Disclaimer:
Mir gehört (fast) nichts! Die Meisten Charaktere und anderes habe ich dem Film PotC entnommen! Und ich verdiene auch kein Geld mit dieser Geschichte!
Inhalt:
Jack wird von seiner Vergangenheit eingehohlt. Wird er sich dem stellen, oder weiterhin davon laufen? Außerdem hat Jack Will und Elizabeth mit an Bord - doch Norrington gibt nicht auf. Hartnäckig verfolgt er seinen Feind. ... Mehr verrate ich einfach nicht!
Hauptpersonen:
Jack, Will, Elizabeth, Anamaria, Norrington, Jana,... jede Menge Leute!
Rating:
PG-13
Anmerkung der Autorin:
Mir fiel für dieses Kap so ganz und gar kein Titel ein, also verzeiht mir diesen kreativen Tiefschlag... der Titel sagt nichts aus. Ich wünsche dennoch viel Spaß beim Lesen!
Die Nacht war weit vorangeschritten und Anamaria stand an Deck der Broken Heart, den Blick hinaus gerichtet, auf das Meer, in die scheinbar undurchdringliche Dunkelheit der Nacht starrend, die Hände am Steuer. Sie fühlte sich elend. Mit quälender Langsamkeit pochte ihr Herz in ihrer Brust. Sie fühlte jeden einzelnen Schlag. Was nur hatte sie erwartet, als sie Jack von sich gestoßen hatte? Alles, doch sicherlich nicht, dass es so unerträglich schmerzen würde. Nein, gewiss nicht.
Eine Hand legte sich auf ihre Schulter. „Du solltest schlafen gehen. Ich übernehme das Steuer.", erklang die ruhige Stimme ihres ersten Maates. Anamaria schüttelte knapp den Kopf.
„Ich kann nicht schlafen.", erwiderte sie mit zittriger Stimme. „Lass mich einfach hier stehen." Ihr Griff um das harte Holz des Steuerrades wurde fester. Doch Curtis ließ nicht locker. Er schüttelte besorgt den Kopf.
„Ich werde nicht darauf warten, dass du irgendwann zusammenbrichst.", erklärte er bestimmt. „Du hast in letzter Zeit viel zu wenig geschlafen und wenn du dich nicht ganz schnell hinlegst, werde ich hier eine kleine Meuterei anzetteln.", brummte er. „Du bringst uns alle in Gefahr, wenn du als Captain unausgeruht bist und unüberlegt handelst."
Anamaria drehte sich zu ihrem ersten Maat um, als das Wort Meuterei fiel. Sie war nun schon seit einiger Zeit Kapitän der Broken Heart und hatte auch zuvor schon jahrelang das Kommando auf anderen Schiffen geführt. Noch nie hatte es unter ihrer Führung eine Meuterei gegeben!
Doch als sie in Curtis' Augen blickte, sah sie keinen Hass und keine Bosheit, nur Sorge. Sorge um sie, um die Heart und die gesamte Besatzung und Anamaria wusste leider nur zu gut, dass er Recht hatte.
Schweren Herzens ließ sie das Steuer los, den einzigen Halt, den sie im Moment hatte und nickte leicht. Sie murmelte etwas, das sich wie ‚hast ja recht' anhörte und ging dann langsam in Richtung ihrer Kajüte.
„Willst du darüber reden?", vernahm sie hinter sich Curtis' Stimme, doch die junge Frau schüttelte den Kopf und hob die Hand zu einer abwehrenden Geste. Wozu reden, wenn niemand ihren Schmerz nehmen konnte? Wozu noch reden, wusste sie doch derzeit selbst nicht, was sie tat?
Glücklicherweise beharrte Curtis' nicht darauf, etwas Näheres erfahren zu wollen und so schlüpfte Anamaria rasch in ihre Kabine und schloss die Türe. Drinnen angekommen lehnte sie sich erst einmal gegen das braune Holz, das sie von allen Seiten einschloss und senkte den Blick auf die braunen Bohlen zu ihren Füßen. Sie schnaubte missmutig. Schlafen! Wie sollte sie schlafen? Ihre Gedanken überschlugen sich unaufhaltsam, wenn sie die Augen schloss, sah sie braune Augen, die sie anstarrten, Jacks Augen.
Anamaria seufzte und stieß sich von der Wand ab. Ihre Hand glitt an die Krempe ihres Hutes und sie zog die Kopfbedeckung gedankenverloren herunter. Ein Geräusch ließ sie zusammenzucken und während sie sich herumdrehte, zog sie schon mit einer Hand ihren kleinen Dolch, bereit, die Waffe gegen jeden Feind zu schleudern. „Wer da?", zischte sie in Richtung des Geräusches.
Die Waffe senkte sich fast von selbst, als sie einen Kopf mit langem Haar hinter dem Tisch hervorlugen sah und sich zwei zarte Hände neben den weit aufgerissenen Augen in die Luft reckten. Anamaria konnte sich das Schmunzeln beim besten Willen nicht ergreifen, als sie erkannte, wer hier unangemeldet in ihrer Kabine die Reise angetreten hatte. Sie steckte die Waffe wieder ein und bückte sich, um den Hut, der ihr entglitten war, wieder aufzuheben.
„Unachtsam, so laut zu sein, wenn der Eigentümer der Kabine sich gerade im Raum aufhält.", grinste sie schließlich. „Nun komm schon heraus. Du musst nicht mehr da hinten herumkauern.", fügte sie noch hinzu.
„Hallo Anamaria. Und? Was machst du jetzt? Mich über die Planke schicken?", fragte Elizabeth mit einer Mischung aus Ärger und Angst. Anamaria lachte auf. „Ja, das macht man oft mit blinden Passagieren.", grinste sie. „Aber nicht, wenn es sich um das Täubchen des Captains handelt. Nein, Elizabeth. Dir wird gewiss nichts geschehen. Gerade deswegen hättest du ja auch zurück bleiben sollen.", erklärte die junge Frau nachsichtig.
„Wie hast du es nur geschafft, an Bord zu kommen?", murrte Anamaria, als sie die Knöpfe ihres Hemdes öffnete. „Und wo bringe ich dich jetzt am geschicktesten unter?" Sie schüttelte abermals den Kopf.
Elizabeth trat endlich hinter dem Tisch hervor und senkte den Blick. „Es tut mir leid, dass ich dir wohl Ärger mache, aber versteh mich doch… Wenn eure Reise auf dem Grund des Meeres endet, dann sitze ich auf Tortuga fest. Allein! Würdest du mit mir tauschen wollen? Ich muss zu Will und wenn ich zuvor durch die Hölle gehen muss, nun, dann soll es so sein. Aber nur warten? Wie könnte ich das?"
Abwehrend hob Anamaria die Hand und schüttelte den Kopf. „Ich habe nie behauptet, dass ich dich nicht verstehen könnte, oder? Du liebst Will abgöttisch, nicht wahr? Du liebst ihn mehr als dein eigenes Leben." Ein wehmütiger Ausdruck trat auf das Gesicht des weiblichen Kapitäns. Elizabeth nickte leicht.
