Disclaimer:
Mir gehört (fast) nichts! Die Meisten Charaktere und anderes habe ich dem Film PotC entnommen! Und ich verdiene auch kein Geld mit dieser Geschichte!
Inhalt:
Jack wird von seiner Vergangenheit eingehohlt. Wird er sich dem stellen, oder weiterhin davon laufen? Außerdem hat Jack Will und Elizabeth mit an Bord - doch Norrington gibt nicht auf. Hartnäckig verfolgt er seinen Feind. ... Mehr verrate ich einfach nicht!
Hauptpersonen:
Jack, Will, Elizabeth, Anamaria, Norrington, Jana,... jede Menge Leute!
Rating:
PG-13
Anmerkung der Autorin:
Endlich, endlich geht es weiter! Aber wohl etwas anders, als man es erwartet hätte....
Kapitel 24
Hitch stand an Deck "seiner" Black Pearl, am Bug, die Augen starr geradeaus gerichtet, die Arme vor der Brust verschränkt. Stark und selbstsicher wirkte er, überlegt und berechnend. Doch in seinem innersten tobte ein Sturm und die Arme hatte er nur vor der Brust gekreuzt, um zu verhindern, dass irgendwer sah, dass seine Hände zitterten.
Wortgewandt und mit flammender Rede hatte er gegen Jack gehetzt, hatte die
Besatzung, die halb toll vor Angst gewesen war, auf seine Seite gezogen, davon
gesprochen, dass sie einen Weg finden mussten, die Flotte "Vergeltung"
zu verlassen, um sich ihrer Haut zu erwehren. Doch als Gibbs ihn vor wenigen
Tagen geradeheraus gefragt hatte, welchen Grund es gab Jack zu misstrauen, hatte
Hitch geschwiegen.
In dem Moment, als er das Ruder an sich riss und Jack in den Bauch seines Schiffes
verbannte, war es ihm richtig vorgekommen. Er fühlte sich im Recht. Ganz
offensichtlich wusste Jack zu viel über ein Schiff, dass es eigentlich
nicht geben durfte, ein Schiff, das nie jemand gesehen hatte, ein Mythos, der
Wirklichkeit geworden war und doch nicht greifbar schien.
Jack ängstigte ihn. Wenn man den Piraten betrachtete, so sah man nichts
weiter als einen betrunken Kerl, der torkelnd und lallend seiner Wege ging.
Sehr tuntenhaft im Verhalten. Einer jener Männer, denen man aus dem Weg
ging, aus Angst, sie könnten einem zu nahe kommen oder einem sogar an die
Wäsche gehen. Reichlich verwirrt schipperte der Piratenkapitän durch
die Meere.
Doch der Eindruck täuschte. Jack war ein kluger Kopf und ob es nun Intuition,
Erfahrung, rasche Auffassungsgabe oder sonst etwas war, Jack hatte viel zu oft
Recht. Das war es, was ihn ängstigte. Es konnte nicht mit rechten Dingen
zugehen… Jack musste mit irgendeiner bösen Macht unter einer Decke stecken,
wenn nicht sogar mit dem Teufel im Bunde sein.
Hitch hatte mit seinem Captain schon so manches Fläschchen Rum geleert.
Er konnte trinken, doch das seltsame war, dass man es Jack nicht anmerkte, ob
er getrunken hatte oder nicht. Er torkelte immer auf die gleiche weise, lallte
immer im gleichen Tonfall, verhielt sich auch nach dem Rum noch genauso wie
zuvor. Im Laufe der Zeit war Jack seinem ersten Maat suspekt geworden.
Dann kam sein seltsames Verhalten hinzu… noch seltsamer, als es sonst war. Was
nur lag Jack so daran, das Schiff zu finden, das bisher noch für jeden
anderen den sicheren Untergang bedeutet hatte?
Doch so sicher er sich am Anfang noch gewesen war, so rasch schwand nun diese Sicherheit. Und mit jedem weiteren Tag wuchs die Angst. Die Angst vor einem Schiff, das es eigentlich nicht geben konnte. Die Angst vor einem Mythos, einer Legende. Und das nun schon seit zwei Wochen!
Ein Vogel flog hoch über den schäumenden Wellen des Atlantischen Oceans. Weit hatten ihn seine Flügel schon getragen und noch viel weiter mussten sie ihn tragen. Zielstrebig schnitt der weiche, kleine Körper durch die Luft, schoss auf ein unsichtbares Ziel zu, immer gen Südwesten, dort, wo er das Land wusste.
Ein Krachen hallte durch die warme Luft, zerriss die Idylle eines anbrechenden Tages am Rande der Karibik. Lautlos unterbrach der Vogel seinen Flug, änderte die Richtung, so als hätte er ein neues Ziel vor Augen und wandte sich diesem unaufhaltsam und rasend schnell zu: die glänzende Wasseroberfläche.
Hatte der Schuss das Tier noch nicht getötet, so starb es wohl spätestens beim harten Aufprall auf der glitzernden Oberfläche. Das leuchtende Türkis des seichteren Wassers verfärbte sich in ein hässliches Rot. Nicht lange und ein Grauer Pfeil durchschnitt die spiegelnde Oberfläche. Der Vogel merkte nicht mehr, wie ihn die Zähne eines Hais auseinander rissen.
Lachen erklang. Ein tiefes, emotionsloses und kaltes Lachen. "Auf in den Süden, Männer! Hier gibt es zu wenig zu jagen!", dröhnte die Stimme des Mannes über Deck. Sogleich stürzten die Männer los, um seinem Befehl folge zu leisten.
Jack wanderte unruhig auf Deck herum. Auf und ab, marschierte der Pirat, von
Backbord nach Steuerbord, vom Heck des Schiffes bis zum Bug. Anamaria beobachtete
ihn aufmerksam. Seit etwa drei Stunden ging das nun schon so, doch er ließ
sich durch nichts beirren. Elizabeth trat neben sie. Mit einem Kopfnicken wies
sie auf den Piraten, der gerade eben wieder einmal an ihnen vorbeimarschierte.
Anamaria zuckte nur die Schultern und verlagerte ihr Gewicht ein wenig auf den
anderen Fuß. Curtis stand zusammen mit Martin am Steuer und redete vermutlich
über die kleine Blonde, die ihnen beiden in Caracas völlig den Kopf
verdreht hatte. Hin und wieder blickte einer von beiden auf und sah sich nach
dem wandernden Kerl um, schüttelte den Kopf und wandte sich wieder dem
Gespräch zu.
Irgendwann wurde es Anamaria doch zu bunt. Sie wusste nicht, was heute in Jack
gefahren war, doch sie wusste, dass es ein Ende haben musste. "Jack! Entweder
du setzt dich endlich hin, oder ich schicke dich zum Schwimmen raus, damit du
dich abreagieren kannst.", erklärte sie in unerbittlichem Tonfall,
als der Pirat das nächste mal in ihre Nähe kam.
"Oh! Der Captain will mich zu Haifutter verarbeiten?", säuselte
Jack und drehte sich um. "Die Planke!! Bereitet die Planke vor! Jack geht
heute Baden!", tönten seine Rufe über Deck. Alle Anwesenden wandten
sich ihm zu. Jack grinste, während Anamaria die Hände in die Hüften
stemmte.
