Und ein neues Kapitel, habe daran gestern Nacht noch bis kurz nach zwölf geschrieben. War so motiviert. Ich hoffe es gefällt euch. Langsam beginnen sich die Dinge zu klären, aber das seht ihr ja selbst. Viel Spaß beim Lesen!


Kapitel 34:

Kittie zuckte zusammen, als Mr. Darcy und der Colonel sie mit ernstem Gesichtsausdruck aufsuchten. Der Colonel wirkte misstrauisch, fast schon wütend, während Mr. Darcy einfach nur müde und schlechtgelaunt aussah. Und da war noch was in seinem Blick: Sorge, Traurigkeit, Unruhe…

Sie mussten sich schon wieder gestritten haben oder war da noch mehr?

„Was ist los?", fragte sie, während sie versuchte gelassen zu bleiben, „Ist etwas mit Lizzie?"

„Ja", erwiderte der Colonel nur. Kittie bekam langsam Angst. Es musste etwas Schlimmes passiert sein, wenn der Colonel und Mr. Darcy so ernst und bedrückt aussahen. Es war doch hoffentlich nichts mit dem Baby. Oh, wenn Lizzie oder dem Kind etwas zugestoßen wäre, könnte sie sich das nie verzeihen. Wieso hatte sie nur jemals diesen Brief geschrieben? Was war, wenn Lizzies Sorge und Schmerz dem Kind geschadet hatten? Plötzlich meldeten sich all die Gewissensbisse, die sie bisher verdrängt hatte. Sie würde sofort zu ihrer Schwester gehen und ihr alles beichten und es war ihr egal, was Lizzie dann mit ihr machen würde.

„Wo ist meine Schwester?", fragte sie, „ich denke, ich sollte zu ihr gehen."

„Ich fürchte, das wird nicht möglich sein", entgegnete der Colonel.

„Oh, Gott, nein", war alles, was Kittie hervorstieß. Der Raum begann sich um sie zu drehen. Nein, das konnte nicht wahr sein, nicht Lizzie, nicht ihre Schwester Lizzie, die immer so gesund gewesen war. Tränen traten ihr in die Augen, sie war an allem schuld. Und alles, weil sie sich hatte rächen wollen. Ungewollt entfuhr ihr ein Schluchzer.

Nun griff Darcy ein und versicherte ihr schnell: „Es ist nicht das, was Sie denken, Miss Catherine, Elisabeth, Lizzie, ihr geht es gut. Sie ist nur nach London gefahren… Sie brauchte etwas Abstand, ich meine, sie…." Seine Stimme stockte.

„Ist das wahr?" fragte Kittie leise.

„Ja", bestätigte der Colonel.

„Oh…", Kittie wusste nicht, was sie denken oder fühlen sollte. Lizzie hatte es also tatsächlich getan, sie hatte ihren Ehemann verlassen auf immer und sie war daran schuld. Sie hatte gedacht, sie würde Genugtuung fühlen, wenn sie ihr Ziel erreicht hätte, aber alles, was sie spürte, war Wut auf sich selbst. Sie schämte sich für das, was sie getan hatte, und hatte nur einen Wunsch, Lizzie endlich alles zu gestehen und sich mit ihrer Schwester zu versöhnen. Wie war es nur so weit gekommen, dass Lizzie ohne auch nur ein Wort zu irgendwem gegangen war? Doch dann wurde ihr plötzlich klar, dass sie genau wusste, wie es dahin gekommen war. Sie hatte es schließlich selbst inszeniert und sie fühlte sich mit einem Mal noch niederträchtiger und gemeiner als sie sich eh schon vorkam.

„Ich muss ihr nachreisen, ich muss mit ihr reden, auf mich wird sie hören, ich kann sie überzeugen zurückzukommen, ich kann ihr die Wahrheit sagen…", sie stockte und blickte verunsichert hoch: Hatten Mr. Darcy und Col. Fitzwilliam ihren Versprecher bemerkt?