Anamaria seufzte nur und schüttelte ein wenig den Kopf. Oh ja, sie konnte Elizabeth nur zu gut verstehen und sie wusste auch nur zu genau um die Gefahren, die solche Liebe mit sich bringen konnte. Sie wusste vieles, wovon Elizabeth keine Ahnung hatte, aufgewachsen im Schutz einer höhergestellten Gesellschaft, fernab von allem Übel und beschützt vor allem Bösen. Einen Moment lang war sie versucht, die junge Frau einfach an Deck zu schicken. Sollte sie sehen, wo sie die Nacht verbringen konnte.
„Du weißt nicht, auf was du dich hier eingelassen hast, Elizabeth. Du hast keine Ahnung, was wir hier machen.... Diese Reise ist Selbstmord, meine Liebe. Jeder an Bord weiß, dass er von der Reise nicht mehr zurückkehren wird. Weißt du das auch? Hast du den Tod schon einmal gekostet? In sein starres Auge geblickt und nichts als Verderben darin erkannt? Dein eigenes Blut geschmeckt, kurz bevor alles um dich dunkel wurde und dich das Nichts in die Tiefe zu reißen droht? Du hättest auf Jack hören und auf Tortuga zurückbleiben sollen. Glaub mir, kurz bevor dich die Klauen des Todes mit sich reißen wirst du einsehen, dass das ein Fehler war."
Anamaria verstummte und senkte den Blick. Das hatte sie jetzt eigentlich so nicht sagen wollen. Stille hing in dem Raum, erdrückte die beiden Frauen beinahe.
Schließlich räusperte sich Elizabeth.
„Ich habe schon Gefahren überstanden, Anamaria. Ich sah mich alleine einem Haufen lebender Toter gegenüberstehen und vergiss nicht, dass auch ich tapfer gekämpft habe, als die Black Pearl die Interceptor eingeholt hatte. Warum stellst du mich als empfindliches Püppchen hin? Wegen meiner Herkunft? Verdammt, ich kann doch nichts dafür, dass ich als Tochter des Gouverneurs zur Welt kam und nicht als Piratentochter. Ausgesucht habe ich mir mein Leben gewiss nicht, denn den goldenen Käfig hätte ich oft genug sofort gegen den Tod an Bord eines Schiffes, an der Seite von Freunden eingetauscht. Ich kann kämpfen und ich werde dem Tod ins Gesicht spucken, sollte er versuchen, Hand an mich zu legen. Ich gebe nicht so einfach auf."
Wütend starrte sie der dunkelhäutigen Piratenfrau entgegen. Wie konnte diese es wagen, an ihren Motiven zu zweifeln? Wie konnte sie so reden? Anamaria seufzte. „Ja, ich weiß. Doch glaub mir eines, Elizabeth: Wenn ich die Wahl hätte, würde ich viel lieber gegen drei Schiffe voller verwunschener Piraten kämpfen, als gegen die Greyhound. Niemand kann sagen, was sich an Bord jenes Schiffes befindet, verstehst du? Die Greyhound hat schon vor etlichen Jahren diese Gewässer unsicher gemacht, Schiffe verschwanden damals, so wie sie auch heute verschwinden, doch es gibt keine Auflösung, die dieses Phänomen erklären könnte, außer dass der leibhaftige Teufel das Kommando über jenes Schiff führen muss. Noch nie kam mir zu Ohren, dass ein Schiff die Begegnung mit der Greyhound überstanden hat. Noch nie erfuhr ich genaueres über Kapitän und Besatzung unseres Gegners, weil es niemanden gibt, der je die Begegnung überlebt hätte, verstehst du? Ich habe Angst, Elizabeth."
„Warum bist du dann hier? Warum folgst du Jack?" Elizabeth blickte die Frau ihr gegenüber fragend an, doch sie wusste die Antwort eigentlich schon lange bevor sie die Frage gestellt hatte. Anamaria lächelte wehmütig.
„Weil ich ihn mehr liebe, als mein eigenes Leben. Außerdem ist da noch etwas, Elizabeth..." Anamaria verstummte und biss sich auf die Unterlippe. Elizabeth zog die Augenbrauen in die Höhe.
„Was? Was ist da noch?", fragte sie zögerlich nach. Elizabeth war auf wohl jede Antwort gefasst, nicht jedoch auf jene, die sie nun erhielt.
„Jack.... Er ist meines Wissens der einzige, der jemals eine Begegnung mit der Greyhound überlebt hat. Und er stellt sich seiner Vergangenheit. Wie könnte ich ihn im Stich lassen?", flüsterte Anamaria leise. Jack würde sie über die Planke schicken, wenn er erfuhr, dass sie sein Geheimnis verraten hatte. Kiel holen würde er sie lassen, bis sie ihren Namen vergaß, doch nun hatte sie es schon gesagt.
Elizabeth starrte Anamaria an. Biss sich auf die Unterlippe, schüttelte leicht den Kopf. „Dann ist doch etwas dran, an all den Geschichten, dass Captain Jack Sparrow weder Tod noch Teufel fürchtet? Dass er schlimmere Abenteuer überstanden hat, als andere sich nur vorzustellen wagen? Es ist nicht alles gelogen, was man über den großen Jack Sparrow tuschelt?" Anamaria lächelte leicht.
„Nein, die meisten Geschichten sind noch etwas ausgeschmückt, im Grunde sind sie jedoch alle wahr. Und einige... einige haben sich weit schrecklicher zugetragen, als die Leute jetzt noch erzählen." Sie seufzte schließlich. „Sag ihm gegenüber nichts davon. Ich bin wohl die einzige, die alles über ihn weiß. Und er soll nicht denken, dass ich sein Vertrauen gänzlich missbrauche. Er hasst mich jetzt zwar ohnehin schon, aber was soll's." Ihre Schultern hingen herab und wieder hatte Anamaria den Blick gesenkt.
Abermals herrschte eisiges Schweigen in dem kleinen Raum, nur unterbrochen vom Plätschern der Wellen, die Krachend gegen die Schiffswand schlugen und vom Pfeifen des Windes, der die Segel blähte.
„Jack, leg dich schlafen. Du kannst dich ja kaum noch auf den Beinen halten.", Hitch und Gibbs standen neben dem Steuerrad und blickten Jack bettelnd an.
„Aber schlafen kann ich auch nicht.", erwiderte der Kapitän der Black Pearl mit einem leichten Lächeln. „Ich weiß nicht, was ich erhoffen soll. Will ich das mistige Schiff finden, oder ist es mir lieber, wenn wir Duncan Blackrose und seiner Bande niemals begegnen und unverrichteter Dinge zurückkehren nach Tortuga." Er blickte Gibbs an. „Was meinst du? Wird mein Ruf sehr darunter leiden, wenn ich aufgebe? Oder habe ich schon genug Ruhm erlangt, so dass mein Name durch einen Rückschlag nicht völlig in den Dreck gezogen wird..."
Jack ließ das Steuer plötzlich los. „Hitch, deine Verantwortung." Und ohne ein weiteres Wort und noch ehe einer der beiden Männer etwas sagen konnte, war Jack schon auf dem Weg zur Kabinentüre. Klappend fiel die Türe ins Schloss und Jack war in der Kajüte verschwunden.
