6. Kapitel

Traurige Erinnerungen

Michaela schaute ihn an, denn sie wusste nicht, ob sie ihm wirklich alles erzählen sollte, denn er war so glücklich sie zu sehen, dass ihm das mit Daniel bestimmt zutiefst enttäuschen würde.

„Du meinst sicherlich Hank", sagte er und lächelte sie an.

Dieses Lächeln war so warmherzig, dass es Michaela sehr wohlig ums Herz wurde. Das Lächeln steckte an und sie lächelte ebenfalls.

Sully nahm seine Hand und strich über ihre Wange.

„Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich dieses Lächeln vermisst habe. Ich liebe dein Lächeln, deine Grübchen."

Michaela wurde rot und schaute schüchtern auf ihren Schoss, wo ihre Hände ruhten.

„Aber nun erzähl weiter, ich wollte dich nicht unterbrechen."

Sully zog seine Hand zurück und schaute sie wieder erwartungsvoll an.

„Ich wurde umgerempelt. Ein Mr. Lewis brachte mich zu Dr. Brody. Dort habe ich erfahren, dass es dich wirklich gibt. Als ich vom Doc wegging, wusste ich nicht wohin ich gehen sollte, aber ich lief durch den Wald und dann kam ich zum Wasserfall", sie stockte, denn sie sah in Sullys Augen ein Strahlen.

„Das ist unser Wasserfall und du hast ihn wieder gefunden. Du musst wirklich einiges wissen, aus deiner Vergangenheit, wenn du den Wasserfall wieder gefunden hast, denn er ist eigentlich sehr gut versteckt", sagte er und lächelte.

„Dort habe ich dann Wolf gesehen, na ja, er hat mich gefunden. Aber dann hast du ihn zu dir gerufen und er ist wieder weggelaufen. Als mir dann klar wurde, dass ich Wolf kenne, bin ich euch hinterher gelaufen und nun bin ich hier und weiß nicht so recht, ob ich auch wirklich hier her gehöre", sagte sie nun und seufzte.

Sully nahm eine Hand von ihr, gab ihr einen Kuss darauf und schaute ihr tief in die Augen.

„Du bist bei mir und hier bist du immer richtig", sagte er, legte eine Hand an ihren Kopf, zog sie zu sich heran und küsste sie erneut.

Michaela küsste ihn auch, zwar nur vorsichtig, aber es gefiel ihr.

Als Sully von ihr abließ, war sie rot im Gesicht, weil es ihr peinlich war. Sie konnte sich zwar nicht mehr genau an ihn erinnern, aber sie konnte sich an seine Lippen, an seine weiche Haut und an sein Lächeln erinnern.

„Nun habe ich dir von mir erzählt, nun erzähl mir von dir", sagte sie und schaute ihn an.

Sully begann von dem Zeitpunkt an, wo die beiden zusammen kamen, weil sie sich daran im Moment noch nicht erinnern konnte.

Er erzählte ihr von den Abenteuern, die sie gemeinsam durchlebt haben, die gemeinsamen Stunden die sie verbracht haben.

Den Heiratsantrag, den er ihr gemacht hat.

„Es muss wirklich eine wundervolle Hochzeit gewesen sein", sagte sie und lächelte.

Sully stand auf und holte etwas aus dem Schrank.

Er hielt es ihr hin.

„Das ist unser Hochzeitsfoto", sagte er.

Michaela nahm es ihn die Hand und strich darüber.

Sie bekam Tränen in die Augen.

„Was ist los?" fragte Byron besorgt.

„Nichts, es ist nur…ich finde es traurig, dass ich mich an nichts erinnern kann", sagte sie unter Tränen.

Plötzlich bekam sie wieder diese Kopfschmerzen und hielt sich die Schläfen.

„Michaela? Ist alles in Ordnung mit dir?"

Sully stürmte auf sie zu und schloss sie in seine Arme.

Sie bekam es nicht mit, sie war wieder in Trance.

Sie sah viele Menschen. Es sah nach einer Hochzeit aus. Beim Hochzeitsbogen stand Byron mit einem Indianer und einem Indianergewand.

Er schaute in ihre Richtung.

Die Musik wurde angespielt und ein Gelächter war zu hören.

Da kamen die Brautjungfern angelaufen und hinter ihnen kam eine Braut.

Die Brautjungfern verteilten sich und nun stand die Braut allein auf dem Weg.

Es war verwirrend für Michaela, da sie nicht wusste, was da geschah.

Wollen sie Mrs. Michaela Quinn, den hier anwesenden Byron Sully zu ihrem Ehemann nehmen. Ihn liebe und ehren, in guten wie in schlechten Zeiten, bis das tot euch scheidet, so antworten sie mit ja", sprach der Reverend.

Die Braut schaute zu Sully an.

Ich will", antwortete sie und nun erkannte Michaela erst wer es war. Es war ihre eigene Hochzeit die sie gerade miterlebt.

Gerade als das Brautpaar sich küssen wollte, verschwamm das Bild und Michaela kam zu sich. Sie weinte und saß nun auf dem Fußboden.

„Michaela was ist mit dir?" Byron machte sich nun langsam Sorgen um seine Frau.

