1.Kapitel

Träume

Es war ein warmer Juniabend im Jahre 1880.

Eine junge Frau, war gerade auf dem Weg nach Hause.

Sie lief über Kopfsteinpflaster, die sehr uneben waren und einige Löcher vorwiesen.

So oft ist sie diesen Weg gegangen und doch kam ihr der Weg fremd vor. Es war nicht ihr Zuhause, sie musste woanders herkommen.

Auch die Menschen, mit denen sie zu tun hatte, waren ihr auf einer Art und Weise fremd, aber sie wusste nicht, wieso sie so dachte, denn hier war sie Zuhause.

Auf ihrem Arm hatte sie frisch gewaschene Wäsche, die sie nun nach Hause trug, wie jeden Mittwoch.

Den Weg, den sie zurücklegte, war lang und so traf sie unterwegs verschiedene Leute, die sie begrüßten und einen schönen Abend wünschten.

Als sie zuhause ankam, wurde sie schon sehnsüchtig erwartet.

"Hallo mein Schatz, hattest du heute viel zu tun?" fragte ein gut aussehender Mann und gab der Frau einen Kuss auf ihre Hand.

"Es geht. Wie immer eben", antwortete sie schüchtern und legte die Wäsche auf den Schrank, der neben der Tür stand.

"Hast du Hunger? Ich habe schon etwas vorbereitet, nur ich wusste ja nicht, ob du auch wirklich was essen möchtest."

"Ich möchte mich gerne erstmal umziehen gehen, dann esse ich gerne was", lächelte sie und verschwand in den ersten Stock.

Als sie oben ankam, blieb sie abrupt stehen, denn da war er wieder, der Geruch den sie jeden Abend roch und nicht zu ordnen konnte. Sie kannte diesen Geruch von früher, soweit war ihr das klar, aber sie konnte ihn nicht zuordnen, woher sie ihn kannte.

Irgendwas muss in ihrer Vergangenheit passiert sein, dass sie einen Geruch wahrnimmt, den sie von damals her kannte. Nur woher kannte sie ihn, wieso kam er ihr so vertraut vor? Es war ein Männerduft, soweit konnte sie es sagen. Aber was für ein Mann war er, sie konnte sich nicht an jemanden erinnern.

Sie zog sich daher um, dachte nicht weiter nach und ging wieder runter zu ihm.

"Michaela? Ich bin hier in der Küche", rief er ihr zu.

"Ich komme", antwortete sie und ging auf die Küche zu.

Doch plötzlich bekam sie Kopfschmerzen und ein Stich ging durch ihren Körper. Dieses Gefühl hatte sie noch nie, aber es musste etwas mit dem Duft zu tun haben, denn nun sah sie, im Inneren einen Mann, aber nur seine Umrisse, doch sie konnte erkennen, dass es ein Mann war.

Der Mann kam auf sie zu und hatte seine Arme geöffnet, als wenn er sie einfach in seine Arme nehmen wollte.

Doch dann wurde die Küchentür geöffnet und das Bild war verschwunden.

"Alles in Ordnung mit dir?" fragte der Mann und schaute sie an.

Michaela nickte.

"Ja, es ist alles in Ordnung. Es geht schon wieder."

Sie betrat nun die Küche.

"Das riecht aber lecker, was ist das?"

Der nette Mann lächelte sie an.

"Dein Leibgericht, Schnecken", antwortete dieser und rührte etwas in einem Topf um.

Ein Lächeln ging über ihr Gesicht.

"Das ist schön. Soll ich den Tisch decken?"

"Es ist alles schon fertig mein Schatz. Setz dich nur hin, dass Essen ist gleich fertig."

Michaela ging ins Esszimmer und setzte sich an den gedeckten Tisch.

Sie fuhr mit ihrer Hand über die Tischdecke.

"Was ist nur los mit mir? Wieso sehe ich einen Mann, den ich nicht kenne? Was war in meiner Vergangenheit?" fragte sie sich selber und verfiel in Gedanken.

Nachdem Abendessen ging sie ohne noch etwas zu lesen, was sie eigentlich jeden Abend tat, in ihr Zimmer.

Sie zog sich um und legte sich auf ihr Bett.

Sie war in Gedanken, als es an ihrer Tür klopfte.

"Ja?"

Die Tür öffnete sich und der nette Mann kam herein.

"Ach du bist es Daniel. Was gibt es?" fragte die junge Frau.

