Titel: Murphy's Law
Autor: Phö & Ayan
Homepage: www.koneko-no-yume.at.tt
Pairing: Abarai Renji x Hisagi Shuuhei, Urahara Kisuke x Hitsugaya Toushiro
Fandom: Bleach
Disclaimer: Nichts davon gehört uns und wir verdienen auch kein Geld damit und wollen auch keine
Rechte verletzen.
Warnungen: Dark, Lemon, Gewalt, Angst, Com
Altersbeschränkung: MA
Kurzbeschreibung: Aizen ist fort, zwei weitere Taichos mit ihm. Doch alles andere als Ruhe kehrt in
die Soul Society ein. Neue Taichos müssen bestimmt werden und Renji ist sich nicht sicher, ob er
froh ist, einer der Kandidaten zu sein. Was ist mit seinem Ziel? Und wie soll er mit seinem kühlen
Vizecaptain Hisagi klar kommen? Alles wird noch chaotischer, als Hitsugaya beschließt, Urahara um
Hilfe zu bitten und dieser sogar zustimmt und in die Society zurückkehrt...

Bei Fragen oder sonstigen Beschwerden, oder Lob, einfach ein Mail an ayankygmx.at

Hier eine kleine Definition für alle die nicht genau wissen was Murphy's Law ist:
Murphys ursprüngliche Formulierung lautet:

"Wenn es zwei oder mehrere Arten gibt, etwas zu erledigen, und eine davon kann in einer
Katastrophe enden, so wird jemand diese Art wählen."

Eine weitaus bekanntere Fassung, die eigentlich Finagles Gesetz ist, lautet:

"Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen." (um es deutlicher zu machen mit dem
Zusatz "...es ist nur eine Frage der Zeit!")

Teil 1

Erneut war Ruhe in der Soul Society eingekehrt. Aizen war zusammen mit Ichimaru und Tousen verschwunden, seine Pläne noch im Dunkeln. Die Aufräumarbeiten waren in vollem Gange und an der zeitweiligen Umstrukturierung wurde gearbeitet. Immerhin galt es die Führungspositionen der dritten, der fünften und der neunten Einheit zu belegen. Doch die Auswahl brauchte Zeit und so wurden die Einheiten vorläufig zusammengelegt.

Die dritte Division übernahm Kyouraku-taicho, die fünfte Sajin-taicho und die neunte stand unter dem Befehl von Kuchiki-taicho. Wenigstens solange bis neue Captains bestimmt worden wären und alles in der Soul Society erneut seinen Gang gehen würde. Nach außen hin kam man gut mit den Geschehnissen klar, doch nach innen kriselte es mancherorts gewaltig.

Abarai Renji beispielsweise war sich seiner weiteren Rolle unklar. Immerhin hatte er seinen Captain angegriffen und verletzt. Er bildete sich nichts darauf ein. Die Verletzung war unwichtig gewesen, nichts, im Vergleich zu den Wunden, die er davongetragen hatte oder die Byakuya dann bei der Rettung Rukias zugefügt worden waren. Zwar folgte am Krankenhausbett Byakuyas eine Versöhnung doch wirklich beruhigt war der Rothaarige noch nicht. Es schien ihm als würde noch etwas gären. Die Zusammenlegung der Divisionen machte das Ganze nicht einfacher. Noch dazu, da es sich bei dem Vizecaptain der hinzugekommen Garnison um Hisagi Shuuhei handelte. Einem Mann, der in Renjis Welt zwar keinen so großen Idolposten wie Kuchiki Byakuya einnahm, aber doch stets bewundert worden war.

Grummelnd saß er nun außerhalb des Verhandlungsraumes, wartete auf das Eintreffen von Shuuhei. Byakuya hatte eine Besprechung einberufen, um zu klären, wie die weiteren Vorgehensweisen der nun vereinigten Divisionen sein würden. Es war bereits dämmrig und Renji konnte die Bäume am Ende der kleinen Wiese nur mehr undeutlich sehen.

Hisagi Shuuhei beeilte sich um nicht zu spät zu dem anberaumten Treffen zu erscheinen. Doch trotz der Geschwindigkeit mit der er nun durch den Wald hetzte, würde er wohl ein paar Minuten zu spät kommen. Kein guter Anfang, noch dazu bei Kuchiki Byakuya.