"Was ist los mit dir, verdammt?", stieß sie hervor. Doch Jack
zuckte die Schultern und drehte sich schwungvoll auf einem Bein um.
"Was soll los sein?", flötete er. "Welch wunderschöner
Tag heute! Kein Lüftchen regt sich, keine Schiffe weit und breit, es ist
doch wundervoll, einfach nur mitten im Meer zu hocken und darauf zu warten,
dass sich die Zeiten wieder bessern!" Seine Stimme troff nur so vor Sarkasmus.
Anamaria packte den Mann am Oberarm und hielt ihn fest. Mit Unschuldsmiene drehte
sich Jack zu ihr um.
"Runter in meine Kabine, Jack. Sofort.", grollte die dunkelhäutige
Frau. Jack zog die Augenbrauen hoch und legte den Kopf schief. Doch ehe er eine
dumme Bemerkung loswerden konnte, versetzte ihm Anamaria einen Stoß. "Das
war ein Befehl, du verdammte Landratte! Ein Befehl von deinem Captain, also
tu, was ich sage!"
Mit einem eher genuschelten "Aye", machte Jack sich auf den Weg nach
unten. Anamaria seufzte. "Curtis, dein Schiff. Wenn etwas Ungewöhnliches
passiert, will ich umgehend Meldung erhalten. Ich gehe jetzt nach unten und
sehe mal nach, was unser Supercaptain für Hummeln im Hintern hat. Der läuft
mir ja noch die Planken durch, wenn er nicht bald mal zur Ruhe kommt!"
Als Anamaria in ihrer Kabine ankam, tat Jack genau das, was er nun schon seit
drei Stunden an Deck tat: Er wanderte ziellos und ebenso ruhelos umher. Sie
schloss die Türe, lehnte sich an das dunkle Holz und verschränkte
die Arme vor der Brust, beobachtete Jack aufmerksam. Dieser jedoch ließ
sich nicht beirren und zog weiter seine Bahnen durch den Raum.
"Verdammt Jack, was ist los?", meinte Anamaria schließlich und
kreuzte seinen Weg, so dass Jack stehen bleiben oder ausweichen musste. Er tat
letzteres.
"Nichts.", murmelte er in seinen zottigen Bart hinein.
"Jack." Besänftigend legte Anamaria ihre Hand auf Jacks Schulter,
als er das nächste Mal an ihr vorbei marschierte. Jack zuckte kurz zusammen
und blieb dann stehen. Seine Augen starrten geradeaus. Was auch immer er hinter
den Balken des Schiffes sah, es war wohl nichts Angenehmes. "Rede mit mir."
Jack zuckte die Schulter und drehte sich schwungvoll um. Vor Anamaria stand
nun wieder jener Jack Sparrow, den sie alle kannten. Grinsend, torkelnd, lallend,
gut gelaunt, scheinbar unverwundbar. Er hatte also seine Maske wieder übergezogen.
Er versteckte sich vor ihr.
"Es ist alles bestens, Liebes. Lass uns wieder an Deck gehen. Elizabeth
braucht noch drigend ein paar Lehrstunden mit dem Schwert. Sie stellt sich manchmal
sooo damenhaft an.", erklärte er mit fröhlicher Stimme. Anamaria
seufzte.
"Was soll das Jack. Seit wann musst du mir gegenüber den starken Mann
markieren? Ich weiß um deine Schwächen…"
"Ich habe keine Schwächen!", erklärte Jack bestimmt.
"Ach nein?"
"Nein! Ich bin der große Captain Jack Sparrow!"
Sie standen in der Kabine und starrten sich gegenseitig an.
Natürlich hatte Jack Schwächen und ihm schien es, als würden
diese von Tag zu Tag zahlreicher. Seine Gedanken kreisten ständig um irgendwen
oder irgendetwas. Direkt vor seiner Nase segelte sein Schiff, seine Pearl unter
einem fremden Kommando. Es machte ihn rasend, die schwarzen Segel jeden Tag
zu sehen und genau zu wissen, dass er zu schnell aufgegeben hatte, als Hitch
seinen Posten gefordert hatte.
Diese elende Warterei auf jenen Moment, da graue Segel am Horizont auftauchten
und die Greyhound vor ihrem Bug kreuzte, jener Moment, da er seiner Vergangenheit
ins Auge blicken musste und nicht fliehen könnte, raubte ihm den Atem,
trieb ihn in den Wahnsinn. Nicht nur einmal hatte Jack daran gedacht, die Jagd
abzublasen. Doch niemand war auf See sicher, solange die Greyhound dort draußen
war und Jack war keine Landratte. Er konnte nicht auf Tortuga hocken und darauf
warten, dass der Schrecken weiterzog. Und er konnte Jana und Will nicht im Stich
lassen.
Außerdem hatte er Angst. Angst um Anamaria. Mit jedem Tag nagte sich der
Gedanke tiefer in sein Herz, dass ihr etwas passieren konnte, wenn es zum Kampf
kam und der Gedanke sie zu verlieren und selbst womöglich zu überleben
schien ihm schier unerträglich.
Warum also hatte Jack nicht schon längst zum Rückzug geblasen?
Die Wahrheit war, dass er es selbst nicht wusste.
Immer noch starrten sie sich an, bis es Anamaria zu dumm wurde. "Und warum,
großer Captain Jack Sparrow, steht ihr dann auf diesem Schiff und nicht
am Steuer eurer geliebten Pearl?" Sie legte den Kopf schief und sah Jack
erwartungsvoll an. Der Pirat öffnete den Mund, schloss ihn jedoch sogleich
wieder. Gerade wollte Anamaria mit triumphierendem Grinsen etwas sagen, als
Jack kurz grinste und sich in die Brust warf.
"Auszeit!", platzte er hervor. "Auch der beste Captain braucht
manchmal eine Verschnaufpause." Mit triumphierendem Grinsen strich er sich
durch den Bart. Anamaria verdrehte die Augen.
"Hör endlich auf damit, Jack und sag mir, was in deinem wirren Kopf
vorgeht." Jacks braune Augen klebten an ihren Lippen, wanderten zu ihren
Augen, lange sah er sie an.
"Was in mir vorgeht?", dachte er bei sich. "Ich liebe dich.
Das ist los." Aufmerksam betrachtete er ihre klaren Gesichtszüge.
Keine Narbe verunstaltete ihr Antlitz und das, obwohl Anamaria wohl schon länger
Pirat war, als er selbst. Doch hatte er es ihr je gesagt? Hatte er ihr je in
die Augen gesehen und ihr gesagt, wie er fühlte? Jack konnte sich nicht
recht daran erinnern es je getan zu haben doch auch jetzt wollten die Worte
seine Gedanken nicht verlassen.
Der Pirat seufzte innerlich und grinste dümmlich vor sich hin. Nein, er
wollte ihr nicht schon wieder sein Herz ausschütten, nicht schon wieder
den Kopf auf ihren Schoß betten und weinen. Zu oft hatte er das in letzter
Zeit getan. Heute nicht!
