Disclaimer: Mir gehört nichts, was ich an Figuren, Orten oder Ideen verwende. Alles JK Rowlings
2. Kapitel
Am nächsten Morgen war der Gryffindor Tisch bereits vollbesetzt, als die vier endlich eintrudelten. Sirius und James hatten jede Minute ihres kostbaren Schlafes eisern verteidigt. Remus hatte ernsthaft in Erwägung gezogen ihnen einfach einen Eimer Wasser über dem Kopf auszuleeren. Er hatte es aber gelassen, weil er genau wusste, dass er im Moment noch zu schwach war, schnell genug einen ausreichenden Abstand zwischen sich und die Beiden zu bringen.
Gähnend setzten sie sich an den Tisch und langten verschlafen nach Kaffee und Brötchen. Während Sirius Frank mit einem schlechten Witz ablenkte, klaute James dessen Croissant. Anschließend teilten sie es sich brüderlich unter dem Tisch und blickten Frank unschuldig an.
Den anderen Gryffindors warfen den wortkargen und damit verdächtigen Rumtreiber fragende Blicke zu. Doch sie ließen sich nichts anmerken: Remus und Peter lasen Zeitung und James hatte alle Hände voll damit zu tun nicht einzunicken und mit dem Kopf voraus in den Teller zu fallen. Sirius beobachtete am Nachbartisch die Ravenclaws aus der sechsten Klasse.
Am Ende der Halle saß Ricka umringt von einer Schar anderer Mädchen. Sie hatte geschwollene Augen und sah alles andere als glücklich aus. Als sie Sirius erblickte, schlug sie die Hände vors Gesicht und verlies dann hastig die Halle. Zwei der anderen Mädchen folgten ihr mit besorgten Mienen und blickten Sirius im Vorübergehen bitterböse an.
„Na, wenn Blicke töten könnten."
Alaster saß neben ihm und hatte fragend eine Augenbraue hochgezogen.
„War was, was ich nicht mit bekommen habe?"
James war eben wieder aufgewacht und blickte den drei Mädchen nach.
„Du bist doch mit der..."
„Ich war." Unterbrach Sirius ihn und kramte nach einem weiteren Toast.
„Schon wieder vorbei?", rätselte James.
Inzwischen hatten Remus und Peter die Zeitung sinken lassen.
„Hat eben nicht sollen sein. So ist es halt, kann ich doch nichts dafür."
Entschuldigend zuckte Sirius mit den Achseln. Die anderen ließen das Thema fallen, nachdem sie merkten, dass er nicht darüber sprechen wollte.
Es war nicht so, dass Sirius mit der recht großen Anzahl an Mädchen, die er traf, prahlte. Es waren eher die anderen, die das ganze publik machten, indem sie ihn immer wieder damit aufzogen. Sirius war es einerlei welchen Ruf er hatte. Was er wollte war Aufmerksamkeit und Interesse, keinen Ruf als Frauenheld. Manchmal konnte er sich selbst nicht erklären, was er an sich hatte, dass ihn so anziehend erscheinen lies. Aber je schlechter sein Ruf im Laufe der Zeit geworden war, desto mehr heimliche und auch ganz offensichtliche Verehrerinnen schien er zu haben. Remus hatte mal gemeint, dass Frauen immer den Drang hätten, den harten Kern zu knacken, um an die weiche Schale zu kommen. Aber seine Freunde waren sich nicht sicher, ob sie da bei Sirius Erfolg haben würden. Er selbst zog es vor, sich nicht so viele Gedanken darüber zu machen, man konnte schließlich manche Dinge auch ganz einfach kaputt-denken.
„Wollen wir los?"
Er hatte den Stuhl zurückgeschoben und warf den anderen einen bestimmten Blick zu. Ohne Einwände trollten sie sich aus der Halle und verschwanden in einem leeren Klassenzimmer.
„Schlechte Laune?" fragte Peter vorsichtig.
Sirius grinste
„Ich? Ich weis doch gar nicht wie man das schreibt. Ne, nur zu wenig Schlaf. Aber keine Sorge, spätestens nach der ersten Stunde werde ich wieder fit wie ein Turnschuh sein."
„Habt ihr alles?" Remus hatte in der hinteren Ecke des Raumes alle Dinge bereitgestellt die sie noch brauchten.
„Wir haben den Wachstumstrunk, wir haben die modifizierten Knallfrösche und wir haben das Auris-Kraut. Jepp, ich denke wir haben alles."
