Bad little girl: Ui, was für ein ausführliches Review. Es freut mich, dass die das alles so gut gefälllt. Fari ist sicher momentan ein wenig verzweifelt, deswegen ging's mit Feael ein bisschen schnell ins Bett.

Feael: Avra ist viel zu verliebt in Fari, um auf dumme Gedanken zu kommen. Eher hätte sie einen Grund, Dene abzustechen.

Leonel: Boro hilft natürlich seinen Bruder. Doch diesmal kommt er auch nicht ungeschoren davon...

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Kapitel 6: Die Strafe

Wie in Trance begab sich Faramir in seine Privaträume. Er fühlte sich völlig benebelt vor Liebe. Niemals zuvor hatte er so tiefe Gefühle für eine Frau empfunden. Versonnen vor sich hinlächelnd betrat er seine Gemächer. Als er dort Boromir vorfand, erschrak er ein wenig. Sein älterer Bruder saß an seinem Schreibpult und hatte die Füße lässig auf den Tisch gelegt.

„So, Kleiner, jetzt erzähl' mir nicht länger, dass du mit Avra nur eine normale Freundschaft unterhältst", sagte Boromir ungehalten und verschränkte die Arme.

Faramir, der seine Rüstung in der Hand trug, und nur mit Tunika und Hosen bekleidet war, warf diese zornig aufs Bett.

„Also gut, Avra und ich, wir lieben uns", stieß der jüngere Mann finster hervor und ließ sich auf sein Bett fallen.

Boromir sprang vom Stuhl hoch und packte Faramir unsanft an der Tunika.

„Am liebsten würde ich dich ohrfeigen, du dummer Troll!" knurrte er. „Vater ist wirklich sehr wütend auf dich. Ich hatte vorhin noch eine sehr heftige Diskussion mit ihm. Eigentlich hast du das gar nicht verdient, dass ich dich verteidige. Denn damit schade ich mir nur selbst."

„Ich danke dir", seufzte Faramir und fuhr sich verzweifelt durch seine Locken. „Ich habe so sehr gehofft, dass Vater mir zuhören würde, wenigstens diesmal."

Boromir hatte seinen Bruder inzwischen losgelassen und lief gereizt im Zimmer auf und ab.

„Du hast mir immer noch nicht gesagt, was du ihm eigentlich für einen Vorschlag unterbreiten wolltest."

„Eigentlich ist es jetzt nicht mehr so wichtig, aber du hast wirklich ein Recht darauf, zu erfahren, was ich ihm sagen wollte: Avra könnte unseren Soldaten die Sprache der Haradrim beibringen, dann könnten wir Haradwaith besser auskundschaften. Es gibt ja niemanden in Gondor, der die Sprache des Feindes spricht."

„Umso verwunderlicher ist es, dass Avra Sindarin spricht", knurrte Boromir und schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. „Aber dein Vorschlag ist eigentlich nicht schlecht. Vielleicht sollte ich das unserem Vater unterbreiten. Gibt es sonst noch was?"

Faramir ließ sich bedrückt auf das Bett zurücksinken.

„Avra könnte uns die Kultur Haradwaiths näher bringen. Uns in Gondor fehlt es an Verständnis für diese Menschen. Wir wissen nicht, warum sie die Schwarze Schlange verehren und ihre Männer beschneiden. Für uns sind die Haradrim Wilde. Aber ich frage mich, ob wir das vielleicht auch für sie sind."

„Das ist Schwachsinn!" stieß Boromir verärgert hervor. „Wir sind die Abkömmlinge Numénors. Edlere Menschen als wir wird es niemals in Mittelerde geben. Die Haradrim sind Menschen niederer Herkunft. Du als Gelehrter solltest das eigentlich wissen, Brüderchen."

„Natürlich weiß ich es", erklärte Faramir fast beleidigt. „Aber wie sollen sich unsere Völker jemals besser verstehen, wenn wir Numenórabkömmlinge auf alle anderen herabblicken?"

