Kapitel 18

Als Severus wieder zu Bewusstsein kam und seine Augen langsam öffnete, starrte er augenblicklich in smaragdgrüne, die ihn nun wütend anblitzten. Der junge Lord stand über ihm and hatte seinen Zauberstab direkt auf ihn gerichtet.

„ Warum wollten Sie mich entführen? Bleiben Sie ja dort wo Sie sind, oder ich verfluche Sie!"

Severus ließ sich wieder zurücksinken, während er es nicht glauben konnte, dass er von einem etwa zehnjährigen Jungen überwältigt worden war und es dieser tatsächlich geschafft hatte, seinen Imperius- Fluch zu brechen. Bestürzt begriff er, wie mächtig der Sohn Voldemorts in Wirklichkeit war. Obwohl seine Gedanken durch seinen Kopf rasten, wusste er nicht, was er antworten sollte und erkannte entsetzt, dass es überhaupt keine Rolle mehr spielte, welche Antwort er nun gab.

Er hatte verloren und er würde seine Tochter und seine Frau niemals wieder sehen. Wenn er noch seinen Zauberstab gehabt hätte, hätte er vielleicht noch eine Chance gehabt, aber so war er dem Jungen gnadenlos ausgeliefert.

Daher sagte er resigniert:

„ Ich wollte Euch zu Dumbledore bringen."

„ Sie sind ein Spion.", stellte der junge Lord mit ruhiger Stimme fest und sah ihn mit smaragdgrünen Augen durchdringend an.

„ Offensichtlich.", entgegnete Severus Snape. Er war überrascht, dass der zukünftige Dunkle Lord so eine rasche Auffassungsgabe hatte.

„ Wie heißen Sie?"

„ Snape. Severus Snape."

Plötzlich trat der junge Lord einen Schritt nach hinten und sagte mit kühler Stimme:

„ Sie können gehen, Snape. Ich werde niemanden Ihr Geheimnis erzählen. Aber vergessen Sie nie, dass ich Ihnen Ihr Leben gerettet habe. Eines Tages werden Sie mir Ihre Schuld zurückzahlen."

Severus, der völlig fassungslos war, konnte es nicht glauben. Der Junge würde ihn nicht seinem Vater übergeben? Er würde niemanden etwas verraten?

„ Sie sollten jetzt besser gehen."

Severus stand wacklig auf und sah das Kind an, das immer noch seinen Zauberstab auf ihn gerichtet hatte. Die smaragdgrünen Augen beobachteten ihn. Zögernd blieb er noch einen Augenblick stehen, er konnte nicht glauben, dass er seine Familie wieder sehen würde und dass er wirklich entkommen würde. Schließlich setzte er sich in Bewegung.

„ Ihr Zauberstab." Severus drehte sich um und fing seinen Zauberstab auf, den ihm der Junge zugeworfen hatte. Dann ging er zum Apparationsplatz, in jedem Moment damit rechnend, dass ein Fluch ihn treffen würde.

Als er in Hogsmeade angekommen war, machte er sich mit schnellen Schritten auf den Weg zum Schloss, während er darüber nachdachte, dass er nun in der Schuld eines Kindes stand, das Voldemorts Sohn war und eine verblüffende Ähnlichkeit zu James Potter besaß. Aber konnte er sich darauf verlassen, dass er nichts sagen würde? Und warum hatte der Junge ihn entkommen lassen, anstatt die Wachen zu rufen, die ihn sofort gehört hätten, hätte er laut geschrieen? Severus schüttelte den Kopf. Er verstand es nicht. Es machte keinen Sinn.

Wenig später betrat er Dumbledore's Büro und sah, dass der gesamte Phönixorden schon versammelt war.

Albus hob seinen Kopf und sah ihn erleichtert an.

„ Severus, na endlich. Was hielt dich so lange auf?"

Severus setzte sich auf seinen Stuhl und sagte:

„ Ich habe herausgefunden, wer der schwarzhaarige Junge ist. Er ist der Sohn und Erbe von Voldemort."

Diese unerwartete Enthüllung bewirkte, dass viele nach Luft schnappten und anfingen mit fassungslosen und ungläubigen Gesichtern vor sich hin zu stottern.

Die blauen Augen des Schulleiters weiteten sich und kurz darauf sah er ihn mit einem ernsten Gesichtsausdruck an.

„ Das sind zweifellos schlechte Nachrichten."

„ Ja, aber ich habe schlechtere.", entgegnete Severus and begann zu erzählen, was sich noch ereignet hatte.

Als Severus geendet hatte, herrschte Schweigen.