Am Gesichtsausdruck des Colonels sah sie, dass dieser offensichtlich nur zu genau zugehört hatte, was sie gesagt hatte. Sie verfluchte innerlich sich dafür ein so loses Mundwerk zu haben und hoffte der Colonel würde nicht fragen, welche Wahrheit sie ihrer Schwester erzählen wollte? Doch er tat es und in einer solchen Art, dass sie wagte es zu leugnen oder ihm einfach nicht zu antworten.

„Ich meine, die Wahrheit, dass Mr. Darcy…. Ich meine, dass Marianne…", sie wusste nicht, wie sie formulieren konnte, was ihre Schwester belastete, „sie glaubt, sie sei Ihre Mätresse, Mr. Darcy."

„Das weiß ich mittlerweile", erwiderte dieser tonlos, „aber wie ist sie auf diesen Gedanken gekommen, und wieso denkt sie, meine Schwester lebe noch?"

„Sie hat Mariannes Zimmer gesehen und irgendwas hat sie davon überzeugt, dass sie Ihre…", Kittie brach verlegen ab.

„Das verstehen wir noch alles", schaltete sich Colonel Fitzwilliam ein, „Aber wie um Gottes Willen ist sie auf die Idee gekommen, dass Darcys Schwester noch leben würde? Was hatte es mit diesem Brief auf sich? Sie haben ihn offensichtlich zu sehen bekommen, also was stand da drin und wo haben Sie den Brief gelassen?"

Kittie wurde hochrot, einen Moment überlegte sie sich herauszureden, aber dann begann sie: „Ich habe den Brief vernichtet, aber ich kann sagen, was drin stand. Es stand drin, dass Marianne noch am Leben ist, einen Sohn von Ihnen – sie nickte zu Mr. Darcy – hat und dass sie sich mit Ihnen treffen möchte. Und dass sie Sie immer noch liebt."

Sie sah, wie Darcys Gesicht weiß vor Wut wurde. „Ach, du meine Güte, kein Wunder, dass Elisabeth mich nicht einmal mehr angesehen hat, dass sie sich von mir zurückgezogen hat, mir nicht mehr erlaubte, sie zu berühren, aber wer konnte nur solche Lügen verbreiten? Unser Leben so ruinieren wollen? Wer kann nur so niederträchtig sein, Elisabeth, einer schwangeren Frau solche Unwahrheiten zu erzählen? Ich, … es muss Wickham gewesen sein, niemand anderes als er würde mein Leben so zerstören wollen. Oh, Gott, ich schwöre, ich bringe ihn um!" Die letzten Worte schrie er mehr als, dass er sie sagte, während er die Hände zu Fäusten ballte, sodass die Knöchel weiß hervortraten.

„Beruhige ich, Darce", ermahnte ihn der Colonel, der sich mittlerweile relativ sicher war, wer für dieses ganze Debakel verantwortlich war.

„Ich… ich war es, ich wollte mich an Lizzie rächen, sie hat Mr. Johnson und mich auseinander gebracht, ich wollte, dass sie auch leidet", bekannte Kittie unter Tränen.

Darcy starrte sie einen Augenblick nur wie perplex an. Dann verstand er und seine Wut platzte nur so aus ihm heraus: „Wie konntest du nur? Deine Schwester hat es nur gut gemeint und du behandelst sie so. Sie ist schwanger und körperlich schwach und du erzählst ihr solche Lügen. Wie lange hättest du sie in dem Glauben gelassen, dass ich eine andere Frau liebe, bis sie mich tatsächlich verlassen hätte? Bis sie vor Gram ihr Kind verloren hätte? Was bist du nur für ein Mensch? Ich verlange, dass du auf der Stelle mein Haus verlässt!"

„Es tut mir leid, ich werde noch heute abreisen", schluchzte Kittie los und rannte aus dem Zimmer.

