Gegen Mittag wurde es langsam immer voller. Neben einigen Ordensmitgliedern waren zahlreiche Verwandte der Weasley's eingetroffen, die Harry nicht kannte. Eine stattliche, stark geschminkte Frau, bei der es sich wohl um Tante Muriel handelte, umarmte und küsste Ron so stürmisch, dass dieser aussah, als würde er am liebsten im Boden versinken. Auch Tonks und Remus waren da. Bei Tonks musste Harry zweimal hinschauen - heute hatte sie welliges, dunkelblondes Haar, welches ihr über die Schultern fiel und hatte ihren üblichen Schmuddellook gegen ein bodenlanges, marineblaues Kleid eingetauscht. Auch Bill lief Harry über den Weg. Die Hälfte seines Gesichtes war vernarbt, doch auf irgendeine Art schien ihn das nicht zu entstellen. Das lag wohl daran, dass er sich nichts davon anmerken ließ und aufgrund der Feierlichkeit über das ganze Gesicht strahlte. Fleur war nirgendwo zu sehen - scheinbar wurde sie von ihrer Mutter und Mrs Weasley in Beschlag genommen. Auch Ginny und Hermine konnte er nirgendwo ausmachen. Ron, der ein schlichtes weisses Hemd mit einer dunkelblauen Krawatte trug, streifte aufgeregt durch das ganze Haus. Harry hatte das Gefühl, als wäre nicht nur die Hochzeit der Grund - die meiste Zeit schlich er im Wohnzimmer vor dem Kamin rum, als würde er auf jemanden warten. Sogar Minerva McGonagall war anwesend. Sie trug ein elegantes, dunkelgrünes Kleid, und trug ihr trotz ihres Alters noch nicht ergrauendes Haar offen. Harry erkannte heute in ihr die schöne Frau, die sie mal gewesen sein musste. Doch über die Hochzeitsgesellschaft legte sich auch ein Schatten - der Tod Dumbledore's ließ niemanden unbewegt, und Harry traf auf dutzende nachdenkliche Gesichter.

Ab Nachmittag sammelte sich alles im Garten, und nun hatte Harry auch Ron aus den Augen verloren. Jedoch war ihm nicht allzu langweilig, er traf auf Fred und George, die heute teure Festumhänge trugen, und unterhielt sich mit ihnen über die neusten - und finanziell sehr positiven - Entwicklungen ihres Geschäfts. Die Zeremonie rückte näher, udn ein sehr nervös wirkender Bill eilte durch den ganzen Garten, um mit jedem noch ein Wörtchen zu wechseln. Mittlerweile hatte Mrs Weasley sich auch wieder unter die Gäste gemischt, nicht minder aufgeregt. Dann bemerkte Harry etwas, das einen entgültigen Schlußstrich zu ziehen schien. Ginny saß bereits vor dem Pavillon in den ersten Reihen - neben ihr saß Dean Thomas, der ihre Hand hielt. Sie sah ihn, und winkte ihm etwas verunsichert zu. Dean wandte sich ebenfalls um, aber mehr als ein triumphierendes Grinsen schien er nicht für ihn übrig zu haben. Harry winkte zurück. Das Monster, das letztes Jahr immer, wenn er Dean zusammen mit Ginny sah, in ihm gewütet hatte, schien nur noch ein paar mal lustlos mit den Beinen aufzustampfen. Vielleicht lag es daran, dass die Beziehung mit Ginny ohnehin nicht lange währte - jedenfalls schien er über Nacht alles besser verarbeitet zu haben. Harry traf noch weitere Bekannte, die ihn in ein Gespräch verwickelten, und schließlich brach der Abend an.