Mit hochgezogener Augenbraue, fragte Alastar ungläubig:

„ Er hat dich gehen lassen?"

Albus wiegte nachdenklich seinen Kopf.

„ Ich frage mich warum er das getan hat. Ich fürchte allerdings, dass uns nichts anderes übrig bleibt, als darauf zu vertrauen, dass er dein Geheimnis bewahrt, Severus. Wenigstens wissen wir jetzt wer er ist."

„ Dann werden wir es also in Zukunft mit zwei Dunklen Lords zu tun haben.", sagte Minerva düster.

„ Tragischerweise kann dem Jungen noch nicht einmal die Schuld gegeben werden. Voldemort wird schon dafür sorgen, dass sein Sohn genauso herzlos und grausam wird, wie er selber.", seufzte Albus, blickte zum Fenster und richtete seinen Blick dann auf Severus.

„ Vielleicht könntest du versuchen, ob es dir nicht gelingen könnte, dass Vertrauen von dem Jungen zu gewinnen. Ich weiß zwar nicht, ob das sehr viel helfen wird, aber alles was dazu beiträgt, dass Voldemorts Einfluss auf ihn geschwächt wird, könnte für uns später sehr wertvoll werden."

„ Und wenn er mir dann vertrauen sollte, was ich ziemlich bezweifele? Was dann?"

„ Ich weiß es nicht, Severus. Vielleicht kannst du es schaffen, ihn auf unsere Seite zu ziehen. Er ist immer noch sehr jung, er wird wohl noch beeinflussbar sein. Finde soviel wie möglich über ihn heraus. Sei vorsichtig, da er dich jederzeit verraten kann, aber versuche, in ihm Zweifel zu wecken, dass die Dunkle Seite falsch ist. Vielleicht ergibt sich dadurch eine Möglichkeit."

Severus starrte den Schulleiter an, als ob dieser den Verstand verloren hätte, sagte aber nichts. Die nächsten Minuten saßen die Ordensmitglieder leise zusammen und dachten über die überraschenden Neuigkeiten, die sie gerade erfahren hatten und die keiner von ihnen erwartet hatte, nach.


In der Zwischenzeit saß Harry in seinem Zimmer und starrte traurig die Fotos an, während seine Hände, die heftig zitterten, den Einband des Albums so festhielten, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Aber die Fotos seiner Eltern trösteten ihn nicht. Sie bewirkten nur einen schrecklich brennenden Schmerz in ihm. Seit er das Fotoalbum in den Ruinen von Godric's Hollow gefunden hatte, hatte er das Album wie einen Schatz gehütet.

Er konnte es nicht erklären, aber er hatte diese Fotos noch nicht einmal Draco oder Caro gezeigt. Caro hatte nur das eine Foto gesehen, dass er in dem zerbrochenen Fotorahmen entdeckt hatte. Harry berührte leicht das Foto, auf dem seine Mama strahlend lachte und ihm glücklich zuwinkte. Plötzlich klappte er das Album heftig zu, stand auf und fuhr sich mit einer Hand wütend über seine Augen, wo sich Tränen bildeten.

Er sah durch die offene Tür zu seinem Bett hinüber und seufzte. Nell, nachdem Rainbow sich um sie gekümmert hatte, war eingeschlafen und Harry hatte die kleine Hauselfe auf sein weiches Bett gelegt. Hoffentlich ging es ihr bald besser.

Leise ging er zu seinem Fenster und schaute hinaus. Die heutigen Ereignisse hatten ihn erkennen lassen, dass er eines Tages wählen würde müssen. Er hatte begriffen, dass er eine Entscheidung fällen musste, auf welcher Seite er stand, dass er entweder die Dunkelheit oder das Licht wählen musste. Dass er sich für die Seite seiner Eltern, die er nie gekannt hatte oder für die Seite seines Adoptivvaters entscheiden würde müssen. Es war seltsam, aber diese Tatsache war ihm erst heute richtig bewusst geworden.

Heute erst hatte er die Tragweite seiner Situation in aller Klarheit begriffen. Er wusste sehr gut, dass sein Adoptivvater in Zukunft weitere Grausamkeiten von ihm fordern würde. Er würde foltern und töten müssen und dieses Wissen ließ ihn erschaudern.