„Ich hoffe, er schläft endlich mal ordentlich. Dem Captain spukt derzeit zu viel im Kopf herum. Er wird noch völlig durchdrehen.", murmelte Hitch, als er das Steuer ergriff. Gibbs blickte auf die geschlossene Türe.
„Jack war schon immer verrückt.", meinte er schulterzuckend. „Der kriegt sich schon wieder ein. Keine Ahnung, was den Kerl so fertig macht. Normalerweise fürchtet er den Tod ja nicht."
Jack schmiss sich einfach auf sein Bett und starrte in die Schwärze der Nacht, die ihn in seiner Kabine umgab. Nein, den Tod hatte er noch nie gefürchtet und auch jetzt war es nicht der Tod, der ihm Angst machte. Nicht sein Tod.
Er fürchtete den Tod der Frau, die sein Herz geraubt hatte und er fürchtete, dass die Hölle ihn verschlucken würde, wenn sie auf das Schiff trafen. Dass Duncan Blackrose ihn erkannte, ihn gefangen nahm und Jack lange Zeit als Gefangener auf der Greyhound leben würde, ehe ihn endlich der barmherzige Tod aus den Klauen der Monster riss.
Nicht den Tod fürchtete der Piratenkapitän, sondern das Leben.
„Gut, ich werde vergessen, was du mir erzählt hast, wenn du mir sagst, was zwischen dir und Jack vorgefallen ist. Ich habe euch beobachtet, Anamaria. Was ist passiert, dass ihr einander jetzt nicht mehr in die Augen blicken könnt?" Doch vorerst erhielt Elizabeth keine Antwort. Statt dessen trat Anamaria zu einem kleinen Tisch hinüber und stellte eine Schüssel darauf. Schweigend schüttete sie frisches Wasser in die Schale und fing an, ihr Hemd aufzuknöpfen. Elizabeth wusste nicht recht, was sie jetzt tun sollte.
„Weißt du, Elizabeth... Liebe ist etwas wunderbares. Doch sie kann auch sehr gefährlich sein. Liebe macht blind und diese Redewendung kommt nicht von ungefähr.", meinte Anamaria auf einmal und zog das Kopftuch herunter, das sie getragen hatte, seit Elizabeth sie das erste mal gesehen hatte. Die junge Frau trat erschrocken einen Schritt zurück und hob die Hand vor den Mund. Anamaria jedoch lächelte und strich gedankenverloren über die vernarbte Stelle an ihrer Stirn.
„Was... was ist das?", fragte Elizabeth schließlich zögernd. Auf Anamarias Stirn prangte weiß und vernarbt ein großes „P".
„Pirat.", gab die Frau zurück und zuckte gleichmütig mit den Schultern. „So ein nettes Brandzeichen hat unser Supercaptain auch auf der Stirn. Was meinst du, warum er stets mit Kopftuch und Hut herumrennt? Das Kopftuch ist Markenzeichen der Piraten, weil wir damit dieses nette kleine Brandzeichen verstecken. Die meisten Leute wissen das jedoch und deswegen könnten wir auch ohne Kopftuch rumrennen." Sie krempelte den Ärmel ihres rechten Armes hoch und deutete auf ein weiteres P. „Deswegen wusste Norrington also, dass er einen Piraten vor sich hatte, als Jack am Pier stand, nachdem er mich gerettet hatte.", meinte Elizabeth leise.
Anamaria nickte. „Aye. Ein nettes kleines Brandzeichen für Piraten, die noch nicht genug Mist gebaut haben, dass man sie an den Galgen bringen kann, aber sichtbar genug um sicherzugehen, dass sie nirgendwo mehr Fuß fassen können und auf ewig Piraten bleiben werden. Und nach ein oder zwei Jahren... kann man sie dann guten Gewissens hängen."
Anamaria drehte sich wieder um und fing an, Gesicht, Hals und Oberkörper mit dem klaren, kühlen Wasser zu waschen. „Ist Gerechtigkeit nicht etwas schönes?", meinte sie und ihre Worte troffen nur so vor Sarkasmus.
„Wie kam es dazu?", meinte Elizabeth schließlich und deutete auf die Brandnarbe an Anamarias Unterarm. Die Frau seufzte kurz und erzählte Elizabeth dann, dass sie und Jack blindlings in eine Falle der Trading Company gerannt waren. Nachdem sie wegen Piraterie angeklagt worden waren, jedoch ihre „Verbrechen" noch nicht genügten, um sie aufzuknöpfen, wurden sie und Jack gebrandmarkt und dann laufen gelassen.
„Wir blieben trotzdem zusammen, aber irgendwann merkten wir dann, dass es für uns reichlich ungesund war, eine Beziehung zu führen. Damals trennten sich unsere Wege zum ersten mal. Etliche Jahre darauf trafen wir wieder aufeinander und konnten wieder die Finger nicht voneinander lassen. Sehr ungesund, das kann ich dir sagen. Als wir uns damals trennten, klaute Jack mein Schiff." Die Frau lächelte versonnen. „Er wollte mir zeigen, dass er besser war als ich. Nun ja." Sie zuckte wieder einmal gleichgültig mit den Schultern.
„Das hat uns nicht davon abgehalten, wieder ein Bett zu teilen. Ich weiß, dass es dir nicht verborgen geblieben ist." Elizabeth grinste triumphierend. „Doch jetzt..." Anamaria schüttelte den Kopf. „Was jetzt?", fragte Elizabeth nach. Anamaria schlüpfte gerade in ein frisches Hemd. Tränen glänzten im Schein einer Öllampe, die sie angezündet hatte. „Ich habe ihn fortgeschickt.", meinte sie einfach. „Und jetzt lass uns nicht weiter darüber reden, sondern schlafen.", wehrte Anamaria jeglichen Kommentar von Elizabeth sogleich ab. Die junge Frau nickte schweigend, doch ihr war klar: das Letzte Wort war hier noch nicht gesprochen. Sie wollte noch ein bisschen mehr über diesen geheimnisvollen Jack Sparrow herausfinden.
Norrington hatte Port Royal schon vor zwei Tagen verlassen und mit ihm war auch Wills Beklemmung gewichen. Er wühlte sich bei weitem sicherer, seit er den Kommodore weit weg wusste.
Ein weiterer Tag lag vor ihm. Ein weiterer Tag in seiner Schmiede, ein weiterer Tag mit Arbeit, ein weiterer Tag ohne Elizabeth. Sie war nun schon seit mehreren Wochen tot, doch noch immer nagte der Schmerz in seinem Herzen, wurde ihm kalt, wenn er zur Treppe hinüberblickte und am Ende eines langen, arbeitsreichen Tages nach oben stieg in die Leere seiner Behausung. Würde das jemals enden?
Vor allem aber war Will bewusst geworden, dass er noch immer hoffte. Auch wenn es so sinnlos war, hoffte er, dies alles sein nur ein Trick, hoffte, dass seine Geliebte noch unter den Lebenden weilte, hoffte, dass irgendwann der Tag kommen würde, da er und Elizabeth sich wieder in den Armen liegen konnten. Wie sinnlos doch sein Hoffen war!