Zurück blieben Darcy und der Colonel, von denen ersterer die Welt nicht mehr verstand. Seine Wut auf Lizzies Schwester kannte keine Grenzen, aber irgendwie wusste er, dass auch diese Wut und sein Wissen um den Grund für die Missverständnisse zwischen ihm und Lizzie nicht dafür sorgen konnten, dass er sich wieder mit seiner Gattin versöhnte. Zwischen ihm und Lizzie war etwas kaputtgegangen, das zu reparieren nicht einfach sein würde, und so sehr er es auch wollte, er wusste, er konnte nicht allein Kittie die Schuld daran geben.


Lizzie stand verwirrt vor Mr. Johnson und wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie wollte eigentlich am liebsten mit niemanden reden und gerade zu Mr. Johnson wusste sie überhaupt nichts zu sagen. Sie hatte sich eigentlich gewünscht, die Geschichte zwischen ihrer Schwester und Mr. Johnson und ihre Rolle darin zu vergessen und nun stand Mr. Johnson plötzlich leibhaftig wieder vor ihr.

„Wie geht es Ihnen, Mr. Johnson? Was machen Sie hier in London?", fragte sie mehr aus Pflichtbewusstsein als aus Interesse.

„Mir geht es gut", erwiderte Mr. Johnson höflich, doch sie spürte eine Spur von Bitterkeit in seinem Verhalten ihr gegenüber, „Ich besuche derzeit meine Eltern hier in der Stadt. Und wie geht es Ihrer Familie? Und wie geht es Ihrer Schwester Catherine?"

„Meine Familie und Kittie geht es gut, danke der Nachfrage", entgegnete Lizzie kühl. Sie erinnerte sich daran, wie Kittie ihr erzählt hatte, dass Mr. Johnsons Zuneigung mit den ersten Schwierigkeiten verschwunden war, und entwickelte selbst so etwas wie Groll gegen den Mann, der ihre Schwester so tief verletzt hatte.

„Ich muss dann jetzt weiter. Auf Wiedersehen, Mr. Johnson", sagte sie schnell und drehte sich gleich, um ihm gar nicht erst die Möglichkeit zu geben, ein langes Gespräch mit ihr anzufangen, doch er rief sie noch einmal zurück: „Mrs. Darcy, Sie grüßen doch Miss Catherine von mir?"

Sie wandte sich zu ihm um und sah den bittenden Ausdruck in seinem Blick und mit einem Mal wurde ihr klar, dass er ihre Schwester immer noch liebte, immer geliebt hatte. Wie war sie nur so blind gewesen, das nicht zu erkennen? Aber sie war ja auch blind genug nicht zu sehen, dass ihr eigener Ehemann sie liebte?

Schlagartig wurde ihr klar, dass sie mit ihrem Verhalten in den letzten Monaten und ihrem Misstrauen nicht nur Fitzwilliam und sich selbst verletzt hatte, sondern auch andere Menschen, allen voran Kittie und Mr. Johnson. Sie hatte ihre Liebe nicht für wahrhaftig halten wollen, weil ihre eigene Ehe zu dieser Zeit in einer Zwickmühle steckte und nun diese beiden Menschen wahrscheinlich für immer voneinander getrennt. Sie schämte sich wieder erneut für ihr Verhalten in den letzten Wochen und Monaten. Würde es denn nie aufhören, dass sie jeden Tag neu feststellte, wie viel sie mit ihrem Argwohn angerichtet hatte, wie viele Menschen sie verletzt und Unrecht getan hatte? Aber vielleicht konnte sie zumindest hier ein paar ihrer Fehler wiedergutmachen.

Rasch sagte sie: „Mr. Johnson, ich denke, es wäre gut, wir unterhalten uns."

Dieser blickte sie überrascht an, doch sie erklärte es ihm sofort: „Über Catherine, sie war echt betrübt, dass Sie alle Verbindungen zu ihr abgebrochen haben. Sie liebt Sie immer noch. Das hat sie immer getan, und ich sehe nun, dass Sie sie auch noch lieben, oder?"