James hatte seine Hosentaschen geleert und drei Hände voll kleiner, froschähnlicher Dinge auf den Tisch gelegt.
„Du hattest die Dinger in der Hosentasche? Bist du noch bei Trost?"
Peter schüttelte den Kopf und blickte James vorwurfsvoll an.
„Ist doch nichts passiert."
Entschuldigend zuckte er mit den Achseln und wandte seine Aufmerksamkeit wieder Remus zu, der ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch trommelte.
„Wir haben die Reihenfolge abgesprochen, es muss laufen wie am Schnürchen. Peter, denk daran, dass du erst den Trank zu den Pflanzen gibst, wenn du dir sicher bist, dass James und Sirius die Ablenkung gelungen ist. Und vergesst das Auris-Kraut nicht - ihr müsst es kauen, sonst wird es euch wie allen anderen ergehen. Kauen, nicht schlucken, so wie das Zeug, dass die Muggel Kaugummi nennen."
Remus gab Peter den Trank und teilte die Frösche zwischen James und Sirius auf. Jeder nahm sich außerdem eine handvoll Blätter und stopfte sie sich in die Hosentaschen. Als sie das Zimmer wieder verließen grinsten sie alle wie kleine Kinder, kurz vor der Bescherung…
Das Gewächshaus war jetzt im Herbst bis zum Bersten mit empfindlichen Pflanzen und Sträuchern angefüllt. Das ohnehin schon große Gewächshaus platzte aus allen Nähten, und die Schüler hatten kaum Platz neben all dem Grünzeug. Professor Ornat beauftragte die Klassen damit, verschiedenste Gewächse umzutopfen, zurückzuschneiden und winterfest zu machen. Die Arbeitstische standen in der Mitte und die Schüler drängten sich an beiden Seiten. Über ihnen und an den Seiten war eine Unzahl an Ranken, Blätter und Blüten und bei manchen mussten die Schüler auf Lianen und Wurzeln achten, die nach ihren Beinen angelten. Der Raum war angefüllt mit dem Geschrei verschiedener Vögel, die sich in einigen der Bäume ein Nest zum Überwintern gesucht hatten und die Anwesenheit der Schüler als Störung empfanden. Schon seit einigen Tagen liefen Schüler in die Gefahr ihr Nachsitzen mit der Jagd nach dem Federvieh zu machen, die, so Professor Ornat, alle möglichen Pflanzen ruinierten.
„Bevor wir beginnen, möchte ich ihnen noch eine echte Besonderheit zeigen, die einige von ihnen sicherlich zu schätzen wissen."
Sie lief an James und Sirius vorbei, die zwei erschrockene Blicke austauschten, und holte zwei Kübel mit seltsam anmutenden Gewächsen hervor. Sie stellte die kleinen knotigen Sträucher mit ihren vielen roten Früchten auf den Tisch.
„Das, meine Lieben, das ist Schnupfpfeffer. Kann mir jemand sagen, was diese Sträucher so besonders macht?"
James warf Sirius, der Anstalten machte sich zu melden, einen bösen Blick zu.
„Ja, Ms Flee?"
Alice war wie immer Bestens informiert.
„Schnupfpfeffer hat verschiedene Eigenschaften. Wenn die Beeren im Frühjahr reif sind, werden sie ein halbes Jahr lang getrocknet und können zu Riechpulver verarbeitet werden. Die Heiler im St.Mungo's nehmen sie um Bewusstlose aufzuwecken."
„Und weiß jemand noch eine weitere, wenn auch weniger noble, Verwendung für Schnupfpfeffer?"
Keiner außer Alice schien Ahnung zu haben. Zum Glück stand Professor Ornat mit dem Rücken zu den Rumtreibern stand und konnte das verkniffene Grinsen auf deren Gesichtern nicht sehen.
„Ja, Ms Flee?"
„Ich glaube, dass man daraus auch eine Art Niespulver machen kann, wenn man den Pflanzen einen bestimmten Stoff beigibt. Es reizt den Atem und die Augen und löst ständiges Niesen aus."
„Bravo, zehn Punkte für Gryffindor."
Während Lily und Kim Alice beglückwünschten war Peter, der James gegenüber am Tisch stand, blass geworden. Dann wich er einige Schritte von den Pflanzen zurück.
Peter, der die Reaktionen der anderen Schüler beobachtet hatte flüsterte nervös zu James.
