Khamul : Boro wäre nicht Boro, wenn er das nicht machen würde. Er ist halt ein lieber großer Bruder.

May20 : Danke für die vielen Reviews! Eine Vorliebe für weibliche OOCs, deren Namen mit „A" beginnen/grins/ Das ist mir selbst noch nicht aufgefallen. Mir fällt jetzt nur „Atiniel" aus „Boromirs Tochter" da auf Anhieb ein. Das mit dem Stilistischen ist immer so eine Sache: mal gelingt es mir ganz gut, mal nicht so sehr. Das mit dem Badezuber liebe ich immer: da kann sich Fari endlich mal ausziehen. Ich kenne eine englische Autorin, bei der zieht sich Fari in jedem Kapitel (!) aus. Ich glaube, die Story heißt „Captain, my Captain". Die Autorin heißt Isabeau. Ich sehe gerade, dass es Nachschub von deiner Story gibt. Gehe gleich lesen.

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So, hier kommt mein letztes Update für dieses Jahr, da ich bis zum Ersten in den Weihnachtsurlaub fahre. Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten. Vielleicht bekomme ich von euch ein paar Reviews unter den Weihnachtsbaum gelegt/Dackelblick aufsetz/

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Kapitel 10: Faramirs Opfer

Am Abend erreichten sie die Hügelkette von Emyn Arnen. Das ehemalige Fürstenhaus, das halb verfallen auf dem höchsten Hügel lag, verlockte regelrecht zum Übernachten. Doch jeder Soldat wusste, dass man dort oben in der Falle sitzen würde, falls die Haradrim angriffen. Es gab keine Fluchtmöglichkeit von dort oben.

„Wir gehen in den Wald", entschied Boromir grimmig,.

Die Waldläufer marschierten weiter, bis zu in ein kleines Tal kamen, durch welches ein lieblicher Bach sprudelte. Dort schlugen sie auf Boromirs Geheiß das Nachtlager auf. Schlechtgelaunt kletterte der Feldhauptmann in sein kleines Zelt. Faramir teilte sich ein Zelt mit Anborn.

„Ich kann mich gar nicht daran gewöhnen, dass Ihr jetzt nicht mehr unser Hauptmann seid, Faramir", gestand Anborn verlegen, als sich die beiden Waldläufer in ihre Decken wickelten.

„Mir kommt es auch alles ziemlich seltsam vor", erwiderte Faramir müde lächelnd. „Ich ertappe mich dauernd dabei, dass ich den Befehlen meines Bruders widersprechen will. Dabei habe ich gar nichts mehr zu sagen."

„Sagt das nicht, Herr!" widersprach Anborn entsetzt. „Ich weiß genau, dass Ihr eines Tages wieder unser Heermeister sein werdet. Ich gebe die Hoffnung nicht auf."

„Das ist sehr nett von dir, Anborn", murmelte Faramir schon ein wenig schläfrig. „Aber laß doch bitte die Anrede ‚Herr' und ‚Ihr': ich bin einfach nur Faramir."

„Gute Nacht, Faramir", sagte der junge Waldläufer schließlich lächelnd.

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Am nächsten Tag schickte Boromir zahlreiche Späher aus, die nach den Spuren der Haradrim suchen sollten. Faramir meldete sich freiwillig als Kundschafter, doch sein Bruder schüttelte den Kopf.

„Das ist zu gefährlich", meinte er unwillig. „Wie oft kommt es vor, dass Späher nicht mehr zurückkehren!"

„Ich kann gut auf mich aufpassen", erklärte Faramir empört. „Ich bin lange genug Waldläufer. Traust du mir das nicht zu?"

Boromir fuhr sich verzweifelt durch sein langes Haar.

„Du weißt genau, warum ich dich nicht mitschicke. Ich brauche dich für andere Aufgaben."

„Ja, wirklich?" spottete Faramir grimmig. „Hier im Lager herumsitzen und Däumchen drehen?"

„Verdammt, halt endlich die Klappe!" zischte Boromir ihm wütend zu. „Wenn die anderen Männer mitbekommen, wie du dich mir gegenüber verhältst, dann muß ich dich bestrafen, das weißt du genau. Du bist gerade dabei, meine Autorität zu untergraben!"

Faramir musste sich nun geschlagen geben. Mit finsterer Miene machte er sich daran, zusammen mit den anderen Männern, die im Lager zurückgeblieben waren, einen Eintopf vorzubereiten und neue Pfeile zu schnitzen.

Eine Stunde später kamen zwei Kundschafter ins Lager zurück. Sie meldeten, dass sie die Reste eines abgebrochenen Haradrimlagers entdeckt hatten. Boromir hörte mit großem Interesse zu.

„Das würde ich mir mal gerne aus der Nähe ansehen", meinte er neugierig.

„Wir führen Euch hin", boten die Kundschafter an, die Hilgond und Enchirion hießen.

„Faramir, du kommst auch mit!" rief Boromir seinem Bruder zu.

Erstaunt erhob sich der junge Mann und packte seinen Umhang. Zu viert pirschten sie sich durch das Unterholz. Alle trugen sie Gesichtsmasken und Kapuzen. Boromir hasste diesen „Mummenschanz" – so betitelte er die Maskierung der Waldläufer. Nach einer Weile reichte es ihm und er riß sich die Gesichtsmaske herunter.