"Was in meinem Kopf vorgeht?", wiederholte er laut ihre Frage. "Ganz
einfach: ich denke gerade, dass wir beim nächsten Hafen ein paar Fässer
Rum mit an Bord nehmen sollten, wir hocken hier näml…" Eine schallende
Ohrfeige traf seine linke Wange und warf seinen Kopf zur Seite. Jack stieß
Luft aus und drehte sich wieder zu Anamaria um. "Spinnst du?", herrschte
er sie an. Doch noch ehe ein weiteres Wort über seine Lippen kam, wurde
sein Kopf beim nächsten Aufprall ihrer Hand schon wieder zur Seite geschleudert.
Langsam wandte er sich um, die Augen zu Schlitzen verengt und starrte Anamaria
an.
Ihre Augen schienen Funken zu sprühen. Ihre langen, dunklen Harre waren
durch ihre heftigen Bewegungen über die Schulter nach vorne geglitten,
zahlreiche Strähnen hingen wirr in ihr Gesicht. So wirr der Gedanke auch
war, in diesem Moment fand er sie einfach nur bezaubernd und wunderschön.
"Und jetzt?", meinte Jack mit einem süffisanten Grinsen. Erneut
schoss ihre Hand heran, doch dieses mal war Jack darauf vorbereitet. Er fing
ihren Schlag ab, umfasste ihr Handgelenk mit unerbittlichem Griff und zog sie
näher. Sie wehrte sich kurz gegen ihn, ihre freie Faust trommelte gegen
seinen Brustkorb, als Jack mit der zweiten Hand in ihren Nacken griff um die
Frau noch näher zu ziehen. Innerhalb eines Wimpernschlages hatte er sie
schon an sich gerissen und küsste sie ohne noch darüber nachzudenken.
Er küsste sie mit der puren Leidenschaft gesammelter Verzweiflung, dem
verzweifelten Versuch, Gewissheit zu erlangen über irgendetwas. Und die
Frau in seinen Armen erwiderte den Kuss.
Jack trat einen Schritt zurück, noch immer die Arme um sie geschlungen,
wobei er einen Stuhl umrempelte. Es krachte und schepperte, doch die beiden
nahmen keine Notiz davon. Bis sie endlich bei der Koje ankamen, hatten beide
schon kein Hemd mehr an.
Anamaria hoffte nur, dass nicht gerade jetzt etwas Ungewöhnliches passieren
würde. Doch Curtis hatte nie ihre Kajüte betreten, wenn sie und Jack
zusammen darin waren.
"Sie hat wohl die Hummeln gefunden… aber nicht ganz da wo sie vermutet hatte.", kommentierte Curtis den Krach in der Kajüte. Elizabeth und einige andere waren zusammengezuckt, als ein lautes Scheppern von einem Kampf in der Kabine gezeugt hatte. Zumindest ließ sich im ersten Moment ein Kampf vermuten. Aber eben nur im ersten Moment.
Will wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es war ziemlich warm. Sowohl
draußen vor der Türe, als auch hier drinnen in der Schmiede. An Tagen
wie diesen dachte er manchmal daran, dass ein anderer Beruf eben doch von Vorteil
gewesen wäre. Aber gut, wenigstens hatte er es im Winter immer angenehm
warm. Grinsend nahm er das Eisen aus dem Feuer und marschierte zurück zum
Amboss.
Gerne hätte er sich jetzt einen ordentlichen Krug Wasser gegönnt,
doch das heiße Eisen durfte er nicht unbearbeitet liegen lassen und Patrick
war nicht da. Er hatte den Jungen um einen Botengang gebeten. Er sollte zu Jana
gehen und diese fragen, ob sie und Nora heute nicht bei Will und Patrick in
der Schmiede zu Abend essen wollten. Nun denn, er musste eben erst die Arbeit
beenden, ehe er sich einen Schluck Wasser gönnen konnte. Will tadelte sich
leise murmelnd selbst dafür, dass er nicht daran gedacht hatte, sich einen
Krug bereit zu stellen.
In seinem Rücken vernahm er das leise Knarren der Türe und jemand
räusperte sich. Nun gut, Patrick war es also nicht, der zurückgekommen
war. "Einen Moment bitte.", rief Will über die Schulter und bearbeitete
das Eisen mit dem groben Hammer, um ihm in ungefähr die gewünschte
Form zu geben. Endlich war das Eisen heruntergekühlt und ähnelte schon
ein bisschen einer Axt, so das Will sich seiner Kundschaft zuwenden konnte.
Er drehte sich um und erstarrte.
"Guten Tag, Mister Turner." Der Gouverneur sah sehr deutlich, dass
der Waffenschmied mit seinem Besuch gewiss nicht gerechnet hatte. Endlich hatte
sich Will gefasst und nickte dem alten Mann zu.
"Governeur Swann. Was verschafft mir die Ehre eures Besuches?", erkundigte
er sich. Doch unverblümt klang die Kälte und die Abneigung in seiner
Stimme mit, die er schon seit über einem Jahr für den Mann verspürte.
Der Gouverneur zögerte einen Moment, ehe er sich erneut räusperte.
"Ist es mir gestattet einzutreten, junger Mann?" Will legte den Hammer
und das Eisen beiseite und lehnte sich an den Schmiedeblock.
"Das ist eine Schmiede und nicht meine Wohnung, Governeur. Hier gehen täglich
Menschen ein und aus, Kunden. Ich kann es euch also schlecht verbieten, die
Schwelle zu übertreten. Außerdem bin ich ein einfacher Waffenschmied
und ihr seid der Gouverneur von Port Royal. Was habe ich euch also zu gebieten?",
meinte er kühl. Der Schmerz und die Trauer nagten erneut in seinem Herzen.
Dort also stand nun Elizabeths Vater in seiner Türe. Der Mann, den er fast
ein Jahr lang als zukünftigen Schwiegervater betrachtet hatte und der ihm
zusammen mit Norrington wieder alles genommen hatte.
Weatherby Swann nickte knapp und betrat den Raum. Die Türe fiel hinter
seinem Rücken wieder zu. Aufmerksam betrachtete Will den Mann. Er schien
um Jahre gealtert zu sein. Tiefe Ringe lagen unter seinen Augen und Trauer und
Gram hatten tiefe Furchen in sein Gesicht gegraben. Faltig und alt sah er aus
und hatte wohl so manches Pfund verloren, denn die Kleidung saß ungewohnt
locker, schlackerte sogar ein wenig. Die Trauer des Mannes war sehr offensichtlich.
"Ich will euch nicht lange aufhalten, junger Mann.", erklärte
der Besucher. Will schwieg und wartete. "Mister Turner, ich bin nur gekommen,
um ihnen mein Beileid auszudrücken. Und mich zu entschuldigen.", meinte
der Gouverneur nach einem kurzen Moment langsam. "Ich hatte unrecht. …
ich habe mich in das Leben meiner Tochter eingemischt, weil ich wollte, dass
sie es gut hat, wenn ich diese Welt verlasse… ich wollte ein gesichertes Leben
für Elizabeth … ich … ich hatte kein Recht dazu."