Doch Shuuhei war einfach nicht von seiner Division weg gekommen, einer nach dem anderen hatte ihn mit Fragen gelöchert, was nun passieren würde, warum sie ausgerechnet der sechsten Einheit unterstellt wurden, warum nicht er, Hisagi Shuuhei, einfach ihr neuer Captain werden konnte. Es hatte einige Zeit gedauert, bis er seinen Untergebenen klar gemacht hatte, dass es im Moment die beste Entscheidung war sich an die von Oben kommenden Anweisungen zu halten und er aus diesem Grund nun dringend weg musste.

Flink schoss ein Schatten durch die Baumgrenze und über die Wiese, musste dann rasch abbremsen um nicht den wartenden Fukutaicho nieder zu stoßen. Keineswegs schwerer atmend entschuldigte sich Shuuhei leise bei Abarai Renji und bat um Einlass in den Besprechungsraum.

Der Rotschopf zeigte mit keiner Geste und keinem Blick, was er von der Verspätung des anderen hielt, nickte nur kurz. Obwohl sie nun auf selber Stufe standen, hatte er immer noch Respekt vor dem anderen, behandelte diesen mit Vorsicht. Nun trat er an die Schiebetür, öffnete diese und ließ dem dunkelhaarigen Mann den Vortritt.

Byakuya erwartete sie schon, sein kühler Blick traf auf die Eintretenden. Doch auch er erwähnte das Zuspätkommen mit keinem Wort, wartete stattdessen, bis sich die beiden in gebührendem Abstand niedergelassen hatten.

"Renji...", begann er dann unvermittelt und zum Erstaunen seiner Zuhörer an seinen eigenen Vizecaptain gerichtet.

"Man will, dass du in die Menschenwelt gehst und dort Kontakt zu Kurosaki Ichigo hältst..."

Einen Moment herrschte Ruhe, ein ungläubiger Blick von Renji fiel auf seinen Captain.

"Aber, Taicho..."

Doch Byakuya schien nicht gewillt zu sein, darüber zu diskutieren, schnitt seinem Untergebenen einfach das Wort ab.

"Du wirst Hisagi Shuuhei alles erklären und er wird während deiner Abwesenheit deine Aufgaben erfüllen!"

Auch wenn der ehemalige Lieutenant der neunten Division von diesem Befehl wahrscheinlich genauso wenig begeistert wie Abarai Renji, zeigte sich dies nur in einem kurzen Verziehen der Gesichtsmuskeln ehe er bestätigend nickte.

Er hatte nie viel mit Kuchiki Byakuya zu tun gehabt, kannte den Taicho somit kaum und hatte einfach ein ungutes Gefühl, wenn er nun unter ihm arbeiten sollte, direkt unter ihm wie er es bis vor kurzem noch bei Tousen-taicho getan hatte. Doch dieser hatte ihn verraten, sein Vertrauen missbraucht und Shuuhei wieder einmal bestätigt, dass es falsch war auf andere zu vertrauen. Wieso hatte er überhaupt damit begonnen? Ja, stimmte. Urahara Kisuke war schuld. Hätte dieser ihn damals nicht gerettet, so wären seine Hoffnungen und vielleicht auch Träume, welche er ganz vorsichtig und absichtlich langsam aufgebaut hatte, nicht in wenigen Stunden wieder zerstört worden.

Ruhig, abwartende verharrte Hisagi auf seinem Platz, erwartete weitere Instruktionen, schüttelte leicht den Kopf über das respektlose Verhalten seines ehemaligen Schülers.

Ja, er hatte es nicht vergessen, dass er Abarai Renji und zwei seiner Freunde damals sein Leben zu verdanken gehabt hatte. Doch das war damals gewesen, dass Renji nun auf gleicher Stufe stand wie er selbst wunderte ihn nicht wirklich. Viele böse Zungen mochten vielleicht behaupten, dass das Genie von damals an Biss verloren hatte. Aber er, Hisagi Shuuhei, hatte nicht das Bedürfnis verspürt Captain zu werden, hieß dies doch einen der Amtierenden von dessen Platz zu verdrängen.

Da Kuchiki-taicho keine Anstalten machte noch etwas hinzuzufügen, erlaubte er sich nun eine Frage zu stellen.