Die Sonne stand noch recht tief, der Tag hatte noch gar nicht recht begonnen, als er vor der Türe ein Geräusch wahrnahm. Gerade hatte er die schwere Schmiedeschürze umgebunden, doch nun stoppte Will in der Bewegung und lauschte. Rascheln, dann Klappern erklangen direkt vor der Türe. Dann unterdrücktes Husten. Will schlich langsam zur Türe hinüber. Irgendjemand wühlte in dem Müll, den er gestern nur hinaus auf die Straße gestellt hatte, herum.
Automatisch glitt seine Hand zu einem der Degen und seine Finger schlossen sich fest um den eisernen Griff. Mit einem Ruck riss Will die Türe auf, doch der Schnüffler, wer oder was auch immer, war bereits verschwunden.
Der junge Mann schüttelte leicht den Kopf. Wurde er jetzt verrückt?
Schließlich machte er sich an die Arbeit. Hufeisen standen heute auf dem Programm. „Was für ein großer Schritt nach hinten!", schmunzelte Will für sich. „Ich bin Waffenschmied und soll heute Hufeisen anfertigen!" Doch andererseits war es einmal eine nette Abwechslung, etwas anderes zu machen und es zeigte ihm nur, dass seine Arbeit mittlerweile anerkannt wurde und man wusste, dass seine Fähigkeiten sehr vielseitig waren.
„Jahrelang hab ich um eure Anerkennung gekämpft. Jahre im Schatten des alten Mister Brown verbracht, Großes geleistet, was immer ihm in die Schuhe geschoben worden war. Und jetzt, eines schönen Tages verrate ich meinen besten Freund und als Dank dafür erhalte ich all die Anerkennung, die ihr mir zuvor nicht geben wolltet. Soll das verstehen, wer will.... ich jedenfalls nicht!", murmelte Will gedankenverloren vor sich hin.
Lachen riss ihn aus seinen Gedanken. Er drehte sich zur Türe um und sah niemand anderes als Jana mit ihrer Tochter auf dem Arm dort stehen und ihn belustigt angrinsend. Will verbeugte sich in einer höfischen Geste.
„Die Lady erweist dem armen Waffenschmied heute sehr früh die Ehre. Womit kann ich dienen, Teuerste?", meinte er lächelnd. Sein Blick glitt an ihr vorbei nach draußen. Es war schon hell aber doch noch sehr früh am Morgen. „Was seid ihr beiden so früh unterwegs?", fragte er und zog eine Augenbraue hoch. „Das ist doch nicht die richtige Zeit für die Kleine, oder?" Will trat zu den beiden Frauen und strich Nora mit dem Finger über die Wange. Das kleine Mädchen gähnte träge und kuschelte sich in die Arme ihrer Mutter.
„Guten Morgen, Will! Sag, führst du öfters Selbstgespräche?", meinte Jana leichthin. „Ja, beizeiten, wenn niemand zum Reden hier ist.", gab der junge Schmied zurück. „Warum fragst du?" Er schenkte Jana einen unschuldigen Blick. Die Frau legte den Kopf schief.
„Muss ich mir Sorgen machen, William Turner? Redest schon mit dir selbst. Tststs!", meinte sie schmunzelnd. Will lachte auf und schüttelte munter den Kopf.
„Ich glaube nicht, dass du dich deswegen sorgen musst, Jana. Ich langweile mich nur bisweilen ein bisschen, hier in der Schmiede, bei der Arbeit..." Sie blickte ihn aufmerksam an. „Warum seid ihr also schon unterwegs? Nora wirkt ja nicht sehr munter!", fragte er nun, um vom Thema abzulenken.
„Ich wollte heute selbst auf den Markt hinunter gehen. Deswegen bin ich schon auf den Beinen. Aber lenk nicht ab, Will, ich hab dich schon durchschaut. Warum langweilst du dich denn? Du steckst bis über beide Ohren in der Arbeit, wenn ich nicht irre. Die Aufträge häufen sich, die Käufer geben sich die Klinke im Moment förmlich in die Hand... Wie kann dir langweilig sein?"
Ertappt trat Will ein paar Schritte zurück und zog einen der Degen aus seiner Halterung. Spielerisch warf er die Waffe in die Luft und fing sie wieder auf, machte ein paar Schritte und streckte die Waffe im imaginären Kampf nach vorne. „Ja, natürlich habe ich genug Arbeit, da hast du recht, das ist es nicht... es ist nur..." er seufzte und steckte die Waffe wieder zurück. Warf den Schmiedehandschuh, den er in der anderen Hand gehalten hatte, in die Ecke und scharrte mit den Füßen über den staubigen Boden.
„Ach, ich weiß auch nicht. Ich fühle mich so nutzlos. Mir fehlt der Sinn im Leben, irgend ein Ziel... ich hatte immer ein Ziel vor Augen, weißt du? Ich hatte immer etwas, worum ich gekämpft habe, etwas, das ich unbedingt erreichen wollte... im Moment gibt es nichts, was mir vorschwebt. Es ist, als wäre meine Existenz hier völlig unbegründet und das nervt mich." Er kratzte sich verlegen im Nacken und legte den Kopf schief. Nachdenklich blickte er Jana an.
„Klingt idiotisch, nicht wahr? Aber um ehrlich zu sein, vermisse ich den Kampf, das Abenteuer. Ich kann mich nicht damit abfinden, dass ich hier als Schmied leben soll, bis ich alt und grau geworden bin. Ich brauche irgendetwas, wofür ich kämpfen kann, etwas, wonach ich suchen kann... Wieder an Bord eines Schiffes stehen und den Wind über den Wellen spüren, einen Degen an der Seite und den Dolch versteckt am Rücken, das Gewicht einer Waffe am Körper und den Griff dieser Waffe mal wieder in der Hand fühlen... Ich komme wohl nicht gegen das Blut meines Vaters an, das Blut eines Piraten."
Will lächelte verlegen. „Entschuldige, ich rede völligen Blödsinn und du musst dir das alles anhören.", meinte er leise und hob den Handschuh wieder auf. „Ich bin kein Pirat, sondern Schmied. Das wollte ich doch eigentlich immer sein." Will verstummte. Sein Blick durchdrang Jana und er sah sehr nachdenklich aus.
Die Frau lachte leise. „Es liegt wohl in der Natur des Menschen, stets nach höherem zu streben und sich neue Ziele zu stecken, sobald er die alten erreicht hat. Aber denkst du denn, dass Pirat etwas höheres ist, ein besseres Ziel, als ein ehrlicher Waffenschmied?", hakte sie leise nach. Will zuckte nur die Schultern und schüttelte den Kopf.
„Das habe ich auch immer gedacht. Ehrlich währ am längsten. Werde Schmied, verdien dein Geld und ordne dich den Anordnungen und Zwängen der Gesellschaft unter. Sei so, wie sie dich haben wollen.", meinte er nachdenklich. „Aber weißt du was? Ich kann es nicht. Ich gehe zu Grunde, wenn ich mir vorstelle, da hier auf ewig zu machen. Mich rufen das Meer und der Wind, die Abenteuer... mein Vater." Abermals verstummte Will. „Es ist schon seltsam... ich hatte wirklich immer ein Ziel. Aber innerhalb von wenigen Tagen wurden mir alle Ziele genommen, alle Illusionen geraubt.", flüsterte er leise.