Will zog eine Augenbraue nach oben. Doch der alte Mann redete weiter. "Ich
wollte alles richtig machen, versteht ihr? Ich als ihr Vater … sie sollte es
gut haben… dabei habe ich mich täuschen lassen… Norrington…. James schien
eine gute Partie für mein Mädchen zu sein… aber… nun, ich hätte
auf sie hören sollen…aber es ist nun zu spät… ich habe einen Fehler
begangen und diesen Fehler kann ich nicht wieder gut machen…"
Der Gouverneur hob den Blick und sah Will an. "Ein Fehler für den
nicht nur ich bezahlen muss…", stieß er schließlich hervor.
"Bitte, Mister Turner… ich weiß, dass es zu spät ist, aber…
bitte akzeptiert meine Entschuldigung und glaubt mir, dass ich immer dachte,
im Interesse meiner Tochter zu handeln."
Will zögerte und erwiderte einen Moment den bittenden Blick des Gouverneurs.
Schließlich nickte er wortlos. Er konnte jetzt nichts sagen, denn wieder
kämpfte er mühsam um die Kontrolle über sich selbst. Seine Stimme
würde jetzt ohnehin nicht arbeiten, er hatte einen Kloß im Hals,
der wohl die Größe eines Kinderkopfes haben musste und konnte ihn
nicht hinunterschlucken.
Eine Weile herrschte Stille, die beiden Männer standen sich gegenüber
und schwiegen. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und doch verband sie
die Tatsache, dass es bei jedem Elizabeth war, über die sie nachdachten.
Schließlich nickte der Gouverneur schwach. "Ich danke euch, Mister
Turner.", murmelte er letzten Endes. "Verzeiht diesen Überfall
auf euch, doch die Decke fiel mir zu Hause auf den Kopf und unerklärlicherweise
hat mich mein Spaziergang zu euch geführt. Guten Tag, Mister Turner."
Der alte Mann verließ die Schmiede, leise schloss er die Türe hinter
sich. Kaum hatte Weatherby Swann den Raum verlassen, sackte Will zusammen. Er
rutschte am Schmiedeblock nach unten und hockte auf dem dreckigen Boden, starr
vor sich hin starrend, in dem Versuch all die wirren Gedanken und Gefühle
in seinem Kopf zu ordnen. Der Verlust machte sich nun wieder mehr als deutlich
bemerkbar, es schmerzte. Es schmerzte auch nach all den Wochen noch!
Nach einer geraumen Weile rappelte sich der junge Schmied wieder hoch. Ein
leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht und er verließ die
Schmiede, machte sich auf dem Weg in seine kleine Wohnung. In seinem Schlafraum
öffnete er eine Schublade in dem kleinen Kasten neben dem Bett…. Und erstarrte.
Dort in dem Kasten hatte eine Halskette gelegen, die Elizabeth gehört hatte…
Doch sie war weg!
"Commodore Norrington?" Es klopfte erneut an der Türe zur Kabine
James Norrington seufzte und öffnete die Augen.
"Was?", herrschte er den Soldaten unfreundlich an.
"Sir… Commodore… ähm… nun ja… wir sind auf Kurs.", meinte der
Mann draußen. Der Kommodore verdrehte die Augen und schüttelte leicht
den Kopf. Und um ihm das mitzuteilen störte man ihn?
"Gut. Gebt mir bescheid, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Und ansonsten
will ich nicht gestört werden.", meinte er knapp.
Seit Stunden lag James Norrington nun schon in seiner Koje und regte sich nicht.
Seine Gedanken zogen Kreise, immer gingen sie um die selben Themen. Die Tage
auf hoher See langweilten ihn maßlos, die Angst vor dem unbekannten Schiff,
nagte in seinem innersten und die Ungewissheit, was er zu Hause in Port Royal
bei seiner Rückkehr vorfinden würde, machte ihn wahnsinnig.
Immer wieder und wieder tauchte vor seinen Augen das Bild von Elizabeth auf,
wie sie mit Will Turner durch die Straßen zog. Gekleidet wie eine einfache
Frau, nichts von dem Glanz und dem Schmuck der höhergestellten Gesellschaft
an sich und doch war sie wunderschön gewesen. Und sie hatte gelacht. Elizabeth
war in diesen ärmlichen Verhältnissen glücklich gewesen. Doch
er hatte ihr das Glück missgönnt, wollte auch ein Stück davon…
Das hatte ihr nun den Tod beschert.
Und was war mit Jana und seiner Tochter? Sie war trotz allem sein eigen Fleisch
und Blut und aus ihm völlig unerfindlichen Gründen vermisste er jetzt
hier auf dem Meer das glucksende Lachen des kleinen Mädchens, welches das
Haus erfüllt hatte, in letzter Zeit. Und doch zweifelte Norrington daran,
dass sie immer noch in seinem Haus waren, dass sie immer noch lachen würde,
wenn er zurückkam.
Er sah Jana und Will durch die Straßen von Port Royal ziehen. Das kleine
Mädchen, SEINE Tochter, auf dem Arm des Schmiedes, wie sie sich in seine
Armbeuge kuschelte und ihn anstrahlte. Würde sie ihn, ihren Vater auch
so anstrahlen, wenn er sie auf den Arm nahm? Er hatte es nie wirklich beachtet
und er hatte sie nicht oft getragen. Es war ohnehin egal. Vermutlich war sein
Haus leer, wenn er zurückkam und Jana und Nora lebten bei diesem Schmied.
Der Gedanke schmerzte ihn. Der Gedanke, ein leeres Haus zu betreten, schmerzte
ihn und Norrington genoss den Schmerz.
"Na? Fühlst du dich jetzt besser?" Anamaria grinste vor sich
hin. Jack lachte auf und öffnete die Augen.
"Hm.", meinte er leise. Ihre Hand lag auf seiner Brust und sie tippte
nun leicht dagegen.
"Soll das ein Ja sein, Mister Sparrow?", murmelte sie und richtete
sich ein wenig auf. Aufmerksam betrachtete Anamaria das Gesicht des Piraten.
Er wirkte auf jeden Fall ruhiger. Nicht müde oder ausgelaugt, sondern wirklich
ruhig. Seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben, als er versuchte das Lächeln
von seinem Gesicht zu bannen.
"Ich fürchte: ja.", meinte jack schließlich und verdrehte
etwas die Augen. Aufmerksam sah er die Frau an. Sein leises Lachen erklang.
"Seltsame Therapiemethode.", meinte Jack schließlich.
Anamaria lachte. "Na, wenn es hilft.", erklärte sie mit klimpernden
Wimpern. "Außerdem hab ich nicht damit angefangen.", entrüstete
sie sich leicht. Jack zog sie erneut in seine Arme.
"Doch, hast du wohl", wiedersprach er ihr. "Du hast mich geschlagen."
Es klang beleidigt. Wie ein kleiner Junge, der seine Mutter fragte, warum er
keine Süßigkeiten bekommt. Anamaria kuschelte sich an seine Brust
und nickte leicht.
"Ja… aber du hast darum gebettelt.", erklärte sie bestimmt. Jack
nahm einen Arm über den Kopf und rutschte in eine bequemere Haltung. Bedächtig
nickte er.