„Kuchiki-taicho. Die neunte Division ist verwirrt, orientierungslos und verlangt nach Antworten. Ich werde dafür sorgen, dass sie schnell verstehen, wem sie nun unterstehen, dennoch hätte ich eine Frage, wenn sie gestatten. Wird die Division auf das Gebiet der Sechsten verlegt oder soll sie bleiben wo sie sich befindet?"

„Da die Zusammenlegung nicht auf Dauer sein wird, verbleiben die Territorien wie gehabt. Man wird sich beeilen einen neuen Captain für die führungslosen Divisionen zu finden. Bis dahin sollten nicht zu viele Veränderungen vorgenommen werden, die dann nur wieder rückgängig gemacht werden müssen!"

Renji presste die Zähne zusammen, erwiderte nichts mehr. Seine Hand ballte sich zu einer Faust, unterdrückte so den aufsteigenden Zorn. Er hatte immer gewusst, dass sein Captain ein äußerst nachtragender Mann war. Hatte er auch nur im Entferntesten gehofft, dass sein Vergehen gegen den Taicho ungesühnt bleiben würde? Mit einer Strafe hatte er gerechnet, aber dass er nun gleich ganz abgeschoben wurde und sein potenzieller Nachfolger schon neben ihm saß, schmeckte ihn überhaupt nicht.

„Ich verstehe. Wenn sonst nichts mehr wäre, dann werde ich mich wieder auf den Weg machen. Kuchiki-taicho."

Hisagi erhob sich, nur um sich dann gleich darauf zu verbeugen und den Raum zu verlassen. Draußen angekommen versuchte er erst einmal sich wieder etwas zu entspannen. Kuchiki Byakuya war nicht der Ungefährlichste, auch wenn er sein Reiatsu verborgen hielt, konnte man dessen Macht noch spüren und die Verbände, welche vereinzelt seine Haut zierten, machten sie nicht weniger beeindruckend. Erschöpft rieb sich Shuuhei über die Augen. Seit dem Verrat seines Captains hatte er nicht wirklich Zeit gehabt sich auszuruhen. Jeder war zu ihm gekommen, hatte Antworten verlangt, die er nicht hatte geben können. und auch wenn er nun noch Renjis Platz einnehmen sollte, so fragte er sich insgeheim, wie lange es wohl dauern würde, bis man ihn in eine Zelle steckte und vorwarf mit seinem Taicho gemeinsame Sache gemacht zu haben. Immerhin hatte er sich gegen Zarakis Männer gestellt, wenn auch verloren, aufgrund dieser hinterhältigen Technik.

Nachdenklich strichen seine Finger über die eingebrannte Nummer an seiner Wange, während er auf den fuchsteufelswilden Abarai wartete. Es war nicht zu übersehen gewesen, dass dieser stinksauer auf seinen Taicho war.

„Taicho!"

Renji setzte schon an, um etwas zu sagen, wurde aber erneut von Byakuya unterbrochen.

„Du wirst gehen, Renji. Hisagi wird hier gebraucht. Die neunte Division ist jetzt schon in Unruhe, man kann es sich nicht leisten, auch noch den Fukutaicho abzuziehen", kam er Renjis Vorschlag, doch Hisagi zu schicken, zuvor.

„Und nun geh…du hast eine Aufgabe!"

Byakuya hatte seinen Blick schon lange abgewandt, damit schon gezeigt, dass er nicht bereit war, noch länger darüber zu diskutieren. Er hörte, wie Renji aufstand und den Raum verließ. Sein Gesicht blieb ausdruckslos. Er war es gewesen, der gefordert hatte, dass die neunte Division mit seiner zusammengelegt wurde. Er brauchte einen fähigen Mann wie Hisagi.

Renji konnte den Ärger kaum unterdrücken, musste sich aber beherrschen, als er Hisagi vor dem Zimmer auf ihn warten sah. Die Augen blitzten nur kurz auf, dann kehrte wieder Ruhe in Renjis Gesicht ein. Auszuzucken brachte nichts, würde höchstens die Meinung seines Taichos, dass es besser wäre, seine überschüssigen Energien in der Menschenwelt abzulassen, bestärken.

„Komm mit!", knurrte er deshalb nur leise, nicht wirklich motiviert jetzt auch noch eine Rundreise durch das Gebiet der sechsten Division zu machen.

