8. Kapitel

Wie die Natur es wollte

Michaela genoss die Gegenwart von ihrem Vater sehr. Sie verstand sich mit ihrem Vater immer noch gut und auch Sully fand Joseph äußerst nett.

Nur leider konnte Joseph nicht so lange bleiben, da er nur auf Durchreise war.

Am Morgen seiner Abreise…

Michaela kam nur schwer aus ihrem Bett, sie war müde und wollte eigentlich noch schlafen.

„Liebling? Aufstehen, wir müssen nachher deinen Vater zur Postkutsche bringen", sagte Sully liebevoll und gab Michaela einen Kuss auf die Wange.

„Ich bin so müde", gähnte sie und zog sich die Decke über ihren Kopf.

Sully ging wieder hinter den Vorhang und setzte sich zu Joseph an den Tisch. „Was ist mit ihr?" fragte Joseph nach und schaute Sully fragend an.

„Sie ist müde."

Joseph stand auf und ging zu seiner Tochter und setzte sich zu ihr ans Bett.

„Was ist denn los mit dir mein Kind? Muss ich mir Sorgen machen?" fragte er sie und zog die Decke runter.

Michaela schüttelte den Kopf.

„Nein Vater, ich bin nur müde, sonst ist alles in bester Ordnung."

Sie wollte nun aufstehen, doch sie sank wieder sanft in ihre Kissen zurück.

„Ui, das war glaube ich zu schnell", sagte sie zu sich selbst und hielt sích die Stirn.

„Schwindelig?"

Michaela nickte.

„Ich sollte dich mal untersuchen, vielleicht bekommst du eine Grippe."

Joseph wollte gerade seine Tasche holen, doch Michaela hielt ihn auf.

„Mach dir keine Sorgen um mich, mir geht es gut, lass uns lieber frühstücken."

Nur widerwillig ließ Joseph sie aufstehen, aber weil Michaela einen Dickkopf hatte, kam er nicht dagegen an.

Er ließ Michaela sich anziehen und half Sully den Tisch zu decken.

Als Michaela nun auch am Tisch saß, begannen sie zu frühstücken, doch die junge Ärztin hatte nicht wirklich Hunger.

Joseph sah, dass Michaela eigentlich nur Löcher in den Tisch starrte und das Essen nicht anrührte.

Er schaute zu Sully, der sich ebenfalls schon Sorgen um Michaela machte, denn so kannte er sie überhaupt nicht. Normalerweise war sie diejenige, die mit guter Laune und Freude den neuen Tag begann, doch heute saß sie auf ihrem Stuhl und sah aus wie ein Häufchen Elend.

„Michaela, du musst was essen. Du ist so blass, ich mache mir langsam Sorgen um dich, du hast gestern Abend schon kaum was gegessen", sagte Sully nun und sah sie besorgt an.

„Ich habe aber keinen Hunger. Ich bin müde, versteht das denn keiner?" Michaela stand auf, öffnete die Tür und verließ die Hütte.

Sie lief in die Scheune und weinte. Warum sie weinte, wusste sie selber nicht, nur es waren ihr einfach zu viele Fragen auf einmal.

Sully kannte Michaela so überhaupt nicht. Hat sie ein Geheimnis vor ihm? Wieso ist sie nur so müde? Verlässt sie nachts vielleicht die Hütte und trifft sich mit jemand Anderen?

Sully schaute zu Joseph, der ebenfalls mit ihrem Verhalten nichts anfangen konnte.

Michaela hatte sich an den Stall von Flash gelehnt. Sie verstand einfach nicht, wieso keiner akzeptieren konnte, dass sie sehr müde war und keinen Hunger hatte.

„Michaela?" Sully war ihr nun in die Scheune gefolgt.

Die zierliche Ärztin drehte sich um und blickte Sully an.

„Was ist nur los mit dir?"

Michaela wollte ihm gerade antworten, als sie zusammen brach und zu Boden stürzte.

Sully hob sie auf und brachte sie zurück in die Hütte.

