Kapitel 15:

Lizzie starrte auf den Brief in ihren Händen. Fitzwilliam hatte ihr zugestimmt und ihr das Haus in Bournemouth als zukünftige Wohnstätte zugesagt, sobald sie Longbourn verlassen würde. Es hatte sich alles so geregelt wie sie es geplant hatte und doch konnte sie nicht anders als seine Antwort zu bedauern. Sie hätte sich so sehr gewünscht, dass er um sie gekämpft hätte, aber was hatte sie erwartet. Er liebte sie nicht. Wieso sollte er dann um ihre Liebe kämpfen? Sie spürte, wie Tränen in ihre Augen traten und ihren Blick verschleierten.

Sie spürte nicht, wie Jane neben sie trat und sie beunruhigt musterte. „Was ist los, Lizzie?", erkundigte sich ihre Schwester und legte einen Arm um ihre Schulter. „Nichts", wehrte Lizzie sie ab, doch Jane ließ nicht locker: „Mach mir nichts vor, Lizzie! Ich sehe doch, dass du unglücklich bist, also was bedrückt dich? Freut sich Mr. Darcy nicht über euer Kind?"

„Doch er freut sich", erwiderte Lizzy und fügte schnell hinzu, um weitere Fragen ihrer Schwester zu unterbinden, „aber er kann nicht hierher kommen wegen seinen Geschäften. Das ist der Grund für meine Niedergeschlagenheit." Jane drückte ihre Schwester näher an sich.

„Oh, natürlich Lizzy, du musst ihn sehr vermissen. Es tut mir so leid, dass er nicht kommen konnte und das, wo doch bald Weihnachten ist. Du Arme!" Lizzie spürte, wie weiter Tränen über ihre Wangen rannen. „Oh, Jane, er fehlt mir so", schluchzte sie, „ich… ich liebe ihn doch!" Sie konnte nicht glauben, dass sie es laut ausgesprochen hatte. Es war doch ein Geheimnis. Wenn Darcy es je erfahren würde, dann… Nein, das durfte nie geschehen!

Jane zog ihre Schwester in ihre Arme und wiegte sie tröstend hin und her. „Ach. Lizzy, Liebes, du wirst sehen, er wird schneller hier sein als du denkst und dann wird er dich überglücklich in seine Arme schließen, dich küssen und dich nicht mehr loslassen. Du wirst schon noch sehen, wie es sein wird…"

Lizzie riss sich von Jane los. Sie konnte sich solche Worte, so lieb sie auch gemeint waren nicht anhören. Es würde niemals mehr so sein, wie Jane es beschrieb, niemals mehr. Sie stürzte aus dem Zimmer hinaus in die eisige Kälte. Am Rande des Gartens fiel sie auf ihre Knie und übergab sich. „Fitzwilliam", schluchzte sie, „Fitzwilliam, komm zu mir zurück!"

Lizzie nahm kaum wahr, wie ihre Schwester ihr gefolgt war und sie zurück in die warme Wohnung brachte. Auch wie Jane sie in ihr Bett brachte und sie sanft zudeckte, zog nur wie im Traum an ihr vorüber.

Am nächsten Tag jedoch erinnerte sich Lizzie beim Erwachen an die Ereignisse des letzten Tages. Sie schämte sich für ihren Ausbruch und beschloss in nächster Zeit mehr Selbstbeherrschung einzuüben. Als Jane gegen Mittag auf einen Besuch nach Longbourn kam und sich erkundigte, wie es ihr ging, blieb sie vollkommen kühl und gleichmütig. Sie hätte gestern etwas überreagiert, Jane solle das bloß nicht zu ernst nehmen. Aber Jane nahm es ernst, spürte aber, dass Lizzie ihr nichts weiter dazu sagen würde und fragte deshalb nicht weiter nach. Doch sie begann sich Sorgen um ihre Schwester zu machen. Etwas stimmte mit Lizzie nicht, das war offensichtlich. Sie konnte bloß nicht ausmachen, was es war.

