Darklayka: Ich habe deinen Rat beherzigt und versucht, in den nächsten Kapiteln mehr auf die Landschaften und Städte einzugehen. Vielen Dank für deinen Tip!

Ann: Ich habe auch nix gegen Elben, aber was gegen diesen ganzen Orli-Hype und die Vermenschlichung der Elben in Fanfiktionen.

An die anderen Leser: Es wäre schön, wenn ihr mir auch mal wieder ein Review dalassen könntet. /zwinker/

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Kapitel 14: Der Sklavenmarkt von Bar-Mikkath

Stöhnend erwachte Faramir aus seiner Bewusstlosigkeit. Er lag wieder in dem Kellerloch, bäuchlings auf einem Strohlager. Sein ganzer Körper schmerzte. Er versuchte sich aufzurichten.

Eine Frauenstimme zischte etwas ärgerliches in der Sprache der Haradrim.

„Ihr sollt liegenblieben, sonst verrutschen Kräuter-Verbände", sagte der Krieger in gebrochenem Sindarin, der Faramir vor kurzem aus dem Kellerloch hinauf ins Haus geführt hatte.

„Ich glaube, ich habe mir alle Knochen gebrochen", murmelte Faramir unter Schmerzen.

„So schlimm ist es nicht", meinte der Krieger sachlich. „Aber viel nicht hat gefehlt. Jahzîr sehr wütend."

Die Falltür wurde aufgerissen und Faramir hörte, wie jemand die Kellertreppe herabstieg. Der Krieger und die Frau, welche den Gefangenen versorgte, nahmen sofort eine demütige Haltung ein. Es war Jahzîr, der sich nach Faramirs Zustand erkundigte – jedoch nicht aus Mitleid, sondern aus Ungeduld.

Der junge Gondorianer verstand kein Wort von dem, was gesprochen wurde. Allerdings konnte er vernehmen, dass Jahzîr sehr ärgerlich und nervös war. Schließlich klatschte der Haradrim in die Hände, und zwei Krieger kamen in das Kellerloch. Faramir hielt entsetzt den Atem an: was hatten sie jetzt vor? Würden sie ihn gleich töten?

Die Männer packten Faramir unsanft und zogen ihn von seinem Lager hoch. Der junge Mann unterdrückte einen Schmerzensschrei. Sie schleiften ihn die schmale Stiege hoch. Das helle Tageslicht blendete Faramir und er kniff die Augen zu. Die Soldaten brachten ihn aus dem Haus und zu einen Karren hin, vor dem einige kräftige Ponies angespannt waren. Sie zerrten Faramir auf den Karren hinauf, wo er schließlich schweratmend auf einem Strohbündel liegen blieb.

Jahzîr trat jetzt spöttisch lächelnd an seinen Gefangenen heran.

„Du solltest froh sein, dass du nicht mehr laufen musst. Du wirst nun zum Sklavenmarkt gefahren, mein Goldschatz."

Faramir unterdrückte ein wütendes Zischen und presste mühsam beherrscht die Lippen zusammen. Jahzîr sah, wie es in dem jungen Mann brodelte, und er trat amüsiert weg.

Alsbald setzte sich der Karren in Bewegung. Faramir konnte sehen, dass ein Junge den Karren lenkte. Die schaukelnden Bewegungen vergrößerten seine Schmerzen und machten die Reise nach Bar-Mikkath zur reinsten Tortur.

§

Avra ging es viel zu langsam vorwärts bei der Suche nach Faramir in Ithilien. Sie wusste genau, dass er längst nicht mehr in Gondor war. Am liebsten hätte sie Boromirs Truppe verlassen, um Faramir alleine zu suchen. Doch sie hatte dem Heermeister versprochen, keinen Ärger zu machen. Und genau den würde sie durch ihr Verschwinden heraufbeschwören. Inzwischen hatte man einige Spuren der Haradrim in den Wäldern gefunden. Sie hatten mehrmals gelagert auf ihrem Weg nach dem Süden. Verzweifelt suchten Boromir und Avra nach irgendeiner Spur von Faramir.

