2. Kapitel

Eine kleine Hilfe

„Hallo Mrs. Wilder, wie geht es ihnen", fragte sie der nette Gemischtwarenhändler, als sie den Laden betrat.

Michaela lächelte freundlich.

„Mir geht es sehr gut. Wie geht es ihrem Arm? Ist es besser geworden?" erkundigte sie sich und schaute ihn fragend an.

„Ja, mir geht es schon viel besser, vielen Dank noch mal", lächelte der ältere Mann.

„Das freut mich. Ich brauche ein paar Dinge von Ihnen", sagte Michaela und zeigte ihm einen Zettel, wo sie die Sachen drauf vermerkt hatte.

Der Gemischtwarenhändler holte die gewünschten Sachen und stellte sie auf die Theke.

Michaela schaute sich noch ein wenig im Laden um, plötzlich sah sie etwas, was sie schon kannte.

Sie ging auf die Vitrine zu und blickte hinein. Dort stand eine handgeschnitzte Figur. Es war ein Wolf. Diese Figur kam ihr sehr bekannt vor, auch wenn sie nicht wusste, woher sie die kannte.

„Mrs. Wilder?"

Michaela wurde aus ihren Gedanken gerissen und blickte wieder zum Tresen.

„Woher haben Sie das?" fragte Michaela nun und deutete auf den Wolf.

Der Gemischtwarenhändler kam auf Michaela zu.

„Das habe ich von jemandem bekommen. Ich kann auch gar nicht sagen von wem. Es war ein netter junger Mann. Er meinte, dass er es gefunden hat, aber selbst nichts mit anfangen kann. Möchten Sie es mal sehen?"

Michaela nickte.

Der ältere Mann öffnete die Vitrine, holte den Wolf heraus und reichte ihn Michaela.

Sanft fuhr sie mit ihrer Hand über das weiche Holz. Sie drehte es in ihrer Hand und fand etwas, was sie ein wenig zum Nachdenken brachte.

Als sie die Schnitzerei auf den Kopf gestellt hatte, entdeckte sie Initialen. Es waren B.S. und M.Q. eingeritzt und dann noch ganz klein: Colorado-Springs.

„Kennen sie den Wolf?"

„Ich weiß nicht. Es kommt mir bekannt vor, nur ich weiß nicht, woher ich es kennen sollte. Ich war noch nie in Colorado - Springs", sagte sie und schaute den Gemischtwarenhändler an.

„Das ist gar nicht soweit von hier entfernt, vielleicht sollten sie mal hinfahren, vielleicht bekommen sie da Antworten", sagte er.

Er wusste natürlich, dass Michaela nicht wirklich von hier kam, da er schon sein ganzes Leben lang hier wohnte, aber woher sie kam, wusste er auch nicht.

Michaela lächelte und reichte ihm die Schnitzerei wieder.

Er stellte die Schnitzerei zurück in die Vitrine und ging mit ihr wieder an die Theke.

Michaela reichte ihm das Geld, packte die Sachen zusammen und verließ den Laden.

Auf dem Weg nach Hause war sie in Gedanken versunken und merkte somit nicht, dass ihr gleich etwas Einschneidendes passieren würde.

Sie lief den Weg, den sie jeden Tag zurücklegte, schon fast im Schlaf, dachte an nichts Besonderes und war mit ihren Gedanken beschäftigt, als sie jemanden anrempelte.

Ihre Tasche fiel zu Boden und die ganzen Lebensmittel fielen heraus und verteilten sich auf der Straße.

„Es tut mir leid", sagte die Frau, die Michaela so ungünstig angerempelt hatte.

„Kein Problem, ich hätte ja auch aufpassen können", sagte Michaela und stand von der Straße auf und blickte der Frau ins Gesicht.

Die Frau schrak zusammen und wurde auf einmal kreidebleich.

„Alles in Ordnung?" fragte Michaela nach.

Die Frau konnte nichts sagen, stattdessen drehte sie sich um und verschwand in dem Haus.