Mr. Johnson nickte verwirrt. Wieso sprach Mrs. Darcy solche Dinge auf offener Straße an? Und war diese Frau nicht gegen eine Verlobung zwischen ihm und ihrer Schwester gewesen?

Lizzie fuhr unbeirrt fort: „Ich habe das damals nicht erkannt, aber jetzt sehe ich das, wie viele andere Dinge auch, deutlicher. Sie wissen oder ahnen sicher, dass ich es war, die meinen Vater überredet hat, Ihrer Verlobung nicht zuzustimmen. Vielleicht hat Kittie es Ihnen auch erzählt. Ich weiß, Sie müssen mich hassen, ich würde Sie jedenfalls hassen, wäre ich an Ihrer Stelle, aber glauben Sie mir bitte, ich habe es nur gut gemeint, aber das tut nichts zu Sache bei dem Schaden, den ich angerichtet habe. Ich will nicht, dass Sie aufhören mir böse zu sein, ich habe ihren Zorn und den Zorn einiger anderer Menschen verdient, aber ich mache Ihnen ein Angebot. Ich…"

Hier unterbrach Mr. Johnson sie: „Wovon sprechen Sie überhaupt, Mrs. Darcy?"

Und da begann Lizzie zu erzählen, irgendwie sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus und sie erzählte ihm alles: von Marianne, die sie für Mr. Darcys Mätresse gehalten hatte, von ihrem großen Streit, ihrer darauf folgenden Flucht nach Longbourn, ihrer Versöhnung, dem Brief und ihrer letzten Auseinandersetzung, bevor sie gegangen war. Mr. Johnson hörte Lizzie schweigend zu, bis sie ihre Geschichte zu Ende erzählt hatte. Auch dann sprach er noch nicht. Lizzie glaubte zu wissen, was er nun von ihr dachte und meinte selbstironisch: „Sie müssen nichts dazu sagen, Mr. Johnson, ich weiß, ich habe dumm gehandelt und damit meine Ehe auf Spiel gesetzt. Und dass ich nun Ihnen, einem Wildfremden, mein Leid klage, muss Ihnen noch komischer vorkommen. Es ist besser, ich lasse Sie in Ruhe, und versuche von jemand anderem Absolution für meine Sünden zu erbitten."

„Das wäre wohl sinnvoll", erwiderte Mr. Johnson mit einem sympathischen Lächeln, „Über viele dieser Sachen sollten Sie besser mit Ihrem Ehemann sprechen, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich Ihnen Ihre Einmischung in meiner Beziehung mit ihrer Schwester vergeben habe, es hat wohl einfach nicht sollen sein und es ist sicher besser, ich konzentriere mich auf mein Studium…"

Die Worte hingen in der Luft, Lizzie konnte geradezu spüren, wie wenig Mr. Johnson seine Worte selbst glaubte und sagte schnell, während sie sich ein paar einsame Tränen von den Wangen wischte: „Mr. Johnson, deswegen wollte ich ja mit Ihnen sprechen. Ich möchte meinen Fehler wiedergutmachen. Ich werde meinem Vater schreiben und ihn umstimmen. Er wird gewiss auf mich hören, er hat schon immer viel auf mein Urteil gegeben, noch mehr seit…" Hier brach sie ab, sie hatte Mr. Johnson heute schon zuviel von ihrem Leben erzählt, da musste sie nicht auch noch von der ganzen Affäre mit Lydia berichten.

„Was ich meine", begann sie erneut, „Ich schreibe meinem Vater und Sie reisen erneut nach Hertfordshire und bitten meinen Vater um seine Zustimmung und dann schreiben Sie meiner Schwester einen langen Liebesbrief und halten noch einmal um Ihre Hand an. Was meinen Sie?"

Mr. Johnson schien einen Moment nachzudenken und schüttelte dann den Kopf.

