Kapitel 12:

Darcy verstand seine Ehefrau nicht. Wieso wollte sie nicht, dass er mit ihr nach Longbourn reiste? Schon gestern Abend hatte sie sich dagegen gewehrt und sogar vorgehabt heute schon abzureisen, was er ihr aber hatte ausreden können.

Er wusste einfach nicht, was in ihrem Kopf vorging, aber er spürte, wie sie in seinen Armen zitterte und glaubte ein sicheres Mittel zu wissen, wie er dem Abhilfe verschaffen konnte. Er war entschlossen ihr in dieser Nacht den Trost zu spenden, den sie nötig hatte. Er wunderte sich sowieso, wieso sie gestern Nacht wieder einmal nicht in sein Bett gekommen war. War sie so müde gewesen? Aber vielleicht hatte sie auch einfach Angst davor, ihn mit ihrer Sorge um ihre Mutter zu belasten. Jedenfalls schien es ihm so, als versuchte sie ihre Gefühle vor ihm zu verbergen. Wenn sie doch nur wüsste, dass es dafür keinen Grund gab. Er war mehr als bereit ihr zuzuhören, sie zu trösten und ihr Kraft zu geben. Wieso kam sie nicht mit ihren Problemen zu ihm?

„Du frierst ja, Lizzie, und müde siehst du auch aus. Du hättest heute nicht so viel im Haushalt machen sollen. Was wäre denn schlimm daran gewesen, einen Tag später abzureisen? Komm, ich bringe dich ins Bett", bot Darcy ihr an und noch bevor Lizzie etwas darauf entgegnen konnte, hob er sie hoch und trug sie in ihr Zimmer. Dort setzte er sie sanft auf ihrem Bett ab und streifte ihr ihr Kleid ab. Lizzie, die nicht genau wusste, wie ihr geschah, ließ ihn gewähren. Sie brauchte nach all den schlechten Neuigkeiten, die sie in den letzten Tagen erhalten hatte, etwas Zuneigung und Darcy war mehr als bereit sie ihr zu geben. Er streifte auch seine Bekleidung ab und begann ihre Lippen und ihren Körper zu küssen.

Lizzie, die müde war von den Reisevorbereitungen und den Sorgen um ihre Mutter, war einfach zu erschöpft, um Widerstand zu leisten und duldete die Aufmerksamkeiten ihres Ehemanns wortlos. Erst war ihr das auch nicht unangenehm. Schließlich liebte sie ihn und bei dem, was zu Hause auf sie zukommen würde, konnte sie den Halt, den er ihr gab, gut gebrauchen. Dann aber fiel ihr wieder Marianne ein und seine Worte gestern Nachmittag und ihr drehte sich fast der Magen um. Er schlief ja gerade nicht mit ihr, sondern mit Marianne. Sie war ihm vollkommen egal. Sie versuchte verzweifelt diesen Gedanken zu verdrängen, indem sie sich näher an ihn presste und versuchte ihre Gedanken und Gefühle ganz auf das zu richten, was sie gerade tat. Aber so ganz wollte es ihr nicht gelingen. Der Schmerz schien ihr Herz zerspringen zu lassen, aber sie würde jetzt nicht anfangen zu heulen. Er sollte nicht sehen, wie sehr er ihr wehtat. Nein, sie würde ihm ihre Gefühle nicht zeigen.

Voller Verzweiflung liebte sie ihn. Sie liebte ihn so leidenschaftlich wie sie es nie zuvor getan hatte. Alle ihre Kräfte verwendete sie darauf, ihn so zu lieben, dass er Marianne endlich vergaß. Entkräftet rollte sie sich schließlich von ihm herunter an seine Seite und dann kamen die Tränen: Laute Schluchzer brachen aus ihr hervor und schüttelten ihren Körper. Fitzwilliam, der nicht verstand, was mit seiner Gattin los war, wollte besorgt wissen: „Lizzie, was hast du? Was ist mit dir los?"

„Lass mich in Ruhe", zischte sie ihn an, „das geht dich nichts an!" „Natürlich geht mich das was an. Ich bin dein Ehemann und ich mache mir Sorgen um dich, wenn du plötzlich in Tränen ausbrichst. Also was bedrückt dich? Ich kann dir sicher helfen."

Lizzies Schmerz wandelte sich in Wut und sie erwiderte wütend: „Nein, das kannst du nicht. Außerdem, von wegen du machst dir Sorgen um mich Das Einzige, was dich an mir interessiert, ist doch, dass ich dir dein Bett schön warm halte und deine Triebe befriedige. Wie es mir dabei geht, interessiert dich doch kein bisschen, Hauptsache ich mache immer schön meine Beine für dich breit. Hast du mich denn auch nur einmal gefragt, ob ich überhaupt Lust dazu habe deine Triebe zu befriedigen? Nein, weil dir das völlig egal ist."