Ja, der Rothaarige war wirklich sauer. Langsam ließ Shuuhei seine Hand sinken, folgte Abarai mit einem guten Meter Abstand.

„Ich habe bestimmt nicht vor dir deinen Posten weg zunehmen, sei unbesorgt. Sobald du wieder hier bist kannst du ihn zurück haben." Shuuhei versuchte die fast schon sprühenden Funken des Zorns ein wenig zu besänftigen, aber anscheinend war Abarai nicht sehr erfreut darüber, dass er von ihm, Hisagi, angesprochen wurde.

„Als wie, wenn das in der Entscheidungsfreiheit liegen würde!", keifte der Rothaarige nur, beschleunigte die Geschwindigkeit. Oh, wie er diese vernünftigen Worte hasste, diese Versuche, ihm seine Wut zu nehmen. Er wollte das alles nur schnell hinter sich bringen und dann in den nahen Wald verschwinden und trainieren. Zabimaru würde ihn verstehen, war immer auf seiner Seite. Er hatte ihn, Renji, sogar unterstützt, als dieser gegen Kuchiki-taicho gekämpft hatte.

Mit wenig Engagement zeigte er Hisagi die örtlichen Gegebenheiten, machte ihn mit den wichtigsten Plätzen vertraut und erklärte kurz, was wann wo zu erledigen wäre. Als wie wenn das nötig gewesen wäre. Der andere wusste doch sehr gut, wie alles ablief. Es war doch in allen Einheiten gleich. Aber Renji wollte sich nicht nachsagen lassen, dass er etwas halbherzig unternommen hatte.

„Man kann viel erreichen, wenn man nur will, meinst du nicht auch?" Shuuhei stellte diese Aussage einfach so in den Raum, zielte auf nichts Spezielles ab, hatte aber dennoch so seine Hintergedanken. Ob Shuuhei nun auf Abarais Vergangenheit, dessen Bankai oder allein die Tatsache, dass er es so weit gebracht hatte anspielte, war ihm selbst nicht wirklich klar, wohl etwas von allem. Abarai Renji hatte es tatsächlich weit gebracht und sich mit seiner offenen Art auch schnell Freunde gemacht. Wenn Shuuhei Recht behielt, würde dieser impulsive Rothaarige schon bald zum Captain aufsteigen.

„Ich denke, ich kenne mich jetzt aus, du brauchst mich nicht länger herum zu führen, wenn es dir so widerstrebt."

Renji zuckte zurück. So offen auf seinen Mangel an Interesse angesprochen zu werden, war dann doch ein Tiefschlag. Er fuhr sich kurz mit der Hand durch die Haare, zögerte.

„Abarai-kun! Hitsugaya-taicho will mit dir sprechen…es geht um die Mission in die Menschenwelt!", unterbrach plötzlich eine Stimme das eingetretene Schweigen. Renjis Kopf wirbelte herum. Sein Blick fiel auf die Gestalt des Vizecaptains der zehnten Division, Matsumoto Rangiku. Er hatte sie nicht kommen hören, war zu sehr in seine eigenen Gedanken verwickelt gewesen. Zu sehr in den Zorn auf seinen Taicho, der ihn einfach so ziehen ließ und auch gleich einen Nachfolger parat hatte.

„Was hat Hitsugaya-taicho damit zu tun?", wollte Renji nun vorsichtig wissen, ahnte schon, dass es kein so kleiner Ausflug werden würde, wie ursprünglich angenommen. Er hatte sich nun vollkommen zu Matsumoto gedreht, sah diese fragend an.

„Er leitet die Mission…", kam die kurze Antwort, gepaart mit einem auffordernden Blick ehe die Frau wieder verschwand. Einen Taicho ließ man nicht warten.

Renji drehte sich kurz zu Hisagi um, nickte diesem zu, hoffte auf Verständnis. Entschuldigen würde er sich später.

Shuuhei erwartete keine Entschuldigung, genauso wenig wie er damit rechnete eine zu bekommen oder Abarai noch einmal vor dessen Abreise zu sehen. Er würde sich jetzt zurück zu seiner Einheit begeben, denen vorerst einmal klar machen, dass sie nichts zu befürchten hatten und dann versuchen etwas Schlaf zu finden. Allein etwas Ruhe und Abstand von den aufgeregten Stimmen seiner Leute würde ihm schon reichen. Egal was er tat, er wurde die ganze Zeit an den Verrat seines Captains erinnert. Auch jetzt, wo er die doch schon ziemlich leeren Straßen entlang ging, kam ihm immer wieder einige Shinigami entgegen, bedachten ihn mit einem abschätzenden Blick. Gerade so als würden sie ihm die Schuld für Tousens Entscheidung geben, da dieser ja nicht mehr da war um sie auf sich zu nehmen.