Harry setzte sich zu Remus in eine der mittleren Reihen - Ron und Hermine schienen immer noch in der Menge verschollen. Bill wartete am Altar auf seine baldige Frau. Der Pfarrer war ein etwas untersetzter, unrasierter Mann mit dichtem Haar. Dann ging es los. Eine kleine Kapelle im hinteren Bereich des Gartens begann zu spielen, und begleitet von einem Feuerwerk stolzierte Fleur am Arm ihres Vaters zwischen den Stuhlreihen Richtung Altar. Alle Blicke waren auf sie gerichtet, und die Luft war erfüllt von "Oh"s und "Ah"s. Sie trug ein langes, goldenes Kleid, welches blendend funkelte, und ihr Haar war hochgesteckt und verbreitete einen unirdischen Glanz. Nie zuvor war deutlicher erkennbar, dass sie von einer Veela abstammte. Ginny und Gabrielle gingen an ihrer Seite und streuten Blumen aus. Erstere sah eher bedröppelt aus und klatschte die Pflanzen eher genervt auf den Boden. Dann erreichte Fleur den Altar, und es wurde still. Der Pfarrer räusperte sich. "Wir haben uns heute hier versammelt, um zwei junge Menschen auf einen neuen Lebensweg zu begleiten. Gerade in diesen Zeiten ist es von hohem Wert, dass die Liebe in all dieser Dunkelheit noch zu Tage kommt und der Bund der Ehe sich ihr trotzend entgegenstellt. Heute trauen wir William Adam Weasley und Fleur Isabelle Delacour. Zeugen der Trauung sind Jean-Pierré Delacour und Charles Phillip Weasley. So lasst uns beginnen." Gespannte Stille legte sich über den Platz, und der Pfarrer räusperte sich erneut. "So frage ich dich, William Adam Weasley: Willst du die hier anwesende Fleur Isabelle Delacour zu deiner Frau und sie lieben und ehren bis zum Ende aller Tage? So antworte mit 'Ja, ich will'." Bill schien für einen Moment seine Stimme zu suchen, welche dann fest antwortete: "Ja, ich will!" Der Pfarrer nickte. "Fleur Isabelle Delacour, willst du den hier anwesenden William Adam Weasley zu deinem Mann, und ihn lieben und ehren bis zum Ende aller Tage? So antworte auch du mit 'Ja, ich will'. Fleur war etwas schneller als Bill. "Ja, ich will," antwortete sie und strahlte über das ganze Gesicht, bevor sie den Satz ausgesprochen hatte. Der Pfarrer nickte erneut. "Dann bitte ich euch, nun die Ringe zu tauschen." Charlie überreichte Bill eine Schatulle, in der sich die Ringe befanden. Mit zitternden Fingern legte er Fleur den Ring an, sie tat es ihm gleich. "Ich ernenne euch hiermit zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut jetzt küssen." Bill's Lippen legten sich langsam auf die von Fleur, und sämtliche Menschen im Garten schossen von ihren Plätzen und applaudierten mit voller Kraft. Mrs Weasley weinte ganze Sturzbäche und lächelte gleichzeitig überglücklich. Das Fest konnte beginnen.

Bei Einbruch der Dunkelheit spielte die Band einen Walzer nach dem anderen, und der Rasen war nun eine überfüllte Tanzfläche. Harry entdeckte Ginny und Dean, die ebenfalls zu den Tanzenden gehörten. Dann entdeckte er auch Ron, und irgendwie überraschte es ihn wenig, dass er eng umschlungen mit Lavender Brown tanzte. 'Sie können es sich ja alle erlauben,' dachte er missmutig und nippte an seinem Feuerwhiskey. "Harry?" Die Stimme war hinter ihm. Er fuhr herum - und erstarrte. Hermine stand keinen Meter von ihm entfernt, ebenfalls alleine. Wenn er sie damals auf dem Weihnachtsball schön fand - dann konnte er sie jetzt nicht mehr beschreiben. Ihr Haar war wie damals ganz geglättet und hoch gesteckt. Sie trug ein glitzerndes, silbernes Oberteil und einen weissen, knielangen Rock. Es war vielleicht doch eher schlicht - aber ihrere reiferen Rundungen machten das Bild perfekt, und Harry errötete. "Hi... Wo warst du die ganze Zeit?" Fragte er. "Hab mich im Hintergrund gehalten. Wollen wir ein wenig spazieren gehen?" Er nickte, und bot ihr spielerisch seinen Arm an, in den sie sich lächelnd einhakte.

