Darklayka: Ja, Neshem ist ganz schön raffiniert gewesen mit seinem Pferdetrick. Im nächsten Kapitel wird Faramir erneut mit ihm aneinander geraten.

May20: Danke für die vielen Reviews! Ja, irgendwie hat Faramir mit den Frauen immer Pech. Für ihn ist scheinbar nur Éowyn bestimmt. ;-) Ich bin auch gemein zu Faramir? Nee, immerhin lasse ich ihn nicht sterben. ;-) Denethor ist jetzt auch ganz lieb. Jaja, ich liebe es auch, wenn sich Faramir auszieht. Allerdings braucht man dazu auch geeignete Situationen. Die Story mit dem Auszieh-Fari heißt „Captain, my captain" und ist von IsabeauGreenleaf. Leider auf Englisch.

Ist gar nicht so einfach Sätze wie das mit dem Edeldamen-Kränzchen zu schreiben. Teleziel wollte Faramir mit den beiden Damen „belohnen", weil er ihm ja viel Geld einbringen wird. Aber Fari ist treu wie Gold. Neshem ist in erster Linie ein Haradrim und Fari hat bestimmt nicht vor, bei ihm zu bleiben, weil der so lieb zu ihm ist – oder doch?

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Kapitel 17: Neshems Fürstenhaus

Während der ganzen Reise sprach niemand ein Wort mit Faramir. Er saß streng gefesselt auf einem Pferd, das von einem bewaffneten Mann geführt wurde. Dicht hinter dem Gondorianer ritt ein anderer Mann, der sein Krummschwert immer griffbereit hielt. Faramir wusste, dass er das Vertrauen seines neuen Herrn erst einmal verspielt hatte. Er bekam ausreichend zu essen und zu trinken, wurde ansonsten aber wie ein Feind behandelt.

Die Gegend wurde nun immer unwirtlicher. Es gab fast nur noch Wüste und Sand. Ab und zu kamen sie an Wasserstellen vorbei mit kleinen, armseligen Hütten. In einem Palmenwäldchen erblickte Faramir auch zum ersten Mal Mumak in Harad. Sie wurden hier nicht als Kriegsmaschinen eingesetzt, sondern dienten als Arbeitstiere. Sie schleppten riesige Baumstämme, die offenbar für den Schiffsbau verwendet wurden. Faramir fragte sich, wo diese riesige Bäume herkamen. Es schien so, als ob Nah-Harad nur aus Wüste bestand. Aber als sie noch weiter nach Osten ritten, wurde die Gegend plötzlich wieder fruchtbarer. Es gab wieder Wiesen, Äcker und Wälder. Faramir entdeckte riesige Obstplantagen, wo Früchte angebaut wurden, die er noch zuvor gesehen, geschweige denn gekostet hatte. Sie kamen an zahlreichen Ansiedlungen vorbei, wo braunhäutige Menschen lebten, die fleißig ihrem Tagewerk nachgingen. Faramir fragte sich, was wohl dieses scheinbar friedliebende Volk dazu bewogen haben mochte, mit dem Dunklen Herrscher zu paktieren.

Sie ritten nun auf ein prächtiges Fürstenhaus zu, das von einer hohen Mauer umgeben war. Faramir betrachtete das Gebäude neugierg: wohnte dort etwa Neshem, sein neuer Herr?

Tatsächlich ritt die kleine Gruppe geradewegs in den Hof des Fürstenhauses. Eine junge Frau, die Faramir sehr an Avra erinnerte, kam strahlend aus dem Haus gerannt. Sie trug ein rotes Kleid aus Seide und ihr Kopf war von einem dunklen Tuch bedeckt, das mit einer Goldschnur um die Stirn gehalten wurde. Neshem stieg von seinem Pferd und ging der jungen Frau glücklich entgegen. Sie umarmten sich freudig. Faramir vermutete, dass das Mädchen die Tochter Neshems war.

Plötzlich entdeckte die junge Frau Faramir und erstarrte.

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Boromir war es höchstpeinlich, auf einem Maultier reitend, die Suche nach seinem Bruder fortzusetzen. Doch Avra zeigte kein Erbarmen.

„Es ist in Harad nun mal so üblich, dass Händler auf Maultieren reiten und Packesel bei sich haben", erklärte sie ungehalten. „Wenn ihr auf eueren Gondor-Kriegsrössern die Grenze überquert, macht ihr euch gleich verdächtig – trotz Verkleidung."

Boromir zischte leise irgendwas von besserwisserischen Weibsbildern vor sich hin. Dies tat er auf Westron, damit Avra ihn nicht verstand.

Die Truppe verließ nun Pelargir. Boromir war heilfroh, jetzt noch nicht die – wie er fand – alberne Verkleidung anlegen zu müssen. Dazu war noch Zeit bis zur Haradstraße, die südlich des Poros begann. Mit den Maultieren kam man natürlich nicht so schnell voran wie mit Pferden. Die Tiere zeigten sich störrisch, und mancher von Boromirs Männern wurde ab und zu von seinem Reittier abgeworfen, was für allgemeine Erheiterung sorgte. Kurz vor Beginn der Haradstraße wurde es dann ernst: die Soldaten mussten sich nun umziehen. Avra riet ihnen, ihre gondorianische Kleidung zurückzulassen und nicht mitzunehmen. Es gab immer wieder Kriegertruppen in Harad, die selbst friedlich wirkende Kaufmannkarawanen durchsuchten.