„Von welchen Zielen sprichst du denn, Will?", erkundigte sich Jana freundlich und lehnte sich abwartend gegen den Rahmen der Türe. Will zog die Schultern hoch und schüttelte leicht den Kopf.
„Ist das nicht offensichtlich?", meinte er leise. „Ich habe immer versucht, die nötige Anerkennung zu erhalten, in der Gesellschaft akzeptiert zu werden, um Elizabeth meine Liebe gestehen zu können. Ich habe immer das Ziel gehabt, sie eines Tages in meinen Armen halten zu können, sie lieben zu können, ohne meine Gefühle verstecken zu müssen. Doch jetzt..." Will schluckte schwer.
„Du musst es nicht aussprechen, ich weiß, was du sagen willst.", fiel Jana rasch ein, als sie erneut das Glänzen in die Augen des jungen Schmiedes treten sah. Doch Will schüttelte den Kopf und lächelte wehmütig. Dann schloss er einen Moment die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Seine Atemzüge gingen ruhig, doch atmete er sehr tief ein und aus, um sich unter Kontrolle zu halten.
„Nein, schon gut. Jetzt gibt es dieses Ziel nicht mehr, denn Elizabeth.... Elizabeth ist tot. Auch wenn tief in meinem Herzen noch immer die Hoffnung keimt, dass es alles eine Lüge war, ein dummes Missverständnis, ein Trick... ich muss mich wohl damit abfinden, dass ich sie nie wieder im Arm halten werde." Will holte noch einmal tief Luft und öffnete die Augen schließlich wieder. Noch immer verriet ihr Glanz, dass er gegen die Tränen ankämpfte, doch er weinte nicht. Dieses mal nicht.
„Ein weiteres Ziel war schon seit ich klein war der Wunsch, meinen Vater zu finden. Doch auch diese Hoffnung ist nun endgültig vernichtet. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er noch am Leben ist. Nicht nach allem, was ich erfahren habe über ihn. Sie haben ihn auf den Grund des Meeres geschickt! Er kann einfach nicht mehr leben, verstehst du? Er kann nicht mehr am Leben sein..." Will verstummte wieder einmal und geistesabwesend starrte er auf den Boden zu seinen Füßen.
Betretenes Schweigen hatte sich über die Schmiede gesenkt, während draußen die Vögel ihren Tag mit fröhlichem Gesang begrüßten. „Die Hoffnung ist das Letzte, was du aufgeben darfst.", meinte Jana schließlich leise. Dann jedoch räusperte sie sich und meinte unvermittelt mit überraschend lauter Stimme: „Begleitest du mich hinunter zum Markt, oder möchtest du lieber mit deinen Hufeisen alleine bleiben?", sie schmunzelte.
Auch Will musste lachen. „Nein, danke. Kein Bedarf. Mit meinen Degen und Hufeisen werde ich heute noch genug Zeit verbringen. Du hast mich gerade noch so erwischt, ehe ich mit der Arbeit angefangen habe und auf den Markt könnte ich auch wieder einmal schauen.", erklärte er bestimmt. Jana nickte lächelnd.
„Das hatte ich ja gehofft.", gestand sie und streichelte über Noras kurzes Haar. Will lachte, schüttelte schmunzelnd den Kopf und machte sich daran, die lederne, schwere Schürze und die Schmiedehandschuhe wieder zu verstauen. Da seine Kleidung – und auch er selbst – noch sauber war, konnten sie nun gleich aufbrechen.
„Gib mir die Kleine. Oder lass mich den Korb tragen, Jana. Was wäre ich für ein ungehobelter Bursche, wenn ich dir nicht etwas von deiner Last abnehmen würde.", meinte Will freundlich und wandte sich im gehen der Frau zu. Sie lächelte.
„Wer immer für deine Erziehung zuständig war, hat ganze Arbeit geleistet.", meinte sie schmunzelnd. „Ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du Nora nehmen könntest. Das kleine Ding wird auf Dauer ganz schön schwer.", bat sie und schon blieb Will stehen und nahm das Baby behutsam aus den Armen seiner Mutter.
„Selbstverständlich.", meinte er bestimmt. „Onkel Will hat ja jetzt schon einiges über Kinder gelernt, nicht wahr, kleiner Sonnenschein? Ich stell mich schon gar nicht mehr so dumm an!", flötete er dem Kind zu. Doch Nora hob nur kurz die Lider und gähnte dann abermals. Leise murmelnd kuschelte sie das Gesicht in Wills Armbeuge und zog ein Beinchen an. Will lächelte liebevoll auf das Kind hinunter, während Jana ihn aufmerksam beobachtete.
„Eines Tages wirst du gewiss ein guter Vater werden.", meinte Jana vorsichtig, unsicher, ob ihn das nun verletzen würde, da er ja die Frau, die er liebte verloren hatte, oder ob es als Kompliment akzeptieren würde. Will erwiderte vorerst nichts. Sein Blick ruhte weiterhin auf dem friedlichen Gesichtchen des schlafenden Kindes.
„Eines Tages ... vielleicht werde ich das. Vielleicht aber auch nicht.", murmelte er nachdenklich. „Vielleicht werde ich das nicht sein, weil mich das Meer von meiner Familie weglockt, so wie es das bei meinem Vater gemacht hat..." Will brach plötzlich ab und schüttelte den Kopf, ganz so, als wollte er Gedanken und Erinnerungen abschütteln, die in eben diesem Moment auf ihn einstürmten.
Schweigend gingen die beiden nebeneinander her zum Markt hinunter. Der Geruch von Fisch lag in der Luft, aber auch der leicht metallische Geruch von Blut, zumindest im vorderen Teil des Marktes. Weiter hinten fanden sich dann allerlei Obst und Gemüse und auch Brot und ähnliches konnte man erwerben. Es war Markttag und es herrschte reges Treiben.
Will wich behutsam dem Drängen und Stoßen der Massen aus, um Noras zu schützen und zu vermeiden, dass das kleine Mädchen zu unsanft geweckt wurde. Doch das Kind schien den Lärm und das Gedränge überhaupt nicht zu bemerken und schlief seelenruhig weiter.
„Brauchst du etwas Bestimmtes?", erkundigte sich Will bei Jana, die ein Stück hinter ihm war. Diese wiegte den Kopf nachdenklich hin und her, verneinte seine Frage dann aber.
„Mal sehen, was mir ins Auge fällt.", meinte sie nur. Will nickte und wandte sich wieder um, um weiterzugehen, als er hinter sich einen spitzen Schrei vernahm. Sogleich fuhr er herum und sah, wie Jana zu Boden stürzte. Mit zwei Sätzen war er bei ihr und half ihr wieder auf die Beine. Jana schüttelte den Kopf. „Was war denn das?", murmelte sie erschrocken, doch als sie sich die Kleidung abklopfte, erstarrte sie. „Verdammt!" Jana fuhr herum und blickte sich suchend um.