Fitzwilliam starrte seine Gattin entsetzt an, zog sich wortlos an und stand auf, um einige Minuten erregt im Zimmer auf und ab zu laufen. Schließlich fand er seine Sprache wieder. „Das denkst du wirklich von mir?", fragte er erschrocken und gleichzeitig erbost, „ich liebe dich, Lizzie, und ich habe dich nie zu irgendetwas gezwungen. Ich dachte, du willst auch, dass wir uns nahe sind. Aber ich habe mich anscheinend geirrt. Es tut mir leid, wenn ich dich eben etwas überrumpelt habe. Natürlich ist die Krankheit deiner Mutter ein schwerer Schlag für dich, aber ich dachte, ich könnte dir auf diese Weise etwas Trost spenden. Wenn das nicht der Trost ist, den du von mir erwartet hast, tut es mir leid. Aber du hättest auch einfach sagen können, dass du es nicht möchtest, und ich hätte kein Problem damit gehabt. Aber dass du mich nun aus heiterem Himmel beschimpfst, ist unfair von dir. Wirklich Lizzie, ich hätte dir etwas mehr Ehrlichkeit zugetraut, als mir vorzuspielen, du wolltest meine Aufmerksamkeit, um mich dann wortwörtlich von der Bettkante zu stoßen. Sag es mir doch einfach das nächste Mal, wenn du mich nicht in deinem Bett haben willst."

„Ich will dich überhaupt nicht mehr in meinem Bett haben, Fitzwilliam", entgegnete Lizzie unter Tränen, „und ich würde dich bitten, das demnächst zu respektieren. Du hast mich tief verletzt und ich wünschte, ich hätte dich nie geheiratet." Tiefster Schock stand auf Darcys Gesicht geschrieben. „Was habe ich dir denn getan, Elisabeth?", wollte er wissen, während seine Stimme langsam lauter wurde, „Ist es nur, weil ich dich lieber hier behalten hätte als dich nach Longbourn reisen zu lassen? Weil ich die Krankheit deiner Mutter, wie du offensichtlich glaubst, nicht ernst genug nehme? Ich mache mir genauso wie du Sorgen um sie, aber ich will als dein Ehemann auch Zeit mit dir verbringen, verstehst du das nicht?"

„Und wieder denkst du nur an dich. Ich hatte Recht, als ich dich als egoistisch bezeichnet habe", bemerkte Lizzie sarkastisch und fuhr dann fort, „und es geht nicht um meine Mutter, die Sache hat allein mit uns beiden zu tun. Aber ich muss schon feststellen, dass es dich sehr kalt lässt, dass ich eventuell meine Mutter verlieren könnte. Aber was habe ich anderes erwartet? Schließlich denkt Fitzwilliam Darcy immer nur an sich! Wie konnte ich nur jemals denken, dich würde interessieren, wie es anderen Menschen geht?"

„Das ist also deine Meinung von mir und wie ich mich um deine Schwester bemüht habe, wie ich mich um dieses Ansehen und alle seine Bewohner und noch viele Menschen mehr kümmere, das zählt nicht, oder was? Vielleicht bist du auch einfach nur beleidigt, weil ich in der letzten Zeit so wenig Zeit für dich hatte, und willst es mir jetzt so heimzahlen.", brauste Darcy auf. „Das ist sicher nicht der Fall", konterte Lizzie, „ich wünsche mir nämlich überhaupt nicht, dass du Zeit mit mir verbringst. Am liebsten wäre es mir, du wärst am anderen Ende der Welt. Ich hasse dich wie ich noch nie einen Menschen gehasst habe." Bei diesen Worten schrak ihr Gatte zurück. „Ist das wirklich wahr, Elisabeth?", fragte er eindringlich, „willst du mich wirklich nicht in deiner Nähe haben? Stimmt es, dass du mich hasst?"

„Ja, Fitzwilliam, würdest du mich nun bitte in Ruhe lassen?", antwortete Lizzie ohne nachzudenken. Schon während sie diese Worte aussprach, wusste sie, dass es eine Lüge war. In Wirklichkeit liebte sie ihn doch und, wenn da nicht Marianne wäre, könnte sie sogar mit ihm glücklich sein. Aber dass er Marianne immer noch und mehr als sie liebte, konnte sie ihm nicht verzeihen. Sie konnte nicht zulassen, dass sie ihm ihr Herz offenbarte, während seines einer anderen gehörte. Und doch wünschte sie ihre Worte zurücknehmen zu können, sobald sie ihren Mund verlassen hatten. Aber sie hatte keine Zeit mehr dies tatsächlich zu tun, denn ihr Ehemann hatte schon das Zimmer verlassen und die Tür hinter sich zugeschmissen.