„Ich fürchte Frank hat uns durchschaut." Peter warf Frank einen misstrauischen Blick zu. „Aber keiner, vor dem wir was zu fürchten hätten. Frank verpetzt uns nicht, keine Sorge." James schüttelte den Kopf, um Peter anzudeuten, sich keine Sorgen zu machen, und grinste Frank dann zu. Der verzog die Mundwinkel und zuckte mit den Achseln, wie um anzudeuten, dass sie tun sollten, was sie nicht lassen konnten.
Eine halbe Stunde später war der Unterricht in vollem Gange. Die Meisten waren damit beschäftigt den Goldweiden die Äste zu kürzen und in größere Töpfe zu setzen. Dabei flog jede Menge Goldstaub auf und verteilte sich wie eine leichter Nebel im ganzen Raum. Andere kämpften zu dritt und mit Handschuhen geschützt, gegen zwei der fleischfressenden Schnappmäuler und versuchten sie unter eine Glocke aus Draht zu zwängen.
Geschäftige Stimmung füllte den Raum, als mit einem Mal lautes Heulen und Funken in der Mitte des Raums die Aufmerksamkeit auf sich zog.
Helle Lichter, wie bei einem Feuerwerk, sprühten fast zwei Meter in die Höhe. Das Gewächshaus wurde in verschiedenste Farben getaucht und helle Lichtblitze schossen durch die Luft. Übertroffen wurde dies nur von Geräuschen, die vom schrillen Greischen, irren Lachen, über lautes Hupen bis zum tiefen Blubbern reichten. Die Knallfrösche machten ihrem Namen alle Ehre, sprangen wild durch das Gewächshaus und verbreiteten das Feuerwerk und die Geräuschkulisse unkontrollierbar im ganzen Raum. Das Chaos war perfekt, als die Schüler die Kontrolle über die Schnappmäuler verloren, die, erfreut über die plötzliche Bewegungsfreiheit, nach allen Seiten angriffen. Doch das war noch nicht alles. Mit einem Mal war die Luft voll von roten, Tennisball großen, Bällchen. Die ehemals kleinen Beeren des Schnupfpfeffers waren mit einem Mal reif, und wurden von den Ästen des Schnupfpfeffers wie kleine Wurfgeschosse durch den Raum geschleudert. Wie Gummibälle und prallten sie ab und dort, wo sie zerplatzten, hinterließen sie einen feinen Staub in der Luft.
Viel mehr bekamen die meisten Schüler nicht mehr mit. Augenblicklich tränten ihnen die Augen und sie begannen zu niesen, immer und immer wieder. Fluchtartig verließen alle, so gut sie konnten, mit verschwommener Sicht, das Gewächshaus. Manche verliefen sich und rannten in die falsche Richtung, andere hatten sich vor Schreck unter dem Tisch verkrochen. Professor Ornat hatte die Fenster geöffnet und die Bällchen verteilten sich auch auf dem Rasen, kleine Wölkchen stiegen auf. Andere Bällchen, die nicht geplatzt waren, hatten sich in Kleidung und Haaren verfangen. Nach einiger Zeit hatte es die ganze Klasse hustend, schniefend und niesend aus dem Gewächshaus geschafft. Mit tränenden Augen nahmen sie Professor Ornat wahr, die aus dem Gewächshaus kam und den Unterricht für beendet erklärte.
„Potter, Lupin, Black und Pettigrew, antworten sie mir! Sind sie für dieses Chaos und Theater verantwortlich?"
McGonagall hatte sie keine zehn Minuten nach dem der Unterricht beendet worden war zu sich ins Büro gerufen. Jetzt marschierte sie mit schmalen Lippen und kühlem Blick vor ihnen auf und ab.
„Aber Professor, wir waren doch selbst Opfer dieser Schandtat!" beklagte sich Sirius bitterlich. James stand ihm mit Kraft auf den Fuß - es war nur wahrscheinlich, dass Sirius irgendetwas Dummes sagen würde. Jetzt kam Remus Auftritt. Er verstand es wie kein Zweiter ruhig und sachlich zu bleiben und Unschuld in Person zu mimen Und so blickte er McGonagall unerschrocken in die Augen und wartete darauf zu Wort zu kommen
„Sie alle haben gelernt, wie man den Wachstums- und Beschleunigungstrank braut, das hat mir Professor Slughorn bestätigt. Sie kennen die Pflanzen im Gewächshaus und sie sind die Einzigen, die zu so etwas fähig wären."
Remus holte tief Luft und antwortete dann mit ausdrucksloser Mine.
