Zwei plus eins – Mme M.
Die recht zerrupft aussehende Eule war schon vor geraumer Zeit des Pergaments an ihrem Bein entledigt worden. Auf den Genuss von belohnenden Kekshappen oder bestätigenden Streicheleinheiten musste sie allerdings verzichten. Denn der Empfänger der Nachricht saß brütend vor ihr, runzelte die Brauen und starrte ernst auf die wenigen Zeilen.
Kommen gleich!
Bleib wo Du bist!
MÜSSEN uns DRINGENDST sehen!
M. + O.
Unter den knapp hingeworfenen Zeilen erkannte Severus Snape einen Zusatz in der zierlichen Handschrift Orlanes. Mach Dir keine Sorgen, wir sind …
Nach diesen andeutenden Worten schien ihr der „Brief" unter den Fingern weggerissen worden zu sein, denn das D endete mit einer jähen Linie irgendwo in den Tiefen des fehlenden Restes.
Nun, ungewöhnlich war es nicht, dass Orlane und Morticia ihn mehr als alle anderen brauchten - sehr oft … hintereinander, immer … mal wieder auch zwischendurch … und überhaupt. Diese zahlreichen Erinnerungen malten dann doch ein Lächeln auf sein sorgenvolles Gesicht und als er hinfort träumte, sah er sie ganz genau vor sich – ihre blitzenden Augen, ihre weichen Hände, ihre zarten Lippen. Ein leises Seufzen drang unbeabsichtigt aus seinem Mund und das Papier segelte unbeachtet aus seinen Fingern zu Boden.
Erst als die unbefriedigte Eule mit einem Alarmschrei ihren Unmut kundtat, schreckte Snape hoch und seine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf das vergessene Tier. Schnell kramte er nach einer kleinen Belohnung und stopfte sie dem Vogel in den aufgerissenen Schnabel. Dann packte er das Tier und warf es aus dem Fenster hinaus, bevor er sich wieder dem Schriftstück zuwandte.
Irgendetwas daran stimmte nicht. Morticias schnörkellose Schrift hob sich hart und befehlend vom Untergrund ab, konnte aber die emotionale Beteiligung nicht verleugnen. Sie schrieb NIE so notdürftig, schroff, als ob er tatsächlich etwas Schlimmes verbrochen hätte. Inständig hoffte er, dass kein Anlass bestand sich in diese gedanklichen Bahnen zu begeben. Noch einmal kramte er in seinem Gedächtnis nach klärungswerten Fehltritten. Nur mochten ihm keine einfallen.
Schließlich wurde seinem Grübeln ein Ende gesetzt. Ein scharfes Klopfen erklang an der Tür und kurz darauf, wurde sie mehr aufgeworfen als geöffnet. Ohne einen Gruß rauschte Morticia in den Raum, gefolgt von einer entschuldigend lächelnden Orlane, die ganz und gar uneinverstanden mit dem Auftreten ihrer Freundin schien. Der Zauberer sah wie sein blonder Engel die Schwarzhaarige besänftigend am Arm griff, aber nicht viel Erfolg mit ihrer Geste hatte.
Morticia machte sich sanft aber unmissverständlich los und trat mit nahezu inquisitorischer Miene an seinen Schreibtisch, wo sie eindeutig wütend die Arme verschränkte und ihn mindestens zwei Augenblicke lang aufgebracht anfunkelte. „SEVERUS", brachte sie gerade gezischt hervor, als sie wieder verstummte, während ihre Finger gereizt auf den Oberarmen trommelten.
„Was ist denn LOS?" Verwirrt war Snape aufgestanden und trat um den Schreibtisch herum, wobei er registrierte, dass in Morticias Blick der unverständliche Wunsch lag ihre schlanken Finger eng, wirk- und WÜRGsam um seinen Hals zu legen.
Orlane allerdings machte ein unglückliches Gesicht ob der aggressiven Tendenzen und schob sich mutig vor ihre Gefährtin, nachdem es ihr nicht gelungen war diese mit geflüsterten Worten zu beeindrucken. „Wir … haben … ein Geschenk für Dich …", mit schiefem Lächeln reichte sie ihm tatsächlich ein kleines Päckchen aus ihrem Umhang.
„JA GENAU!", schnaubte Morticia hinter Orlanes Rücken hervor und flederte einen kleinen Zettel auf die mit einem Schleifchen versehene Box. „BEIDE übrigens!"
Mit spitzen Fingern hob Snape das fast schwarze surreale Kunstwerk mit den weiß verschwommenen Flecken hoch. „Was ist das?", tönte es fragend aus seinem Mund, während er das gestrige Datum und eine Uhrzeit nebst merkwürdigen Buchstabenkürzeln am rechten Rand registrierte.
Ein erhaschter Blick auf Morticia zeigte Severus, dass sie sich nun darauf verlegt hatte, streng die Lippen zusammenzukneifen, ihn aber immer noch aufgebracht anzusehen. „EIN FOTO", huschte sie schließlich widerwillig hervor.
„Aha …", sein Blick wanderte von dem merkwürdigen Bild wieder zu Morticia und schließlich zu Orlane.
„Ich kann nicht begreifen", fauchte die Schwarzhaarige, „wie Du so unvorsichtig sein konntest …"
„SEI STILL!", rügte Orlane nun so scharf, dass ihre Freundin verstummte. „Severus", wandte sie sich sanft an den Zaubertränkemeister, während sie flink die Schleife um das Kästchen aufzupfte, „was wir Dir eigentlich sagen müssen …", ein wenig unsicher lüftete sie den Deckel, „ist nämlich … dass wir …", wie um Stärke flehend, schloss sie kurz die Augen und flüsterte, „alle beide … nun alle drei … ich meine …" Fast gequält sah sie ihn wieder an und führte ihre Finger an seiner statt in das Päckchen. „Nun, wir werden … wir brauchen", unleugbar betreten aber auch mit einer deutlichen Spur Freude hielt sie ihm etwas vor die Nase.