„Ich kriege keine Luft mehr!" grummelte er mürrisch.

„Wir müssen aufpassen", warnte Hilgond die beiden Brüder. „Die Haradrim haben einige Fallen in der Nähe des Lagers aufgestellt. Offensichtlich wollen sie damit mögliche Kundschafter fernhalten."

Boromir brummte irgendetwas von naseweisen Waldläufern vor sich hin und dann war es auch schon passiert: mit einem gedämpften Aufschrei stürzte er zu Boden.

Erschrocken kniete sich Faramir neben ihm hin.

„Mein Fuß – verdammt!" fluchte Boromir unter Schmerzen auf. „Ich bin in eine Falle geraten."

Faramir bemerkte erschrocken, dass der Fuß seines Bruders in eisernen Fangzähnen feststeckte. Solche Fallen benutzte man normalerweise, wenn man Bären oder Trolle jagte.

„Zieht dieses Ding von meinem Fuß!" krächzte Boromir ungeduldig und zerrte selbst an dem Eisen herum.

„Ohne richtiges Werkzeug ist das nicht möglich", bemerkte Hilgond kopfschüttelnd.

Doch das machte Boromir nur noch nervöser. Je mehr er sich bewegte mit der Falle am Fuß, desto tiefer gruben sich die Eisenzähne in sein Fleisch.

„Nun halte endlich still!" fauchte Faramir ihn erzürnt an. „Du reißt dir ja noch den Fuß ab!"

Plötzlich tippte Enchirion Faramir auf die Schulter.

„Irgendwo da hinten im Unterholz sind Haradrim", murmelte er leise. „Ich habe gerade ihr scharlachrotes Banner im Gebüsch aufblitzen gesehen."

„Verdammter Mist!" stieß Boromir hervor. „Wir müssen hier weg. Schneidet mir den Fuß ab!"

„Nein!" entschied Faramir plötzlich. „Gib mir dein Horn, Bruder. Ich werde die Haradrim weglocken von hier."

„Du bist verrückt!" keuchte Boromir unter Schmerzen. „Das erlaube ich dir nicht."

„Ich bin für Gondor nicht wichtig, im Gegensatz zu dir", sagte Faramir leise. „Wenn mir etwas zustößt, dann wird es Vater nicht so treffen, als wenn dir etwas passiert. Gib mir das Horn!"

Boromir weigerte sich weiterhin, doch nicht mehr so vehement. Er hatte Tränen in den Augen, als er schließlich dann doch nachgab und Faramir das Horn überreichte.

„Mach keinen Unsinn, Kleiner", sagte er mit brüchiger Stimme.

Faramir schluckte und hängte sich das berühmte Horn von Gondor um. Dann eilte er davon, Richtung Süden, wo die Haradrim lauerten.

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„Ich glaube, sie sind weg", sagte Enchirion nach einer Weile aufatmend. „Die Haradrim müssen Faramirs Spur gefolgt sein."

Hilgond kam mit allen Waldläufern jetzt zu der Stelle, wo Boromir kauerte.

„Macht, dass ihr meinen Bruder findet!" herrschte er die Männer grimmig an.

Zwei Waldläufer blieben bei Boromir zurück und befreiten ihn mit Werkzeug aus der Eisenfalle.

Madril führte die Schar Richtung Süden, wo man Faramir vermutete. Doch der junge Mann war spurlos verschwunden.

Boromir war höchst beunruhigt, weil er keine Nachricht bekam. Er trug jetzt einen behelfsmäßigen Verband um seinen Fuß und konnte vor Schmerzen kaum auftreten.

„Ihr müsst Euch schonen, Herr Feldhauptmann", sagte der eine Waldläufer warnend. „Die Wunden können sich rasch entzünden, wenn Ihr noch länger herumlauft."

„Ach was!" winkte Boromir herrisch ab. „Das ist immer noch mein Fuß und ich entscheide, ob ich damit herumlaufe oder nicht. Aber wenn ich nicht bald etwas von Faramir höre, werde ich wahnsinnig."

Erst spät in der Nacht kamen Madril und die anderen Waldläufer zurück. Sie wirkten alle recht erschöpft und auch bekümmert.

„Wir haben Faramir nicht gefunden", berichtete Madril bedrückt. „Er ist wie vom Erdboden verschluckt, ebenso die Haradrim. Ihre Spuren verlaufen sich am Stillen Bach. Von dort aus kann man nicht mehr weiterverfolgen, wo sie hingegangen sind. Vermutlich wurde Euer Bruder gefangengenommen."

„Dann müsst ihr eben weitersuchen!" kommandierte Boromir ungehalten und fuhr sich über das Gesicht. „Ich will, dass Faramir gefunden wird. So schnell wie möglich."

„Herr, das hat momentan keinen Sinn", sagte Madril vorsichtig. „Die Männer sind müde und haben nichts gegessen. Ich weiß, dass jeder einzelne von ihnen sein Leben für Faramir geben würde. Aber die Haradrim hätten mit einer Truppe erschöpfter Männer leichtes Spiel. Ihr tragt die Verantwortung für sie, Herr Boromir."

„Verdammt, ja!" fluchte dieser unglücklich auf. „Dann lasst uns ins Lager zurückkehren."