"Möchtest du heute Abend wirklich allein schlafen, oder möchtest du mir nicht Gesellschaft leisten?" fragte Daniel.

"Heute möchte ich gerne allein schlafen. Ich habe die letzte Nacht kaum Schlaf bekommen und ich brauche meinen Schlaf", erklärte sie ihm.

"Ist in Ordnung, dann schlaf gut mein Schatz", sagte er, gab ihr noch einen Kuss und verließ ihr Zimmer.

Michaela deckte sich zu und starrte an die Decke. Sie schloss die Augen und erneut nahm sie diesen sonderbaren Geruch war. Er roch so männlich, so vertraut, doch Daniel roch nicht so, es muss ein anderen Mann sein, nur welcher? Sie kannte doch niemanden.

Sie schlief in Gedanken ein.

In dieser Nacht hatte sie einen sonderbaren Traum:

Es war dunkel, nur eine Kerze brannte in dem dunklen Haus. Sie stand mitten in einem Raum. Er war kalt und irgendwie unheimlich.

An dem Kamin stand ein Sessel und sie nahm eine Person wahr.

Die Person weinte und murmelte irgendetwas vor sich hin.

Sie konnte es nicht verstehen, es war so verzerrt.

Als sie auf den Sessel zu ging erhob sich die Person.

Sie war männlich, sehr muskulös gebaut, aber auch sehr verletzlich, wie man hören konnte.

Die Person lehnte sich an den Kamin.

"Ich vermisse dich so sehr, ich weiß dass du lebst. Ich weiß, dass du nicht von mir gegangen bist. Wo bist du?" fragte diese Person unter Tränen.

Als Michaela im Traum auf die Person zuging, verkrampfte sich ihr Magen zusammen.

"Wen suchst du?" fragte sie im Traum.

Doch die Person antwortete nicht mehr, da das Traumbild verwischte und Michaela aus ihrem Traum erwachte.

Ihr Herz raste wie wild und sie merkte, wie sie schwitze.

„War nur ein Traum, gut", sagte sie zu sich selbst, als sie zu sich kam und wusste wo sie war.

Sie stand auf und ging erstmal ins Badezimmer. Sie schaute in den kleinen Handspiegel, der neben der Schüssel lag und schaute hinein.

Als sie sich anschauen wollte, sah sie hinter sich eine Gestalt. Sie schrak zusammen und ließ den Spiegel fallen.

Michaela drehte sich um, doch die Gestalt war nicht mehr da.

Das Klirren lockte ihren Mann an.

Die Tür wurde geöffnet und Daniel stand in der Tür.

„Schatz? Was ist passiert? Alles ok?" fragte er nach und schaute sie an.

Michaela kniete sich zu den Scherben und nickte.

„Ja, ich habe mich nur erschrocken, tut mir leid", sagte sie rasch.

„Ist schon in Ordnung, es muss dir nicht leid tun, komm her, ich mache das, nicht dass du dich noch an den Scherben schneidest", sagte er und nahm ihre Hände.

Nun wo er sie so sanft berührte, spürte sie, dass etwas anders war. Seit dem sie gestern die komischen Bilder vor sich hatte, wusste sie, dass sie hier falsch war. Sie musste vorher wo anders gelebt haben, aber dass kann nicht sein. Denn seitdem sie denken kann, hat sie schon hier gewohnt. Aber wieso sieht sie in ihrem Traum ein Haus, was sie nicht kennt, aber ihr doch so vertraut ist. Und wer war die Person die in dem Haus, in dem Sessel saß und dann am Kamin nach Jemanden weinte? Es muss jemand sein, den sie kennt, denn umsonst träumt man davon nicht. Aber wer war diese Person? Sie kannte diese Person nicht und doch musste es jemand sein, der einmal in ihrem Leben eine Rolle gespielt hat.

„Michaela?"

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen.

„Ja? Ach so, ich gehe schon. Danke dir", bedankte sie sich bei ihm und verließ das Bad.

Auf dem Flur, lehnte sie sich erstmal an die Wand und atmete tief durch.

„Was ist das nur? Wer verfolgt mich? Wer will was von mir? Ich kenne diese Person nicht? Werde ich verrückt?" fragte sie sich selber und ging nun zurück in ihr Zimmer.

Sie wollte gerade die Tür schließen als Daniel kam.