„Wenn du das Vater erzählst, wird er dich für komplett verrückt erklären", sagte Boromir mit einem schiefen Grinsen. „Deine Friedensliebe in allen Ehren, Kleiner, aber solange Haradwaith mit Sauron paktiert, wird es auch Krieg geben. Oder willst du den Haradrim beibringen, dass sie auf der verkehrten Seite stehen?"

„Vielleicht bekomme ich irgendwann Gelegenheit dazu", meinte Faramir hoffnungsvoll.

Boromir wollte ihm eine Antwort geben, als es an der Zimmertür heftig klopfte. Faramir rief den Anklopfer herein. Es war Rhivad, der erste Diener des Truchsessen.

„Herr Denethor will sofort seine beiden Söhne in seiner Amtsstube sehen", sagte der ältere Mann demütig.

Die Brüder sahen sich erschrocken an: wenn ihr Vater sie in der Amtsstube sprechen wollte, dann bedeutete das meist nichts Gutes.

„Er wird mich jetzt strafen", sagte Faramir mit belegter Stimme und erhob sich von seinem Bett.

Er strich seine Tunika glatt und winkte Boromir zu sich.

„Komm, wir wollen es so schnell wie möglich hinter uns bringen!"

§

Denethor lief in seiner Amtsstube grimmig auf und ab. Er war sehr entäuscht von seinem Zweitgeborenen. Die Gesetze Gondors gingen über alles, und Faramir hatte sich darüber einfach hinweggesetzt. Die Strafe, die er sich ausgedacht hatte, würde ein harter Denkzettel für den jungen Mann sein, aber auch Boromir würde diesmal nicht ungeschoren davonkommen. Denethor hasste es, wenn sich sein Erbe immer auf Faramirs Seite stellte und ihn vehement verteidigte. In Zukunft würde es sich Boromir genau überlegen, ob er seinem Bruder weiterhin half.

Endlich klopfte es an der Tür. Denethor hatte eigentlich ein zaghaftes Anklopfen erwartet, aber stattdessen klang es ungeduldig und forsch.

„Herein!" schnarrte der Truchseß mißgelaunt und nahm hinter seinem riesigen Schreibpult Platz.

Seine Hände legte er flach auf die Tischplatte. Die Tür ging nun auf und seine Söhne traten ein.

Faramir ganz unvorschriftsmäßig nur mit Tunika und Hosen bekleidet, während Boromir noch immer sein Kettenhemd trug. Finster ruhte der Blick Denethors auf seinen Zweitgeborenen.

„Was ist das für ein Aufzug, Feldhauptmann?" bellte er grimmig. „Habe ich gesagt, dass du in einem einfachen Hausgewand zu mir kommen darfst?"

Faramir sah erschrocken an sich herunter: er hatte ganz vergessen, sich standesgemä ß zu kleiden. Boromir schämt e sich für seinen Bruder und blickte verlegen zur Seite.

„Faramir, du hast gegen das Gesetz verstoßen, das besagt, dass jeder Haradrim getötet werden muß", begann der Truchseß nun zu reden. „Als ausgebildeter Feldhauptmann der Waldläufer müsstest du die Gesetze Gondors eigentlich kennen. Du weißt auch, welche Strafe darauf steht, wenn man dagegen verstößt."

Faramir fühlte, wie die Farbe aus seinem Gesicht wich und ihm schwindelig wurde. Boromir begann heftig zu schwitzen: auch er kannte die Strafe.

„Es ist die Todesstrafe", sagte der jüngere Mann nun mit heiserer Stimme.

Denethor lächelte freudlos und erhob sich.

„Du wusstest also von vorneherein, dass auf den Verstoß gegen dieses Gesetz die Todesstrafe steht und hast dich trotzdem darüber hinweggesetzt. Hast du damit gerechnet, dass du als mein Sohn Narrenfreiheit haben würdest?"

Seine Stimme schwoll dabei drohend an. Er beugte sich über den Schreibtisch und sein Gesicht näherte sich dem von Faramir.

„Dachtest du, ich bin großmütig und gütig wie ein König der Altvorderen?"

„Ich hatte guten Grund, Avra zu dir zu bringen, mein Herr", sagte Faramir tapfer und blickte seinem Vater direkt in die Augen. „Ich wollte dir einen Vorschlag unterbreiten, den du fast nicht ablehnen kannst."