„Sicherlich wissen wir, wie man den Trank zubereitet, Professor. Aber wir haben ihn erst ein einziges Mal hergestellt."
James hatte in eben dieser Zaubertrankstunde, vor einer Woche, Lily zum dritten Mal an dem Tag erklärt, dass sie als alte Jungfer enden würde, wenn sie sich nicht endlich besinne und mit ihm ihr Glück versuche. Damit hatte er ihre Geduld überstrapaziert und, wie geplant, hatte ihn angefaucht und damit gedroht zu verhexen. Peter hatte die Chance genutzt und eine Probe ihres äußerst gelungenen Tranks in eine Phiole gefüllt.
„Davon abgesehen, dachte ich immer, der Trank wirke erst nach einigen Stunden. Wir hätten ja glatt ins Gewächshaus einbrechen müssen, Professor!"
James verbiss sich ein Lächeln, Remus hatte die Stirn in Falten gezogen, als sinniere er darüber nach, was alles nötig wäre, um diesen Streich zu vollbringen.
Der Trank bestand aus zwei Komponenten. Eine, den Beschleunigungstrank, hatten sie bei Slughorn gebraut und gestern Nacht in die Erde der Pflanzen gemischt. Er musste eine Zeit lang einziehen. Den anderen Trank hatte Peter im inszenierten Chaos unter die Pflanzen gemischt. Dies war ein einfacher Wachstumstrank, der das Wachstum der Pflanzen unter normalen Umständen verdoppelte. Zusammen mit dem Beschleunigungstrank allerdings hatten die Pflanzen ein halbes Jahr in zwei Minuten erlebt.
McGonagall warf ihnen einen misstrauischen Blick zu.
„Nein Professor wirklich, wir wüssten nicht, wie wir das hätten anstellen sollten."
„Das, Lupin, ist die Frage. Ich bin mir nahezu sicher zu wissen dass Sie dahinter stecken, nur nachweisen kann ich es Ihnen nicht. Und es ist nicht meine Art Schüler grundlos nachsitzen zu lassen, wenn es hier auch sicherlich keine Falschen treffen würde. Nicht war Mr. Black."
Sirius hob nur fragend die Augenbrauen - er war sich James spitzen Ellenbogens bewusst, die ihn bei der falschen Antwort hart erwischen würden.
„Nun, ich denke, ich muss sie gehen lassen, bis ich weitere Informationen habe. Aber seien sie sich sicher, ich werde ein Auge auf sie haben. Oder besser zwei. Und mit einfachem Nachsitzen wird es nicht getan sein, dieses Mal."
Damit entlies sie die vier.
Grinsend hasteten sie durch die Gänge auf der Suche nach einem leeren Klassenzimmer. Ständig kamen ihnen schniefende und scheinbar weinende Schüler entgegen, die kleinen Kugeln trieben inzwischen überall ihr Unwesen. Sie waren von den Schülern ins Gebäude getragen worden und zerplatzten jetzt nach und nach.
Als sie einen leeren Raum erreicht hatten schlichen sie sich hinein und verschlossen die Tür. Dann brach James in Jubel aus.
„Das hat besser funktioniert als erwartet."
James schwang sich auf einen der Tische und grinste von Ohr zu Ohr.
„Wo warst du eigentlich, als wir alles raus sind. Ich konnte dich nirgends sehen." Die drei setzen sich auf die leeren Stühle und blickten James neugierig an. Peter, Sirius und Remus hatten das Gewächshaus gemeinsam verlassen, um das ganze Chaos zu genießen und notfalls auch zu helfen, wenn jemand Panik bekommen sollte. Sie waren sich bewusst, dass bei ihren Streichen niemand verletzt oder zu Schaden kommen durfte. Zumindest nicht dauerhaft.
„Ich war unterwegs in eigener Mission."
James lehnte sich zurück. Der Tag war seit dem Aufstehen besser und besser geworden.
„Dem Grinsen nach hat es irgendwas mit Lily zu tun."
Remus blickte seinen Freund abschätzend an.
„Jepp, ich war ihr weißer Ritter in ihrer dunkelsten Stunde! Ihr Retter in Not."
„Warum? Hast du ihr gesagt, dass du erkannt hast, was für ein Idiot du warst und dass du sie künftig in Ruhe lassen wirst?"
Sirius grinste jetzt auch - was auch immer James getan hatte, er musste meinen seinem Ziel ein kleines Stück näher gekommen zu sein.