„So einfach, wie Sie sich das vorstellen, ist das nicht", meinte er, „Ich denke, es ist nicht die richtige Art, die ganze Sache anzugehen. Wenn überhaupt, sollte ich es eher langsam angehen. Wer weiß, ob sie mich überhaupt noch liebt…"

„Lieben Sie meine Schwester oder nicht?", fragte Lizzie ungeduldig, „Wenn ja, sollten Sie alles tun, um sie möglichst schnell davon zu überzeugen."

Mr. Johnson blickte Lizzie verwundert an: „Waren Sie nicht die Person, die sich dafür aussprach, alles mit Vernunft anzugehen und gesellschaftliche Regeln zu beachten? Wie können Sie mich nun regelrecht bitten alle Vernunft und alle gesellschaftlichen Regeln über Bord zu werfen?"

Lizzie entgegnete: „Ja, ich wollte immer vernünftig handeln und habe mich meiner vernünftigen Einstellung immer sehr gerühmt, aber eigentlich war ich eher töricht. All mein Verstand hat mir nicht den Blick dafür geöffnet, was zwischen Ihnen und meiner Schwester war oder dafür, dass mein Gatte mich wirklich liebt, während ich die ganze Zeit nur damit beschäftigt war, meine ganze Umwelt mit Misstrauen zu betrachten und mich dabei für abgeklärt und gescheit hielt. In Wirklichkeit war ich die ganze Zeit blind und ein Tor. Aber wir sind alle Toren in der Liebe, nicht wahr?"

Dabei sah sie Mr. Johnson mit einem halbtraurigen Lächeln an.

„Da haben Sie wohl Recht, Mrs. Darcy", meinte dieser und fügte dann hinzu: „In Ordnung, ich werde es machen, wenn Sie mich so darum bitten. Ich hoffe bloß, Ihre Schwester wird vergebungsbereit sein, sonst mache ich mich sehr zum Narren. Wo soll ich Sie nun hinbringen?"

„Sie wird vergebungsbereit sein und wenn Sie mich in die Barkley Street begleiten würde, wäre das sehr schön, dann kann ich Ihnen auch gleich einen Brief an meinen Vater mitgeben, damit er Sie auch als Schwiegersohn willkommen heißt. Ach, und ich heiße Elisabeth, jetzt, wo Sie mein Schwager werden, können Sie mich ruhig mit meinem Vornamen anreden."

Mr. Johnson lächelte: „Natürlich, Elisabeth." Er wunderte sich, dass ihm früher nie aufgefallen war, wie umgänglich Kitties ältere Schwester sein konnte. Er hatte sie als eher kühl und stolz in Erinnerung, aber sie hatte es damals auch nicht leicht gehabt: Schließlich hatte sie fast völlig alleine den Haushalt geführt und sich um die kranke Mrs. Bennet gekümmert und dann waren da ja noch die Probleme mit ihrem Ehemann gewesen. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass Elisabeth ihm davon erzählt hatte. Sie musste sehr verzweifelt sein, um ihm, einem relativ entferntem Bekannten, davon zu erzählen.

Lizzie war nicht minder erstaunt über ihr Gespräch mit Mr. Johnson. Mittlerweile bereute sie ihre vorherige Offenheit schon wieder, sie hätte ihm ihre Einmischung in seine Verlobung mit Kittie auch erklären können ohne soviel von ihren Problemen und ihrer Ehe preiszugeben. Schließlich würde sie ihn bald öfter sehen. Aber als sich Mr. Johnson, nachdem sie ihm den schnell geschriebenen Brief an ihren Vater überreicht hatte, von ihr verabschiedete und mit einem freundlichem Lächeln hinzufügte: „Ich bin mir sicher, zwischen dir und Mr. Darcy klärt sich auch bald alles wieder. Und du kannst in jedem Fall auf meine Verschwiegenheit zählen", war sie fast schon wieder froh, ihm davon erzählt zu haben. Irgendwie war damit schon einmal die Last, die sie derzeit bedrückte, ein Stück leichter geworden.


