Disclaimer
Die Figuren, soweit sie von Drehbuchautor William Monahan eigenständig entwickelt und/oder gegenüber ihren historischen Vorbildern abgeändert wurden, sind geistiges Eigentum von William Monahan und auch die Handlung und Reden, soweit sie sich mit der verfilmten Geschichte decken, gehört William Monahan.
Jede weitere eigenständige Erzählung um die Personen des Geschehens sind meines Geistes und mein Besitz. Mit dieser fiktiven Romanvorlage zum Drehbuch von William Monahans Werk „Kingdom of Heaven" verdiene ich kein Geld und habe sie auch keinem Verlag angeboten.
Kapitel 1
Zweiundzwanzig Jahre zuvor in Frankreich
Godfrey, dritter Sohn den Barons von Rhazes, stand nachdenklich am Rand des Übungsplatzes und sah den Rittern des Bertrand de Blanchard bei ihren Waffenübungen zu. Es war später Vormittag und er hatte sich heute mit Ihnen schon gemessen und sich als guter Schwertkämpfer bewiesen. Aber er war unkonzentriert und seine Gedanken kreisten immer wieder um das Gespräch, das er vor knapp einer Woche mit seinem Vater geführt hatte. Sein Vater, ein strenger und tief gläubiger Mensch, hatte ihm und seinen Brüdern wenig Liebe entgegengebracht. Für ihn zählte nur das Wappen und seine Pflichterfüllung; und so hatte er schon früh seinen zweiten Sohn ausbezahlt und fort von Haus und Heim geschickt.1 Nun war die Reihe an Godfrey. Als dritter Sohn würde er aber kein Erbe erhalten, und er hatte nur die Wahl, sich als Ritter seinem ältesten Bruder zu verdingen oder sich einem anderen Fürsten anzuschließen. Bei den herrschenden unruhigen Zeiten2, in denen immer wieder einer gegen den anderen in den Krieg zog, konnte es so leicht passieren, daß er irgendwann gegen seine Brüder würde kämpfen müssen.
Vor seinen Augen hatte er die Lösung. Er könnte sich Bertrand de Blanchard anschließen und sein Heimatland verlassen. Die Ritter waren auf dem Kreuzzug3 ins Heilige Land. Aber er zögerte, liebte er doch Majon, die Magd des Schmiedes. Majon war ein Mädchen seines Alters. Sie hatte vor drei Jahren ihre Eltern bei einer Hungersnot verloren. Der Schmied, ein braver Mann, kannte ihre Eltern gut und nahm sie deshalb bei sich auf.
Majon - er kannte keine sanftere und zurückhaltendere Frau als sie. Sie hatte ihn mit ihren rehbraunen Augen, bei deren Anblick er das Atmen vergaß, bezaubert. Ihr Lächeln war wie das Erblühen einer Rose. Zart war es und zögerlich, fast ein wenig scheu, doch wenn sie dann lächelte, erwärmte sich sein Herz; und er wünschte sich, er könne die Zeit anhalten. Majon legte wenig Wert auf Äußerlichkeiten und so war ihr gar nicht bewußt, wie anmutig und edel ihre Haltung und wie liebenswert ihre Erscheinung war. Alle Männer aus der Umgebung ihres Dorfes buhlten um Sie. Alle Frauen haßten sie dafür, aber Majon tat, als wenn sie dies nicht merken würde und behandelte jeden gleich freundlich. Godfrey liebte sie, und er wußte, daß sie ihn ebenso liebte.
Er wußte nicht, was er tun sollte. Majon. Er hatte nichts und konnte auch nicht bleiben. Er konnte ihr weder die Ehe anbieten, noch konnte er sie bitten, mit ihm in ein fremdes Land zu gehen.
Zwei Ritter kamen flachsend auf ihn zu. Es waren Tiberias von Champagne-sur-Aude und André vom Priorat „Ordre de Mont Sion", beides Söhne adliger Herkunft und ebenso ohne Aussicht auf ein Erbe. Sie waren im gleichen Alter und - wie er auch - erst vor einigen Monaten in den Ritterstand erhoben worden. Sie hatten sich schnell angefreundet, nachdem de Blanchard mit seiner Gefolgschaft und dem Orden der Templer an der Burg seines Vaters das Lager aufgeschlagen hatte.
