3. Kapitel
Die Frau
Zwei Tage musste Michaela bleiben, dann durfte sie wieder nach Hause, aber natürlich durfte die noch nicht arbeiten.
Das tat ihr natürlich auch mal sehr gut, sie ließ ihre Seele baumeln und versuchte nicht mehr an die Tage zuvor zu denken.
Da sie nun viel Zeit hatte, machte sie wieder einen kleinen Rundgang und ging wieder bei Mr. Smiths Gemischtwarenladen vorbei, denn sie musste sich den Wolf noch einmal genauer anschauen.
„Hallo Mrs. Wilder", begrüßte er sie.
„Hallo Mr. Smith, ich schaue mich nur mal eben um", sagte sie rasch und ging schnurstracks auf die Vitrine zu.
Sie blieb davor stehen und betrachtete den Wolf genauer.
Mr. Smith bemerkte es und kam zu ihr.
„Wollen sie den Wolf haben?" fragte er.
Michaela schaute ihn an.
„Ähm, ich wollte ihn nicht kaufen", antwortete sie.
„Nein, ich meine, wollen sie ihn geschenkt haben? Sie betrachten ihn nun zum Zweiten mal und ich denke, dass er sich bei ihnen wohl fühlt", lächelte er.
„Das kann ich doch nicht annehmen."
„Doch, dass können sie. Sie haben mir geholfen, als ich Schmerzen hatte und nun möchte ich ihnen eine Freude machen. Nehmen Sie ihn als Geschenk an."
Er öffnete die Vitrine, holte den Wolf heraus und reichte ihn ihr.
Michaela zögerte zuerst, doch irgendwas verbindete sie mit dem Wolf.
„Danke schön", sagte sie etwas verlegen.
„Bitteschön. Was möchten sie denn noch?"
Michaela zählte ihm einige Dinge auf, bezahlte erneut und verließ wieder den Laden.
In der Hand hielt sie den Wolf, ganz fest in ihren Händen.
Sie drückte ihn an ihr Herz, worauf ihr Herz wie wild schlug. Sie schrak zusammen, denn der Wolf löste etwas in ihr aus, was sie erschreckte.
Sie blieb stehen und schaute ihn sich erneut an.
„Wir sehen uns morgen, bis dann", sagte ein Frauenstimme und rempelte Michaela dabei an, weil sie rückwärts ging.
„Oh Pardon", entschuldigte sie sich.
„Keine Sorgen, alles in Ordnung."
Michaela schaute auf und blickte in das Gesicht der Frau, die sie das letzte Mal schon getroffen hatte.
Die Frau schaute sie an, schlug die Hände vor ihren Mund und begann zu weinen.
„Alles in Ordnung mit ihnen?" fragte Michaela und schaute sie verwirrt an.
„Michaela?" fragte die Frau.
„Ja?"
Nun war Michaela total durcheinander.
„Du bist es wirklich? Du bist nicht tot?"
„Ich tot? Wie kommen sie darauf? Und wer sind sie wenn ich fragen darf?"
„Kennst du mich nicht mehr? Ich bin es, Dorothy."
Die Frau schaute nun Michaela total verwirrt an, weil sie sich nicht vorstellen konnte, dass Michaela sie nicht mehr kannte.
„Ich kenne sie nicht, tut mir leid, sie müssen mich mit jemanden verwechseln."
Nun erblickte Dorothy den Wolf in Michaelas Händen.
Sie strich über ihn drüber.
„Das ist Wolf", sagte sie.
„Ja ich weiß, dass das ein Wolf ist", antwortete Michaela.
„Nein, nicht ein Wolf. Das ist Wolf. Sullys treuer Begleiter."
„Wer ist Sully?"
Nun schaute Dorothy noch verwirrter als vorher.
„Du weißt nicht mehr wer ich bin ok, aber du kennst deinen Mann nicht mehr? Was ist mit dir passiert?"
Dorothy strich über ihre Wange.
„Ich kennen meinen Mann, er ist arbeiten. Aber ich kenne den Sully nicht. Wer soll das sein?"
„Komm mal mit, ich glaube ich muss dir einiges erzählen."
Dorothy hakte sich bei Michaela ein und ging mit ihr zu dem Haus, wo sie sich das erste Mal begegnet waren.
„Ich kann das nicht", sagte Michaela und lief davon.
Dorothy schaute ihr hinterher.
„Fahr zurück nach Colorado – Springs, da findest du deine Antworten", rief sie ihr noch zu, seufzte enttäuscht und ging ins Haus.
Michaela lief und lief und blieb erst stehen, als sie weit genug entfernt war.
Sie wusste nicht, wieso sie davon lief. Sie wusste nur, dass es unangenehm war und sie einfach weg musste.
Die Frau, also Dorothy sprach von einem Sully und das Michaela ihn kennen müsste, weil der Wolf der treue Gefährte von ihm ist und Michaela den Wolf erkannt hatte.
Und der letzte Satz, verwirrte sie noch mehr, denn Dorothy hatte ihr hinterher gerufen, dass sie nach Colorado-Springs fahren sollte, weil sie dort ihre Antworten finden würde.
Sie schaute auf der Unterseite des Wolfes. Colorado-Springs stand, wie ein paar Tage zuvor, darauf.
„Ich soll nach Colorado-Springs fahren?" fragte sie sich, drückte den Wolf an sich und schaute in den Himmel.
Zuhause angekommen, suchte sie eine Stadtkarte, denn irgendwo hatte sie mal eine gesehen, als sie den Schrank von Daniel aufgeräumt hatte, nur wo war die doch gleich?
Michaela suchte und suchte, doch nirgends fand sie die Karte wieder. Dann fiel ihr plötzlich das Nähkästchen ein. Sie holte es hervor und genau da hatte sie die Karte hingepackt. Warum sie es getan hatte, wusste sie auch nicht mehr.
Sie faltete die Karte auf und schaute sie sich an.
In großen Buchstaben stand Colorado-Springs darauf.
Sie fuhr mit ihrer zarten Hand über das Papier. An einem Fleck blieb ihre Hand ruhen. Sie nahm sie weg, aber da war nichts außer Wald oder Feld.
„Komisch", dachte sie sich.
Eine Weile betrachtete sie noch die Karte, doch dann bekam sie wieder diese Kopfschmerzen und wieder diese Visionen.
Nun war alles klarer als vorher.
Sie sah einen Mann, in indianischer Kleidung, mit langen Haaren und wundervolle blaue Augen. Die Augen zogen sie magisch in ihren Bann. Er stand an einem Platz und schaute zu Boden.
Michaela ging auf ihn zu und betrachtete ebenfalls die Stelle, wo er hin schaute.
Er schaute auf einen Grabstein. Er schien zu trauern, denn er hatte den Kopf gesenkt und nun kniete er sich nieder.
„Michaela? Ich liebe dich noch immer und du fehlst mir so sehr. Wieso musstest du von uns gehen? Ich brauche dich doch so", sprach er.
Nun schaute Michaela auf die Innenschrift des Grabsteins und das ließ ihren Atem stocken.
Sie holte Luft und nun war sie wieder in der Realität.
Sie nahm ihre Hände von der Karte und rollte sie zusammen.
„Ich muss dorthin, ich muss wissen, was da passiert ist, wieso ich ständig diese Visionen habe", sagte sie zu sich selbst.
„Dorothy hat vielleicht Recht und ich finde die Antworten in dem Ort."