„Was ist denn?", fragte Will und sah sie besorgt an. Jana fuhr abermals herum. Ein Blitzen lag in ihren Augen, das Will beinahe zurückweichen ließ.
„Das Geld... ich bin bestohlen worden!", zischte sie wütend und blickte sich noch immer suchend um. Will reckte sich nun ebenfalls hoch und suchte nach etwas ungewöhnlichen. Weiter hinten sah er eine Gestalt rasch zwischen den Leuten her huschen, sich ab und zu unsicher umsehend. Will nickte grimmig.
„Da vorne rennt der Dieb. Nimm Nora und bleibt hier. Ich werde den Kerl schon schnappen.", grollte er und gab das schlafende Kind an seine Mutter zurück. Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte er dem Fliehenden nach. Der Dieb war klein von Statur und konnte so leicht zwischen den Leuten hindurchhuschen, ohne dass diese ihn wirklich bemerkten. Doch Will konnte ihm problemlos folgen, denn die Leute gingen ihm folgsam aus dem Weg. Es dauerte nicht lange und er war so nah an den Dieb herangekommen, dass er ihn am weiten Stoff seines Hemdes fassen konnte.
Mit einem ordentlichen Ruck nach hinten brachte er den Fliehenden zu Fall und dieser, überrascht und überrumpelt, ließ im Fallen den Lederbeutel aus der Hand gleiten, in dem Janas Geld klimperte. Will fing den Beutel geschickt auf und stand nun drohend über dem Dieb, mit erhobener Faust, bereit, diesem in das grinsende Gesicht zu schlagen, sollte er die Tat leugnen.
Doch als er nun den Blick auf den Dieb senkte und gerade anfangen wollte, diesem die Leviten zu lesen, was ihm einfalle, eine Frau umzurempeln und zu bestehlen, als ihm die Worte im Halse stecken blieben. Ungläubig starrte er auf den Jungen, der am Boden lag, die Hände schützend über den Kopf hielt und ihn zwischen seinen Fingern hindurch ängstlich aus großen Augen anstarrte.
Will ließ langsam die Hand sinken. Sogleich sah der Junge seine Chance gekommen und sprang auf. Doch der Schmied war schnell genug und konnte ihn am Oberarm festhalten. „Nicht so schnell, junger Freund. Wir gehen jetzt zu der Lady, bringen das Geld zurück und entschuldigen uns in aller Form bei ihr.", knurrte er den Buben an. Dieser wehrte sich heftig, doch Wills Finger lagen wie ein Schraubstock um die schmächtigen Oberarme.
„Vergiss es, Kleiner. Schmiedhände. Da kommst du nicht frei.", grinste Will und machte sich mit einem entschuldigenden Lächeln und Kopfnicken zu den umstehenden Passanten auf den Weg zurück zu Jana und Nora. „Alles in Ordnung, danke.", meinte er lächelnd zu den Leuten, die ihn ansprechen wollten.
Ein Soldat stellte sich den beiden in den Weg und blickte den Jungen scharf an. „Ist das nicht einer der Streuner? Ich habe ihn schon vor zwei Tagen verfolgt… Der macht hier die Straßen unsicher und beklaut jeden, der in die Nähe seiner kleinen, flinken Fingerchen kommt. Schön dass sie ihn erwischt haben, ich übernehme den Jungen jetzt.", erklärte der Soldat bestimmt und streckte schon die Hand nach dem Oberarm aus.
Will vernahm das erschrockene Einatmen des Jungen, er spürte, wie sich der Knabe versteifte und jeder Muskel in dem kleinen Körper bis aufs äußerste gespannt wurde. Er schüttelte lächelnd den Kopf. „Verzeiht, doch ihr müsst den Knaben verwechseln.", erklärte er bestimmt. „Der Junge gehört zu mir und er ist ganz gewiss kein Dieb. Ihr müsst euch irren, Sir." Er lächelte dem Soldaten freundlich entgegen.
„Ach. Der gehört zu ihnen? Und weshalb versucht er dann abzuhauen?", meinte der Soldat spöttelnd und wies auf Wills Hand, die noch immer den Oberarm des Knaben fest umfasst hielt.
„Ach, Jungs! Ich habe ihn jetzt schon zwei Stunden gesucht, weil er sich mit seinen Freunden verzettelt hat. Das pure schlechte Gewissen, ihr versteht? Nachtwanderung und das, obwohl ich ihm ausdrücklich untersagt hatte, nachts auf der Straße herumzulungern. Das ist schließlich kein Ort für kleine Jungs.", erklärte Will im Plauderton und zuckte leicht die Schultern. Der Junge widersprach ihm nicht. Grummelnd musterte der Soldat den Knaben erneut und ein triumphierendes Lächeln stahl sich auf seine Lippen.
„Dann erklären sie mir, weshalb der Knabe aussieht, als hätte er sich zuletzt vor drei Monaten gewaschen. Und diese Kleidung! Die trägt er sicherlich schon seit ewigen Zeiten. Das ist eindeutig einer von der Straße. Dreckiges Pack, es bringt nichts, die zu beschützen!", grollte der Mann. Will setzte einen entrüsteten Gesichtsausdruck auf und stemmte die freie Hand in die Seite.
„Habt ihr Kinder? Es ist ein Graus, wie rasch es diesem Pack gelingt, selbst die saubersten Klamotten völlig zu verdrecken. Man kann sie dreimal am Tag in frische Kleidung stecken, nach wenigen Stunden ist das Zeug verschlissen und verschmutzt. Jungs sind da besonders schlimm. Die toben ständig irgendwo herum und werden dreckig. Und nun wäre es zu freundlich, würdet ihr damit aufhören, meine Kompetenzen als Vater zu hinterfragen. Ihr verwechselt den Knaben. Und jetzt entschuldigt!", meinte er mit leicht säuerlichem bis pikiertem Tonfall und drängte an dem Soldaten vorbei.
Diese blieb etwas verdutzt zurück und starrte ‚Vater und Sohn' irritiert nach. „Entschuldigung… Natürlich wollte ich hier nicht eure Kompetenzen hinterfragen, Mister… Guten Tag!" Doch Will und der Junge drehten sich nicht mehr um.
„Danke, Sir.", murmelte der Knabe neben ihm plötzlich und starrte kleinlaut zu Boden. Will seufzte leise. Warum er das eben getan hatte, war ihm selbst nicht so ganz klar.
„Schon gut. Wie heißt du?", fragte er in freundlichem Tonfall. Doch der Knabe biss sich auf die Unterlippe und schwieg. Will schüttelte den Kopf. Das musste er ja nun wirklich nicht verstehen.
Sie erreichten Jana, die Will und den Dieb schon mit teils wütendem, teils belustigtem Blick erwartete.
„Sieh an, was ich auf der Straße gefunden habe.", meinte Will und reichte Jana ihren Lederbeutel mit dem Geld. „Und unser Freund hier hat auch noch etwas zu sagen, nicht wahr?", meinte er und rüttelte den Jungen ein wenig, der noch immer stur auf den Boden starrte.
