may20 : Danke nochmals für die vielen Reviews! Ich hoffe, dir gefallen auch die anderen Kapitel.

Kora: Die Haradrim werden sicherlich „erfreut" sein, falls sie Faramir erwischen. Ist schließlich eine „fette" Beute. Mal sehen, was sie dann mit ihm anstellen. ;-)

Khamul: Genau an Bären-Fallen aus Trappenfilmen habe ich auch gedacht beim Schreiben. Boro sollte wirklich aufpassen auf seinem lädierten Fuß.

Feael: Ich denke, Boro ist nicht gerade der geborene Waldläufer. Denethor hat sich wirklich keine passendere Strafe ausdenken können. Mal sehen, wie lange Boro das noch mitmachen muß.

Ann: Ich danke dir für dein Review. Ich fühle mich geehrt, dass mein Stil schon so bekannt ist.

§§§§§§

Euch allen wünsche ich ein frohes, neues Jahr! Vielen Dank für die Reviews! Und nun gibt es die heißersehnte Fortsetzung...

§§§§§§

Kapitel 11: Gefangener der Haradrim

Faramir wusste, dass er mit seinem Leben spielte, als er die Haradrim auf seine Fährte lockte. Aber Hauptsache, sie erwischten Boromir nicht. Wenn die Südländer ihn töteten und das Horn Gondors an seiner Hüfte sahen, würden sie ihn für den Erben Gondors halten. Diesen Triumph würden sie erst einmal auskosten und von einer weiteren Verfolgung der Waldläufer absehen. Das hoffte Faramir jedenfalls, während er durch das Unterholz im Zickzackkurs hetzte. Irgendwo sah er ein rotes Banner aufblitzen und dann hörte er Rufe in der Sprache der Haradrim. Sie verfolgten ihn bereits. Faramir rannte weiter und lockte die Haradrim immer weiter von der Stelle weg, wo sich Boromir befand. Plötzlich spürte er einen harten Schlag im Rücken und er stürzte zu Boden. Während er hinfiel, überlegte er noch, was ihn wohl getroffen haben konnte, dann wurde es schwarz vor seinen Augen.

Als er wieder aufwachte, merkte er dass er mit Händen und Füßen an eine Stange gefesselt worden war und von zwei kräftigen Haradrim getragen wurde wie ein erlegtes Wild. Wütend zerrte er an den Fesseln, denn er fand dies ziemlich demütigend. Einer der Haradrim, ganz in rot gekleidet mit einem goldglänzenden Brustpanzer, kam spöttisch lächelnd auf ihn zu. Er sagte irgendetwas zu den anderen in seiner Sprache und alle lachten laut. Faramir wusste sofort, dass man über ihn gespottet hatte und er fluchte wütend auf.

„Laß mich sofort herunter, du Sohn einer schwarzen Natter, sonst kannst du was erleben!"

„Überlege dir gut, was du sagst, Mahar", sagte der hochgewachsene Mann in der goldenen Rüstung plötzlich auf Sindarin.

Er hatte zwar einen starken Akzent, aber es war gut verständlich.

„Mahar" bedeutete „Rothaariger", wie Faramir später erfahren sollte.

Es blieb dem jungen Waldläufer vorerst nichts anderes übrig, als sich in sein Schicksal zu fügen. Sein Rücken schmerzte bereits nicht mehr so stark von dem Schlag, den er erhalten hatte. Vermutlich war es irgendein stumpfer Gegenstand wie ein Helm oder Schild gewesen, was ihn getroffen hatte. Ansonsten wäre er wohl jetzt nicht mehr am Leben. Langsam begannen seine Arme und Beine von der unbequemen Haltung zu schmerzen. Faramir hoffte, dass man bald eine Pause machte. Die Männer, die ihn trugen, würden auch nicht ewig durchhalten. Schließlich war Faramir kein Fliegengewicht. Nach einer kleinen Ewigkeit landete Faramir unsanft auf den Boden. Er blieb weiterhin an der Stange gefesselt, aber wenigstens ließ jetzt dieser starke Zug auf seine Gelenke nach. Faramir verspürte leichten Durst und sah mit trockenem Mund zu, wie die Haradrim gierig aus dem nahen Bach tranken. Der Mann mit dem Goldpanzer, der offensichtlich ihr Befehlshaber war, wanderte mit strenger Miene hin und her. Er ließ seinen Kriegern nicht viel Zeit zum Verschnaufen: schon bald forderte er sie in der gutturalen Sprache der Südländer zum Weitermarsch auf. Erneut wurde Faramir unsanft in die Höhe gehoben und an der Stange weitergetragen. Seine Gliedmaßen schmerzten jetzt schlimmer als zuvor und Faramir konnte ein Aufstöhnen nicht verhindern.