"Wahrscheinlich habe ich das." Anamaria schwieg. Ihre Hand zupfte
an seinen Haaren herum. Nach einer Weile seufzte Jack auf. "Wir sollten
umkehren.", meinte er schließlich. Anamaria stutzte.
"Der große Captain Jack Sparrow will einfach so aufgeben?" Ungläubig
starrte sie Jack an. Dieser jedoch ging nicht auf die Stichelei ein, sondern
nickte bestimmt.
"Die Männer drehen doch alle durch. Nicht nur ich. Und ich denke nicht,
dass du deine Therapie mit der halben Mannschaft wiederholen willst, oder? ODER?"
Er schenkte ihr einen Blick der Anamaria nur noch zum lachen bringen konnte.
"Dummkopf. Du genießt hier als einziger das Privileg auf meine Therapie."
"Puh!" Jack grinste. Doch rasch wurde er wieder ernst. "Ich will
mein Schiff zurück.", maulte er schließlich. "Außerdem
sind wir schon seit einiger Zeit auf keine Wrackteile gestoßen. Vielleicht
waren wir zu spät dran und Duncan ist schon lange weitergezogen… Ich meine,
was gestern auf der Jason Holmes war… solche Vorfälle werden sich häufen.
Die Warterei und die Angst zermürbt den stärksten Geist."
Anamaria nickte bedächtig. Jack hatte wohl Recht. Auf der Jason Holmes
war es am Vortag zu einigen Zwischenfällen gekommen. Raufereien an Deck,
ein Mann war dabei über Bord gegangen, der Kapitän hatte sogar einen
seiner Männer Kiel holen lassen und zwei waren schon ein paar Tage zuvor
an Deck ausgepeitscht worden.
Auch auf der Heart war die Stimmung gereizt. Und auf der Pearl war es wohl auch
schon zu ein oder zwei Zwischenfällen gekommen. Es war wohl wirklich das
Beste, den Männern eine Pause in der Sicherheit Tortugas zu gönnen.
Nach kurzem Nachdenken nickte Anamaria. "Vielleicht hast du Recht, Jack.
Aber andererseits… was wird dann aus der Greyhound? Werden sie wieder für
eine Weile ihre mordenden Bahnen ziehen und dann verschwinden? Kannst du dich
damit abfinden, dass sie dich auch in Zukunft verfolgen wird?", flüsterte
sie vorsichtig. Besorgnis klang in ihrer Stimme mit. Jack seufzte und nickte
am Ende doch.
"Ich werde mich damit Abfinden müssen, dass dieser verfluchte Dämon
aus meiner Vergangenheit eben noch immer herumstreift. Ich kann auch keine Wunder
wirken und wenn wir das Schiff nicht finden, was sollen wir dann machen?"
Anamaria nickte schweigend. Nun gut. Wenn Jack die Sache so betrachtete, machte
es für sie keinen Sinn mehr, länger nach diesem Schiff zu suchen.
Sie hatte es für ihn auf sich genommen, der Gefahr ins Auge zu blicken.
Doch nun schien es ja nicht länger von Nöten noch weiter hier herumzuschippern.
Auch wenn sie das Meer liebte, freute sich Anamaria darauf, wieder einmal festen
Boden unter ihren Füßen zu spüren. Sie hatte ein paar gute Gründe,
weshalb sie zurück nach Tortuga wollte. Gründe, von denen Jack nichts
wusste.
"Also geben wir auf?", fragte Anamaria behutsam nach. Jack zögerte
einen Moment. Aufgeben… Jack Sparrow hatte noch nie aufgegeben! Doch sein Blick
streifte ihren und Jack war klar, dass Anamaria ihm beistehen würde. So
wie sie es schon immer getan hatte.
"Ja.", antwortete er schließlich. "Wir geben auf und kehren
zurück nach Tortuga."
Gibbs hatte alle Hände voll damit zu tun, die Mannschaft zu beruhigen
und unter Kontrolle zu halten. Wieder wurden stimmen laut, die murrend auf den
Mann am Steuer, den Kapitän des Schiffes deuteten. Nicht, dass er voll
und ganz hinter Hitch stand, er war dagegen gewesen, auf der Pearl zu meutern,
doch eine neue Meuterei konnte nur noch schlimmeres anrichten und nichts besser
machen.
Allmählich zermürbte das ziellose Segeln und die lange Warterei selbst
den härtesten Seemann. Schon lange waren sie nicht mehr die unerschrockene
Bande, die losgezogen war. Die Männer hatten so manche Geschichte ausgetauscht
und so manchen Schrecken weiterverbreitet und für einige von ihnen hatte
die Greyhound nun einen ganz neuen Schrecken.
Der alte Mann schüttelte müde den Kopf. Das wurde wirklich zu anstrengend
für ihn. Er wäre gerne wieder zu Hause auf Tortuga gewesen. Doch sie
konnten nicht einfach Kurs auf Tortuga nehmen, denn so wie Gibbs Anamaria in
den letzten Zwei Jahren kennen gelernt hatte, würde die Frau nicht lange
zögern und die Pearl tatsächlich lieber auf den Grund des Meeres schicken,
als sie davon fahren zu sehen.
An Deck wurden Befehle zum Ankern gerufen und Gibbs zog eine Augenbraue in die
Höhe. Was war denn nun wieder los? Er sandte noch einen letzten mahnenden
Blick an die fünf aufgebrachten Männer und marschierte dann nach oben,
um sich zu erkundigen, warum sie ankerten.
Hitch stand an Deck, die Arme vor der Brust gekreuzt und starrte hinüber
zur Heart. "Was ist los?", meinte Gibbs, als er sich hinzugesellte.
Hitch schnaubte.
"Einsatzbesprechung, wie mir scheint… ich muss hinüber auf die Heart."
Sein Blick fiel auf den älteren Mann. "Und du kommst mit. Das ist
ein Befehl!"
"Aye, Captain." Der Sarkasmus in Gibbs Stimme war nicht zu überhören.
Hitch gab Befehl, die Schaluppe zu Wasser zu lassen und mit gerunzelter Stirn
gingen die Männer ans Werk. Dass es dem Mann mehr als unangenehm war, dass
er vor den Mann treten musste, dem er die Kapitänswürde genommen hatte,
war nur zu offensichtlich. Hitch hatte Angst.
Das Knarren der Türe gab an, dass jemand die Schmiede betreten hatte.
Will war in der Zwischenzeit - auch wenn es ihm missfiel - in Patricks Zimmer
gegangen und tatsächlich hatte er die Kette von Elizabeth unter der Matratze
des Jungen gefunden. Nun wollte er den Jungen zur Rede stellen. Will hoffte,
dass er dabei ruhig bleiben konnte, doch er war ziemlich enttäuscht und
wütend.
"Bin zurück!" Will atmete nochmals tief durch, ging in die Küche
und blickte auf die Türe.
"Ich bin in der Küche, Patrick.", rief er und schon hörte
er die flotten Schritte des Knaben.