So gelangten sie wieder an den Teich, an dem sie bereits am Vortag saßen, und das Mondlicht beleuchtete die Szene. Sie setzten sich ins Gras und schweigen für eine kurze Zeit. Schließlich fragte Harry: "Hast du Ron mit Lavender gesehen?" Und genau in dem Augenblick wandte auch Hermine den Blick zu ihm und fragte: "Hast du Ginny mit Dean gesehen?" Daraufhin sahen sie sich zwei Sekunden an - und lachten los. Als sie sich beruhigt hatten, antwortete Harry zuerst. "Ja, hab ich. Aber ich weiß nicht... Ich schein drüber hinweg zu sein. Unsere Beziehung war weder lang noch intensiv... Das war gestern wohl nur ein Schock..." Hermien nickte stumm. "So ging es mir mit Ron auch.. Als ich dann Schluß gemacht hab, war ich wirklich fertig... Aber dann war ich irgendwie nur noch wütend, und jetzt..." Während sie redeten, sahen sie sich an. Nach Hermine's Erklärung folgte eine Stille, welche sich aber nicht auf den Blickkontakt auswirkte. Dann schien Hermine's Gesicht seinem plötzlich immer näher zu kommen... Oder rückte seins näher an das von Hermine? Er wusste es nicht jetzt und auch nicht später. Im nächsten Moment hatte er die Augen geschlossen und seine Lippen lagen auf ihren. Er nahm ihre Hand in seine und spürte, wie sie den Griff leicht verstärkte. Der Kuss wurde mit jeder Minute intensiver, und irgendwann spürte er ihre Zunge auf seinen Lippen. Er war etwas unsicher, was er nun tun musste, ließ sich aber einfach treiben und öffnete seine Lippen leicht. Ihre Zunge schob sich langsam in sein Mundinneres und spielte an seiner. Vorsichtig ließ er seine Zungenspitze um ihre kreisen. Sie streichelte jetzt mit einer Hand durch sein Haar, während seine Arme sich um sie legten. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sie sich langsam voneinander lösten und sich in die Augen sahen. Jedoch waren beide Blicke nicht glücklich, sondern überraschend traurig. "Aber es geht nicht, oder?" Fragte Hermine. Harry schüttelte den Kopf. "Nein... Nicht jetzt..." Er sah eine Träne ihre Wange runterkullern. Er strich sie mit dem Finger weg. "Weißt du nicht mehr, was Dumbledore gesagt hat, Harry? Du kannst gegen Voldemort nur überstehen, wenn du ihm Liebe entgegenstellst..." Harry's Blick schlug in Verzweiflung um. "Aber wenn er dich bekommt.. Du weißt, wie es läuft..." Hermine sah ihn jetzt beinahe flehend an. "Harry, wir waren jahrelang so eng befreundet und mir ist nichts passiert..." "Liebe ist stärker als Freundschaft, das weiß sogar Voldemort. Es setzt mir sicher mehr zu, wenn er dich entführt und wir... Naja, du weißt schon." Hermine schie endlos lange zu überlegen und nickte dann. "Scheinbar geht es nicht anders... Aber lass mich bitte trotzdem bei dir bleiben... Ich möchte dich nicht als Freund verlieren..." Harry nickte. "Einverstanden. Suchen wir seine dreckigen Horcruxe und drehen ihm den Hals um." Hermine lächelte jetzt, und Harry erwiederte es. "Gehen wir zurück?" Fragte er. Sie nickte, und sie erhoben sich. Nach wenigen Metern nahm er dann ihre Hand. Sie stellte keine Fragen, sondern ließ es geschehen. Im Garten angekommen stießen sie direkt auf Remus und Tonks, die erst auf ihre Hände schauten, dann breit grinsten und gerade was sagen wollten. Doch Harry schüttelte den Kopf und ging mit Hermine weiter, das Grinsen fiel den beiden wieder vom Gesicht.