„Wir sind bald da", sagte der Anführer der Haradrim barsch zu ihm, welcher neben Faramir marschierte.

Faramir beschloß jetzt, keine Schwäche mehr zu zeigen. Er biß die Zähne zusammen, obwohl die Schmerzen immer unerträglicher wurden.

Als die Dunkelheit hereinbrach, erreichte der kleine Trupp ein großes Lager, das aus unzähligen weißen Zelten bestand. Faramir erschrak, als er die Größe des Lagers sah. Nie und nimmer war die kleine Schar der Waldläufer in der Lage, so einen großen Verband an Haradrim aus Süd-Ithilien zu vertreiben. Die Bewohner des Zeltlagers liefen neugierig zusammen, als der kleine Trupp zurückkehrte mit seiner wertvollen Beute. Faramir hoffte, dass man ihn jetzt bald herunterließ von der Stange, aber die Männer standen unbeweglich da, als ob sie auf etwas warteten.

Endlich wurde die Plane vor dem Eingang des größten Zeltes zurückgeschlagen und ein Mann mittleren Alters trat heraus. Er trug ein langes weißes Gewand, das Faramir unwillkürlich an ein Nachthemd erinnerte. Sein Haupt war unbedeckt: langes , schwarzes, mit Goldfäden durchgeflochtenes Haar hing auf seine Schultern herab. Sein Gesicht zierte ein sorgfältig gestutzter Vollbart. Er machte eine lässige Handbewegung und die Träger ließen Faramir zu Boden.

„Das ist Jahzîr, unser Feldherr", sagte der Anführer des Trupps leise zu Faramir. „Er ist dein neuer Besitzer, Mahar."

Der Mann, den der Anführer Jahzîr genannt hatte, trat nun ganz nahe zu Faramir hin und betrachtete ihn mit ausdrucksloser Miene. Er erteilte einen Befehl und der Anführer des Trupps schnitt Faramir von den Fesseln los. Dieser blieb erst einmal schweratmend liegen, da er seine tauben Glieder kaum bewegen konnte.

Jahzîr unterhielt sich jetzt mit dem Hauptmann in der Sprache Harads. Faramir verstand nichts, außer dass der Hauptmann Masala hieß.

Plötzlich traten zwei Männer zu dem jungen Gondorianer hin und rissen ihn unsanft hoch. Dann zerrten sie ihn in das große Zelt hinein. Dort wurde er an einen Pfahl gebunden, und zwar so, dass er sich hinsetzen konnte. Faramirs Augen gewöhnten sich rasch an das Halbdunkel im Zelt. Die Austattung war luxuriös: der Boden war mit schweren Teppichen belegt und überall lagen große Sitzkissen aus Samt herum. In der Mitte des Zeltes stand ein kleines Tischchen, das mit köstlichen Speisen gedeckt war. Faramir fühlte wie sein Magen zu knurren begann. Doch er war angebunden und weiterhin ganz alleine in dem Zelt. Er hatte keine Ahnung, was die Haradrim mit ihm vorhatten.

§

Widerstrebend war Boromir ins Lager zurückgebracht worden. Sein Fuß musste unbedingt versorgt werden. Madril, der sich am besten unter den Waldläufern mit Heilkunde auskannte, schüttelte besorgt den Kopf:

„Ihr müsst nach Minas Tirith zurück, Herr Boromir. Die Wunden an euerem Fuß sind sehr tief und ich fürchte, sie werden sich entzünden. Ihr müsst zu Ioreth und Euch von ihr versorgen lassen."

„Niemals!" erklärte Boromir barsch. „Eher lasse ich mir den Fuß abnehmen, bevor ich Faramir hier draußen im Stich lasse."

„Faramir hat sich für Euch geopfert, damit Euer Fuß gerettet wird", wagte Hilgond zu widersprechen. „Es hilft ihm nichts, wenn Ihr Euere Wunden nicht versorgen lasst."