André knuffte Godfrey und zog ihn wegen seiner Tagträumerei auf. Aber das schwermütige Gesicht, das Godfrey zog, veranlaßte ihn, Godfrey beiseite zu nehmen und ihn zu einem Gespräch zu drängen. Tiberias wurde unterdessen zu neuen Waffenübungen gerufen.
Godfrey erzählte von Majon und gab unumwunden seine Liebe zu ihr zu. André nickte nur, Verständnis sinnend. Er war der Meinung, daß Godfrey sich dem Heer anschließen und das Verhältnis mit Majon beenden sollte, denn es gab keine Zukunft für sie beide. Godfrey blickte André gequält an, aber er mußte zugeben, daß er recht hatte und entschied sich in diesem Moment, sich den Rittern anzuschließen. Wenn der Kreuzzug so verlief, wie es sich alle erhofften, könnte er später kommen und sie holen, wenn sie bereit war, zu warten.
Das Dorf, in dem Majon lebte, war zwei Stunden raschen Galopps mit dem Pferd entfernt. Würde Majon in einem Dorf des Lehens seines Vaters leben, er hätte diese Liebe schon lange unterbunden.4 Und so machte sich Godfrey sogleich auf den Weg zum Pic de Bugarach. Auf seiner Anhöhe stand die Burg des Erzbischofs und in ihrem Schatten lag der Ort Monthoumet.
Majon – am gleichen Tag
Majon wurde es seit einiger Zeit immer wieder nach dem Essen übel und ihr fehlte häufig die Energie und Gelassenheit, die sie sonst so auszeichnete. Sie reagierte leicht gereizt und im Dorf wurde schon getuschelt. Selbst der Schmied sah sie seltsam an. Majon hatte Angst, daß sie ein Kind empfangen hatte. Ein Kind von Godfrey, dem Mann, der sie trotz ihres anfänglichen Widerstandes, verführt hatte, dem Mann, den sie liebte. Er war der jüngste Sohn eines Fürsten und hatte hier keine Zukunft. Sie war kein dummes Kind mehr5 und wußte, was dies für sie und das ungeborene Leben bedeutete. Godfrey würde weggehen und sie würde in Schande mit ihrem Kind zurückbleiben. Verzweiflung nagte an ihr, aber sie war eine starke Frau und hatte auch ihren Stolz. Sie würde Godfrey nicht anflehen zu bleiben. Majon hatte sich entschieden.
Sie ging hinüber zur Schmiede, in der ihr Herr und väterlicher Freund arbeitete und bat ihn um ein Gespräch. Schon vor einem Jahr, nach dem Tod seiner Frau, hatte er Majon zu verstehen gegeben, daß er sie auch ohne Mitgift zum Eheweib nehmen würde. Seine Ehe war kinderlos geblieben und er erhoffte sich mit einem jungen Weib den ersehnten Erben. Aber Majon konnte diesem Werben nicht nachgeben, sie trauerte ehrlich um sein Weib, denn diese hatte Majon voller Wärme und Mitgefühl aufgenommen und fast wie eine Tochter behandelt. Der Schmied hatte Verständnis, aber gab ihr auch zu verstehen, daß er im Laufe des Jahres eine Antwort von ihr erwartete. Die unmißverständliche Drohung, daß sie das Heim verlieren würde, wenn er sich ein anderes Weib nähme, war nicht zu überhören. Die Frauen im Dorf mochten sie nicht, und es war sehr wahrscheinlich, daß eine neue Gemahlin sie aus dem Haus vertreiben würde. Schon nach dem Tod ihrer Eltern waren es nur der Schmied und seine Gemahlin gewesen, die sich ihrer angenommen hatten. Sie war eine Fremde6 in dieser Gemeinschaft, lebte sie doch bis zum Tod ihrer Eltern in einem anderen Dorf.
Und dann begegnete ihr Godfrey. Sein Pferd hatte ein Hufeisen verloren und er wartete bei der Schmiede, bis sein Pferd mit dem Beschlag an der Reihe war. Seither hatte er sie jede Woche besucht und um sie geworben und schließlich nach langem Zögern, hatte sie sich ihm hingegeben. Der Schmied hatte zu alledem nichts gesagt, obwohl es ihm sicher nicht entgangen war. Majon war sich nicht sicher, was sie nun erwarten würde, wenn sie ihm nun alles beichtete, und sie hoffte, daß er seinen Ehewunsch aufrecht hielt.
Noch bevor sie zum Sprechen anhob, brachte er sie mit einer Handbewegung zum schweigen.
