht? Wie kann ich dafür verantwortlich sein?" Alle Anwesenden sahen gespannt
von einem zum anderen.
„Du wusstest es! Ich habe dich gewarnt und dennoch …!" Lucian ballte seine Hände zu Fäusten.
„…ich hätte dich zu ihm geführt!"
„Ich wusste nicht …niemals hätte ich geglaubt, dass du …!" Tarik konnte seine Betroffenheit
über Lucians Worte nicht verbergen.
„Du wusstest es! Du hast mich im Stich gelassen!" schrie Lucian wütend.
„Du warst so versessen darauf, deine eigene Haut zu retten, dass du mich geopfert hast! In
dem Moment, als du deine eigene Seele rettetest, hast du meine der Hölle Sebulons
übergeben! Wie kannst du also von mir erwarten, dass ich dir helfe?" Jetzt war auch Lucian
so wütend, dass er einen Feuerball gegen die Innenseite des Kraftfeldes schleuderte, doch
als die abprallenden Funken auf ihn niederprasselten, bewegte er sich nicht. Immer noch war
sein zorniger Blick auf Tarik gerichtet. Phoebe verschränkte ihre Arme, als sie sich zu Tarik
wandte.

„Ok, erklär uns das? Was meint er?" Tarik stotterte, als er nach den richtigen Worten
suchte.
„Als die Ältesten damals beschlossen die Mächte in zwei Urnen zu bannen, bestand die Schwierigkeit
darin, dass Sebulon nicht so einfach zu finden war. Wir wussten nicht, wo …!"
„Sag es!"
„…ich, wir wollten Sebulon an die Ältesten ausliefern, doch Lucian ging alleine …!"
„SAG ES!" schrie Lucian wutentbrannt. Tarik zuckte zusammen
„…er war zu mächtig, als dass wir ihn hätten alleine überwältigen können, Lucian, das weißt du!
Ich dachte nicht, dass du …!"
„Du hast im entscheidenden Moment gekniffen, richtig!" Phoebe sah Tarik schief an.
„… ich dachte nicht …ja, verdammt noch mal!" Phoebe riss der Geduldsfaden. Sie holte aus
und verpasste Tarik mit voller Wucht einen Kinnhacken. Lucian riss verblüfft die Augen auf.
„Danke!"
„Bitte!" entgegnete Phoebe trocken, ohne sich umzudrehen.
„Du hast uns angelogen! Wer weiß, wobei noch! Verschwinde, deine Hilfe wird tatsächlich
nicht benötigt!" Tarik vermied es Phoebe in die Augen zu sehen und orbte vom Dachboden
des Halliwell-Manors. Phoebe schüttelte ihre Hand.
„Aau!"