„Ist wirklich alles in Ordnung?" fragte er erneut, als er sah, wie blass Michaela war.

„Ja, mir geht's gut. Ich hatte nur einen komischen Traum, aber sonst nichts weiter. Ich will nun versuchen wieder zu schlafen. Gute Nacht."

Michaela drehte sich um.

„Wäre es nicht besser, wenn du mit zu mir kommst? Irgendwie gefällst du mir nicht. Du bist blass und siehst so aus, als ob du einen Geist gesehen hättest", sagte Daniel.

Die junge Frau seufzte. „Ist gut. Vielleicht ist es auch besser."

Michaela ging mit Daniel ins eigentliche Schlafzimmer von den Beiden und legte sich hinein.

Daniel legte sich zu ihr und kuschelte sich an sie heran.

„Gute Nacht", sagte er sanft und gab ihr noch einen zärtlichen Kuss.

Doch als er sie küsste, fiel von der Wand ein Bild, wo die Zwei drauf waren.

„Was soll das denn?" fragte Daniel, stand auf und hob das Bild auf.

Er schaute Michaela an, die nur mit den Schultern zuckte.

„Komisch, na ja egal. Ich werde es morgen wieder an die Wand bringen, nun wollen wir aber erstmal schlafen."

Er kam zurück und legte sich wieder neben sie.

„Gute Nacht", sagte Michaela nur, drehte sich um und schloss die Augen.

Nun schlief sie ruhiger und hatte auch keinen Traum mehr.

Der nächste Morgen rückte ins Land.

Michaela musste wie jeden Tag ins Krankenhaus. Dort arbeitete sie als Ärztin. Es hat echt lange gedauert, als sie dort als Ärztin akzeptiert wurde, aber sie hatte es geschafft, sie hat sich im Denver Hospital einen Namen gemacht. Jeder Patient fragte nur noch nach: Michaela Wilder.

Sie war sehr beliebt und hatte eigentlich nie eine freie Minute. Doch an diesem Tag wünschte sie sich nichts Sehnlicheres als eine freie Minute für sich.

Sie setzte sich in den Aufenthaltsraum und stütze den Kopf auf ihre Hände.

„Mrs. Wilder?" fragte jemand.

„Was ist denn nun schon wieder?" fragte Michaela etwas genervt.

„Es tut mir leid, wenn ich sie störe, aber hier kam ein Notfall und sie sollen es sich mal anschauen", sagte das junge Mädchen.

„Ich komme sofort."

Nach kurzer Zeit, trat Michaela auf den Flur und erblickte den kleinen Jungen, der eben eingeliefert wurden war.

Sie lief zu ihm hin und sah die Brandstellen an seinem Körper.

„Was ist passiert?" fragte sie nach.

„Ein Haus in der Allee hat gebrannt und er war eingeschlossen", erklärte ein junger Assistent.

Michaela schob den Jungen in den OP-Saal und versorgte seine Brandstellen.

Doch plötzlich bekam sie wieder so dolle Kopfschmerzen und hielt sich den Kopf.

„Mrs. Wilder? Alles in Ordnung?" fragte der Assistenzarzt.

„Versorgen Sie bitte mal die Wunden, ich bin sofort wieder da", sagte Michaela rasch und verließ das Zimmer.

Schon wieder sah sie den Mann vor ihrem inneren Auge, der seine Arme geöffnet hatte. „Was willst du von mir? Ich weiß nicht was du sagen willst", sagte sie zu dem Mann, den sie sah.

„Ich will doch gar nichts von ihnen", antwortete nun ein kleiner Junge.

Michaela schaute auf und blickte in das kindliche Gesicht.

„Tut mir leid, ich meinte dich gar nicht", sagte sie nun und ging in den Aufenthaltsraum.

„Michaela? Was ist los mit dir? Du bist heute so anders."

„Ich weiß nicht. Ich habe die letzte Nacht so schlecht geschlafen. Ich weiß auch nicht was los ist. Dann sehe ich seit gestern Abend einen Mann in meinem inneren Auge, aber ich kenne ihn nicht. Er steht da und öffnet seine Arme, so als ob er sagen würde: Komm her zu mir. Aber ich kenne ihn nicht. Ich weiß echt nicht was los ist. Ich glaube ich werde langsam verrückt."

Michaela hielt ihre Hände vor ihr Gesicht und ließ sie dann sinken.