„'Tschuldigung", nuschelte dieser vorsichtig.
Will und Jana standen inmitten des Marktes und blickten auf den Knaben hinunter. Er war wohl zwischen 12 und 14 Jahre alt, schmächtig gebaut, klein, mager. Das dunkelbraune, fast schwarze Haar war schrecklich verfilzt und seine Hautfarbe war unter all dem Dreck nicht klar erkennbar. Seine Kleidung war zerschlissen und dreckig. Der Junge bot einen erbärmlichen Anblick.
Die beiden Erwachsenen verspürten durchaus Verständnis und Mitleid. Von irgendetwas musste der Knabe, ganz offensichtlich ein Straßenkind, ja leben und es war wohl nur zu natürlich, dass er versuchte, seinen Magen mit Hilfe kleiner Diebstähle zu füllen. Und ohne bewusst darüber nachzudenken, sannen sowohl Will als auch Jana darüber nach, wie sie dem kleinen Kerl helfen konnten.
„Und was machen wir jetzt mit dir?", murmelte Will nachdenklich und lockerte seinen Griff. Wieder reagierte der Junge rasch darauf. Und ehe Will ihn nochmal ergreifen konnte, hatte er sich schon vollends losgerissen und rannte davon. „Warte!", schrieen beide dem Kerl noch nach, doch die Angst des Knaben war wohl zu groß gewesen, denn er sah zu, dass er so schnell wie möglich verschwand.
Will schüttelte missbilligend den Kopf. „Kleiner Dummkopf! Irgendwann erwischen dich die Soldaten.", murmelte er dem Jungen hinterher. Janas Hand auf seiner Schulter riss ihn aus seinen Gedanken.
„Was ist los, Will? Warum nimmt dich der Kerl so mit? Es gibt Dutzende wie ihn.", fragte sie leise. Will zuckte mit den Schultern und seufzte.
„Ach, ich weiß auch nicht. Er tut mir nur Leid… und irgendwie erinnert er mich an mich selbst, verstehst du? Außerdem wäre es bestimmt schön gewesen, etwas Leben in die Schmiede zu bekommen. Mir ist es echt zu einsam…", grummelte der junge Waffenschmied vor sich hin. Jana lachte. Überrascht sah Will sie an.
„Du hörst dich an, als hättest du den Knaben freiweg unter den Arm geklemmt und ihn mit in die Schmiede gezerrt, um dort Vater für ihn zu spielen. Wie war das noch? Eines Tages würdest du vielleicht ein guter Vater werden…. Mir scheint, du kannst es gar nicht erwarten.", spöttelte sie nun. Will lächelte ebenfalls.
„Irgendwie hast du wohl Recht. Ein dummer Gedanke. Jetzt komm aber. Wir wollten noch etwas kaufen!", gab er zurück und nahm Jana ihre Tochter erneut ab.
Nebel waberte dicht über die sanften Wellen des karibischen Meerraums und friedlich zogen die drei Schiffe ihre Bahnen über das Wasser, auf der ergebnislosen Suche nach einem geheimnisvollen Schiff.
Captain Jack Sparrow stand am Bug der Black Pearl und starrte hinein in die dicke Nebelwand. Eine Gänsehaut zog seinen Rücken hinab und jedes einzelne Härchen seiner Haut stellte sich auf, angesichts der Gefahr, um die wohl nur Jack zu wissen schien. Nebel!
Nebel war das liebste Werkzeug der Greyhound. Sie griffen gerne aus dem Nichts an und Teufelshand musste wohl im Spiel sein, bedachte man, dass jenes Schiff in diesem undurchdringlichen weißen Schleier stets mit einer Sicherheit sein Opfer fand, dass es kein Zufall mehr sein konnte.
Drückende Stille legte sich über sie, selbst die Wellen und der Wind schienen zu verstummen. Jack hob den Blick hinauf zu den dunklen Segeln, doch das Segeltuch hing schlaff herab, der Wind hatte sich gelegt und nicht einmal der kleinste Windhauch regte sich mehr.
Ein Zittern durchlief seinen Körper und Jacks Finger krallten sich in das dunkle Holz der Balustrade bis seine Knöchel weiß hervortraten. Ihm war, als hätte er dort vor dem Schiff ein Geräusch gehört. Das Geräusch von kleinen Wellen, die sich am Rumpf eines mächtigen Schiffes brachen, das leise Plätschern von Rudern im Wasser.
Angespannt starrte er hinaus in den dichten weißen Nebel, lauschte angestrengt, ob er etwas hört, versuchte herauszufinden, ob es nur ein Hirngespinst gewesen war, welches sein Herz zum stillstand bringen wollte, oder ob dort draußen tatsächlich etwas gewesen war.
Lange Zeit sah und hörte Jack jedoch nichts und er war bereits versucht, sich umzudrehen, als sich der Nebel plötzlich von einem leichten Windstoß davontragen ließ und er direkt vor dem Bug der Pearl ein Schiff sah, welches mit der Backbordseite zu ihnen gewandt war. Der Pirat starrte direkt in die schwarzen Löcher der Kanonen, ehe ein lautes Knallen, Rauch und Explosionen verrieten, dass die Kanonen soeben abgefeuert wurden. Den lauten Ruf einer ihm wohlbekannten, kalten Stimme vernahm er erst nach dem Knall. „Feuer frei!", schrie dort jemand.
Eplosionen hallten erneut und eine schwarze, riesige Kanonekugel raste wie in Zeitlupe auf Jack zu, der völlig steif vor Angst und Überraschung zu nichts fähig war. „Das ist das Ende!", dachte der Pirat verzweifelt.
Doch in dem Moment, in dem ihn die Kugel hätte erschlagen müssen, wachte Jack auf.
Heftig atmend ließ Jack sich auf seine Pritsche zurückfallen, schloss die Augen und versuchte, seine Atmung und seinen Herzschlag wieder unter Kontrolle zu bekommen. Natürlich war es nur ein Traum gewesen! Das hätte ich doch wohl merken müssen, schalt Jack sich selbst.
Erst jetzt merkte er, dass es bereits hell war. Es musste schon recht spät sein. Sich selbst für sein Verschlafen scheltend, kroch der müde Pirat schließlich aus dem Bett, warf sich seine Klamotten über und ging an Deck.
Dort sah er Hank am Steuer stehen. Die beiden anderen Schiffe befanden sich in unmittelbarer Nähe der Pearl, so wie er es befohlen hatte. Mit einem zufriedenen Nicken marschierte er auf den derzeitigen Steuermann zu. „Wo ist Hitch?", fragte er etwas skeptisch.
„Guten Morgen, Captain. Er hat sich hingelegt, war zu müde, um noch den Kurs zu halten."
Jack blickte hinauf zur Sonne und stellte entsetzt fest, dass es noch weit später war, als er vermutet hatte. Er schnappte sich Gibbs und stauchte den Mann zusammen, weshalb er ihn nicht geweckt habe, anschließend befahl er Hank zum Deckschrubben ab und übernahm selbst wieder das Steuer. Dieser Tag behagte ihm gar nicht! Er hatte schlecht begonnen und würde sicherlich nicht recht viel besser enden, dessen war sich Captain Jack Sparrow sicher.
