Kapitel 18:

By TeeKay

Kitty saß unruhig neben ihrer Mutter, die immer noch wie ein Stein auf ihrem Bett lag. Nur das leichte Heben und Senken der Bettdecke bewies noch, dass Leben in ihr steckte. Doch so sehr Kitty sich auch sorgen um ihre Mama machte, in diesem Augenblick dachte sie an jemand ganz anderen... Warum hatte sich ihr George immer noch nicht gemeldet? Sie biss auf ihrer Unterlippe herum.

„Sei nicht albern, er hat eben viel zu tun – ist schließlich ein verantwortungsbewusster Student". Versuchte sie sich innerlich zu überzeugen – doch gerade das war es ja – wenn er so vertrauenswürdig war, warum hat er dann nicht sein Versprechen gehalten? Gerade in diesem Moment kam Hill mit einem Brief herein.

„Für sie, Miss Catherine."

Kitty riss der Frau fast den Brief aus der Hand, und schaute wie gebannt auf den Absender. Dann machte sich Enttäuschung auf ihrem Gesicht breit. Mrs. J. Hayton. Wer in aller Welt war Mrs. J. Hayton?

„Hill, können Sie bitte mal hier bei meiner Mutter bleiben, ich gehe mal kurz runter." Die Frau nickte nur und Kitty verließ das Zimmer und setzte sich unten im Salon auf ihr Lieblingssessel. Sie brach das Siegel und schaute neugierig in den Brief – und auf einmal leuchteten ihre Augen auf – diese Handschrift kannte sie doch! Ihre Augen flogen über die Zeilen.

Meine liebste Catherine

Du hast dich sicherlich gewundert, als du ein Brief von einer unbekannten Mrs. Hayton bekommen hast – doch beruhige dich, das ist der Name meiner großen Schwester. Da wir ja leider immer noch nicht offiziell verlobt sind, konnte ich dir ja kaum in meinem eigenen Namen schreiben.

Und trotzdem musste ich dir einfach ein paar Sachen sagen – denn ich möchte nicht, dass du auch nur einen Augenblick an meiner Liebe zweifelst – der Gedanke, dass in deinem schönen Köpfchen auch nur die leiseste Spur von Zweifel sein könnte, macht mich ganz unglücklich.

Du hast dich sicherlich schon gefragt, warum dein Vater noch immer noch nichts von einem Brief von mir erwähnt hat – das liegt nicht daran, dass ich keinen geschrieben habe.

Ich habe gleich bei meiner Ankunft in London geschrieben, wie ich es dir versprochen habe. Aber er schrieb mir, dass sich der Zustand deiner Mutter merklich verschlechtert hat, und hat mich gebeten, von einer offiziellen Verlobung erst einmal abzusehen, bis sich die Situation verändert hat. Dann hat er mir auch gesagt, dass er mit dir darüber auch erst einmal nicht sprechen wollte, weil du sowieso zu viel um die Ohren hättest.

Ich war natürlich erst einmal sehr enttäuscht, doch der Gedanke, dass du am Leiden bist, hat mich wirklich traurig gemacht – wäre ich doch jetzt am liebsten bei dir, um deine Hand zu halten und deine Tränen wegzuwischen, wie an dem einem Nachmittag, an dem wir zusammen spazieren waren und du gestolpert bist, und deinen Arm verletzt hast... ich kann mir immer noch nicht vergeben, dass ich so ungeschickt gewesen bin und dich nicht schneller aufgefangen habe, aber du warst so tapfer und hast nur ein ganz kleines bisschen geweint, und ich hab dir deine Tränen weggewischt, und dann hast du mich angelächelt.

Liebes, sobald ich hier weg kann, werde ich Dr. Malcom besuchen – und dich. Bis dahin pass gut auf dich auf und vergiss nicht

Deinen

George J.

Kitty seufzte glücklich. Natürlich war sie überhaupt nicht tapfer gewesen bei diesem Spaziergang – sie hatte etwas mehr als „ein ganz kleines bisschen" geheult, obwohl die Verletzung überhaupt nicht so schlimm gewesen war – sie hatte fast mehr geweint, weil ihr das so peinlich war, vor Dr. Johnson so ungeschickt zu sein. Aber er hatte wie ein echter Gentleman die ganze Schuld auf sich genommen, und ihr dann mit dem Daumen die Tränen weggewischt und so besorgt ausgesehen, den Kratzer an ihrem Arm immer wieder angeschaut und darauf bestanden, ihn gleich am nächsten Bach zu waschen. Dass er dabei ihr den Arm um die Hüfte legen musste, um ihr zu dem Bach zu helfen und danach immer wieder mit seinem Taschentuch auf ihrem Arm hin und herwischte, schien die beiden nicht besonders zu stören.

Kitty schaute noch einmal auf den Umschlag und den Absender. Unter anderen Umständen hätten längst ihre Schwestern und ihre Mutter sie darüber ausgefragt, wer diese Mrs. Hayton wohl sein könnte und warum sie ihr einen Brief schrieb. Doch Lydia war immer noch nicht gekommen, obwohl sie und Wickham im letzten Brief etwas von einem Weihnachtsbesuch erwähnt hatten. Wahrscheinlich hatten sie es vergessen, oder bei irgendwelchen dubiosen Freunden von Wickham so viel Spaß, dass ein Krankenbesuch schnell gestrichen wurde, Mary hatte sich noch mehr als früher in sich verschlossen und kümmerte sich nur noch ihre Aufgaben im Haushalt, Lizzy war krank und Jane konnte nie daheim sein. Und ihre Mutter...

Sie seufzte. Es hatte sich so vieles verändert, seit ihre beiden älteren Schwestern geheiratet hatten. So viel Segen, so viel Leid.