Nell zu foltern war für ihn grauenhaft gewesen und sogar jetzt noch konnte er ihre angsterfüllten Augen vor sich sehen, die zu ihm voller Schrecken aufgeblickt hatten. Er wollte nie wieder in solch einer Situation sein. Vielleicht war es anders mit Leuten, die er nicht persönlich kannte, aber er bezweifelte das. Abgesehen davon wollte er überhaupt niemanden töten. Deswegen hatte er auch nicht die Wachen gerufen, als der Todesser ihn hatte heute entführen wollen. Sobald er erkannt hatte, dass dieser ein Spion war, hatte er gewusst, dass sein Adoptivvater den Mann ohne jegliche Gnade bestrafen würde und sehr wahrscheinlich töten würde, wenn er die Wahrheit erfahren würde.

Obwohl er wütend auf Snape gewesen war, dass dieser ihn entführen wollte, hatte er doch nicht daran schuld sein wollen, dass er umgebracht werden würde. Also hatte er ihm erlaubt zu gehen, aber nun war er nicht mehr ganz so sicher, ob dies wirklich die richtige Entscheidung gewesen war. Konnte der Spion nicht gefährlich für sie alle werden? Würde Snape noch einmal versuchen ihn zu entführen?

Harry wusste es nicht, entschied sich jedoch, dass er in Zukunft sehr vorsichtig sein würde. Außerdem würde er sich überlegen müssen, wie er sich künftig verhalten sollte. Irgendwie musste er sich eine Möglichkeit ausdenken, wie er Situationen, in denen er foltern oder töten musste, vermeiden konnte. Was seinen Adoptivvater betraf, würde er ihm nie vergeben, dass dieser ihn gezwungen hatte, Nell zu foltern. Aber was…

„Harry? Harry! Warum hast du deine Tür abgeschlossen?", schrie plötzlich eine Stimme und Harry erkannte Caro. Er seufzte leise und richtete seinen Zauberstab auf die Tür. Er war sich nicht so sicher, dass er seine Freunde jetzt um sich haben wollte. Sekunden später kamen Caro und Draco hinein.

„ Wo hast du nur den ganzen Tag gesteckt? Wir konnten dich nirgends finden.", sagte sein silberblonder Freund und ließ sich in einen der Sessel fallen.

„ Ich habe an einer Todesser Versammlung teilgenommen.", erwiderte Harry.

„ Wirklich? Toll! Wie war es?"

Harry beobachtete, wie Dracos Augen aufgeregt aufleuchteten, eine Reaktion, die er nicht ganz verstehen konnte. Er ging ebenfalls zu einem Sessel und setzte sich. Einen Augenblick schwieg er, dann begann er zu erzählen, was sich heute zugetragen hatte. Außer seinem Zusammentreffen mit Snape erzählte er ihnen alles. Er hatte irgendwie das Gefühl, das es besser war, dieses Geheimnis niemanden anzuvertrauen. Nachdem er geendet hatte, bemerkte er, dass Caro auf den Tisch starrte und es schien ihm, als ob sie seinem Blick auswich. Draco zuckte währenddessen die Schultern und sagte:

„ Es ist nur ein Hauself, Harry. Nichts weiter. Du solltest dir darüber keinen Kopf zerbrechen."

Harrys starrte seinen Freund etwas ungläubig an und erwiderte mit kühler Stimme.

„ Für dich mag Nell nur ein Hauself sein. Aber nicht für mich."

„ Aber das ist nicht richtig! Du bist der Erbe des Dunklen Lords! Du kannst nicht freundlich zu wertlosen Geschöpfen sein! Das geht einfach nicht. Und was deine Sorgen betrifft, dass wir eines Tages töten müssen, sind die total unbegründet. Es werden sowieso nur wertlose Schlammblüter sein."

Harry starrte Draco an, als ob er ihn zum ersten Mal sehen würde und sagte leise.

„ Ich bin mir nicht sicher, ob ich der Erbe des Dunklen Lords bin…"

„ Was zum Teufel soll das denn heißen?", wollte Draco aufgebracht wissen.

„ Er ist nicht mein richtiger Vater und …meine Eltern kämpften gegen die Dunkle Seite."

Obwohl seine Freunde es natürlich gewusst hatten, war es doch das erste Mal, dass er es wirklich ausgesprochen hatte.

Plötzlich verzog sich Dracos Gesicht vor Wut und er begann zu schreien.

Na und? Deine Eltern wussten es nicht besser! Aber du solltest es wissen! Du hattest schließlich die richtige Erziehung! Oder willst du uns jetzt verraten und ein wertloser Potter werden?"

Harrys Augen verengten sich gefährlich. Verwirrt und verletzt, da er nie geglaubt hätte, dass sein Freund ihn jemals so angreifen würde, schrie er zurück:

„ Du hast absolut kein Recht so über meine Eltern zu sprechen! Und du weißt überhaupt nichts!