Auch nachdem sie erfahren hatte, dass sie schwanger war, ließ Lizzie es sich nicht nehmen für Longbourn und seine Bewohner Sorge zu tragen. Sie hatte Jane um Verschwiegenheit gebeten und so wusste keiner außer ihnen beiden und Mr. Darcy, dass sie schwanger war. Lizzie hatte als Grund dafür genannt, dass sie nicht wollte, dass sich Mr. und Mrs. Bennet irgendwie Sorgen um sie machten, aber ein Mitgrund war sicherlich auch, dass sie nicht wusste, ob sie die Gratulationen ihrer Familie und ihrer Freunde ertragen könnte. Es fiel ihr schon schwer genug zu akzeptieren, dass sie dieses Kind erwartete, da war es ihr lieber, wenn sie nicht auch noch jeder andere auf ihr Glück ansprach.

Jedenfalls ließ Lizzie sich trotz ihres Zustandes kaum Arbeit von Jane abnehmen. Die Sorge um den Haushalt und ihre Mutter lenkte sie zumindest ein bisschen von dem kleinen heranwachsenden Wesen in ihrem Bauch und von Mr. Darcy ab. Aber sie spürte auch immer mehr, dass die Arbeit ihr eigentlich zuviel war. Mehr als einmal musste sie innehalten, um nicht wieder einmal ohnmächtig zu werden, und sie kam nicht umhin zu bemerken, dass sie außer ihrem Bauch, der sich langsam wölbte, eigentlich nur noch aus Haut und Knochen bestand. Sie zwang sich mehr zu essen um des Kindes willen, aber die ständige Übelkeit erschwerte die Nahrungsaufnahme natürlich. Sie schleppte sich von Tag zu Tag, während ihre Kräfte immer mehr schwanden.

Während Lizzie immer unglücklicher wurde, kam in das Leben von Kittie, die die Krankheit ihrer Mutter zunächst sehr getroffen hatte, neue Freude. Dr. Malcom hatte seit kurzer Zeit einen jungen Assistenten, einen Mr. Johnson, der noch studierte, aber um etwas Praxiserfahrung zu sammeln für ein halbes Jahr Dr. Malcom zur Seite stehen sollte. Zwischen Kittie und Mr. Johnson gab es von Anfang an eine deutliche Anziehungskraft und die Familie Bennet war allgemein froh darüber, dass Kittie einen so anständigen jungen Mann kennen gelernt hatte, bis auf Lizzie. Lizzie konnte Mr. Johnson nicht leiden. Sie ärgerte die Art, wie er ihrer Schwester beständig versicherte, dass Mrs. Bennet ganz sicher wieder gesund würde, denn sie konnte selbst sehen, dass der Zustand ihrer Mutter nur bestätig schlechter wurde. Ihre Mutter sprach kaum noch und schien sich mit ihrem Tod schon fast abgefunden zu haben, da konnte Lizzie es einfach nicht ertragen, wie ein jemand ständig mit gespieltem Optimismus verkündete, dass sie sicher weiterleben würde. Jedenfalls redete Lizzie sich ein, dass dies der Grund wäre, warum sie Mr. Johnson nicht leiden konnte.

In Wirklichkeit aber verhielt sie sich ihm gegenüber reserviert, weil er sie an Fitzwilliam erinnerte. Im Gegensatz zu Kittie war Mr. Johnson nämlich ein eher bedachter, dafür aber sehr zielstrebiger junger Mann. Wenn er auch nicht so verschlossen war, war er doch eher zurückhaltend in seiner Zuneigung und wäre Kittie nicht so ratlos und verzweifelt aufgrund der Krankheit ihrer Mutter gewesen, hätte er es sicher nicht gewagt, die sonst eher wilde Kittie anzusprechen, aber so kamen die beiden öfter miteinander in Kontakt und Kittie begann die ruhige, zuverlässige Art von Mr. Johnson zu schätzen und wurde auch selbst ernster und verantwortungsbewusster. Anstatt nur über die Krankheit ihrer Mutter zu trauern, begann sie jetzt auch im Haushalt zu helfen.