"Jana dankt freundlich für die Einladung und wird sehr gerne…"
Patrick hatte den Raum betreten, doch als er Wills düsteren Blick bemerkte,
verstummte der Junge rasch. Will glaubte in dem Gesicht des Knaben ein schlechtes
Gewissen zu sehen. Er hob die Hand und öffnete sie.
Die Kette rauschte heraus, vom Gewicht des Anhängers zu Boden gezogen,
doch er hatte sie um den Daumen geschlungen, so dass die kleine goldene Feder
nun genau vor den Augen des Jungen in der Luft baumelte. Patrick schnappte nach
Luft und wollte weglaufen, doch Will hatte diese Reaktion erahnt und hielt den
Dieb am Oberarm fest.
Schützend hob Patrick die Hände über den Kopf und wimmerte schwach.
Will betrachtete ihn mit immer noch wütendem Blick. Sein Griff war hart
und das Schmerzverzerrte Gesicht des Jungen zeigte, dass er ihm weh tat. Nach
kurzem Zögern lockerte Will seinen Griff, doch noch immer hielt er den
ertappten Dieb eisern fest.
"Warum, Patrick?" Keine Antwort. "Wa-rum?", knurrte Will
noch einmal mit Nachdruck und rüttelte das Kind leicht. Der Junge hatte
Tränen in den Augen.
"Ich weiß es nicht.", flüsterte er schwach. "Ich weiß
es wirklich nicht… Gewohnheit, Dummheit… ich … ich wollte sie aber gewiss nicht
verkaufen… es ... es hat mir dann ja auch leid getan. Ich wollte sie wieder
zurückgeben, ehrlich.", wimmerte der Knabe schließlich.
"Und wie soll ich dir glauben?", fragte Will schwach. "Wie soll
ich dir jetzt vertrauen, nachdem du mich bestohlen hast?
Patrick zögerte. "Kann ich das irgendwie wieder gut machen?? Kann
ich irgendetwas tun?" Will schüttelte bestimmt den Kopf.
"Nein. Den Bruch muss wohl die Zeit heilen.", erklärte Will bestimmt.
Patrick zog die Schultern hoch. Längst hatte Will seinen Oberarm losgelassen,
doch nun hatte dar Knabe Angst. Große Angst. Er schluckte schwer und nickte
schließlich.
"Ich verstehe. Leb wohl, Will und danke für alles…", murmelte
der Junge und wandte sich um.
"Halt." Patrick blieb stehen. "Umdrehen." Der Junge gehorchte.
"Wohin gehst du?" Will hatte sich an den Tisch gelehnt und die Arme
vor der Brust verschränkt. Skeptisch blickte er den Jungen an.
"Hinaus auf die Straße, wo räudige kleine Straßenköter
hingehören.", murmelte der Junge. Will schüttelte den Kopf und
seufzte.
"Ich habe dich doch nicht rausgeschmissen, Patrick. Jeder Mensch verdient
eine zweite Chance. Du hast einen Fehler gemacht. Einen sehr großen Fehler.
An dieser Kette hängt mein Herz. Aber das bedeutet nicht, dass du nicht
aus deinen Fehlern lernen kannst. Auch wenn es mir schwer fallen wird, dir zu
vertrauen, darfst du weiter hier bleiben und wir versuchen es noch einmal. Aber
sei gewarnt, Junge. Noch eine Chance bekommst du von mir nicht.", meinte
Will ernst.
"Danke.", murmelte der Knabe erstaunt. Will winkte ab. Er war wirklich
verletzt, doch er konnte den Jungen nicht so ohne weiteres wegschicken. Viel
zu viel Leben brachte das Kind in die Stille der Schmiede, zu viel Freude in
sein Leben und zu viel Abwechslung in seine Einsamkeit, als dass Will ihn jetzt
wegschicken konnte.
"So und jetzt zu etwas anderem.", meinte Will schließlich laut.
"Wann kommen denn Jana und Nora?"
"Ach! So einfach also? Der große Captain Jack Sparrow pfeift und
alle müssen gehorchen?" Kanonen-nuts starrte wütend von einem
zum anderen. Jack überhörte mühsam den Sarkasmus in der Stimme
des Mannes. Hätte Anamaria sich nicht vor ihn gestellt und seine Hand hinter
ihrem Rücken gedrückt, er wüsste wohl nicht, mit wie vielen fehlenden
Gliedmaßen der andere Kapitän seine Bemerkung büßen hätte
müssen.
"Nein, es ist viel einfacher.", warf nun Anamaria ein. "Wir haben
schon lange nichts mehr gesehen oder gehört, was auf die Greyhound hindeuten
könnte. Vermutlich sind sie tatsächlich wieder weitergezogen. Bevor
wir hier alle durchdrehen, kehren wir doch lieber für einige Zeit in den
heimischen Hafen zurück und beruhigen uns." Zustimmendes Gemurmel
von Seiten der Männer erklang.
"Ach… hat die Frau hier überhaupt noch Befehlsgewalt auf dem Kahn?
Oder ist es nicht so, dass Sparrow die Macht an sich gerissen hat und diktiert,
was sie zu sagen hat?", maulte der Mann. Ein Fehler, denn sogleich sprang
die Mannschaft für ihren Captain in die Presche und Kanonen-Nuts sah sich
nun einer Horde knurrender Piraten gegenüber.
Anamaria hob die Hand und gebot so ihren Männern, ruhig zu bleiben. "Lasst
es darauf ankommen, Captain!", meinte sie ruhig. Der andere Mann schwieg
verbissen. "Also. Hiermit ist der Pakt aufgelöst. Wir segeln noch
im Schutz der anderen Schiffe nach Tortuga und dann ist keiner mehr den anderen
etwas verpflichtet und jeder geht wieder seiner Wege. Dass bei der Jagd nichts
herausspringen würde, wussten wir alle zuvor schon.", erklärte
Anamaria bestimm.
"Segelt ihr ruhig nach Tortuga zurück. Ich und meine Männer nehmen
einen anderen Kurs!", erklärte der Kapitän der Jason Holmes selbstsicher.
Anamaria und Jack verdrehten synchron die Augen und schüttelten die Köpfe.
Doch im Grunde war es ihnen ja egal. Sollte der Mann doch machen, was er wollte!
Jegliche Vernunft half hier nichts.
Kurz darauf war Kevin Nuts schon wieder auf dem Weg zur Jason Holmes, mit der
festen Absicht, Kurs zu setzen und die kleine Flotte möglichst rasch zu
verlassen.
Hitch hatte sich im Großen und Ganzen aus dem Gespräch herausgehalten.
Unsicher stand er nun an Deck der Broken Heart und starrte zu Jack und Anamaria
hinüber. Doch schließlich nickte er knapp. "Tortuga also."
"Tortuga.", bestätigte Jack. "Ach und Hitch." Der Mann
wandte sich nochmal um. "Ich habe stets ein Auge auf die Pearl. Wage es
nicht, einen anderen Kurs einzuschlagen!", erklärte der entthronte
Kapitän mit bedrohlicher Stimme. Hitch blieb eine Antwort schuldig und
verließ rasch das Schiff.
"Tortuga!", murmelte Jack abermals und lächelte dann. Er legte
einen Arm um Anamaria und einen um Elizabeth, die die ganze Zeit über schweigend
in der Gruppe gestanden hatte. "Klingt gut!", grinste Jack.
