Es hat etwas länger gedauert, aber endlich (!) habe ich auch das Kapitel geschafft. Read and enjoy! (hoffe ich)

5. Kapitel

Nur ein Augenblick. Ein kurzes Treffen mit der Vergangenheit.

Und schon war die Welt anders.

Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann einen Orkan auslösen.

Was vermochte das Schlagen eines Engelsflügels dann wohl auszulösen?

Einen Funken. Er kann einen Funken entzünden. Einen Funken Hoffnung. Einen Funken Leben.

Und noch mehr: Er kann Grenzen aufheben. Sie war keine Gefangene mehr. Die Welt stand ihr offen. Mittelerde stand ihr offen. Seraphin war die Erste seit Jahrtausenden, die die Möglichkeit hatte, dorthin zu gelangen und zu sehen, an was ihr Volk schon fast nicht mehr glaubte. Sie konnte ihm diesen Glauben wiederbringen. Und das Leben, diesen kleinen Funken, was noch viel wichtiger war. Durfte sie nach so langer Zeit wagen zu hoffen, dass sie dahin zurückkehren könnten, wo ihr Platz war? Bei den Menschen?

Seraphin runzelte die Stirn und rieb sich mit den Fingern die Nase. Diese Menschen... Wer waren sie überhaupt? Sie hatte noch nie einen Menschen gesehen. Keiner aus ihrem Volk konnte sich so richtig an sie erinnern. Alles, was man noch wusste, stammte aus den alten Geschichten und Erzählungen. Nicht mehr als eine Erinnerung aus der Vergangenheit.

Ob die Menschen noch wussten, wer sie waren, die Engel? Konnten sie sich erinnern? Seraphin bezweifelte es. Wenn sie sich schon nicht mehr richtig erinnern konnten, warum sollten es dann die Menschen tun? Sie seufzte. Ein Problem. Wie sollte die frühere enge Verbindung zwischen den beiden Völkern wieder hergestellt werden, wenn man nicht mehr wusste, wer der andere war? (Sollte sie es überhaupt?)

Aber vielleicht dachte sie auch einfach zu weit. Jetzt ging es erst einmal darum, dass sie ihrem Volk das zurückbrachte, was ihm gehörte. Und das allein würde nicht einfach werden. Sie wusste ja nicht einmal, wo sie zu suchen anfangen sollte. Dermott müsste es aber wissen. Schließlich war er schon einmal in Mittelerde gewesen. Das war er doch hoffentlich? Wie sollte sie sich andernfalls in der ihr völlig fremden Welt zurechtfinden?

Wo war dieser Vogel überhaupt? Seraphin schirmte ihre Augen ab und versucht ihn an dem strahlend blauen Himmel auszumachen. Aber die Luft flimmerte zu sehr als dass sie etwas Genaues erkennen konnte, so heiß war es. Sie flimmerte mittlerweile so sehr, dass sie schon fast eine eigene Form gewann und Seraphin das Gefühl hatte, sie müsse nur die Hand ausstrecken um sie ergreifen zu können. Aber auch in der Ferne verschwamm der Horizont und veränderte sich.

Seraphin blinzelte mehrmals verwirrt als sie plötzlich eine Gestalt sah. Oder doch nicht? Sie war sich nicht sicher. Jetzt war sie wieder verschwunden. Aber da... Jetzt war sie an einer anderen Stelle. Oder war es eine andere? Da... jetzt war da noch eine. Und noch eine. Sie konnte nicht genau sehen, was es für Figuren waren, die so plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht waren, geschweige denn, ob sie echt waren oder ob sie ein Trugbild ihres von der Hitze überanstrengten Körpers war, aber sie verwirrten sie und machten ihr Angst.

Jetzt vermeinte sie sogar, sie zu sich winken zu sehen. War das alles Einbildung oder nicht? Was sie noch mehr in Unbehagen versetzte war, dass sie einerseits das Bedürfnis verspürte vor ihnen davonzulaufen, aber gleichzeitig und noch viel stärker den Wunsch ihrer Einladung zu folgen und zu ihnen zu gehen, obwohl ihr Verstand ihr regelrecht zubrüllte, dass ein großer Fehler wäre.

Was sollte sie tun? Zeigte man ihr gerade den Weg, den sie gehen sollte?

rief sie. Dermott, wo bist du? Wohin soll ich gehen?

Wie zur Antwort hörte sie plötzlich den schrillen Schrei des Falken über ihrem Kopf und sah ihn über sich hinwegsegeln. Seraphin verstand: Er wollte, dass sie ihm folgte und nicht diesen dubiosen Figuren der Luft.

Sie gab ihrem Pferd die Zügel und ließ es in einen scharfen Galopp fallen um dem Falken folgen zu können. Unglaublich, wie schnell so ein Falke werden konnte. Aber was machte er denn da? Er hielt geradewegs auf die ihr zuwinkenden und zurufenden Gestalten zu, ohne auch nur den Anschien zu machen stoppen zu wollen. Sie zögerte einen Moment, ob sie ihm in der gleichen Weise folgen sollte, entschied sich dann innerhalb eines Sekundenbruchteils aber dafür.

In vollem Galopp hielt sie auf die Luftgestalten zu, Sand wirbelte unter den Hufen auf, aber als die Gestalten nicht, wie sie gehofft hatte, einfach verschwanden, schloss sie die Augen. Im gleichen Moment hörte sie ein leises Rauschen, das schnell lauter wurde und zu einem ohrenbetäubenden Getöse anschwoll... und ganz plötzlich wieder zu dem anfänglichen Rauschen verebbte.