„Sie war gestolpert bei dem Versuch das Gewächshaus zu verlassen und wäre fast von einer dieser Schnappmäuler gebissen worden. Sie war so verheult und fertig, dass sie sich sogar von mir aus dem Gewächshaus tragen lies. Ich denke, so langsam macht sie echte Fortschritte."
Das erklärte James gute Laune vollkommen.
Aber auch Peters Laune stieg gewaltig, als eine erschöpft aussehende Professor Ornat beim Mittagessen bekannt gab, dass alle Pflanzenkundeklassen für die nächsten zwei Tage ausfallen würden, bis das Chaos beseitigt war und der Schnupfpfeffer aufgehört hatte mit Kügelchen zu schießen. Sirius blickte zufrieden vor sich hin und aß den Rest seines Puddings, als eine einsame Eule in die Halle geflogen kam und direkt auf ihn zuhielt. Sie setzte sich auf seine Schulter und hielt geduldig ein Bein ihm entgegengestreckt. Als er ihr zur Belohnung ein Stück Speck aus der Suppe fischte schuhute sie leise und biss sanft in seinen Finger. Sirius entrollte das Pergament, las den Brief und erstarrte.
Lieber Sirius,
leider schreibe ich dir aus einem sehr traurigen Grund:
Vor zwei Tagen wurde meine geliebte Frau , deine Cousine Andromeda, von Todessern ermordet. Sie war zwei Tage auf dem Land bei einer Freundin und muss dort von ihnen überrascht worden sein. Nymphadora und ich sind untröstlich und der Verlust raubt uns beiden fast den Verstand.
Ich weiß, wie gern Andromeda dich gehabt hat und das du ihr der Liebste aus ihrer Familie warst. Daher würde ich dich bitten, am Freitag in zwei Wochen nach London zu kommen. Wir wollen eine kleine Abschiedsfeier im aller engsten Kreis feiern und würden uns freuen dich willkommen zu heißen
Ted Tonks
Sirius war blass geworden, dann stand er so schnell auf, dass sein Teller vom Tisch fiel und auf der Bank, auf der er eben noch gesessen hatte, klirrend in Stücke brach. Ohne sich auch nur umzusehen, verließ er die große Halle.
Er rannte durch die Gänge, hinaus aus dem Gebäude und kam erst zu stehen, als er ein Stück in den verbotenen Wald hineingerannt war. Schwer atmend stand er an einem Baum, die Fingernägel seiner Hand bohrten sich in seinen Unterarm und aus dem Keuchen wurde ein lautloses Schluchzen.
Andromeda, seine Cousine Andromeda war tot, ermordet. Er hatte sie vor einem halben Jahr das letzte Mal gesehen, glücklich und erst kurze Zeit mit Ted verheiratet. Allerdings war er zum Entsetzen der ganzen Familie einen Muggel. Das war der letzte Tropfen auf den heißen Stein gewesen und ihre Familie hatte beschlossen sie zu ächten. Doch schon seit sich Sirius erinnern konnte, sprachen die Blacks weder mit ihr, noch nannte man ihren Namen. Seine Mutter hatte ihm, er musste zehn gewesen sein, verboten auch nur noch ein einziges Mal diesen Namen zu nennen. Gut erinnerte er sich noch an den leeren, ausgebrannten Fleck im Wandteppich mit dem Stammbaum. Ihm war damals erklärkt worden, dass sie aufgrund ihre Haltung und ihre Ansichten es nicht mehr wert war sich ein Black nennen zu dürfen. Was das bedeutete hatte er dann Jahre später am eigenen Leib erfahren.
Nicht auszudenken, was seine Mutter getan hätte, hätte sie gewusst, dass er sich mit ihr getroffen hatte, in dieser Nacht im Juli, vor fünf Jahren. Eine Nacht, in der er, gerade zwölf geworden, so verzweifelt und einsam gewesen war, dass er fort gelaufen war. Bei ihr hatte er warme Worte und eine helfende Hand gefunden, sie hatte ihm angeboten zu ihr zu kommen, bei ihr zu wohnen. Manchmal bereute er es bitter, dass er das Angebot nicht angenommen hatte und sich eine Menge Enttäuschungen und bittere Erfahrung erspart hatte.
Seit er bei James wohnte, hatte er sie immer in den Sommerferien besucht und sie hatte ihm das Gefühl gegeben, dass er zumindest ansatzweise noch eine Familie hatte.