Lizzie hätte eigentlich jeden Grund gehabt sich über diese Veränderung Kitties zu freuen, aber das verliebte Blitzen in Kitties Augen war etwas, was sie nicht ertragen konnte. Die kleinen Tete-a-tetes der beiden erinnerten sie zu sehr an ihre eigene Verlobungszeit. Ohne dass es ihr wirklich bewusst war, störte sie die beiden Frischverliebten immer wieder. Einmal nachdem sie wieder einmal plötzlich ins Zimmer geplatzt war, fauchte sie ihre Schwester nach Mr. Johnsons Verabschiedung wütend an: „Lizzie, könntest du bitte aufhören, deinen Liebesfrust an mir und Mr. Johnson auszulassen. Nur weil du unglücklich in deiner Ehe bist, brauchst du nicht allen anderen ihre Chancen auf Glück zu untergraben. Es war schließlich deine Entscheidung Mr. Darcy zu heiraten. Da kannst du niemand sonst für verantwortlich machen. Also bitte hör auf, mich und Mr. Johnson ständig so unfreundlich zu behandeln."

Lizzie starrte ihre Schwester überrascht an. Sie hatte nicht geglaubt, dass man ihr ansehen konnte, dass etwas zwischen ihr und Mr. Darcy nicht stimmte. Sie versuchte sich zusammenzureißen und entgegnete bedachter Weise möglichst kühl: „Ich finde nur, es ist nicht schicklich, dass Mr. Johnson und du so häufig allein sein. Ihr seid schließlich nicht verlobt. Mit Mr. Darcy hat das absolut nichts zu tun."

„Du lügst doch", platzte Kittie hervor, worauf ihr Lizzie eine schallende Ohrfeige gab. Erschrocken über ihr Verhalten starrte sie Kitties rotglühende Wange an. „Es tut mir leid", flüsterte sie und rannte aus dem Zimmer. Kittie schaute ihr hinterher und schämte sich für das, was sie zu ihrer Schwester gesagt hatte. Sie wusste, sie hätte nicht so fies sein dürfen, aber dass Lizzie sich ständig bei ihr und Mr. Johnson einmischte, nervte sie einfach.

Die Worte Kitties sorgten bei Lizzie für mehr als eine schlaflose Nacht. Zunächst machte vor allem die Frage, wie Kittie hatte erkennen können, dass sie und Fitzwilliam sich so fremd geworden waren. Stand ihr ihr Kummer etwa so deutlich ins Gesicht geschrieben? Und wenn Kittie so ohne jegliche Mühen erkannte, dass ihre Ehe mit Fitzwilliam nur eine Farce war, konnten dann etwa auch andere Menschen durch ihre Maskerade sehen? Dieser Gedanke machte Lizzie Angst. Sie wollte nicht, dass jeder wusste, wie unglücklich sie wirklich war, und vor allem eine Person sollte nicht sehen, wie niedergeschlagen sie war, Fitzwilliam.

Allein der Gedanke, dass ihr Ehemann auch nur erahnen könnte, wie es ihr wirklich zumute war, ließ sie erschrecken. Nein, wenn schon Kittie merkte, dass in ihrer Ehe etwas nicht stimmte, dass mit ihr etwas nicht stimmte, dann musste sie sich noch mehr in Selbstbeherrschung üben, falls sie Fitzwilliam doch noch einmal wieder sah, was sich wohl aufgrund ihrer weiter bestehenden Ehe nicht vermeiden ließ.