In Pemberley war die Stimmung am Abend nach Lizzies plötzlicher Abreise sehr bedrückt. Georgiana hatte mittlerweile auch mitbekommen, dass etwas nicht stimmte, auch wenn sie keiner eingeweiht hatte, worum es genau ging. Sie wusste nur, dass Lizzie unerwartet nach London gereist war, wieso, darüber wurde kein Wort verloren, und Lizzies Schwester würde am nächsten Tag nach London abreisen, aber auch dafür wurde kein Grund genannt. Sie konnte sehen, dass ihr Bruder niedergeschlagen war und Kittie offensichtlich grollte. Es musste einen Streit zwischen ihm und Elisabeth gegeben haben, aber was Kittie damit zu tun hatte, verstand Georgiana beim besten Willen. Sie versuchte beim Abendessen ein Gespräch aufrechtzuerhalten, aber nur Colonel Fitzwilliam unterstützte sie darin. Kittie sprach ab und zu und nur sehr verhalten, als hätte sie Angst, etwas Falsches zu sagen, und ihr Bruder sagte kaum ein Wort. Georgiana schwieg schließlich auch und hoffte, dass Lizzie bald zurückkam und die Auseinandersetzung zwischen ihr und Fitzwilliam beigelegt würde.


Kaum zwei Tage nach dem Treffen mit Mr. Johnson erhielt Lizzie einen Brief von ihrer Schwester. Kittie, die ihr schlechtes Gewissen plagte, hatte ihrer Schwester einen Brief geschrieben und ihr darin alles gestanden, was sie getan hatte, um sich an ihr zu rächen. Sie hatte es ihrer Schwester lieber persönlich sagen wollen, aber da es unwahrscheinlich, dass sie Lizzie in der nächsten Zeit wieder sah und nicht wollte, dass Lizzie von Mr. Darcy erfuhr, was sie getan hatte, hatte sie ihrer Schwester diesen Brief geschrieben.

Lizzie fiel aus allen Wolken, als sie las, was ihre Schwester getan hatte, und ihre erste Reaktion war unbändige Wut auf ihre Schwester und sie bereute schon mit Mr. Johnson gesprochen zu haben. Dann aber wurde ihr klar, dass sie diejenige von ihnen beiden gewesen war, die sich zuerst in das Leben der anderen eingemischt hatte. Sie hatte nur geerntet, was sie gesät hatte. Und selbst, wenn sie es gut gemeint hatte und Kittie nicht, das Resultat war in beiden Fällen dasselbe. Auch musste sie zugeben, dass so wenigstens dieser Konflikt zwischen ihr und Fitzwilliam ans Tageslicht getreten war. Sie wusste nicht, wie lange sie, wäre nicht dieser Brief gewesen, einfach geschwiegen hätte und sich unbewusst immer weiter von ihrem Gatten entfernt hätte. So war Lizzie nach einigen Tagen in der Lage ihrer Schwester einen Versöhnungsbrief zu schreiben. Sie hatte sogar den Mut die Gardiners zu besuchen und ihrer Tante von ihrer Auseinandersetzung mit Fitzwilliam zu erzählen. Nur zu einer Sache fehlte ihr der Mut und die Kraft, sie wagte es nicht Fitzwilliam selbst zu schreiben oder zurück nach Pemberley zu reisen, auch wenn sie sich mittlerweile nichts sehnlicher wünschte, aber sie schämte sich immer noch so sehr für ihr Misstrauen Fitzwilliam gegenüber und irgendwie war sie auch zu stolz ihn um Vergebung zu bitten. Sie wusste einfach nicht, was sie dafür tun konnte, dass sie sich endlich aussöhnten, und dass Fitzwilliam ihr nicht einmal geschrieben hatte, machte es nicht leichter. Sie wartete auf ein Zeichen ihres Gatten und Fitzwilliam wartete genauso auf ein Zeichen von ihr und so waren sie beide einsam und doch wagte keiner auf den anderen zuzugehen.