"Du mußt nichts sagen, ich kenne die Symptome. Meine Frau war nicht unfruchtbar, aber keines der Kinder, die sie von mir empfangen hatte, war lebensfähig. Sie starben alle bei der Geburt. Ich nehme dich auch mit deinem ungeborenen Balg zu meiner Frau, aber das Kind wird nicht mein Erstgeborener sein," sprach der Schmied unumwunden.
Majon fühlte sich wie geohrfeigt, aber der Schmied hatte zu diesen harschen Worten alles Recht. Er hatte sie nicht betteln lassen und auch nicht verlangt, das Kind fortzugeben. Er war bereit ihr, und ihrem Kind für alle Zeit ein Heim zu geben. Sie zitterte vor Scham, aber auch Erleichterung und nickte nur stumm mit dem Kopf. Ihr Kind würde immer als Balg, als Bastard eines Ritters angesehen werden, aber mit dieser Heirat hatte sie die Möglichkeit, ihn nach besten Willen und Möglichkeiten zu schützen. Im Stillen dankte sie dem Herrn für diese Gnade.
Am Nachmittag traf Godfrey bei der Schmiede ein. Der Schmied trat ihm entgegen und verwehrte ihm ein Treffen mit Majon.
"Sie wird meine Frau werden. Sie hat eingewilligt, damit Euer Bastard einen Namen hat. Also geht, mein Herr, und behelligt nicht weiter meine Braut," wies er den jungen Ritter brüsk ab.
Godfrey war wie vor den Kopf gestoßen.
'Mein Kind und Majon die Braut dieses Mannes, der ihr Vater sein könnte?'
Es drehte sich ihm alles und dann stiegen Wut und der Zorn eines im Stolz verletzten Mannes in ihm hoch. Sie hatte es ihm noch nicht einmal gesagt. Sie hatte nicht den Anstand, mit ihm darüber vorher zu reden. Sollte sie doch bleiben, wo sie war. Sie hatte ja bekommen, was sie wollte. Er riß die Lederschnur mit dem kleinen Kreuz von seinem Hals und warf es in den Staub. Unbändig riß er sein Pferd herum und galoppierte wie ein Wilder von dannen. Hier hielt ihn nichts mehr. Die Entscheidung war gefallen.
Der Schmied ging wieder seiner Arbeit nach und Majon, die diese Szene beobachtet hatte, vergoß leise Tränen. Sie würde Godfrey niemals wiedersehen. Sie ging hinaus in den Hof und kniete an der Stelle nieder, an der Godfrey zuvor mit seinem Pferd gestanden hatte. Sie nahm das kleine Kreuz auf, das sie ihm als Zeichen ihrer Liebe geschenkt hatte. Das Kreuz war alles, was ihr von ihren Eltern geblieben war und nun war es das einzige, was ihr Kind von seinem Vater erben würde.
Der Schmied beobachtete Majon nachdenklich und spürte einen Stich der Eifersucht in seinem Herzen. Nie würde er die Liebe von Majon erringen, und er hatte plötzlich große Zweifel, ob er stark genug sein würde, dieses Kind, das sie unter ihrem Herzen trug, in seinem Haus zu dulden.
Anmerkungen
1> Informationen zur Erbfolgeregelung sind im Glossar näher nachzulesen.
2> Die Kreuzzüge des Mittelalters
Allgemein üblich werden unter "Den Kreuzzügen" nur jene verstanden, welche in das "Heilige Land" gingen. Art und Wesen der Kreuzzüge, weitere Informationen nachzulesen im Glossar.
3> 1095 Papst Urban II. ruft am 27. November zum 1. Kreuzzug gegen den islamischen Orient auf. "Deus lo vult", Gott will es. Weitere Informationen nachzulesen im Glossar.
4> Bezug zum Film Wäre die Burg im Hintergrund der Dorfszene das Zuhause von Godfrey gewesen, hätte man nicht bei Balian um Proviant nachgefragt.
5> Mädchen in ihrem Alter waren zu dieser Zeit für gewöhnlich bereits verheiratet und hatten Kinder. Der Umstand, daß sie keine Mitgift hatte oder auch daß der Schmied ein Auge auf sie hatte, sorgten dafür, daß noch keine Ehewilligen um sie anhielten.
6> Bezug zum Film In der Schmiede: Priester zu Balian ... das Dorf will dich nicht...
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