Einen Moment überlegt Lizzie, ob sie ihm folgen sollte. Sie hatte ihn nicht so anfahren wollen und schämte sich für ihre bösen Worte, dann jedoch fiel ihr wieder Marianne ein und sie hielt inne. Nein, sie würde nicht zu ihm gehen. Sie konnte ihm ja sowieso nicht erklären, was mit ihr los war außer sie erwähnte Marianne und das schwor sie sich nie zu tun. Denn obwohl sie schon alles von Fitzwilliams Liebe zu dieser Frau gehört hatte, ertragen zu müssen, wie er ihr von ihr berichtete, war mehr als sie ertragen könnte.

So blieb ihr nichts übrig als zurück in ihr Bett zu kriechen, das nun schrecklich kalt und leer war, und sich dort zusammenzurollen und ihrem Schmerz freien Lauf zu lassen. Nichts würde wieder werden wie früher: Fitzwilliam liebte sie nicht, hatte sie nie geliebt und nun würde er nicht einmal mehr so tun als täte er es. Sie wünschte nur, sie könnte diese Farce von einer Ehe beenden.

Fitzwilliam wusste nicht, wie er seiner Wut und seinem Schmerz Luft machen sollte. Er hätte am liebsten laut geschrieen oder etwas zerschlagen, aber er war sich nur zu gut bewusst, wie das wirken musste, auf seine Frau und auf die Diener, und er wollte nicht, dass jemand seinen Schmerz sah, vor allem nicht Elisabeth. Wie hatte sie ihn nur jemals heiraten können, wenn sie ihn doch so hasste? War alles gelogen gewesen? Jedes nette Wort, jede zärtliche Berührung, jeder liebevolle Blick? Er konnte es nicht glauben, doch was gab es für andere Möglichkeiten?

Er überlegte, ob er etwas getan haben könnte, was dazu geführt haben könnte, dass sie ihn nun nicht mehr liebte, sondern hasste, aber ihm fiel nichts ein. Doch konnte sie ihm tatsächlich alles vorgespielt haben? Wie um sich selbst noch mehr zu quälen, führte er sich jede Begegnung mit ihr wieder vor Augen, den Blick, mit dem sie ihn angeschaut hatte, als sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten, und wie sie ihn seine Arme gefallen war, als er das erste Mal in ihrer Ehe von ihr getrennt gewesen war. Er konnte nicht glauben, dass das bloß gespielt gewesen war. Aber wie konnte er ihr Verhalten jetzt erklären, wenn sie ihn ehrlich geliebt hatte. Was hatte er getan, um ihre Liebe zu verspielen, so dass sie ihn nun so sehr hasste, wie er einmal geglaubt hatte, dass sie ihn liebte?

Er dachte daran direkt in ihr Zimmer zurückzustürmen und eine Erklärung zu verlangen, aber er hielt vor der Tür inne. Nein, er würde sie nicht weiter behelligen. Sie hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie ihn da nicht haben wollte und daran würde er sich halten.

Mit hängenden Schultern schlurfte er zum Bett zurück, wo er sich müde niederließ. Auf einmal kamen ihm die Tränen. Er hatte gelernt nicht zu weinen. Das hatte ihm sein Vater beim Tod seiner Mutter eingebläut und er hatte auch lange nicht mehr geweint. Weder beim Tod Mariannes noch beim Tod seines Vaters hatte er sich auch nur die winzigste Träne gestattet, aber nun brachen lange aufgestaute Gefühle aus ihm hervor. Er schlug sich die Hände vors Gesicht, um vor sich selbst und der Welt die ungewollten Tränen zu verbergen, doch ihr Fließen konnte er nicht verhindern. Lange saß er so da und trauerte darum, dass er nun wieder einen Menschen verloren hatte, der ihm viel bedeutete. Aber diesmal war dieser Mensch nicht tot, sondern quicklebendig und lag auf der anderen Seite der Wand in ein weiches Bett gebettet.