Und jetzt dass...Sie war tot, unwiederbringlich und entgültig tot. Diese unverrückbare Wahrheit nahm jeden Platz in seinem Kopf ein und wurde zu einem körperlich spürbaren Schmerz. Wut kam in ihm auf. Wut über die Ohnmacht und die Hilflosigkeit, mit der er ihren Tod über sich ergehen lassen musste. Mit der er so lange alles über sich hatte ergehen lassen. Er trat gegen einen Baum, der ihm im Weg stand, warf sich dagegen und schlug schließlich mit den Fäusten darauf ein. Eine wilde Raserei erfasste ihn, der bittere Wunsch der Welt weh zu tun, irgendjemand weh zu tun, weil alle ihm weh taten. Wie besinnungslos schlug er auf die Rinde ein, bis er keine Schmerzen mehr spürte, die Hände bluteten und die Luft in seinen Lungen brannte. Kein Wort kam dabei über seine Lippen und er verbiss sich die Tränen.
Dann trat jemand hinter ihn und eine Hand riss ihn zurück
„Hör auf damit!"
James zerrte ihn vom Baum weg und warf ihn zu Boden. Sirius hatte jede Selbstbeherrschung verloren, seine gutaussehenden Züge waren verzerrt vor Schmerz und Wut. Seine Fäuste trafen jetzt James, immer und immer wieder, mit dem Gefühl irgendjemanden weh tun zu müssen, um den eigenen Schmerz ertragen zu können.
James ertrug alles stoisch. Er wehrte Sirius Schläge ab, warf ihn zu Boden und schaffte es schließlich seine Hände festzuhalten.
„Komm endlich zu dir. Hör auf dich zu benehmen wie ein verdammter Irrer!"
„Was weißt du schon?"
Sirius
brüllte ihn an bäumte sich unter ihm auf.
"Ich hab
nicht den geringsten Schimmer, warum du dich so aufführst. Aber
Nichts kann es wehrt sein, dass du dich selbst verletzt. Hör auf
damit!"
„Geh runter!"
„Bist du wieder normal?"
„Geh runter"
Sirius lag am Boden und wehrte sich nicht mehr, er zitterte am ganzen Körper. Wie ein kleines Kind lag er zusammengekrümmt auf dem Waldboden und hatte die Augen geschlossen.
„Bitte!"
James stand langsam auf und blickte seinen Freund an. Blut lief aus seiner Nase und er würde ein ordentliches Veilchen bekommen. Sirius blieb liegen, wie er war und bewegte sich nicht.
„Den hast du verloren, ich dachte du willst ihn wieder haben."
Er warf ihm den Brief hin, den er gefunden hatte, kurz nach dem Sirius die Halle so fluchtartig verlassen hatte.
Sirius griff danach und zerknüllte ihn in der Hand.
„Hast du ihn gelesen?"
„Nein, hab ich nicht."
Sirius gab ihm den Brief zurück und blickte in die Ferne, im Kopf weit weg. Er saß mit dem Rücken gegen einen Baum, jetzt so apathisch, wie er zuvor wütend war.
James überflog das Geschriebene und gab ihn dann Sirius zurück. Er fand keine Worte und wusste nicht was Sirius Trost spenden könnte, er konnte ihm Nichts als seine Anwesenheit geben und hatte dass bittere Gefühl, dass das viel zu wenig war.
Gemeinsam saßen sie unter dem Baum und schauten über das Schulgelände. Es dauerte lange bis James etwas sagen konnte.
„Ich glaube, ich kann nicht mal annähernd nachvollziehen, was du durchmachst. Oder was du schon durchgemacht hast. Aber wenn es irgendetwas gibt..."
„Dann werde ich es dich wissen lassen. Ist schon gut James, ich werde damit fertig werden. Irgendwie werde ich immer damit fertig."
Ein Ruck ging durch Sirius Körper, es schien James als würde er ein anderer. Die tiefen Gefühle, die eben noch sein Gesicht geprägt hatten verschwanden wie ein See, der sich nach einem Sturm glättete. Sirius stand auf und reichte ihm die Hand.
„Ich glaube wir gehen besser in den Krankenflügel und lassen dich versorgen. Du siehst ja jämmerlich aus."
James lief es kalt über den Rücken, als er das Grinsen auf Sirius Gesicht sah. Ihm wurde wieder einmal klar, wie hart und verschlossen ihn seine Familienprobleme gemacht haben mussten und wie kalt er gegenüber sich selbst geworden war. Sein Freund hatte sich schon lange von sich selbst zurückgezogen und James hatte noch immer nicht die geringste Ahnung, wie er ihm helfen konnte.