Verwirrt öffnete sie die Augen... und erstarrte. Sie war mit einem Mal ganz wo anders. Vor ihr erstreckte sich eine Unmenge von Wasser, so viel Wasser wie sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Es reichte bis an den Horizont.

Das Meer. flüsterte sie, hatte aber keine Ahnung, woher sie wusste, was sie da vor sich hatte. Vielleicht aus irgend einer Geschichte, die man ihr einmal erzählt hatte, aber sie konnte sich nicht wirklich an eine solche erinnern.

Es war ihr aber im Moment auch unmöglich einen klaren Gedanken zu fassen. Das einzige, was sie erfüllte, war Staunen und Ehrfurcht. Wie schön es war! Blau-grün und weiß schäumend rauschten die Wellen heran und gingen in einem nicht fassbaren Takt wieder zurück. Die Sonne spiegelte sich in dem Wasser und Seraphin konnte in der leichten Brise das Salz schmecken.

Gebannt stand sie da, als sie ein zwitscherndes Geräusch neben sich hörte und als sie hinunter blickte, sah sie Dermott im roten Sand hocken, der mit seinen schwarzen Knopfaugen zu ihr hoch schaute. Seraphin war erstaunt wie klein er eigentlich war; sie sah ihn zum ersten Mal am Boden.

Tja, Dermott, hier geht's nicht weiter. meinte sie und zuckte mit den Schultern.

Dermott zwitscherte ein zweites Mal und begann dann auf das Wasser zuzuwatscheln (Es war eigenartig, wie elegant er sich in der Luft bewegte und wie unbeholfen hier auf der Erde). Als seine Füße ins Wasser platschten, drehte er sich um und schaute sie mit schief gelegtem Kopf an.

Als Seraphin nur fragend zurückschaute, machte er noch ein paar Schritte weiter bis das Wasser ihm an die gefiederte Brust reichte. Seraphin verstand immer noch nicht, was er vorhatte oder wollte.

Dann rollte eine Welle heran und verschluckte ihn. Seraphin schaute erschrocken auf den Fleck, wo eben noch Dermott gestanden hatte, aber er tauchte nicht mehr auf. Er war verschwunden.

schrie Seraphin. Sie sprang vom Pferd, rannte ins Wasser, blieb stehen, lief zurück und wieder ins Wasser. Was sollte sie nur tun? Verzweifelt trat sie von einem Bein aufs andere, als sie plötzlich verstand.

Das war der Weg. Dermott hatte ihr gerade den Weg nach Mittelerde gezeigt. Das Meer war der Weg.

Sie musste nur dasselbe tun wie Dermott. 'Nur'. Etwas Mut verlangte es allerdings schon. Schwimmen konnte Seraphin nämlich nicht. Wie sollte sie auch? Es gab nirgends hier so viel Wasser als dass man darin schwimmen könnte. Jedenfalls hatte kein Engel jemals so viel Wasser gefunden. Bis heute.

Sie fasste ihr Pferd am Zügel und setzte einen Fuß in das Nass, das sofort ihre Füße umspielte und sie fast willkommen zu heißen schien. Es war kalt, aber nicht unangenehm. Vorsichtig und darauf hoffend, dass sie gerade keine große Dummheit machte und Selbstmord beging, setzte sie einen Fuß nach dem anderen, immer tiefer in das Wasser hinein. Als es ihr bis zum Hals ging, holte sie noch einmal tief Luft. Ein Schritt noch... Ein Schritt bis nach Mittelerde. Oder ein Schritt noch bis in den Tod.

Zweifelnd blieb sie stehen, als sie auf einmal spürte, wie der Stein an ihrem Hals wärmer wurde. Sie blickte an sich herunter und sah, dass er schwach leuchtete. Wie hatte die Alte noch gesagt?

Du wirst ihn brauchen.

War es das, wofür sie ihn brauchen würde? Sollte er sich ihr jetzt als nützlich erweisen? Es musste wohl so sein. Seraphin vertraute den Worten der Alten.

Sie schaute noch ein letztes Mal zu ihrem Pferd. Sollen wir es wirklich tun? fragte sie leise.

Das Tier, dem das Wasser bis zum Bauch reichte, schien keinerlei Angst zu haben und blickte sie nur vertrauensvoll an. Wenn das Pferd keine Angst hatte, brauchte sie wahrscheinlich auch keine zu haben, dachte Seraphin. Es hatte ein viel feineres Gespür für Gefahr als sie.

Seraphin musste also nicht alleine gehen. Sie hatte zwei, wenn auch recht ungewöhnliche, Gefährten bei sich... und die Hoffnung ihres ganzen Volkes.

Es sollte so sein. Es musste so sein.

Der letzte Schritt... und das Meer schlug über ihren Kopf zusammen.

Ja, jetzt geht's langsam los... Ich bin schon kräftig am Hirnen, was in ME so alles passieren soll. Ein paar Ideen habe ich zwar, aber ich könnte natürlich noch etwas Hilfe gebrauchen * der altbekannte Zaunpfahl* Also, wenn ihr irgendwelche Ideen habt, immer nur her zu mir! Aber ich freue mich natürlich auch über Feedback zum Kapitel!!! (Das war ne' Untertreibung * g*)

Ach ja, und wie immer: Danke Glanwen! *knuuutsch *