Als ihm dies gewahr wurde, trocknete Fitzwilliam schnell seine Tränen. Vielleicht könnte sie ihn hören. Was für eine Genugtuung mussten ihr seine Tränen sein! Eilig stand er auf. Er konnte in diesem Zimmer unmöglich Schlaf finden. Mit ihr Wand an Wand zu schlafen und immer zu wissen, dass er nicht zu ihr gehen und sich an ihre Seite kuscheln konnte, wäre eine Qual. Einen Moment dachte er daran einfach wegzureiten, nach London oder wo auch immer hin, aber er wusste, welch ein Gerede eine so späte Abreise seinerseits haben würde und so nahm er sich vor zumindest noch diese Nacht zu überstehen. Morgen würde Lizzie sowieso nach Longbourn zu ihrer Familie aufbrechen. Da musste es ihm doch möglich sein noch diese eine Nacht mit ihr im selben Haus zu überstehen.

Nur nicht mit ihr im Nachbarzimmer, das konnte er einfach nicht ertragen. Das war auch für seine Selbstbeherrschung zuviel. Deshalb verließ er schnell das Zimmer, um in der Bibliothek noch etwas zu arbeiten. An Schlaf war in dieser Nacht ohnehin nicht mehr zu denken. Dort versuchte er verzweifelt sich auf wichtige Dokumente zu konzentrieren, aber er konnte an nichts anderes denken als an Elisabeth und ihr komisches und abweisendes Verhalten ihm gegenüber. Er überlegte hin und her, aber jegliche Erklärung für das Verhalten seiner Gattin verschloss sich ihm. Den schlimmsten Schmerz versuchte er mit Brandy zu betäuben, aber auch das half wenig und da er sich für den nächsten Tag vorgenommen hatte, zurück nach London zu reisen, wagte er es nicht noch mehr davon zu trinken, so dass sich wirkliches Vergessen eingestellt hätte. Es war aber genug, um ihn schließlich in einen unruhigen Schlaf zu versetzen.

Im Gegensatz zu ihrem Ehemann kam bei Lizzie der Schlaf nicht so schnell. Sie lag bis mitten in die Nacht wach und entschloss sich schließlich sich ein Buch aus der Bibliothek zu holen. Erst bemerkte sie die schlafende Person im Sessel nicht und durchstöberte ungestört die Buchregale. Doch dann sah sie ihn, wie er dort in diesem Sessel lag. Er sah so jung, erschöpft und verletzlich aus, dass Lizzie im ersten Augenblick Schuldgefühle überwältigten. Sie sah sich mit dem konfrontiert, was ihr Streit angerichtet hatte und es gefiel ihr keineswegs.

Einen kurzen Moment wollte sie zu ihm rennen und ihn um Verzeihung bitten, dann aber erwachte wieder ihr Wut. Ja, sie hatte ihn offensichtlich tief mit ihren Worten verwundet, doch was er ihr mit seiner Liebe zu Marianne antat, war schließlich auch kein Pappenstiel. Sie würde nicht den ersten Schritt machen, er konnte ruhig noch ein bisschen leiden. Dann wüsste er wenigstens, wie es ihr in den letzten Tagen ergangen war. Erst beschloss sie einfach das Zimmer zu verlassen, aber dann fragte sie sich plötzlich etwas trotzig, wieso sie eigentlich gehen sollte. Schließlich war das auch ihr Haus, jedenfalls hatte ihr ihr Ehemann dies immer versichert. Bewusst ging sie zurück zum Bücherregal und suchte weiter nach einem Buch, aber ihre Gedanken waren woanders. Sie las zwar die Titel, teilweise sogar laut, aber die Bedeutung kam nicht bei ihr an. Letztlich griff sie sich einfach irgendein Buch heraus und schlug es auf. Sie las den ersten Satz, der ihr in den Blick fiel: „Wer gelassen und ausgeglichen ist, der lebt gesund. Der Eifersüchtige wird von seinen Gefühlen innerlich zerfressen" (Sprüche 14, 30)

Lizzie ließ vor Schreck das Buch fallen. Sie wollte sich gegen die Worte wehren, aber sie konnte es nicht. Es war ja wahr. Ihre Gefühle zerfraßen sie, bis nichts mehr von der Frau, die sie einmal gewesen war, übrig blieb. Und noch mehr als sie selbst zerstörte ihre Eifersucht ihre Beziehung zu ihrem Gatten. Ein Blick auf die schlafende Figur desselben machte ihr deutlich, was sie getan hatte. Er wand sich noch im Schlaf und seine Sorgenfalten waren tiefer als sie es bei ihm je im wachen Zustand gesehen hatte. Sie ging zu ihm und berührte leicht seine Wange. Sie wagte es kaum ihn anzufassen. Was hatte sie nur getan?