Möchtest du unbedingt foltern und töten? Bist du so versessen darauf ein Todesser zu werden?"

„ Ja! Wir müssten sowieso nur wertlose Schlammblüter töten!"

„ Schweig endlich! Sie sind nicht wertlos!"

„ Natürlich sind sie das! Sie sind genauso wertlos, wie es deine verdammten Eltern waren!"

Ein krachendes Geräusch unterbrach den Streit. Das Glas der Fenster war in tausend glitzernde Stückchen zersplittert und Harrys Augen funkelten nun mit unbändiger Wut. Harry hatte seine Hände zu Fäusten geballt und bemühte sich ruhig zu bleiben. Er spürte, dass, sollte er seine Beherrschung gänzlich verlieren, mehr zur Bruch gehen würde, als nur die Fenster. So sagte er nur mit eiskalter Stimme.

„ Verlass mein Zimmer, Draco. Ich will dich hier nie mehr sehen!"

Für einen Augenblick sah Harry Bedauern und Entsetzten in den Augen Dracos aufblitzen, doch dann wurden sie kalt und ohne ein Wort zu sagen, drehte er sich um und schritt aus dem Zimmer. Nachdem Draco die Tür nicht gerade sanft zugeschlagen hatte, schlug Harry die Hände vors Gesicht und sagte mit fassungsloser Stimme.

„ Warum? Warum hat er das gesagt? Wie konnte er das nur tun?"

Caro ging zu ihm, setzte sich neben ihm und legte ihre Arme um Harry.

„ Harry, du musst Draco verzeihen. Er war wütend, er hat es nicht so gemeint. Versuche ihn zu verstehen."

„ Verstehen? Warum hat er mich so angegriffen?"

„ Wir alle haben gelernt, dass die Muggle wertlos sind und kein Recht darauf haben zu leben. Wir wissen, dass die Zauberer, die gegen unsere Seite kämpfen, Verräter sind. Draco glaubt das. Insbesondere weil er seinen Vater über alles liebt. Er war wie eine Kritik an ihm und alles an was Draco glaubt. In dem Moment, wo du gesagt hast, dass du dir nicht sicher bist, ob du der Erbe des Dunklen Lords bist, hat er nicht seinen Freund vor sich gesehen, sondern einen Potter. Nachdem wir herausgefunden haben, wer du in Wirklichkeit bist, konnte er vergessen, dass du ein Potter bist, da du dich nie wie einer verhalten hast. Aber heute hast du fast gesagt, dass die Dunkle Seite Unrecht hat."

Harry löste sich aus Caros Armen und sah seine Freundin an.

„ Und du? Was denkst du?"

„ Ich…ich denke, dass Draco Recht hat. Harry, heute war ein schrecklicher Tag für dich, aber das bedeutet doch nicht, dass du dich gegen die Dunkle Seite stellen musst. Was du Nell antun musstest, war schlimm für dich, weil du sie liebst. Aber im Grunde ist sie nur eine Hauselfe, dass solltest du nicht vergessen. Abgesehen davon hat Draco Recht. Du bist der Erbe des Dunklen Lords und jeder der gegen uns ist, ist wertlos und böse. Erinnere dich, was dieser verdammte Orden und Dumbledore meinem Papa angetan haben. Sie haben ihn einfach umgebracht. Ich hasse sie und sie werden dafür bezahlen! Die Dunkle Seite hat Recht, Harry und du solltest dir nicht so viele Gedanken machen."

„Also denkst du auch, dass meine Eltern es nicht besser wussten und dass sie wertlos waren, ja? Dann kannst du auch gleich mein Zimmer verlassen!"

„ Beruhige dich doch, Harry! Ich liebe dich, das weißt du. Du und Draco seid mehr als nur Freunde für mich und ich will dir doch nur helfen. Wir sollten uns nicht so anschreien. Wir sollten füreinander da sein, sodass wir unsere Probleme zusammen lösen können. Und was deine Eltern betrifft, sie…" Caro brach ab, als ob sie nicht wüsste, was sie weiter sagen sollte und sah ihn unsicher an.

