7. Kapitel
Hoher Besuch
Michaela und Sully verbrachten sehr viel Zeit zusammen, sodass man von der neuen Ärztin in der Stadt nicht viel zu sehen bekam. Wenn jemand was hatte, suchten sie eher Michaela auf.
Durch die Arbeit, die Sully und Michaela noch an der Hütte hatten, merkten sie nicht, wie schnell die Zeit vergangen war.
2 Monate war sie schon in Colorado – Springs und hatte noch kein Heimweh nach Boston oder ihrem Vater.
Erst als ein Telegramm ankam, wurde ihr erst bewusst, dass sie Meilen von ihrem Vater getrennt war.
Als Horace ihr das Telegramm vorbei gebracht hatte, weil er sowieso zu ihr wollte, war ihre Fröhlichkeit auf einmal verschwunden.
Nachdem der schlaksige Mann die Hütte verlassen hatte, setzte sie sich an den Tisch, stützte ihren Kopf auf ihre Hände und kam nun erstmal richtig zum Nachdenken. Sie konnte gar nicht glauben, wie schnell die Zeit vergangen war.
Sie hatte ihrem Vater noch nicht einmal ein Telegramm geschickt, als sie angekommen war und nun, nun war er, der den ersten Schritt machte.
Nur das was in dem Telegramm stand, tat Michaela in Seele weh.
Liebe Michaela,
ich wollte nur mal wissen, wie es dir in Colorado – Springs ergeht.
Du hast dich leider bis jetzt nicht bei uns gemeldet, also gehe ich davon aus, dass es dir gut geht.
Ich hoffe wir sehen dich bald mal wieder, denn ich vermisse meine Partnerin sehr, auch Mutter macht sich große Gedanken um dich.
Melde dich doch, so schnell es geht.
In Liebe Dein Vater
Aus Michaelas Augen traten Tränen, weil sie nun merkte, wie sehr sie doch ihren Vater vermisste. Bei ihrer Ankunft, hier in Colorado – Springs hatte sie durch die Aufregung ihre Familie total hinter sich gelassen und nun holten sie die Vergangenheit wieder ein.
Durch ihre Traurigkeit, merkte sie nicht einmal, dass Sully in die Hütte kam.
„Michaela? Was ist mit dir? Wieso weinst du?" fragte er besorgt, legte seine Hände um ihre Schultern und gab ihr einen Kuss in den Nacken.
Ohne ein Wort zu sagen, schob sie das Telegramm zu ihm herüber und nun wusste er, wieso seine Liebste so traurig war.
„Du vermisst deinen Vater sehr, stimmts?"
Michaela nickte nur.
„Willst du ihn nicht besuchen fahren?" fragte er nun.
Michaela schaute auf.
„Ich habe nicht das Geld dafür, um nach Boston zu fahren", antwortete die junge Ärztin und seufzte.
Sully setzte sich nun neben sie, nahm ihre Hände in Seine und schaute sie an.
„Ich gebe dir das Geld dafür. Ich will nicht, dass du traurig bist und wenn du wieder fröhlich bist, wenn du deinen Vater gesehen hast, dann bin ich auch wieder glücklich. Ich mag nicht, wenn du traurig bist."
Er wischte mit seiner Hand ihre Tränen weg und lächelte sie an.
Nun zwang Michaela sich auch zu einem Lächeln.
„Aber…wir haben doch so wenig Geld. Wir müssen sparen für das neue Haus. Ich bin doch glücklich. Du brauchst dir um mich keine Sorgen machen, wenn du bei mir bist, dann reicht mir das vollkommen."
Sie kam Sully näher und gab ihm einen Kuss.
Plötzlich klopfte es wie wild an die Tür.
Michaela fuhr erschrocken herum und öffnete sie.
Robert E., der Schmied stand vor der Tür und war total aus der Puste.
„Dr. Quinn, sie müssen sofort mitkommen."
„Was ist denn los?" fragte sie und war völlig außer sich.
„Jake, er hat….er hat sich geschnitten und blutet so stark, dass ich ihn nicht mit hier her bringen konnte."
Michaela schnappte sich ihre Tasche und lief mit Robert E. raus zu seinem Wagen.
Sully half ihr auf den Kutschbock, gab ihr noch einen Kuss und Robert E. jagte davon.
In der Stadt angekommen, sprang Michaela vom Kutschbock und lief zu Jake Slicker, der in seinem Laden saß und stark blutete.
Michaela stürzte zu ihm und verarztete ihn.
„Danke Dr. Quinn", sagte der Barbier und lächelte sie an.
„Nennen sie mich Dr. Mike." Sie lächelte ihn freundlich an.
Nachdem sie ihn verarztet hatte, verließ sie den Laden.
Charlotte kam zu ihr und begrüßte sie freundlich.
„Hallo Dr. Mike."
„Hallo Charlotte, wie geht es ihnen?" begrüßte Michaela die Witwe.
„Sie kommen auch gar nicht so oft in die Stadt. Ist es draußen in der Hütte netter als hier?" Grinsend schaute sie Michaela an.
Michaela bekam eine leichte Röte.
„Nein, aber wir haben soviel in der Hütte zu tun, da komme ich gar nicht dazu hier raus zu kommen."
Das Gespräch wurde durch ein lautes Pferdegetrappel unterbrochen und die beiden Frauen schauten in die Richtung, woher das Getrappel kam.
Wenige Augenblicke später, kam die Postkutsche und hielt beim Telegrafenamt.
„Oh die Postkutsche, ich hoffe da sind meine bestellten Medikamente dabei." Michaela lief ebenfalls, wie all die Anderen aus der Stadt.
„Michaela."
Die junge Ärztin drehte sich um und sah Sully.
„Was machst du hier?" fragte sie. „Wolltest du nicht in der Hütte weiter arbeiten?"
„Doch, nur ich wollte dich abholen. Ich wusste, dass die Postkutsche kommt und ich wollte dir mit den Paketen helfen."
Michaela lächelte ihn an und strich ihm liebevoll über den Arm, als er neben ihr stand.
Die Pakete wurden verteilt und es waren tatsächlich welche für Michaela dabei.
Als sie ihre ganzen Pakete beisammen hatte, ging sie etwas zur Seite, weil die Anderen drängelten und schupsten.
„Ich helfe dir", sagte Sully und nahm die Pakete.
Sie wollten gerade losgehen.
„Michaela?" rief nun jemand.
Michaela drehte sich erneut zur Postkutsche um und schon schoßen ihr Tränen in die Augen.
„Vater!" rief die und lief auf ihn zu.
Joseph stieg freudig aus der Kutsche aus und nahm seine jüngste Tochter in den Arm.
Sully beobachtete alles aus sicherer Entfernung und musste lächeln.
„Und wieso weinst du jetzt?" fragte Joseph sie.
„Weil ich so glücklich bin, dass du hier bist." Michaela drückte ihren Vater wieder einmal fest an sich und atmete seinen Duft ein, den sie solange nicht gerochen hatte.
Nun war Michaela glücklich. Ihr Vater und Sully waren bei ihr und das war der größte Wunsch, den sie gehabt hatte.