Aus diesem Grund war sich Shuuhei auch ziemlich sicher, dass die sechste Division nicht besonders erbaut sein würde, wenn man verkündete, dass Abarai-fukutaicho für eine Weile verschwinden und er dafür dessen Aufgaben übernehmen würde.

Somit setzte er seinen Weg fort, ohne auf die Blicke und das Geflüster zu reagieren. Wie üblich war es für Außenstehende nicht sichtbar, dass sich der Vizecaptain der neunten Einheit über deren Verhalten ärgerte. Zu gut war er darin geworden seine Gefühle zu verbergen, keinem zu zeigen was er sich dachte, welche Emotionen gerade durch seinen Körper liefen.

Renji betrat hinter Matsumoto den Raum, fand sich tatsächlich dem jungen Taicho gegenüber, der ihn abschätzend musterte. Er verneigte sich kurz, nahm dann Platz.

„Ihr wolltet mich sprechen, Hitsugaya-taicho?", begann er das Gespräch, den Blick weiterhin gesenkt.

„Ja, das wollte ich!", erklang auch sogleich die ungewöhnliche tiefe Stimme des Captains, als dieser sich von seinem Sessel erhob und herum zu wandern begann.

„Kuchiki-taicho hat vielleicht schon mit dir gesprochen, Abarai-kun? Du sollst mich auf einer geheimen Mission in die Menschenwelt begleiten. Ich habe den Wunsch ausgesprochen, dass du mit mir kommst…"

Der grimmige Blick änderte sich nicht, als Renji nun überrascht den Kopf hob. Die stechend grünen Augen lagen auf dem Fukutaicho vor sich, schienen dessen Fragen zu erahnen, bevor sie gestellt wurden.

„Die Wahl hat zum einen die Tatsache beeinflusst, dass du mehr Kontakt zu Kurosaki Ichigo hattest als jeder andere hier. Außerdem kann ich nicht verantworten, dass Matsumoto mich begleitet und meine Division somit gänzlich ohne Führer dasteht. Kuchiki-taicho war bereit, dich ziehen zu lassen, sofern ihm als Ersatz Hisagi-kun zur Seite gestellt wird. Aber das tut jetzt nichts mehr zur Sache. Wir werden in drei Tagen aufbrechen. Bis dahin bist du vom Dienst freigestellt, sofern du das wünschst. Natürlich kannst du es dir auch zur Aufgabe machen, Hisagi-kun auf seine Arbeit während deiner Abwesenheit vorzubereiten."

Renji hatte den Kopf wieder gesenkt, dachte nun nach.

„Hitsugaya-taicho…verzeiht die Frage, aber um welchen Auftrag geht es überhaupt?", wagte er dann zu fragen. Der Captain der zehnten Division schien ihm auf jeden Fall kooperativer zu sein, als Kuchiki-taicho es war.

„Unser Auftrag besteht darin, Urahara Kisuke davon zu überzeugen, wieder zurück zu kehren und uns im Kampf gegen Aizen Sousuke zu helfen. Wenigstens vorläufig."

Renji zögerte. Urahara Kisuke? Der ehemalige Captain der zwölften Einheit? Chef der Forschungseinheit? Der Kerl, der Rukia dieses Ding eingesetzt hatte?

„Was hat das mit Kurosaki Ichigo zu tun?", formulierte er seine Gedanken, ehe er es verhindern konnte. Doch er wurde nicht gemaßregelt, erhielt nur einen weiteren grimmigen Blick.

„Wir hoffen auf Kurosaki Ichigos Hilfe…immerhin hat er gewisse Verbindungen zur Soul Society und hat möglicherweise Interesse daran, dass diese länger besteht."

Renji nickte.

„Wer wird noch an dieser Mission teilnehmen?"