Anamaria lachte und wandte sich dann an ihre Mannschaft, die noch immer untätig
herumstand. "Na los, ihr lahmen Hunde! Worauf wartet ihr noch? Auf ein
Einladungsschreiben des Gouverneurs?" Sogleich kam Bewegung in die Bande.
Jack ließ die beiden Frauen los und grinste, als er sein Schwert zog.
"Nichtsdestotrotz, junge Dame, ist es an der Zeit, ein paar Übungen
zu machen!", erklärte er im Tonfall eines 80-jährigen Fechtmeisters
und deutete mit der Spitze der Waffe auf Elizabeth. Diese nahm die Herausforderung
an, ohne mit der Wimper zu zucken.
In einiger Entfernung zog indes die Jason Holmes von dannen.
Sie räumten die Wohnung auf, machten auch in der Schmiede wieder Ordnung
und fingen dann an, den Tisch zu decken. Viel zu früh waren Patrick und
Will damit fertig und hockten nun etwas gelangweilt am Tisch. "Will?"
"Hm?" Doch Patrick schwieg. Will legte den Kopf schief und sah den
Jungen aufmerksam an.
"Was ist los, Junge?", meinte er auffordernd.
"Ich sollte vielleicht nicht wieder damit anfangen…", begann Patrick
und es war nicht schwer, zu erraten, dass es die Kette oder den Vorfall von
vorhin betraf. "… aber… warum ist diese Kette so wichtig?", fragte
der Junge vorsichtig, Angst, dass Will jetzt ausrasten könnte.
Einen Moment umspielte ein gedankenverlorenes Lächeln die Lippen des jungen
Mannes, ehe er sich auf die Frage des Jungen besann. Nach kurzem Zögern
berichtete er dem Knaben von Elizabeth und von einigen der Abenteuer, die sie
gemeinsam durchgestanden hatten. Aufmerksam lauschte Patrick den Erzählungen.
Rasch ging die Zeit vorüber und schließlich beendete Will seinen
Bericht. "Das… das tut mir wirklich leid.", murmelte der Knabe leise,
als er das eben Gehörte verdaut hatte.
"Danke." Will nickte ihm zu.
Ein Klopfen an der Türe riss die beiden aus ihrer Versunkenheit. "Das
müssten Jana und Nora sein!", meinte Will und gemeinsam gingen sie
zur Türe, um den Besuch zu empfangen.
Eisen klirrte hart aufeinander und Jack musste anerkennend zugeben, dass Elizabeth
seit dem Beginn ihrer kleinen Trainingsstunden viel gelernt hatte. Mehr als
einmal gelang ihr ein wirklich guter Angriff und Jack musste stark auf seine
Deckung achten. Dennoch konnte sie ihn nicht besiegen. Jahrelange Erfahrung
stand gegen jugendlichen Eifer und die Erfahrung siegte ein jedes Mal aufs Neue.
So auch dieses mal und mit triumphierendem Lächelnd schleuderte Jack die
Waffe aus der Hand der jungen Frau. "Und tot.", erklärte er trocken,
als die Klinge nah an ihrem Hals lag. Elizabeth seufzte.
"Ich werde nie gewinnen.", meinte sie ein wenig genervt. Jack schmunzelte
und zwirbelte die Spitze seines Schnurrbarts zwischen Daumen und Zeigefinger.
"Nicht gegen mich, Täubchen." Zufrieden ließ er die Waffe
zurück in die Halterung gleiten und beobachtete Elizabeth, die mit einem
gehässigen "ja ja" den Degen vom Boden hob und ebenfalls aufräumte.
Als sie zur Reling ging, strich sie gedankenverloren über ihren Bauch.
Jack stutzte und betrachtete die junge Frau eingehend.
Sie hatte schon vor langem ihre engen Kleider gegen bequeme Hosen und Hemden
eingetaucht. Kleidung eben, die man an Bord eines Schiffes tragen konnte, ohne
dass sie störte und die genug Bewegungsfreiheit bot. Doch als sie nun das
Hemd glatt strich, bemerkte Jack etwas, das ihm schier wie ein Schlag auf den
Kopf vorkam.
"Beim Klabauter!", stieß er hervor. "Die Dame hat zugelegt!"
Elizabeth hob überrascht den Kopf, doch dann stahl sich ein Grinsen auf
ihr schönes Antlitz und sie senkte rasch den Blick. Ihre Wangen wurden
rot. Jack trat behutsam näher. "Täubchen? Was ist DAS?",
fragte er und deutete auf ihren Bauch. Elizabeth lachte auf. "Du…. Du bist
doch nicht etwa… schwanger?" Das letzte Wort sprach Jack aus, als wäre
es etwas gar Schreckliches, das seinen Mund möglichst schnell verlassen
musste.
"Tja.", meinte Elizabeth nur. "Sieht wohl so aus." Jack
machte große Augen.
"Heiliges Kanonenrohr! Von wem denn?" Elizabeth verdrehte genervt
die Augen.
"Von dir natürlich, du Supercaptain.", erklärte die junge
Frau trocken. "Lass mal sehen, wer dafür in Frage kommt…. Die Besatzung
der Pearl.. oder die Männer hier auf der Heart… ja, welcher war es denn
nun?", grübelte sie laut vor sich hin. Mit einem unschuldigen Augenaufschlag
blickte sie Jack an.
"Meine Güte… wann hat der Junior denn das noch geschafft?", meinte
Jack und ging in Gedanken bereits die wenigen Nächte durch, die Will und
Elizabeth zwischen der Flucht von Port Royal und dem schrecklichen Angriff auf
Tortuga zusammen verbracht haben konnten. Es waren wirklich nicht viele.
"Wohl gleich am ersten Abend, eh?", meinte er nun gehässig. "Der
Kerl hat ja Nerven! Zu schwach, um noch selbst zum Schiff zu gehen, aber dann
noch einen Nachkommen zeugen!", maulte der Mann herum. "Ein Schuss,
ein Treffer! Hey, den Junior stelle ich an Bord der Pearl immer an die Kanonen!
Bei der Trefferquote muss ich mir keine Sorgen mehr um die Royal Navy machen!",
feixte Jack weiter.
Elizabeth war nun wirklich rot im Gesicht und grübelte grade nach, was
sie darauf antworten könnte. "Schlechter Zeitpunkt für eine Schwangerschaft!
Wer weiß, wann wir Will von Port Royal holen können? Und dann die
Schwertkämpfe, die Greyhound… wirklich ein schlechter Zeitpunkt! Aber unser
Junior hatte ja noch nie ein Gespür für den richtigen Zeitpunkt, nicht
wahr?"
"Du bist ja nur neidisch, weil du das noch nicht zu Stande gebracht hast.",
frozelte Elizabeth in Jacks kurzer Sprechpause. Der Kapitän schnappte hörbar
nach Luft. Auf so eine Frechheit war er nun nicht gefasst gewesen.