Michaela schüttelte nur mit dem Kopf und ging weiter.

Am Abend kam Daniel nach Hause und Michaela erzählte ihm von der Schnitzerei und von der Frau, die sie sah und dann kreidebleich davon lief.

„Vielleicht dachte sie, sie hätte jemanden gesehen. Mach dir darüber keine Gedanken. Hier wohnen echt komische Leute. Was hältst du davon, wenn wir ein wenig weg fahren, irgendwohin und ein wenig entspannen. Ich habe nämlich Diane getroffen und sie sagte mir, dass du heute früher gegangen bist, weil es dir nicht gut ging. Michaela? Sag mir, was mit dir los ist. Ich kann nicht mit ansehen, wie du von Tag zu Tag immer blasser und kränker wirst. Irgendwas muss doch sein, wenn du diese Kopfschmerzen bekommst und du den Mann siehst, den du nicht kennst."

Daniel schaute Michaela nun ernst an.

„Wer hat dir das gesagt?" fragte sie nun ärgerlich.

„Diane. Sie macht sich nämlich Sorgen um dich. Wer ist er? Wieso träumst du von ihm?" fragte Daniel nun.

„Wenn ich wüsste, wer er ist, wäre ich schlauer. Ich kenne ihn nicht, ich weiß nicht, was er von mir will. Irgendetwas will er mir mitteilen, aber ich weiß nicht was. Ich hatte diese Träume noch nie, erst seit gestern und es macht mich jetzt schon wahnsinnig", antwortete Michaela.

„Du musst doch wissen, von wem du träumst? Hast du vielleicht einen Liebhaber? Sei ehrlich zu mir!" Er fasste sie etwas grob an.

„Daniel, lass mich los! Du tust mir weh! Ich habe keinen Liebhaber, woher denn auch, ich kenne hier so gut wie keine Menschenseele und nun lass mich allein!" Michaela löste sich von Daniel und wollte in ihr Zimmer gehen.

"Wenn ich herausfinde, dass du mich anlügst, dann kannst du was erleben."

Ohne ein weiteres Wort zu wechseln ging Michaela in ihr Zimmer.

Sie schloss die Tür und ließ sich seufzend auf das Bett plumpsen.

Sie kramte das Stück Stoff unter ihrem Kissen hervor.

„Irgendetwas hat es zu bedeuten, dass ich das Stück hier habe und auch die Träume bedeuten etwas, sowie die Schnitzerei und die Frau auf der Straße. Aber was, was will es mir sagen? Ich kann mich an nichts erinnern."

Nachdem Streit mit Daniel ging es ihr zwar seelisch nicht viel besser, aber sie konnte sich nun besser auf die Arbeit konzentrieren, weil sie ihm nun erzählt hatte, was los war.

Die nächsten Tage, passierte nicht viel und auch die Träume kamen nicht wieder, dachte sie.

Michaela war erneut im Krankenhaus, als wieder diese Kopfschmerzen anfingen, aber diesmal waren sie schlimmer als sonst.

Sie versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen und machte ihren Rundgang.

Doch schließlich konnte sie nicht mehr und brach schließlich zusammen.

Als sie zu sich kam, lag sie in einem Zimmer, in einem Krankenbett. Sie schaute sich um und erblickte Diane.

„Was ist passiert?" fragte Michaela nach.

„Hey, schön das du zu dir gekommen bist. Du bist zusammen gebrochen. Ich muss dich mal was fragen", begann Diane.

„Ja, was ist denn?" Michaela setzte sich auf.

„Steven hat dich untersucht und er hat etwas festgestellt, was uns beide sehr stutzig macht."

„Na was ist es? Werde ich sterben?"

Diane schüttelte den Kopf.

„Nein, aber du hast so etwas, was man ein Trauma nennt. Deswegen denke ich mir mal, dass du diese Träume hast. Es muss etwas mit deiner Vergangenheit zu tun haben. Was ist passiert?"

„Was meinst du damit, was passiert ist?" fragte Michaela irritiert.