Boromir blitzte ihn wütend aus seinen grünen Augen an, doch er musste schließlich einsehen, dass Hilgond recht hatte.

Madril war der Meinung, dass Boromir ab sofort seinen Fuß nicht mehr bewegen durfte. Eine Eskorte Waldläufer trug den Truchseß-Erben bis nach Osgiliath, während die anderen weiter intensiv nach Faramir suchten. Von Osgiliath aus ritt man zu Pferd nach Minas Tirith weiter. Während der Rückreise bekam Boromir Fieber und er ließ sich sogar freiwillig sofort in die Häuser der Heilung bringen.

Denethor und Avra erfuhren die schlimmen Neuigkeiten aus Süd-Ithilien während des Frühstücks in der Zitadelle. Madril erstattete dem Truchseß einen unfangreichen Bericht. Entsetzt floh Avra aus dem Raum. Doch Denethor hatte jetzt keine Zeit, sich darüber aufzuregen: sein Interesse galt nur dem Schicksal seiner Söhne. Immer wieder fragte er nach Faramir.

„Es sieht nicht gut aus, mein Herr", sagte Madril bedauernd. „Die Haradrim haben schon viele Menschen aus Gondor in ihr Land verschleppt, und noch nie ist jemand von dort zurückgekehrt."

Denethor war leichenblaß geworden, als er das hörte: auch wenn Faramir sein allergrößtes Missfallen vor kurzem erregt hatte und dafür auch hart bestraft worden war, so war er doch immer noch sein Sohn, den er liebte.

„Aber es muß doch Hoffnung geben", sagte er mit brüchiger Stimme.

„Wir werden alles daran setzen, um Faramir zu finden", beteuerte Madril. „Auch ich mochte Eueren Sohn sehr gerne, Herr Denethor."

„Mochte!" stieß der Truchseß grimmig hervor. „Ihr redet ja von Faramir, als ob er schon tot sei! Ich muß jetzt zu Boromir. Führt mich zu ihm!"

Beide Männer suchten jetzt die Häuser der Heilung auf. Ioreth, die alte Heilerin, trat dem Truchseß furchtlos entgegen.

„Ich grüße Euch, Herr Denethor", sagte sie ernst. „Sicher wollt Ihr zu Euerem Sohn. Es gibt ihm nicht sehr gut, denn er hat hohes Fieber."

„Was?" stieß der Truchseß ungläubig hervor. „Ich dachte, er hat nur eine Fußverletzung."

„Die sich böse entzündet hat", fuhr ihm Ioreth ins Wort. „Wenn Boromir Pech hat, müssen wir vielleicht den Fuß abnehmen."

Denethor fuhr sich entsetzt mit der Hand über sein zerfurchtes Gesicht. Soviele Schicksalsschläge an einem Tag waren unmöglich zu verkraften. Leise trat er in das Krankenzimmer seines Sohnes. Boromir lag mit halbgeöffneten Augen im Bett. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen.

„Vater!" murmelte er mit schwacher Stimme. „Es ist alles meine Schuld. Ich bin eben kein Waldläufer. Faramir wäre so etwas bestimmt nicht passiert. Ich..."

Denethor ergriff die Hand seines Sohnes und setzte sich an die Bettkante:

„Sei still, mein Sohn", sagte er sanft. „Wenn hier jemand an irgendetwas Schuld hat, dann ich. Ich könnte mich selbst für meine Sturheit und Uneinsichtigkeit verdammen."

Boromir erzählte mit leiser Stimme, was geschehen war. Denethor hörte aufmerksam zu und schüttelte schließlich den Kopf.

„Noch gibt es Hoffnung für Faramir. Vielleicht haben die Haradrim ihn gar nicht erwischt und er versteckt sich irgendwo in Süd-Ithilien."

„Madril und die anderen Waldläufer haben schon alles abgesucht", erwiderte Boromir und hustete. „Sie haben ihn bestimmt in ihrer Gewalt. Mein armer, kleiner Bruder!"

Plötzlich brach der junge Mann in Tränen aus und selbst Denethor hatte Mühe, die Fassung zubewahren. Er nahm Boromir in seine Arme und wiegte ihn wie ein kleines Kind, bis er sich wieder beruhigt hatte. Solch dunkle Stunden hatte der Truchseß seit dem Tod seiner Frau nicht mehr erlebt.