Dann aber, als sie den Entschluss gefasst hatte ihre Gefühle und Gedanken noch mehr von der Welt abzuschotten, musste sie auch über das nachdenken, dessen Kittie sie angeklagt hatte. War es tatsächlich wahr, dass sie wegen ihrer Schwierigkeiten mit Fitzwilliam, Mr. Johnson nicht leiden konnte und seine Aufmerksamkeiten Kittie gegenüber zu unterbinden versuchte? Sie musste zugeben, dass Kittie mit ihren Anschuldigungen nicht ganz Unrecht hatte. Zwar war es nicht so, dass ihr Handlungsgrund Eifersucht war, wie es Kittie ihr vorgeworfen hatte, aber ihre Intervention war tatsächlich in ihrer eigenen schmerzlichen Ehesituation begründet. Im Gegensatz aber zu Kitties Vorwurf wollte sie durch ihr Einmischen aber nicht deren Glück verhindern, sondern erhalten. Nach den Enttäuschungen, die sie in ihrer Ehe mit Fitzwilliam erlebt hatte, wollte sie ihre Schwester vor ähnlichen Erfahrungen schützen. Kittie sollte nicht in so gravierender Weise verletzt werden. Sie sollte es besser haben als sie selbst. Deshalb glaubte Lizzie sie vor einer allzu frühen Heirat bewahren zu müssen und im Besonderen vor einer solchen mit Mr. Johnson, der Mr. Darcy, wie Lizzie nun deutlich bewusst wurde, in einigen Dingen erstaunlich ähnlich war. Er war genauso korrekt wie Mr. Darcy, genauso zielstrebig und genauso zurückhaltend auf den ersten Blick, wenn er aber im Gegensatz zu Mr. Darcy nie arrogant wirkte.

Nachdem Lizzie ihre eigenen Gedanken und Emotionen so weit verstanden hatte, hätte sie die Sache einfach auf sich beruhen lassen, aber kaum hatte sie einmal begriffen, wie tief ihre innerliche Verletzung durch Fitzwilliam wirklich war, wuchs auch ihre Entschlossenheit Kittie zu schützen. Dass Mr. Johnson eine gewisse Ähnlichkeit mit Mr. Darcy in Auftreten und Charakter hatte, ließ Lizzie auf weitere Ähnlichkeiten schließen. Nein, so entschloss sie sich, sie würde es nicht zulassen, dass ihre Schwester vergleichbare Verletzungen ertragen musste. Erst überlegte Lizzie mit ihrer Schwester persönlich zu reden und ihr die Gründe zu erklären, wieso es nicht gut war sein Herz allzu frei zu verschenken, dann aber hielt sie es für eine deutlich bessere Idee das Problem mit ihrem Vater zu besprechen, der gewiss ihren Argumenten um einiges offener gegenüberstehen würde. So hatte sich Lizzie kaum einen Tag später schon fest entschlossen ihren Vater zu ermahnen, die Beziehung zwischen Kittie und Mr. Johnson im Auge zu behalten.

Schon am nächsten Morgen suchte Lizzie ihren Vater in der Bibliothek auf, um mit ihm über Kittie zu sprechen. Er hob seinen Kopf vom Sekretär zu ihr auf, als sie den Raum betrat. Er sah bleich und müde aus, viel älter als noch vor einigen Monaten. Lizzie dachte daran, dass sie wahrscheinlich nach den Ereignissen der letzten Zeit auch nicht mehr einen so unbekümmerten Gesichtsausdruck wie früher hatte. Es war so viel passiert, seit sie Longbourn Ende Herbst verlassen hatte. Es erschien ihr nicht ein bis zwei Monate her zu sein, sondern Jahre. Wie hatte nur alles so weit kommen können?

Die Stimme Mr. Bennets riss Lizzie aus ihren düsteren Überlegungen. "Du wolltest mit mir reden?", erkundigte er sich. "Ja", stellte Lizzie bloß fest ohne den genauen Grund für ihr Stören zu erklären.

"Ich vermute, du willst mit mir über deine Gesundheit reden, Lizzie?", entgegnete Mr. Bennet ruhig, doch in seiner Miene konnte Lizzie tiefe Besorgnis erkennen.