Einige Tage später erreichten sie den Poros. Dieser Fluß bildete die Grenze zwischen Gondor und dem umstrittenen Gebiet Harondor, das weder zu Gondor, noch zu Harad gehörte. Dort ließ Boromir ein Lager aufschlagen. Avra trat zu ihm und bat um ein Gespräch unter vier Augen.

„Ihr müsst wieder zurück", sagte sie mit gedämpfter Stimme zu dem blonden Mann und schob ihren Gesichtsschutz etwas nach unten. „Wenn ihr weiterreitet, töten euch die Haradrim. In Harondor gibt es viele heimtückische Verstecke für Wegelagerer."

„Ich habe die Waldläufer Gondors bei mir und kein Edeldamen-Kränzchen", erwiderte der Heermeister ungehalten. „Wir werden es den Haradrim schon zeigen!"

Avra lächelte spöttisch.

„Du hast keine Ahnung, Boromir. Auch in Harad gibt es speziell ausgebildete Krieger, die sich durchaus mit den Waldläufern Gondors messen können."

Boromir lief rot an vor Wut. Fast hätte er Dinge zu der jungen Frau gesagt, die ihm hinterher leidgetan hätten. Doch in diesem Moment kamen zwei aufgeregte Kundschafter zurück.

Boromirs Gesichtsfarbe veränderte sich rasch, als er sah, dass einer der Waldläufer ein Bündel Kleider und das Horn Gondors trug.

„Wir haben die Sachen einige Meilen südlich von hier gefunden", meldete Damrod bedrückt.

Boromir nahm wortlos das Horn und die Kleider an sich und ging in sein Zelt. Avra folgte ihm.

„Er ist tot", schluchzte Boromir auf und wies auf die Blutspuren, die sich auf den Kleidern befanden.

Avra weigerte sich das zu glauben. Sie nahm dem trauernden Mann die Kleider ab und betrachtete sie. Die Sachen waren zerrissen und schmutzig. Sie breitete sie am Boden aus. Boromir sah ihr erstaunt zu.

„Die Kleider hat man Faramir heruntergeschnitten", sagte sie sachlich und deutete auf die geraden Risse. „Vermutlich hat man vor, ihn auf den Sklavenmarkt von Bar-Mikkath zu verkaufen. Man wollte offensichtlich seinen Körper genauer betrachten. Ich hoffe, er hat sich nicht zu sehr gewehrt."

„Faramir würde so eine Schmach niemals erdulden", knurrte Boromir finster. „Sich von Südländern nackt betrachten zu lassen."

„Vergiß nicht, dass ich auch eine Südländerin bin und deinen Bruder schon nackt gesehen habe", erwiderte Avra gekränkt.

„Das ist etwas anderes", verteidigte sich Boromir rasch.

„Faramir hat inzwischen so etwas wie Respekt vor meinen Landsleuten gelernt", erklärte Avra stolz.

„Ich glaube, inzwischen hat er seine Meinung bestimmt geändert", spottete Boromir sarkastisch.

Avra stand wütend auf und verließ das Zelt. Boromir sammelte vorsichtig die Kleidungsstücke zusammen und legte sie zusammen.

„Wir finden dich, kleiner Bruder", flüsterte er wieder den Tränen nahe und strich liebevoll über den Stoff.

§

Din-Middith war das erste Dorf der Südländer gewesen, das Faramir jemals erblickt hatte. Doch Bar-Mikkath mit seinem berühmt-berüchtigten Sklavenmarkt übertraf seine kühnsten Erwartungen. In der kurzen Zeit, in welcher er mit Avra zusammen gewesen war, hatte er einiges über die Haradrim gelernt und seine Meinung über dieses Volk gründlich revidiert, obwohl es mit dem dunklen Turm paktierte. Bar-Mikkath konnte durchaus mit einer Stadt wie Pelargir mithalten: es gab zum Teil mehrstöckige Häuser aus Stein mit kunstvollen runden Dächern und prächtig angelegte Straßen, was Faramir fast an Minas Tirith erinnerte. Es herrschte sehr viel Betrieb in der Stadt und Faramir sah zahllose Menschen in kunterbunten, weiten Kleidern mit dunkler Hautfarbe, die sich durch die Straßen wühlten. Die Stadt zog sich hinab bis zum Hafen von Umbar, der in ganz Mittelerde gefürchtet war. Schon aus der Ferne konnte Faramir sehen, wie riesig die Ausmaße dieses Hafen waren: Es gab Dutzende von Schiffen, die dort ankerten: große Galeeren, kleine Fischerboote , mittelgroße Handelsschiffe und die gefürchteten Korsarenschiffe mit ihren schwarzen Segeln. Faramir ballte wütend die Fäuste, als er die schwarzen Schiffe sah. Zu oft hatten die Korsaren Dol Amroth, die Stadt von Faramirs Onkel Imrahil, heimgesucht.