„Sei endlich still!" brüllte Denethor und sein Gesicht glühte vor Zorn. „Ich will nichts mehr von deinen naseweisen Reden hören, sonst werde ich tatsächlich die Todesstrafe über dich verhängen!"

Faramir und Boromir blickten sich für einen kurzen Moment erleichtert an.

„Freut euch nicht zu früh, die Strafe, die ich mir für Faramir ausgedacht habe, ist schlimmer als der Tod", frohlockte der Truchseß höhnisch.

Die Hoffnung, die kurz in den Augen der Brüder geschimmert hatte, verschwand augenblicklich.

„Langer Rede kurzer Sinn", fuhr Denethor nun grimmig fort und holte eine Schriftrolle aus der obersten Schublade seines Schreibpultes.

Er öffnete die Schriftrolle und begann zu lesen:

„Hiermit wird Faramir, Feldhauptmann von Gondor und Zweitgeborener des Statthalters Denethor, wegen vorsätzlichem Verstoß gegen das Haradrim-Kriegsgesetz zu folgender Strafe verurteilt:

Er verliert ab sofort seine Stellung als Feldhauptmann Gondors, ebenso wird er aus der Erbfolge des Hauses Húrin ausgeschlossen. Zukünftig darf er auch den siebten Festungsring nicht mehr ohne ausdrückliche Erlaubnis des Truchsessen betreten. Wohnung hat er im untersten Festungsring der Stadt zu nehmen.

Um dies allen Hauptmännern Gondors zur Warnung dienen zu lassen, soll Faramir vor den Augen der Offiziere 20 Peitschenhiebe auf den Rücken erhalten.

Künftiger Feldhauptmann der Waldläufer wird Boromir sein, der mit seinem Verhalten gezeigt hat, dass auch er einen Denkzettel braucht. Er wird solange Feldhauptmann sein, bis wir, Truchseß von Gondor, jemand anders benennen.

Das Urteil wird sofort vollstreckt."

§

Faramir rang nach Atem: dieses Urteil war ungeheuerlich. Er wurde nicht nur Amt und Würden beraubt, er wurde sogar völlig enterbt. Die Menschen Gondors würden künftig verächtlich auf ihn herabsehen.

„Das kannst du nicht machen, Vater!" rief Boromir entrüstet. „Faramir ist dein Sohn!"

„Ja, leider", sagte der Truchseß ganz gelassen und nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz. „Geh in dein Gemach, Faramir, und verlasse es nicht mehr. Wenn die Strafe mit den Peitschenhieben vollstreckt ist, wirst du für immer dieses Haus verlassen."

Faramir kämpfte mit den Tränen. Er hatte nie im Leben damit gerechnet, dass sein Vater so reagieren würde. Warum konnte Denethor niemals Verständnis für ihn zeigen? Und jetzt war alles aus. Er war entehrt: die Menschen würden zukünftig mit dem Finger auf ihn zeigen. Ein Truchsesssohn als einfacher Waldläufer Ithiliens, das hatte es noch nie gegeben.

Wortlos drehte er sich um und verließ blind vor Tränen die Amtsstube seines Vaters.

Boromir schäumte vor Wut.

„Du bist wahnsinnig, Vater!" schrie er jetzt. „Ich habe das Gefühl, dass du Faramir völlig brechen willst. Du willst ihn einfach nur fertigmachen. Dabei war sein Vorhaben so edel und hätte vielleicht den unseligen Krieg mit Haradwaith beenden können. Nicht jetzt, aber vielleicht in baldiger Zukunft."

„Ich habe fast das Gefühl, dass ich dich nicht hart genug bestraft habe, Boromir", sagte der Truchseß böse lächelnd.

„Du weißt, dass ich das Waldläuferleben hasse", erwiderte der blonde Mann zornig. „Es gibt keine Strafe für mich, die größer sein könnte. Aber laß mich wenigstens das sagen, was Faramir dir vorschlagen wollte."

„Dann sprich schnell, ich habe nicht viel Zeit", sagte der Truchseß ungehalten.