"Nein, Vater", erwiderte Lizzie schnell, "Ich bin völlig gesund. Es ist nur, ich bin..." Sie brachte die Worte nicht heraus. Es fiel ihr so schwer selbst zu akzeptieren, dass sie schwanger war, dass sie am liebsten niemanden davon erzählt hätte. Aber sie wusste, sie musste mit ihrem Vater ehrlich sein, sonst würde er sich nur noch weitere Sorgen um sie machen. So gestand sie ihm nun endlich den Grund für ihre geschwächte Gesundheit. "Ich bin schwanger!" Die Worte hörten sich für Elisabeth an, als hätte sie jemand anderes gesprochen. Sie beobachtete den überraschten Gesichtsausdruck ihres Vaters. Sie sah, er wollte etwas dazu bemerken, sie fragen, wie lange sie schon schwanger war, doch sie ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen: "Ja, Papa, es stimmt, ich erwarte ein Kind, aber ich wollte eigentlich nicht darüber mit dir reden, sondern über Kittie?"

"Wieso über Kittie?", wollte ihr Vater verblüfft wissen, "um Kittie mache ich mir keine Sorgen."

"Das solltest du aber", wand Lizzie ein, "Hast du nicht bemerkt, wie sie sich verändert hat, seit sie Mr. Johnson kennt."

"Natürlich habe ich das wahrgenommen, Lizzie", entgegnete Mr. Bennet, "Ich war mit meinen Gedanken vielleicht häufig woanders, aber die Veränderung deiner Schwester habe ich durchaus bemerkt. Ich weiß nur nicht, wieso du dich deswegen aufregst. Sie ist soviel ausgeglichen seit sie Mr. Johnson kennt. Ich dachte, du wolltest, dass sie erwachsener und reifer wird."

"Natürlich wollte ich das und ich will es immer noch", gab Lizzie zu, "Aber ich denke, es ist dennoch nicht gut, dass sie soviel Zeit mit Mr. Johnson verbringt. Ich will nicht, dass man ihr das Herz bricht."

Mr. Bennet schüttelte ungläubig den Kopf: "Ich verstehe deine Befürchtungen nicht, Lizzie. Mr. Johnson scheint ein vernünftiger und verständiger Mann zu sein und er mag deine Schwester wirklich, oder bezweifelst du das etwa?"

"Dass er ein verständiger Mann ist bezweifle ich nicht, Papa, aber ich habe Angst, aber ob er sie wirklich mag, kann ich nicht sagen."

"Denkst du, er macht deiner Schwester nur etwas vor?", versuchte Mr. Bennet die Bedenken seiner Tochter zu ergründen.

"Ich weiß es nicht, Papa", war Lizzies ausweichende Antwort, "aber ich halte es in jedem Fall für falsch, dass Kittie sich schon jetzt so viele Hoffnungen macht und ihm ihre Zuneigung so deutlich zeigt. Wir kennen ihn erst seit kurzem und ich möchte einfach nicht, dass sie sich unglücklich macht."

"Hältst du ihn etwa für einen zweiten Wickham, Lizzie?", fragte ihr Vater überrascht und halb scherzend. "Nein, Papa, doch ich habe Angst, dass es für Kittie nicht gut wäre ihn zu heiraten. Auch ehrenhafte Männer haben eine Vergangenheit, mit der wir Frauen umgehen müssen, und ich will einfach nicht, dass Kittie sich zu schnell in ihrer Zuneigung festlegt, bevor sie sich seiner Zuneigung und Liebe wirklich sicher sein kann. Sie ist noch so jung und ich will sie nicht verletzt sehen. Ich will nicht, dass er sie nur heiratet, weil sie ein hübsches Gesicht hat und ganz unterhaltsam ist. Das hat sie nicht verdient." Lizzie hatte sich richtiggehend in Rage geredet und hielt jetzt plötzlich inne. Sie hatte schon viel mehr gesagt als sie eigentlich wollte. Sie spürte, wie ihr heiße Tränen in die Augen stiegen. Nein, sie würde jetzt nicht in Tränen ausbrechen. Ihr Vater sollte nicht wissen, wie unglücklich sie in ihrer Ehe war. Er sollte sich nicht auch noch um sie Sorgen machen müssen.