„Sully? Ich kann mich erinnern, ich kann mich an unsere Hochzeit erinnern. Ich habe uns gesehen…ich habe uns gesehen, als wir geheiratet haben. Sully, bitte halt mich", sagte sie nun und fiel ihm weinend in die Arme.

Sully nahm sie fest in seine Arme und strich mit seiner Hand über ihr Haare.

„Beruhige dich wieder. Es ist alles in Ordnung, ich bin bei dir", sagte er, um sie etwas zu beruhigen.

„Wie kann ich das alles nur vergessen haben? Wie kam ich überhaupt nach Denver?" fragte sie nun

Sully schaute sie an.

„Wie du nach Denver gekommen bist, kann ich dir nicht sagen, ich kann dir nur sagen, was hier passiert ist", antwortete er.

Draußen war es mittlerweile schon dunkel geworden, der Wind pfiff um die Fensterläden und der Mond ließ durch die wedelnden Äste, komische Schatten in das Haus fallen.

Sully merkte nun, dass Michaela zitterte.

„Ist dir kalt?" fragte er und strich über ihren Arm.

„Ein wenig", sagte sie und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

„Ich komme sofort wieder, setz dich in den Sessel." Somit lief er in den ersten Stock.

Aber Michaela wollte sich nicht in den Sessel setzen, sie wollte wissen, wo sie früher gewohnt hatte und folgte Sully in den ersten Stock.

Gerade als Sully das Schlafzimmer verlassen wollte, stand Michaela plötzlich in der Tür.

Sie schaute sich um und entdeckte das Bett.

„Hast du das gemacht?" fragte sie und ging auf das Bett zu.

„Ja, dass habe ich gemacht,…für uns", antwortete er.

„Das ist unser Bett?"

Sully nickte. „Aber ich habe schon lange nicht mehr drin geschlafen", sagte er rasch.

„Wieso nicht?" fragte sie nach und ließ sich auf dem Bett sinken.

Sully kam zu ihr und setzte sich zu ihr.

„Weil, seitdem du nicht mehr hier bist, ich nicht mehr hier schlafen konnte. Ich habe jede Nacht Albträume gehabt. Du musst wissen, in der Stadt hatte es gebrannt. Du hast an dem Tag in der Klinik gearbeitet. Ich war im Reservat bei Walk on the Cloud und wollte dann noch meine Fallen überprüfen. Es ging so schnell. Die Armee war da und die abtrünnigen Indianer hatten mit ihnen wieder Ärger. Sie kamen in die Stadt, haben alles in Brand gesetzt und dabei ist vieles abgebrannt. Einiges konnte gerettet werden, aber eben nicht alles.

Als ich in die Stadt kam, war das Feuer so groß, dass wir alles versuchten, es zu löschen. Und als ich die Klinik sah", er stockte, weil er mit seinen Tränen kämpfte.

„Ich wollte dich rausholen, aber ich fand dich nirgends. Ich habe nach dir gerufen, doch du hast mir nicht geantwortet. Ich lief raus auf die Straße und dann gab es eine Explosion und alles flog herum. Ich wurde auch herum geschleudert. Die Klinik war weg, nichts war mehr da. Und du? Du warst auch weg. Wir haben Tage gebraucht, bis wir alles aufgeräumt hatten. Und dann fanden wir…dich. Na ja, wir dachten, dass du es warst. Die Leiche war total verbrannt und man konnte nichts mehr erkennen. Ich habe echt gedacht, dass ich sterben muss", sagte er und stand nun auf.

Er lehnte sich ans Fenster und musste weinen.

„Das schlimmste war für mich, dass ich es den Kindern sagen musste."

Michaela schreckte auf.

„Ich habe Kinder?"

Sully drehte sich zu Michaela um und deutete auf den Nachttisch neben dem Bett.

Michaela schaute zur Seite und entdeckte ein Bild. Sie nahm es in die Hand.

„Das sind unsere Kinder?"

Sully nickte und kam zurück zu ihr.

„Matthew, Colleen, Brian und das ist unser Sonnenschein Katie", sagte er und deutete nacheinander auf die Kinder.

Michaela war so erfreut darüber, dass sie weinen musste. Sie hatte sich schon immer Kinder gewünscht, aber bei Daniel und ihr hatte es nie geklappt und nun hat sie gleich 4 Kinder auf einmal und einen Ehemann.

„Sully? Ich glaube ich muss dir was sagen", sagte sie nun.

„Was denn mein Schatz? Mir kannst du alles sagen." Sully schaute sie erfreut an.

„Ich weiß nicht, ob es so erfreuend für dich sein wird, wenn ich dir das nun erzähle", begann sie.

„Nun erzähl schon. Schlimmer als der Gedanken, dass du tot bist, kann es schon nicht sein."

„Ist gut, aber du darfst nicht böse sein."

„Das werde ich bestimmt nicht. Nun rede schon und spann mich nicht so auf die Folter."

Michaela holte noch einmal tief Luft.

„Ich bin verheiratet."

Nun fiel ihr ein Stein vom Herzen, als sie den Satz ausgesprochen hatte.

Sullys lächeln, dass er vorher aufgelegt hatte, verschwand.

„Du bist was?" fragte er nach, um sich zu vergewissern, dass er sich auch nicht verhört hatte.