„Oh, Fitzwilliam, es tut mir so leid", flüsterte sie leise, während sie ihm sanft das Buch, welches er immer noch in der Hand hielt, abnahm. Dann holte sie eine Decke und breitete sie über ihrem Gatten aus. Er sollte wenigstens nicht frieren, wenn er sich schon die kalte Bibliothek als Schlafplatz gewählt hatte. Als Lizzie all dies gemacht hatte, betrachtete sie ihren Ehemann genauer. Er sah wirklich schlecht aus und schien ständig aus dem Schlaf aufschrecken zu wollen. Lizzie konnte ihre Gefühle nicht mehr zurückhalten. Leise wimmernd barg sie sich in seinem Schoß und versicherte dem Schlafenden unter Tränen, dass sie ihre Worte nicht ernst gemeint hatte, dass sie ihn immer noch liebte und dies auch immer tun würde. Zärtlich streichelte sie seine besorgte Miene, als könnte sie so seine Trauer und seinen Schmerz rückgängig machen. Eine Weile blieb sie so verharren. Die Nähe ihres Gatten beruhigte sie in gewisser Weise trotz den eher traurigen Gründen dieses Zusammentreffens. Schließlich jedoch hielt Lizzie es für an der Zeit in ihr Bett zurückzukehren. Sie wusste, sie könnte nicht die ganze Nacht hier verweilen. Was würden die Diener sagen, wenn sie sie hier fänden? Und noch wichtiger: Was würde Fitzwilliam von ihr denken, wenn er sie hier in seinen Armen vorfinden würde?

Nein, es war klar, sie musste, so schwer es ihr auch fiel, in ihr Schlafzimmer zurückzukehren, doch bevor sie die Tür zur Bibliothek hinter sich zuzog, schwor sie sich ihren Streit mit Fitzwilliam noch vor ihrer Abreise am morgigen Tag beizulegen. Sie wusste nicht, wie sie ihm ihren Ausbruch erklären konnte ohne anzudeuten, dass sie von Marianne wusste, aber sie würde schon einen Weg finden. Es war zu wichtig, dass sie sich wieder versöhnten. Sie würde nicht von Marianne reden, doch sie würde ihn um Verzeihung bitten. Wie sehr er sie auch mit seiner Liebe zu Marianne verletzte, sie konnte es nicht ertragen ihm es mit gleicher Münze heimzuzahlen. Sie brauchte seine Zuneigung und seine Liebe, selbst wenn diese eigentlich einer anderen galt. Mit diesen Vorsätzen im Kopf schlief Lizzie, kaum war sie in ihr Zimmer zurückgekehrt, in einen tiefen, erholsamen Schlaf.

Fitzwilliam schreckte aus seinem Schlaf hoch. Wo war sie? Hatte er seine Lizzie nicht eben noch in den Armen gehalten? Aber er musste feststellen, er war ganz allein. Nichts deutete auf die Anwesenheit seiner Gattin hin. Wieder musste er sich an ihren furchtbaren Streit erinnern und an Lizzies Worte. War das wirklich ihre Meinung von ihm? Hasste sie ihn tatsächlich?

Er wusste es nicht. In seinem Traum hatte sie ihn um Verzeihung gebeten und ihm übers Gesicht gestrichen, aber das war nur ein Traum gewesen, der Wunschtraum eines unglücklich Verliebten. Dennoch musste er leicht die Stelle betasten, die sie in seinem Traum berührt hatte. Bildete er sich das nur ein oder war sie tatsächlich noch warm von den Händen seiner Frau?

Er zog schnell seine Hand wieder fort. Spann er nun total zu glauben sie wäre hier gewesen? Nichts wies darauf hin, es war nur ein alberner Traum gewesen. Er musste sie endlich vergessen oder zumindest seine Gefühle für sie unter Kontrolle bringen. Er nahm sich vor am nächsten Morgen schon im Morgengrauen nach London aufzubrechen. Er wusste, er könnte es nicht ertragen, sie nach ihrem Streit so bald wieder zu sehen. Es war besser sie nicht noch einmal vor ihrer Abreise zu sehen. Es wäre sonst zu wahrscheinlich, dass ihm etwas rausrutschte, was er später bereuen würde. Nein, eine kurze Trennung würde ihnen beiden gut tun, würde ihnen Zeit geben zum Nachdenken. Vielleicht würde Elisabeth dann auch ihre Abneigung gegenüber ihm überwinden können. Er hoffte es zumindest, denn er wusste nicht, wie er damit leben sollte, dass seine Ehefrau, die er über alles liebte, ihn hasste, und er wollte es sich auch nicht vorstellen. Mit der vagen Hoffnung, dass ihm dies erspart bliebe, schlief er erneut ein.