„Du hast die Träume, du riechst einen Geruch, den du nicht kennst, dir aber vertraut vorkommt. Das kann doch nicht normal sein", sagte Diane.

„Ich weiß doch auch nicht, was los ist. Es muss auch was mit der Frau zu haben. Als sie mich gesehen hat, wurde sie total blass, als ob sie einen Geist gesehen hat."

Diane und Michaela unterhielten sich noch kurz, dann verließ Diane wieder das Zimmer, weil Michaela Ruhe brauchte.

Daniel kam am Abend vorbei, weil er sich nun wirklich Sorgen um sie machte.

„Michaela. Liebling, was machst du denn für Sachen?" fragte er besorgt und setzte sich an ihr Bett.

„Ich weiß es nicht. Ich weiß nichts mehr was passiert ist. Ich weiß nur, dass ich wahnsinnige Kopfschmerzen habe", sagte sie und fasste sich an die Schläfen.

Der Druck wurde schlimmer und Michaela sah wieder den Mann. Er stand wie immer vor ihr, schaute sie an und deutete zu Boden. Nun ging Michaela auf ihn zu und blickte auf dem Boden. Sie schaute hin und sah einen Grabstein.

Sie erschrak und somit verschwamm das Bild und sie war wieder in der Realität.

„Schatz? Was ist mit dir?" fragte Daniel.

„Er war wieder da. Er hat mir was gezeigt."

„Wer war wieder da? Was hat er dir gezeigt?"

„Na der Mann und er hat mir einen Grabstein gezeigt. Ich weiß nicht was das zu bedeuten hat. Ich bekomme langsam Angst."

„Du brauchst keine Angst haben, ich bin bei dir und werde auf dich achten. Beruhige dich", sagte Daniel behutsam und nahm sie in den Arm.

Daniel blieb die ganze Nacht an ihrem Bett. Michaela konnte aber nicht schlafen, denn sie hatte die Bilder vor Augen. Es machte ihr Angst, was sie gesehen hatte. Sie hatte einen Grabstein gesehen, konnte aber die Innenschrift nicht erkennen. War es jemand den sie kannte? Müsste sein, denn sonst würde die Person ihr den Grabstein nicht zeigen.

Aber wer kann es sein? Vielleicht einer ihrer Eltern? Denn die hatte sie, nach ihrem Wissen nie kennen gelernt. Oder vielleicht das Grab vom dem Mann? Sie wusste es nicht.

Sie musste jemanden finden, der mit ihren Träumen etwas anfangen konnte, aber wer?

In dieser Nacht schlief sie überhaupt nicht, sie wälzte sich von einer Seite auf die andere.

Es war früh am Morgen, als Michaela aus ihrem Bett stieg, um auf die Toilette zu gehen.

Es war noch niemand auf, außer ein paar Schwestern. Michaela verrichtete ihre Morgentoilette und musste sich erstmal waschen. Sie tauchte ihre Hände in das kühle Wasser und machte ihr Gesicht nass.

Sie schloss die Augen und genoss das kühle Nass.

Plötzlich hörte sie eine Stimme: „Michaela? Michaela, wo bist du? Ich brauche dich? Komm zurück zu mir, du bist nicht tot, dass spüre ich. Michaela."

Sie drehte sich um, niemand war da. Sie öffnete die Tür und schaute hinaus, auch dort war niemand zu sehen.

Michaela bekam Gänsehaut. Jemand ruft nach ihr, aber wer?

„Hallo?" fragte sie leise und horchte auf.

Michaela", drang es wieder an ihr Ohr.

„Ja? Ich bin hier? Wer bist du?" fragte sie nach.

Michaela."

Michaela zitterte am ganzen Körper und konnte sich nicht vom Fleck bewegen. „Was willst du von mir? Wer bist du?"

Sie bekam keine Antwort.

Leise ging sie zurück in ihr Zimmer.

Daniel schlief noch immer im Nachbarbett, sodass er nicht mitbekam, dass Michaela kurz weg war.

Sie huschte wieder in ihr Bett.