„Dr. Quinn, sie müssen ihre Tochter untersuchen. Sie ist zusammen gebrochen."

Sully legte Michaela in ihr Bett und Joseph holte sofort seine Arzttasche.

„Warten sie bitte draußen", wandte er sich nun an Sully. Er nickte nur und verließ die Hütte.

Da Sully so unruhig war, hackte er Holz um sich abzulenken.

Was ist nur los mit ihr? Sie wirkte blass und erschöpft. Habe ich ihr zuviel zugemutet, hält sie den das Leben hier im Westen nicht durch?" dachte Sully und tausend Vorwürfe schwirrten durch seinen Kopf.

Joseph untersuchte währenddessen seine Tochter.

Nun hielt er ihr ein Riechfläschchen unter die Nase und Michaela kam zu sich.

Sie schlug die Augen auf.

„Vater? Was ist passiert?" fragte sie nun irritiert.

„Du bist zusammen gebrochen. Ich glaube du musst mir mal einiges erklären", begann Joseph und blickte Michaela etwas ernster an.

„Was meinst du?" fragte Michaela nun nach und setzte sich auf.

Sully hasste diese Warterei. Er lief nervös den Hof auf und ab und hoffte jede Sekunde, dass Joseph raus kam und ihm sagte, was los sei.

Doch er kam nicht. Gerade als Sully die Veranda betreten hatte, öffnete sich die Tür.

„Was ist mit ihr? Ist alles in Ordnung? Ist sie schwer krank?" fragte Sully nun nervös.

Joseph blickte ihn nur an, ach was, er musterte ihn regelrecht.

„Sagen sie mir? Was ist mit ihr? Können sie ihr helfen?"

„Ihr geht es gut. Aber könnten sie mich vorher in die Stadt bringen? Michaela schläft jetzt."

Verwundert schaute ihn Sully an. Wieso sagte er ihm nicht, was mit ihr los ist? Aber er holte die Kutsche und fuhr mit Joseph in die Stadt.

„Ich möchte sie um eins bitte", begann Joseph.

„Was denn?" fragte Sully aufgeregt.

„Bitte sorgen sie gut für meine Tochter. Sie ist meine Jüngste und ich möchte nicht, dass ihr irgendetwas zu stößt."

„Ich werde auf sie achten. Ich liebe ihre Tochter, nie könnte ich zulassen, dass ihr was zustößt", antwortete Sully rasch.

„Das ist schön zu hören, aber nun muss ich wirklich los. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder." Somit verabschiedete sich Joseph von Sully und ging zur Postkutsche, die schon wartete.

Da Sully es nicht länger aushielt, fuhr er wieder zurück zu Michaela.

Sie schlief wirklich, also musste er warten.

Sully hatte gerade das gehackte Holz herein getragen, als Michaela erwacht war.

„Sully?" fragte sie nun erschöpft.

Sofort stürzte er zu ihr hin, nahm ihre Hand und gab ihr einen Kuss darauf.

„Was ist mit dir los mein Schatz? Bist du schwer krank?"

Michaela setzte sich auf und lächelte. Sie nahm ihre linke Hand und streichelte sanft seine Wange.

Sully konnte ihr Lächeln nicht deuten und wurde nervös.

„Rede mit mir? Was hast du für eine Krankheit?"

„Es ist keine Krankheit", antwortete sie ruhig.

„Wie du hast keine Krankheit?" Nun war Sully völlig irritiert.

„So wie ich es dir gesagt habe."

„Was ist dann los mit dir?"

„Ich…Wir bekommen ein Baby", sagte sie dann und gab ihm vor Freude einen Kuss.

Sully bekam Tränen in den Augen.

„Wir bekommen ein Baby?" fragte er noch einmal nach.

Michaela nickte.

Sully überkam ein Glücksgefühl und küsste Michaela zärtlich und innig.

Nun waren sie glücklicher als je zuvor. In Michaelas Bauch wuchs ein neues Leben heran. Ein neues Leben, das durch Liebe entstand und durch Liebe wachsen wird.