Jahzîrs Truppe bog kurz vor der Hafenanlage ab und es ging wieder ein Stück stadteinwärts, und dann erblickte Faramir den großen Platz, der auf dem ersten Blick wie ein ganz normaler Markt mit Buden und Ständen wirkte. Doch dies war kein Markt, auf dem Waren feilgeboten wurden, sondern Menschen. Faramir sah kräftige, schwarzhäutige Männer mit kahlgeschorenen Köpfen aus Fern-Harad, die dort in Dutzendware verkauft wurden. Hellhäutige Ostlinge mit braunen Haaren und Augen, Frauen und Kinder, zumeist dunkelhäutig. Die Händler überboten sich mit günstigen Angeboten gegenseitig und schrieen sich richtiggehend nieder. Als Jahzîr mit seiner Truppe zum Markt kam, wichen die Schaulustigen und Käufer ehrfürchtig aus. Der Feldherr hatte nur ein Ziel: Teleziel, den reichsten Händler von Bar-Mikkath. Sein Stand war der größte auf dem Markt und er bot auch die meisten Sklaven zum Verkauf an. Teleziel war ein stark übergewichtiger Mann, der ein bodenlanges, weites, buntes Gewand trug und auf dem Kopf einen Turban. Er saß im Schatten eines Baldachins und lutschte gelangweilt an einer Südfrucht. Als er Jahzîr erblickte, sprang er freudig auf und watschelte breit grinsend auf den Feldherrn zu.

Ein Krieger bedeutete Faramir, von der Karre herabzusteigen. Soweit seine Handfesseln dies zuließen, kam der junge Gondorianer der Aufforderung nach.

Jahzîr und Teleziel kamen aufgeregt in ihrer Muttersprache redend auf Faramir zu. Der Feldherr riß dem Gefangenen die Kopfbedeckung herunter .

„Na, habe ich dir zuviel versprochen, Teleziel?" fragte Jahzîr triumphierend auf Sindarin.

Teleziel watschelte mit leuchtenden schwarzen Augen auf Faramir zu und griff in dessen rotblonder Lockenmähne.

„Seine Haare haben die Farbe der untergehenden Sonne", meinte der Sklavenhändler begeistert. „Was willst du für ihn haben?"

„Ich will dir nicht die Katze im Sack verkaufen", erwiderte Jahzîr bescheiden. „Er hat einige blaue Flecke am Körper, die er sich unterwegs eingefangen hat."

Bei den letzten Worten warf er Faramir einen strafenden Blick zu. Doch dieser blieb mit stolz erhobenem Haupt stehen und versuchte an den beiden Männern vorbeizusehen.

Teleziel lachte und schob Faramir das weite Hemd über die Schultern.

„Bei den Göttern, er ist wahrhaft kräftig gebaut. Wo hast du ihn gefunden? Er sieht aus wie ein Rohirrim."

„Rohirrim!" stieß Jahzîr verächtlich hervor. „Er ist ein Abkömmling Numenórs und die hellen Haare weißen auf elbische Abstammung hin."

Teleziel befühlte Faramirs Bizeps und nickte anerkennend.

„Du willst mir doch nicht sagen, dass er ein Sohn Denethors ist, oder?"

„Ich schwöre es beim Grab meiner Mutter", beteuerte Jahzîr leidenschaftlich. „Er ist der Zweitgeborene Sohn des Truchsessen – Faramir."