„Ach, dass wirst du nicht. Du bist nicht verrückt, du bist nur überarbeitet. Geh doch nach Hause und ruh dich aus. Wir schaffen es auch ohne dich. Steven ist ja auch noch da. Geh nur und schlaf dich mal richtig aus." Die Schwester lächelte Michaela an.

„Ok, aber wenn ihr Hilfe braucht, dann müsst ihr jemanden vorbei schicken, dann komme ich sofort."

„Mach dir keine Gedanken, es wird schon alles gut laufen. Geh nur nach Hause, bis morgen."

Michaela zog ihren Kittel aus, verabschiedete sich noch und ging nach Hause.

Daniel war natürlich noch nicht von der Arbeit zuhause.

Also machte sie sich erstmal einen Tee, zog sich etwas Gemütlicheres an und setzte sich in den Schaukelstuhl der vor dem Kamin stand.

Sie merkte schnell, dass sie wirklich noch sehr müde war und schlief ein.

Sie träumte erneut:

Wieder stand sie in einem dunklen Raum und wieder war nur eine Kerze an.

Wieder sah sie den Sessel und den Kamin. Die Person von dem Traum heute Nacht, stand wieder am Kaminsims und sprach ins Feuer.

Wo bist du? Ich weiß dass du lebst. Michaela? Ich brauche dich, du fehlst mir so sehr", sprach er und schluchzte.

Michaela wurde sehr unwohl. „Michaela? Welche Michaela suchen sie?" fragte sie den Mann.

Derjenige drehte sich um und blickte ihr direkt in die Augen.

Sie kannte diese Augen, sie waren ihr vertraut.

Michaela bist du es? Wo warst du die ganze zeit?" fragte dieser und kam auf sie zu.

Als er fast bei ihr war, verschwamm das Bild erneut und sie wurde wieder aus ihrem Traum gerissen.

Da sie die Tasse noch in der Hand hatte, fiel diese natürlich zu Boden.

„Mist, nicht schon wieder", schimpfte sie, stand auf und beseitigte die Scherben.

Nachdem sie die Scherben beseitigt hatte, dachte sie noch einmal an ihren Traum.

Derjenige kannte sie, hatte sie „Michaela" genannt, also musste er sie kennen. Aber woher? Sie kannte das Haus nicht und auch nicht den Mann, aber er kannte sie. Es muss etwas mit ihrer Vergangenheit zu tun haben.

Sie ging in ihr Zimmer und holte eine Schachtel hervor, welche sie schon seit 1, 5 Jahren nicht mehr geöffnet hatte. Damals konnte sie absolut nichts damit anfangen, aber vielleicht nun, vielleicht nach den beiden Träumen hatte sie eine Antwort auf das, was in der Schachtel enthalten war.

Mit zittrigen Händen öffnete sie die Schachtel, weil sie Angst davor hatte, vielleicht erneut keine Antwort darauf zu haben.

Nun war sie offen und ein Bild kam zum Vorschein. Auf dem Bild, war ein Haus zu sehen. Es sah wirklich recht nett aus, doch leider war nur die Außenfassade zu sehen und nicht das Innere.

Enttäuscht legte sie das Foto zurück in die Schachtel und holte ein Stofffetzen heraus. Nun roch sie wieder den Geruch, den sie schon die ganze Zeit gerochen hatte. Dieser männliche Duft kam ihr so vertraut, aber auch fremd vor.

Michaela legte sich aufs Bett und sog den Duft ein.

Der Fetzen muss von einem Kleidungsstück stammen, nur von wem?

Wieder bekam sie diese wahnsinnigen Kopfschmerzen. Sie hielt sich die Schläfen…

Schon wieder sah sie den Mann. Aber nun stand er nicht mehr nur da und hatte die Arme geöffnet, nein, er zeigte auf etwas, was auf dem Boden lag.

Doch Michaela konnte es nicht gut erkennen, denn es war nebelig. Die ganzen Träume waren von einem Schleier umgeben, sodass sie selbst die Person nicht erkannte, die ihr irgendetwas sagen wollte.

Als Michaela dichter kam, verschwamm das Bild und sie kam wieder zu sich.

Diesmal war alles anders, sie hatte wahnsinnige Kopfschmerzen auch noch hinterher, was sie beim gestrigen Tag nicht hatte. Es war diesmal eindeutiger als sonst. Die Person will ihr irgendetwas sagen, nur sie weiß nicht was, doch sie muss es herausfinden.