Anamaria stand unweit der beiden an Deck und grinste munter vor sich hin. Jack
drehte sich zu ihr um und deutete noch immer wortlos auf Elizabeth. So als suche
er nach einer Antwort und hoffte nun, Anamaria konnte ihm eine liefern. Diese
jedoch zog nur die Schultern hoch und grinste weiter.
"Na, schönen Dank auch… das würde mir jetzt gerade noch fehlen!
Ein Kind? Nein, nein mit so etwas warten wir noch. Es ist schon richtig, dass
Anamaria nicht schwa…" Plötzlich drehte er sich zu der dunkelhäutigen
Frau um.
"Bist du doch nicht, oder?", fragte er voller Entsetzen.
Omg! I'm really, really sorry!! Ich bitte vielmals um Entschuldigung für die ewiglange Wartezeit! Aber es kam halt jetzt alles zusammen… erst 2 Wochen England ohne Computer und dann muss ich mal noch eben darauf hinweisen, dass ich jetzt mitten in meinen Prüfungen stecke… dennoch habe ich es endlich geschafft, irgendwo zwischen Statistik, Ethik, Politik, Orga und all dem anderen Kram, ein neues Kapitel zu fabrizieren… Mitlerweile hab ich auch ein fertiges Konzept! nickt Allerdings entstand das um 3 Uhr nachts und genauso liest es sich auch… hüstel
Ich hoffe, ich konnte eure Reviews ein wenig einarbeiten und natürlich
hoff ich, dass noch ein paar Leser nach der Wartezeit daran denken, dass es
mich doch noch gibt…. guckt sich um
Über neue Reviews und Meinungen würde ich mich natürlich sehr
freuen!!!
Brigitte: OOC ist vor allem bei Norrington meiner Meinung nach pure Ansichtssache. Mir kommt er reichlich unterkühlt vor, im Film und das habe ich auch übernommen. Den hitzköpfigen, eifersüchtigen, Elizabeth enführenden und Will töten wollenden Commodore Norrington bieten ja genug Geschichten (das soll jetzt keine Kritik sein!!). Ich habe lediglich versucht, ihn anders zu gestalten. Schade, dass ich damit scheinbar zu sehr daneben lag. Also, dafür, dass ich nie vorhatte, Jack in Anamarias Arme zu schreiben, finde ich ja, dass die Geschichte genug Erotik enthält. Anyhow: Danke für dein Review.
Manu2211: Keine Sorge, auch Anamaria wird die Story überleben... irgendwie. Stellt sich mir nur die Frage, was für Jack ein Happy End auf Dauer wäre... mit Frau und Kind auf der Insel auf jeden Fall nicht... mit ihr an Bord der Pearl... dazu ist Anamaria zu stur und zu impulsiv, als dass sowas gut gehen könnte... grübel Na, mal sehen. Tjaaaa... Jana und Norrington... Es ist, um das mal anzumerken, keine Seltenheit, dass ein Opfer solche Gefühle für den Peiniger entwickelt... kommt häufig vor, also wäre es nicht mal so abwegig... werde mal noch ne Fallstudie zu Jana kritzeln. kicher Danke für dein Review!!
Azrael: winkz Hallooo! gg Also.. das Essen... du
hättest den armen Knaben sehen sollen!!! Sorry, aber ich hatte das Kerlchen
wirklich vor Augen, als ich ihn erschuf und da kam mir nur der Gedanke, dass
er erst mal zunehmen muss, bevor er irgendwas anderes anstellen kann... (ey,
wer beim Anblick eines Orlando Bloom nur ans Hochfüttern des armen Kerlchens
denk, muss doch krank im Kopp sein, oder?? gg). Zum thema beklauen: siehe
dieses Kap. g Ich hatte das ohnehin noch vor, allerdins erst später,
aber das wirst du noch lesen.. Dennoch danke für die Anmerkung, du hattest
natürlich vollkommen recht!
Ich hätte Hitch gerne zweifelnder eingeführt, wenn ich die Übernahme
der Pearl geplant hätte... das war nun wirklich sein alleiniges Werk!
Ich konnte nix dafür! Ich bin hier mal noch etwas auf ihn eingegangen,
aber Fact ist, dass die Leute an Bord der Schiffe langsam aber sicher ALLE
durchdrehen... muss ich die Situation erläutern? Psychischer Stress,
Druck, Angst... da agiert so mancher Mensch ziemlich seltsam. Ich will ja
mal nur erwähnen, dass die Greyhound das absolut Böse verkörpert..
ich glaub, da würde jeder austicken, oder??
Jepp, ich bin eh am Rudern, um nicht noch mehr Leute einzubauen.. aber die,
die jetzt wichtig sind, brauche ich wirklich für die Story... Ne, also....
ein Kapitel 45 wird es von dieser Story sicherlich nicht geben!! Ich rechne
spätestens bei 32 mit einem Ende. Spätesten. Arbeite ja jetzt straight
darauf hin...
Zu deiner Frage: Wohne in Regensburg (wg. Studium), also ned mal so weit weg.
Aber ich denk mal, die Eröffnung war schon, oder? snif Was für
eine Ausstellung ist das denn?
Danke, für deine vielen Tips und Anmerkungen!
Evildollie: Doch, da hab ich einiges auszusetzen.. ist vorhersehbar, was passiert. selbsttadel Tja, die Greyhound... bislang habe ich noch immer nach einer Rationalen Erklärung gesucht für das geisterhafte, mysthische Schiffchen, das ich mir da erdacht habe... die Erklärung hab ich noch immer nicht, was sich eben in ner Jagd ohne Ende auswirken wird... hüstel Zum Thema Folter: Stell dir mal vor, wie es erst den armen Leuten an Bord geht?! Danke für dein Review!!
Becci: freu Schön, wieder was von dir zu lesen! g Tja... also, ... ähm... wie soll ich sagen?? Bekehren .... hm... mir ist noch viel was kitschigeres in den Sinn gekommen... hüstel Boah... die Greyhound, die bereitet mir Kopfschmerzen.. aber naja. Ich werde das Ding schon irgendwo auftreiben! g Danke für dein Lob!!
Mary Hawk: Erst mal: Willkommen und vielen Dank für dein Review sowie das Lob!! Zu deinen Anmerkungen will ich mal noch ganz kurz was sagen.... erstens: Die Sache mit Bill ist ja die: Will hat seinen Daddy noch immer nicht gefunden und in der ohnehin gestressten Lage hat er dann auch nicht daran gedacht, dass Bill da irgendwie rausgekommen sein könnte. Solche Gedanken sind auch mir schon gekommen... zweitens: Zum Glück verfüge ich über einen gesunden Gleichgewichtssinn. Ich gebe zu, dass deine Erklärung viel plausiebler klingt und erröte beschämt, dass ich nicht auf diesen logischen Gedanken gekommen bin... My fault. Aber nobody is perfect und somit werde ich das jetzt trotzdem nicht mehr ändern, aber eben in meiner nächsten Story beachten. Vielen Dank für deinen Hinweis! Ich hoffe, ich lese nochmal hin und wieder nen Kommentar von dir!
In diesem Sinne danke ich der treuen Leserschaft für das Verständnis und hoffe auf zahlreiche Reviews, die mich wieder etwas anspornen. g