"Lizzie, du hörst dich so verbittert an. Stimmt etwas nicht zwischen dir und Mr. Darcy? Ich dachte, ihr seid so glücklich miteinander", erkundigte sich Mr. Bennet besorgt.

"Nein", log Lizzie schnell, "Mr. Darcy und ich verstehen uns gut, ich habe nur schon zu häufig solche Ehen bei anderen beobachtet, dass ich Angst habe, Kittie könnte das auch passieren, dass ein Mann sie heiratet und sie dann erkennen muss, dass er sie nicht wirklich liebt, sondern nur ihr hübsches Gesicht. Bitte Papa, nimm meine Besorgnis ernst!"

"Ja, Lizzie, das mache ich, aber ich denke immer noch, du nimmst zuviel auf dich. Du solltest jetzt an andere Dinge denken als an Kittie und Mr. Johnson. Weiß Mr. Darcy denn schon, dass er Vater wird?", wechselte Mr. Bennet das Thema.

"Ja, Mr. Darcy weiß über das Kind Bescheid", antwortete Lizzie kurz angebunden. Dieser Themenwechsel behagte ihr überhaupt nicht, aber sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen.

"Und er ist nicht sofort an deine Seite geeilt?", zog Mr. Bennet seine Tochter auf, "da musst du dir ja schon fast Sorgen machen, dass eine andere sein Herz gestohlen hat?"

Die scherzhaften Worte drangen wie ein Schwert in Lizzies Seele. Sein Herz hat nie mir gehört, schrie alles in ihr, aber sie behielt ihre Fassung und bemerkte nur kühl: "Ich muss dann wieder zu Mutter."

"Ja, geh nur", erwiderte Mr. Bennet, halb in Gedanken. Doch kurz bevor sie das Zimmer verließ, rief er sie noch einmal zurück: "Lizzie, ich weiß, du opferst viel, um deine Mutter zu pflegen. Sicherlich wärst du lieber bei deinem Ehemann, also wenn du willst, kannst du gerne zu Weihnachten zu ihm fahren oder er kann hierher kommen. Ihr sollt schließlich euer erstes gemeinsames Weihnachten nicht getrennt verbringen müssen."

Lizzie wusste kaum, wie sie die Tränen, die ihr erneut in die Augen stiegen, zurückhalten sollte. Schnell versicherte sie ihrem Vater: "Vater, ich kann Mutter nicht an Weihnachten verlassen, nicht in ihrem derzeitigen Zustand, ich könnte mir nie verzeihen, wenn..." Hier brach sie ab, um dann mit gezwungen ruhiger Stimme fortzufahren: "Und Mr. Darcy möchte Weihnachten gerne mit seiner Schwester feiern, deshalb wird er nicht nach Longbourn kommen können. Aber es wird ja nicht das letzte Weihnachten sein, das wir miteinander verbringen werden, daher können wir das gut verschmerzen dieses Jahr Weihnachten voneinander zu verbringen." Mit diesen Worten drehte Lizzie sich um und stürmte fast aus dem Raum.

In ihrem Schlafzimmer angekommen warf sie sich auf ihr Bett und ließ ihren Tränen endlich freien Lauf. Melancholisch strich sie sich über ihren Bauch. "Oh, mein kleiner ungeborener Engel, du wirst niemals Eltern haben, zwischen denen Liebe und Offenheit herrscht. Ich wünschte nur, ich könnte dir und mir dieses Schicksal ersparen, aber es ist nun einmal so. Oh, wäre ich deinem Vater doch nie begegnet." Schluchzend vergrub Lizzie ihr Gesicht in den Kissen und wartete darauf, dass der Schmerz aufhörte, aber er verschwand einfach nicht.