„SCHUHE?", stieß Severus verblüfft heraus, bevor ihm auffiel, dass sie nicht nur rosafarben sondern auch sehr, sehr klein waren. Gerade noch gelang es ihm in drei Blicken Orlanes lächelnde Lippen, Morticias gerunzelte Stirn und am längsten die winzige Fußbekleidung zu betrachten, bevor es ihm merklich schwer fiel diese im Auge zu behalten.
Mit einem kaum gehauchten „Vater" auf den Lippen kippte er hintenüber und es wurde Nacht.
Wenig später spürte er eine kühle Hand gegen seine Wangen schlagen. „AUFWACHEN! WACHEN SIE AUF!"
Ruckartig schnellte er in eine sitzende Position, so dass ihm schon wieder ganz schwindlig wurde. Als er einigermaßen klar sah, erkannte er verblüfft Minerva McGonagall, die neben ihm auf dem Fußboden in seinem Arbeitszimmer kniete.
„Wo SIND sie?", suchend blickte er sich um.
„Genau hier Severus", die Stimme der Gryffindoraufpasserin klang eindeutig besorgt, „vor ihnen … wie viele Finger sind das?" Aufdringlich hielt sie ihm ihre ausgestreckte Hand mitten ins Gesicht.
Unwirsch wischte er sie beiseite. „Ich meine …", verlegen unterbrach er sich, „na ja … ähm … die beiden …", Frauen dachte er in dem Moment, als er „MÜTTER", sagte.
„Welche MÜTTER denn?" Sie tastete nach seinem Kopf. „Geht es Ihnen gut?"
„Ähm?", wurde Severus sein Versprecher bewusst. „Ich meine die beiden Frauen in meinem Büro, die eine blond, zierlich und sehr hübsch … die andere …"
„Oh? Sie hatten ein Elterngespräch?"
„Sozusagen …", Minervas Hand beiseite schlagend, stand er endlich auf. Orlane und Morticia waren verschwunden. Wahrlich kein Wunder bei seiner Reaktion. Er MUSSTE schleunigst mit ihnen sprechen. Zerstreut überzeugte er seine Kollegin mit kurzen Worten, dass es ihm wieder ausgezeichnet ginge und es nur förderlich wäre, wenn sie ihn jetzt alleine ließ. Um es glaubhafter zu zeigen, begleitete er sie ein Stück auf den Gang hinaus und kehrte dann in sein Büro zurück.
Erschrocken und erfreut zugleich wäre er beinahe im Türrahmen noch einmal in Ohnmacht gefallen, denn als wären sie nie weg gewesen stand da Orlane vor dem Schreibtisch, hinter dem Morticia im Sessel saß.
„Severus", die Schwarzhaarige sprang auf und lief auf den Zauberer zu. „Da bist Du ja!" Freudig schlang sie ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn fest auf den Mund.
„Dann bist Du nicht mehr wütend auf mich?", brachte Snape vorsichtig heraus.
Sie löste sich kurz von ihm und betrachtete ihn von der Seite. „Warum sollte ich denn?" Wieder schmiegte sie sich an ihn und ihre flinken Finger brachten es unterdessen zu Stande einige Knöpfe an seiner Robe zu öffnen und in eindeutiger Absicht durch die entstandene Lücke zu schlüpfen.
Inzwischen war auch Orlane herangetänzelt und betrachtete den gemachten Anfang wohlwollend. „Damit würde ich mich nicht aufhalten …" Viel zu schnell war sie auf den Boden gesunken und schlüpfte ganz selbstverständlich unter seinen Umhang.
Gerade noch konnte Severus ihre Hand an seinem Gürtel und Morticias Finger auf dem Weg unter diesen erwischen.
„Seid ihr ganz von Sinnen?", rügte er beide und versuchte sie in ungefährlichere Regionen zu ziehen, was wirklich nicht einfach war, da er nur zwei, sie dagegen vier Hände benutzen konnten. „Ihr braucht Schonung! Ruhe! ABSTINENZ!"
Spätestens bei diesem Wort erstarrten beide und versuchten nicht mehr ihre augenfälligen Absichten zu verfolgen. Stattdessen blickten sie ihn fassungslos an, während er noch ganz überflüssig hinzu setzte: „Schließlich seid ihr schwanger!"
„WIR SIND WAS?", sprangen die Worte perplex und gleichzeitig aus ihren Mündern.
„Schwanger …", kam es noch einmal, aber sehr viel weniger überzeugt.
Beide schüttelten äußerst ungläubig und gemeinschaftlich den Kopf.
„Aber ihr wart doch gerade beide hier. Du hast mir Babyschühchen geschenkt", er deutete auf Orlane. „Und Du hast mich angestarrt, als möchtest Du mich umbringen, weil ich Vater Deines Kindes werde …" Er wandte den Blick zu Morticia. „Dann war es irgendwie zu viel für mich und ich bin in Ohnmacht gefallen …"
„In OHNMACHT?", flüsterten beide voller Sorge.
„Du bist ja vollkommen überfordert", seufzte Orlane.
„Ja", bestätigte Morticia, „wenn Du sogar halluzinierst. Komm setz Dich."
„Nein", widersprach sein blonder Engel, „besser Du legst Dich ins Bett und wir …"
„… bleiben bei Dir …", ergänzte sein dunkler Cherub, „und vielleicht … wenn Du Dich besser fühlst …"
„… können wir uns tatsächlich mit Familienplanung beschäftigen … wenn Du willst …", raunte Orlane und grub ihre Hand zart in sein schwarzes Haar.