„Niemand…je kleiner die Gruppe desto besser. Immerhin wollen wir niemanden besiegen, sondern lediglich überzeugen. Bei einer zu großen Gruppe würden wir nur Urahara Kisukes Unwillen auf uns ziehen!"

Mit diesen Informationen vorläufig zufrieden, verabschiedete sich Renji wenig später und machte sich auf den Weg zu seiner Unterkunft.

Weit entfernt in der Welt der Menschen musste ein armer unrespektierter Ladenbesitzer niesen. Fast schon ein wenig ängstlich sah er sich um, versuchte sich so klein wie möglich zu machen um den bemutternden Fängen seines Untergebenen zu entkommen.

Also er jedoch nach einigen Minuten immer noch keinen Laut hinter sich vernahm, machte er sich zufrieden die Nase reibend wieder an die Arbeit. Wer wohl über ihn gesprochen hatte? Denn eines war klar, krank war er sicher nicht.

Der nächste Morgen begann ruhig. Renji war noch lange wach gelegen, hatte über die neue Situation nachgedacht. Hitsugaya-taicho hatte nach ihm verlangt, folglich war es gar nicht Kuchiki-taichos Entscheidung gewesen, ihn mitzuschicken. Sollte das heißen, dass dieser ihn doch nicht loshaben wollte?

Auf jeden Fall stand eine Entschuldigung an. Er hatte seinen Zorn an Hisagi ausgelassen und das war nicht richtig gewesen. Rukia würde ihn wieder tadeln, wenn sie das wüsste.

Und aus diesem Grund saß er nun hier, auf den Brettern vor dem Besprechungszimmer und wartete darauf, dass Hisagi auftauchte. Ob das geschah oder wann wusste er nicht, aber Hitsugaya-taicho hatte ihm freigegeben, folglich konnte er seine Zeit auch damit nutzen auf Hisagi zu warten. Und das tat er.

Doch dieser ließ auf sich warten. Wusste er doch nicht, dass Abarai den ganzen Tag vor dem Besprechungszimmer sitzen würde. Ein Bote hatte Shuuhei mitgeteilt, dass Abarai-fukutaicho die nächsten Tage bis Beginn seiner Mission frei bekommen hatte und er, Hisagi Shuuhei, sofort mit seinem Dienst als Kuchiki Byakuyas Fukutaicho beginnen sollte. Somit hatte er nun die erhoffte Ruhe nicht mehr bekommen und musste eilig zwischen den beiden Divisionen hin und her hetzten. Schön und gut, wenn man sie nicht zusammen legte aber dann vielleicht etwas näher. Immerhin befand sich der Sitz der sechsten Division im noblen Viertel am anderen Ende der Stadt.

Im Moment bestand seine Aufgabe darin die einzelnen Truppen untereinander zu koordinieren, ihnen neue Aufgaben zuzuteilen wenn sie die alten erledigt hatten. Alle verfügbaren Männer wurden für den Wiederaufbau eingesetzt. Die neunte Division bereitete Shuuhei nicht allzu viele Probleme, doch die sechste wollte nicht wirklich auf ihn hören. Immer wieder wurden unzufriedene Stimme laut, wollte man wissen warum er, der Fukutaicho des Verräters nun ihr Vizecaptain war und wo Abarai-fukutaicho war. Hin und wieder hatte er nur die Möglichkeit gehabt durch körperliche Auseinandersetzung die Aufrührer zu überzeugen, ihnen ihren Platz zu weisen.

Auch wenn es nicht in seiner Natur lag, um etwas zu bitten, so musste er Kuchiki Byakuya um Erlaubnis beten eine kleine Ansprache vor der sechsten Einheit halten zu dürfen. Denn anscheinend hielt es deren Captain nicht für nötig sie zu informieren und bevor er, Shuuhei, die nächsten vier Tage immer das Gleiche wiederholen konnte, würde er ein für alle Mal vor versammelter Mannschaft klarstellen, dass er nun der neue Lieutenant auf unbestimmte Zeit war. Grummelnd stapfte er also in Richtung Besprechungsraum, in dem oder zumindest in dessen Nähe er Kuchiki Byakuya vermutete.

Renji sprang auf, als er Hisagi ankommen sah. Der andere wirkte reichlich gestresst, verärgert, besorgt und das alles auf einmal. Schuldgefühle erwachten in Renji, während er sich aufrichtete und dem anderen entgegensah. Er schien als hätte er mehr Probleme, als unbedingt notwendig.