Sie hatte Boromir und den anderen unterwegs leidlich die Sprache der Haradrim beigebracht, damit sie sich einigermaßen verständigen konnten. Als Boromir fertig umgezogen war, trat er aus dem Zelt.

„Wie sehe ich aus?" fragte er unsicher.

Avra konnte ein Kichern kaum unterdrücken. Boromir sah eben immer noch wie ein Krieger aus und nicht wie ein Händler aus Harad, trotz der bunten, weiten Gewänder, die er trug und der landestypischen Kopfbedeckung.

„Du solltest besser deinen Bart schwarz färben oder abrasieren", riet ihm Avra.

„Das ist doch nicht dein Ernst", stieß Boromir entsetzt hervor und fuhr über seinen blonden Kinnbart, den er hegte und pflegte.

„Tu es für Faramir", sagte Avra streng und funkelte ihn mit ihren dunklen Augen an.

Boromir seufzte tief und ging hinunter zum Fluß, um sich den Bart abzunehmen. Als er wieder zurückkam, waren alle ziemlich erstaunt. Niemand konnte sich erinnern, den Heermeister jemals ohne Bart erblickt zu haben. Boromir selbst war ziemlich mürrisch. Immer wieder fuhr er sich über das ungewohnt glatte Kinn und schüttelte vor sich hinbrummelnd den Kopf. Avra ging hin zu ihm und prüfte, ob die Kopfbedeckung gut saß.

„Meine Haare werde ich aber bestimmt nicht abschneiden", schimpfte er ungehalten.

Avra war jedoch endlich zufrieden und sie nickte ihm zu.

„Jetzt können wir endlich weiterreiten."

§

Die junge Frau ging vorsichtig auf Faramir zu und betrachtete ihn schließlich erneut mit großen Augen.

„Asaghal", murmelte sie immer wieder ungläubig. „Asaghal."

Faramir blickte Neshem fragend an, der ebenfalls mit seinen Gefühlen zu kämpfen schien. Er trat schließlich auf Faramir zu, den man inzwischen vom Pferd heruntergehoben hatte und zückte seinen Dolch. Dann schnitt er den jungen Mann von den Fesseln los.

„Versprich mir, dass du nicht mehr fliehen wirst, Faramir", sagte er einem leisen, drohenden Ton.

Faramir presste die Lippen zusammen und schwieg: er konnte kein Versprechen geben, dass er nicht halten konnte.

Neshem fluchte plötzlich laut auf.

„Warum bist du so starrsinnig, Gondorrim?" fragte er wütend. „Warum willst du unbedingt wieder zurück?"

„Ist das so schwer zu verstehen?" gab Faramir stolz zurück. „Ich gehöre nicht hierher. Ich bin Faramir, Denethors Sohn aus dem Hause Húrin, der Truchsessen von Gondor."

Die junge Frau trat einen Schritt zurück und blickte Neshem fragend an.

„Wie bist du zu ihm gekommen, Vater?" wollte sie wissen.

„Sei still, Ancalime, mein Kind", sagte Neshem fast zärtlich. „Geh ins Haus zurück. Ich muß diesem Sklaven leider eine Lehre erteilen."

Faramir starrte seinen Besitzer wütend an: sollte er schon wieder geschlagen oder ausgepeitscht werden? War dieser Neshem, der eigentlich einen positiven Eindruck auf ihn bisher gemacht hatte, im Grunde nicht anders als Teleziel oder Jahzîr?

Neshem winkte Faramir zu sich und dieser gehorchte. Der junge Mann musste seinem Herrn in einen der Wachtürme des Hauses folgen. Kurz drehte Faramir sich um und sah Ancalime, die junge Frau, die noch immer im Hof stand, fragend an. Doch diese verhüllte ihr Gesicht rasch mit einem Tuch und lief dann in das große Wohngebäude hinein.

Als sie im Turm waren, bedeutete Neshem Faramir, dort die Treppen hinabzusteigen. Faramir hatte ein ungutes Gefühl, als er vorsichtig die ersten Stufen hinunterging. Der Haradrim hatte eine Fackel entzündet und lief hinter dem jungen Mann her. Feuchter und modriger Geruch schlug Faramir entgegen. Dann waren sie im untersten Gewölbe des Turmes angekommen. Dort unten gab es nichts außer Mauern und Spinnweben. Neshem wies den jungen Gondorianer an, eine Falltür zu öffnen.

„Und da steig hinein!" befahl er streng.

Faramir starrte angestrengt in die Finsternis hinunter. Es gab keine Leiter, die nach unten führte. Aber es schien nicht allzu tief zu sein. Vorsichtig ließ er sich in den winzigen Raum hinuntergleiten. Fragend sah er hoch zu Neshem.

„Das ist deine Strafe, Faramir", sagte dieser mit bedrückter Stimme.

Dann schloß er die Falltür über dem jungen Mann und Faramir befand sich in absoluter Dunkelheit .