Kapitel 33:

by TeeKay

Die Kutsche erreichte London ohne Zwischenfälle. Es war natürlich für die arme Haushälterin, Mrs. Stephord, ein Schock, auf einmal die neue Mrs. Darcy auf der Fußmatte zu finden – ohne eine gescheite Ankündigung oder irgendeine Vorwarnung und dazu noch fast mitten in der Nacht. Doch Jahre Erfahrung mit Krisen wie ein plötzlicher Rotweinmangel, zu verheimlichende Gäste (meistens Damen) in den definitiv falschen Zimmern und (sie rümpfte die Nase) KLEINEN schlammbedeckten Kindern hatten sie gelehrt, auch mit einer unangemeldeten Hausdame umzugehen.

Während sie sich höflich nach den Wünschen der Herrin erkundigte - „Ach, der junge Herr kommt nicht?" „Später vielleicht, ja?" „Eure Gegenwart noch nicht bei Lord und Lady Matlock anmelden, nein?" - hatte sie ihren tadellos funktionierenden Haushalt zum Arbeiten gebracht, so dass die neue Mrs. Darcy sich schon bald in einem luftigen Zimmer frisch machen konnte. Misstrauisch beobachtete Mrs. Stephord Betty und überlegte, wie sie dieses (sicherlich unter dieser weichherzigen Mrs. Reynolds völlig verzogene) Mädchen in ihren Herrschaftsapparat einbauen sollte, als Mrs. Darcy sie zu sich rief.

„Was wünschen Sie, Mrs. Darcy?"

Elisabeth schaute die Frau müde an. „Es tut mir leid, dass ich Sie hier so überfallen habe."

„Es ist mir eine Ehre, Madam, Ihnen zu Diensten zu stehen." Ein Darcy musste sich nicht entschuldigen. Auch ein angeheirateter Darcy nicht. Ein Darcy ist schließlich ein Darcy.

Lizzy seufzte. „Nun, ich weiß dass normalerweise ein Besuch in London eine ganze Menge – sozialer Verpflichtungen mit sich bringt... aber ich muss zugeben, dass ich wegen meiner ... wegen meiner momentanen gesundheitlichen Verfassung möglichst viel Ruhe brauchen werde." Sie hatte auf der Fahrt nach London eine passende Begründung für ihre Anwesenheit erfunden. „In Lambton gab es vor kurzen ein paar ernstere Fieberfälle bei Säuglingen. Letzten Abend erfuhren wir von unserem Familienarzt, dass für das Kind Gefahr bestehen könnte, und ich unverzüglich von Derbyshire weggehen sollte. Mr. Darcy konnte natürlich unmöglich seine Verpflichtungen aufgeben."

„Natürlich nicht."

„...und für Erwachsene besteht offenbar auch keine Gefahr." Die Lüge war mehr als fragwürdig – London fiel wohl kaum unter eine „gesündere Umgebung" - und sie hoffte, dass Mrs. Reynolds keinen Briefkontakt mit dieser Mrs. Stephord führte. Diese ließ kein Anzeichen von Misstrauen noch sonst irgendwelche Gefühle sehen und fragte lediglich noch nach, ob sie noch etwas zum Essen bringen lassen sollte.

Erschöpft ließ sich Elisabeth fertig machen und sank dann endlich in ihr frisches Bett. Sie schlief sofort ein, zu müde, sich noch mehr Gedanken zu machen.

Am nächsten Morgen stand sie trotz allem früh auf und schaute aus dem Fenster. Gerade vor dem Haus war ein kleiner Park, der dunkel und kalt in der Wintersonne lag. Einen Augenblick lang sah Elisabeth wieder die viel schöneren Wälder Pemberleys vor sich, doch sie schob den Gedanken von sich fort, immer noch zu aufgewühlt um an irgendwas (und irgendwen) in Derbyshire zu denken, und entschloss sich, einen Morgenspaziergang zu machen.

Schon bald schlenderte sie langsam unter den nackten Bäumen her, ihre Hand unbewusst beschützend auf ihren Bauch gelegt, als plötzlich eine bekannte Gestalt vor ihr stehen blieb.

„Mrs. Darcy!"

„Oh, Guten Tag, Mr. Johnson"