Die Mannschaft beobachtete das Verhalten des Captains mit gemischten Gefühlen. Einerseits fanden es einige witzig, da sie selbst von der schlechten Laune des Mannes ja nicht betroffen waren, andererseits war es nicht gut, wenn Captain Jack Sparrow schlechter Laune war. Selbst einen Schluck Rum, den Gibbs ihm anbot, wies Jack barsch zurück. Kopfschüttelnd wandten sich die Männer wieder ihren Aufgaben zu.
Jack selbst war wütend über sich selbst und sein reichlich unprofessionelles Verhalten, doch diese Warterei zermürbte jetzt schon seinen Geist, seine Gedanken schweiften ständig sonst wo herum und er war einfach nicht bei der Sache.
Sein Blick glitt hinüber zur Broken Heart, an deren Steuer schon wieder Anamaria stand. Diese Frau war nicht unbedingt unbeteiligt an seinem derzeitigen Gemütszustand und das ärgerte den Piraten wohl noch weit mehr als alles andere. Er war ihr ausgeliefert, konnte sich ihrer nicht erwehren und das passte ihm so gar nicht.
Während er so hinüber starrte zu dem anderen Schiff, tauchte neben der Frau eine weitere Gestalt auf. Schmächtig gebaut, wie der Kapitän am Steuer selbst, mit wehendem, langem Haar.
Jack erstarrte. Sein Kiefer klappte nach unten und er kniff mehrmals die Augen zusammen, doch an dem Bild, das er sah, änderte sich nicht.
„Elizabeth?!"
Naja, in diesem Kap ziemlich wenig Jack Sparrow, mal wieder seeeehr tiefsinnige Gespräche, etwas mehr Zeit, die vergangen ist, ein paar Seiten mehr für euch zum lesen, schon wieder neue Handlungsstränge und Gedankengänge und noch immer kein Ende in Sicht... Wenn ich die Greyhound eines Tages beende, dann grenzt das an ein Wunder. *g*
Wenn ihr die Nase voll habt von der Story, gebt bescheid, dann schreib ich ein pompöses „Knall-auf-Fall-Ende" und lasse euch für immer in Ruhe!
Möchte mich dann abschließend noch entschuldigen, dass es so lange gedauert hat, bis ein neues Kap online kam.... Zu meiner Verteidigung muss ich sagen: Ich war nicht untätig,... hab mich nur anderen Fandoms zugewandt. *Abwechslung braucht*
Na jut, dann wende ich mich mal euren superlieben Reviews zu:
@pati: Doooch! Das wäre Schlecht. Ich tendiere beim Entstehen eines Liebespaares dazu, das auch ordentlich auszuführen. diese Story lieb aber nie unter dem Aspekt einer Romance und soll auch keine solche werden. Die beiden haben den Sinn für Realität verloren... ned gut! *g* Freut mich aber, dass die Story bislang wohl ned so übel war. Mal gucken, was aus Jack und Anamaria noch wird. Danke für dein Review!!
@Becci: *megarot wird* Oi, da ergiest sich jemand in Lobeshymnen.. *hüstel* Danke, es freut mich wirklich unheimlich, dass du die Story so toll findest... Anamaria mag ich auch ganz gerne, aber was Ana/Jack angeht, kann ich noch nichts garantieren.. mal sehen, wohin mein Wirrer Geist mich führen wird. *gg* Hoffe, ich höre bald wieder was von dir.
@Gundolf: *wird gar nicht mehr hautfarben* Drehbuch? Dritter Teil? *hüstel* *dumm kicher* Hier sollten wir doch aber mal auf dem Teppich bleiben... so doll ist ja die Geschichte jetzt auch wieder nicht. *hust* Die werden die ja auch nie lesen, weil se deutsch ist. *gg* Also, dummerweise werden wir uns mit den Phantasieen bezahlter Autoren herumschalgen müssen, wenn es um die Fortsetzung-en geht. Danke für dein Review!!
@krissy: JA, du hattest Ferien... ich ned! Jahaaa!!!! Norrington!!! *kriegt leuchtende Augen* Oh, der Norrington... ach, ich gewinn ihn richtig lieb... mit dem werde ich mich noch schöööön spielen können! Dieses Kap sollte deine Frage bezüglich Elizabeth beantwortet haben. *g* Was hätte ich sonst mit ihr machen sollen?? Na, macht ja nichts, wenn du kein Will fan bist. *g* Ich werd jetzt einer. *rofl* Vielen Dank für dein Review! Hat mich gefreut wie immer.
@RavannaVen: Nicht bekannt in den Reihen meiner Reviewer. Aber, um das mal zu gestehen... ich komme derzeit null zum lesen. (würde ich noch so viel lesen, dann gabs alle drei Monate mal ein neues Kapitel!!) Meine Story boycottieren??? Ned!! *snif* Na, ich werd mal versuchen, schneller zu schreiben, aber garantieren kann ich halt nichts.. sorry! Danke, dass du mir wieder reviewt hast! Das hält doch nen Autor bei der Stange! *g*
@bilbo: Sweeetie!!! Was machst du auf der Seite? *ggg* Na, die neuen Kaps kennst du ja noch gar ned, gelle?! Da müss ma am WE wieder ne Lesestunde einlegen. Freu mich schon auf dich!
@Pearl: Ich bin froh, wenn ihr die langen Kaps ned als störend empfindet... ich hab halt immer das Problem, dass ich auf Seite 7 bin und noch immer ned alles aufgeschrieben habe, was ich noch erzählen wollte.. *g* Will ich jetzt auch ned verraten, wer das ist. Kommt bald.. (zumindest hoffe ich, dass ich bald zum Ende komme und mich ned wieder verhaspel). *kipp* DAS ist mal wieder ein Kommentar, der mich vom Stuhl hohlt und mir abermals die Röte der schüchternen Ungläubigkeit ins Gesicht treibt... *hüstel* Es freut mich wahnsinnig, dass du das so siehst und Jack durch meine Geschichte mehr Tiefgang erhält.. das ist echt ein klasse Review!!*sich dankend verbeugt*
@Manu: Hallo!! So langes und so positives Review... ich weiß gar ned, wo ich anfangen soll.. zu deiner Frage wegen dem Runterladen: Natürlich darfst du das! Freut mich sehr... uns sorry, das wegen mir / meiner Story deine Online-rechnung so hoch werden wird... war sicherlich nicht beabsichtigt. So zu dem Rest deines Reviews: DANKE! Mehr fällt mir nicht ein. Es ist einfach großartig, so etwas zu lesen, und zu erfahren, dass jemand diese Geschichte so toll findet... tut jedes mal wieder gut! Ich hoffe, du wirst mir weiterhin noch ab und an ein Review zukommen lassen... Balsam für meine gemarterte Seele! *g* Bis bald!
@Evildollie: Puh, dann bin ich ja froh, wenn das jemand genauso empfindet... mal sehen, ob die nochmal zusammenfinden... tendieren ja beide zu ner Beziehung! Freut mich unheimlich, dass dir das Kap wieder gefallen hat. *knuddel* Danke für dein Review.