Eine Zeit schwiegen sie und im Zimmer breitete sich eine unbehaglich Stille aus. Dann sagte Harry leise:

„ Caro, warum denkst du, dass Muggle wertlos sind? Oder die Leute, die gegen uns kämpfen, wie meine Eltern es taten? Denkst du nicht, dass jeder das Recht hat, zu glauben, was er möchte? Ich habe lange über diese ganzen Probleme nachgedacht, aber irgendwie habe ich nie gewusst, was richtig ist. Aber seitdem ich herausgefunden habe, wer meine Eltern waren, ich…ich kann nicht glauben, dass sie wertlos waren oder dass sie schlecht waren, nur weil sie auf Dumbledores Seite gekämpft haben. Wenn ich ihre Fotos sehe, dann… irgendwie habe ich das Gefühl, dass wenn ich jemanden töte oder foltere, wie ich es heute mit Nell getan habe, dass ich sie damit verraten würde."

„ Harry, das ist absoluter Unsinn! Schließlich hat der Orden meinen Papa umgebracht! Sie töten und foltern auch! Deine Eltern haben bestimmt auch jemanden umgebracht!"

„ Ja, …du hast wahrscheinlich Recht. Aber… als ich heute Nell gefoltert habe, Caro, das war… es war einfach nur schrecklich. Und wenn ich jemanden töten muss…. Willst du später wirklich töten?"

Caro zögerte und malte, ohne dass sie es richtig bemerkte, unsichtbare Kringel auf den Tisch.

„ Ich weiß nicht, Harry. Ich habe nie darüber nachgedacht. Du weißt, dass Dracos Eltern mich praktisch erzogen haben, und sie haben uns immer nur beigebracht, dass es nur eine richtige Seite und eine falsche gibt. Du weißt es doch selber. Du hast ja schließlich die gleiche Erziehung bekommen. Wenn ich an die Mörder meines Papas denke, dann würde ich sie ohne Bedauern umbringen. Ich hasse sie mehr als alles andere auf der Welt. Ich würde mich rächen!"

„ Aber wenn du Unschuldige töten müsstest, zum Beispiel Kinder? Würdest du es dann tun? Nur weil die Muggle Kinder sind? Oder würdest du Nell umbringen? Würdest du ihr wehtun, wenn du müsstest? Nur weil sie eine Hauselfe ist? Der Orden hat deinen Vater umgebracht, aber was wollten dein Vater und die Todesser der Muggle- Familie antun? Wer zum Teufel hat diesen Krieg eigentlich angefangen? Die Dunkle oder die Licht Seite? Aber wir müssen uns eines Tages entscheiden, Caro! Würdest du es tun? Würdest du irgendwen umbringen?"

Caro sah ihn mit einem Gesicht an, in dem heillose Verwirrung und Angst stand. Die beiden starrten sich an. Schließlich seufzte Harry und legte einen Arm um Caro.

„ Ich werde morgen mit Draco sprechen. Ich hoffe nur, dass er jetzt nicht zu seinem Vater läuft. Er wird mich nicht verraten, oder?"

„ Harry! Draco mag schreckliche Sachen gesagt haben, er war wütend und vielleicht auch verwirrt. Aber er würde niemals irgendwem verraten, was du gesagt hast!"

„ Ich bin mir nicht so sicher, Caro. Er liebt seinen Vater über alles, und wenn er glaubt, dass ich auf die andere Seite…"

„ Nein, Harry! Das darfst du nicht denken. Er würde dich nie verraten! Ich kenne ihn!"

Harry antwortete nicht und als Bellatrix Lestrange einige Zeit später den Raum betrat, fand sie den Erben des Dunklen Lords und ihre Tochter zusammengekuschelt auf dem Sofa liegend und friedlich schlafend.


Alison Snape sah ihren schlafenden Ehemann an und seufzte leise. Heute hatte sie an der Ordensversammlung nicht teilgenommen, da sie auf die Kinder aufgepasst hatte, sodass sie die Geschehnisse des Tages erst erfahren hatte, als ihr Ehemann sie ihr erzählt hatte. Sie war entsetzt gewesen, aber zur gleichen Zeit auch unbeschreiblich dankbar, dass der junge Erbe Voldemorts Severus' Leben gerettet hatte.

Trotz aller Schwierigkeiten und Streitereien in der Vergangenheit liebte sie ihren Ehemann immer noch über alles. Aber heute hatten sie sich wieder so nahe gefühlt, wie schon seit Wochen nicht mehr. Manchmal genügte es zu begreifen, wie wenig es gefehlt hätte, dass sie einander für immer verloren hätten, um ihre Liebe füreinander nur noch größer werden zu lassen.

Sie kuschelte sich in ihr Kissen und überlegte, was der junge Lord in Zukunft wohl von ihrem Mann fordern könnte. In solchen Momenten wünschte sie sich, dass sie in die Zukunft sehen konnte, aber unglücklicherweise konnte sie es nicht.