Zärtlich fuhr Aragorn durch das glänzende Haar des Elben, zog dessen Gesichtskonturen mit seinen Fingerspitzen nach. Sein Verstand rief verzweifelt, dass es falsch war. Dass er sich aufrichten und den Blick aus den Fängen der funkelnden, blauen Augen befreien sollte. Doch es fesselte ihn etwas an dem nun bewegungslos unter ihm liegenden Elben. Ein glückliches Lächeln umspielte seine Lippen, als er ihn ein weiteres Mal küsste. Die Stimme in seinem Kopf, die noch vor wenigen Sekunden so laut geschrieen hatte wurde mit jedem Atemzug leiser, als er aufgab gegen seine Gefühle zu kämpfen.
Es war Liebe. Tiefe, sehnsüchtige Liebe, die all die Jahre verborgen geblieben war. Eine Liebe für die er mehr als für jede Andere durchs Feuer gehen würde. Für die er kämpfen und sterben würde, nur um sicher zu gehen, dass ihm nichts geschehe.
Legolas Hände ruhten auf seinem Rücken, strichen beruhigend über ihn. Sein Gesicht an dessen Hals geschmiegt lag Aragorn einfach nur da. Genoss das Gefühl von Sicherheit, dass Legolas ihm schenkte. Ein Gefühl, das Arwen ihm nie hatte geben können. Doch er wusste, dass es enden würde, sobald der Fluss wieder überquerbar war. Legolas würde nicht zulassen, dass er eine Entscheidung zu treffen hätte. Er würde die Entscheidung für ihn treffen. Gegen diese Verbindung. Die all die Jahre gewachsen war. An Vertrauen, an Verständnis.
Er hasste sich dafür , dass er es war, der dies alles nun zerstört hatte. Es würde nicht mehr so sein wie früher. Legolas würde gehen. Sie würden sich nicht mehr wiedersehen. Diese Nacht war nur der Anfang eines viel zu lange dauernden Endes. Nur für einen Moment huschte der Gedanke durch seinen Kopf nicht nach Gondor zurückzukehren. Doch er war zu sehr König um sein Volk im Stich zu lassen.
Er hasste sich dafür, nicht nur sein eigenes, sondern auch das Herz seines wunderschönen Freundes zu brechen. Und das er es nicht aushalten würde, jedes Mal darüber nachzudenken, wenn er ihn wieder mit Arwen betrügen würde. Es war zu absurd. Hatte er vor einem Tag noch genau andersherum gedacht.
Legolas lag im weichen Gras und hielt Aragorn fest in seinen Armen. Er wusste, das es die letzte und einzige Nacht sein würde, die sie so zusammen verbringen würden. Morgen würden sie die Schlucht verlassen können und mit ihr die Gefühle hinter sich lassen müssen, die sich hier das erste mal ans Licht getraut hatten. Er würde in seine Heimat zurückkehren. Aragorn würde sich auf sein Rolle als König konzentrieren müssen und nicht auf den Kampf seiner Gefühle. So würde es für Aragorn besser sein wenn er ihn verlassen würde.
Er würde den Anblick eines glücklichen Königspaares nicht verkraften. So wäre es auch für ihn besser zu gehen.
Er hielt ihn fest, weil es das letzte Mal war, dass er es war, der ihm Sicherheit schenken konnte.
Er hatte sich geschworen ihn vor jedem Feind zu beschützen. Morgen würden sie beide ihre eigenen Wege gehen. Ohneeinander. Es musste einmal ein Ende haben.
Als er ihm in die Augen sah, sah er, dass er es wusste. Wie konnte es auch anders sein. Sie brauchten schon lange keine Worte mehr. Und er sah mehr als die tiefe Traurigkeit, er sah Hass auf sich selber.
Legolas strich behutsam über die Wange seines Gefährten, die eine einzelne Träne zierte.
Er wollte ihn nicht weinen sehen. Es gab keine andere Zukunft für sie.
Doch sie hatten noch diese eine Nacht.
Eine Einzelne.
Eine Letzte.
Er richtete sich auf. Wischte mit seinem Daumen die Träne fort und küsste ihn.
Genoss die Berührungen seiner Lippen, seine Zunge.
Er wusste, dass dies den Abschied nur unerträglicher machen würde. Doch es zählte nur dieser Moment. In dem es ihm unmöglich war ihm zu wiederstehen.
Als er schließlich die Augen schloss und in den Armen seines langjährigen Freundes und seit dieser Nacht viel mehr als das, einschlief, waren es nur noch wenige Stunden, bis die Sonne wieder aufging.