„Hisagi-kun!" Seine Stimme klang fast normal, wie er zufrieden feststellte. „Hast du kurz Zeit?"

Überrascht hielt der Shuuhei mitten in der Bewegung inne. Jetzt war er schon so weit, dass er nicht einmal einen Kollegen bemerkte. Schnell schob er seine Sorgen beiseite, sie hatten niemanden zu interessieren. Mit gleich finsterem Gesichtsausdruck wie immer blickte er Abarai Renji an.

„Ich suche Kuchiki-taicho, bis ich ihn gefunden habe, habe ich Zeit. Was gibt's, Abarai-fukutaicho?"

Entgegen seiner Worte, lief Shuuhei nicht weiter, sondern wartete ab was Renji ihm zu sagen hatte.

Renji runzelte bei der äußerst höflichen Anrede die Stirn, ging aber nicht näher darauf ein. Er wollte sich entschuldigen und das würde er auch tun, danach konnte man sich immer noch verständigen.

„Ich wollte mich bei dir wegen gestern entschuldigen. Meine Emotionen sind mit mir durchgegangen und du bist unschuldig zum Handkuss gekommen. Als Wiedergutmachung wollte ich dir mein Hilfe für die nächsten Tage anbieten…wenn du das willst, natürlich!"

Der Rothaarige blieb stehen, wartete die Antwort noch ab, ehe er Hisagi sagen wollte, dass er Kuchiki-taicho um diese Zeit kaum im Besprechungszimmer finden würde.

„Danke, und kein Problem. Immerhin hast du dir deine Aufgabe auch nicht ausgesucht."

Nachdenklich musterte Shuuhei den Rothaarigen Vizecaptain vor sich. Er schien es ernst zu meinen und Shuuhei war im Moment über jede Hilfe froh.

„Ich nehme dein Angebot an. Aber vorher würde ich dir gerne noch eine Frage stellen. Wie ist deine Meinung über mich? Bin ich in deinen Augen auch ein Verräter?"

Diese Frage kam so nüchtern, unbeteiligt, dass Renji überrascht eine Augenbraue hochzog.

„Wenn du ein Verräter wärst, wärst du heute wohl kaum mehr hier, sondern auch irgendwo bei einer Horde Menos Grande, nicht?", meinte er dann Achsel zuckend. „Oder du bist so dumm, dass du meinst, weiterhin hier unentdeckt agieren zu können. Aber das glaube ich nicht, immerhin warst du der Beste deines Jahrganges, nicht?"

Renji war schon auf dem Weg zu Kuchiki-taichos Privaträumlichkeiten, in denen er den Taicho vermutete. Niemand durfte dorthin, außer seiner Schwester und in dringenden Angelegenheiten auch sein Fukutaicho.

„Ja, das schon. Aber Menschen tendieren dazu zu vergessen, sie sind viel zu sehr damit beschäftigt einen Sündenbock zu suchen. Wer, außer wir, wäre dazu besser geeignet?"

Shuuhei blieb stehen, er wusste, dass es nicht gestattet war das Wohngebäude der Kuchikis zu betreten. Und Mitglieder einer anderen Division hatten nicht einmal die Erlaubnis sich in der Nähe aufzuhalten. Auch wenn er nun kurzfristig der neue Fukutaicho war, so war er sich nicht sicher in wie weit er sich noch an die Regeln halten sollte.

„Wieso führst du mich hier her?"

Die Frage war neutral gestellt, auch wenn Shuuhei die Augen leicht zusammenkniff. Das hier war eine komplett andere Welt als dort draußen. Er fühlte sich unwohl, obwohl es schon lange her war, dass er dieses Gefühl gehabt hatte.

„Du wolltest doch zu Kuchiki-taicho? Er ist hier. Als sein Vizecaptain hast du gewisse Rechte, dich hier aufzuhalten. Folge mir einfach."

Renji warf dem anderen einen verständnisvollen Blick zu. Selbst für ihn war es heute noch ein seltsames Gefühl hierher zu kommen und das, obwohl er nun bereits einige Jahre in Kuchiki-taichos Diensten stand. Leider war die Division wie auch das Viertel mit demselben Wort zu beschreiben: nobel. Er hatte vor allem am Anfang zu kämpfen gehabt. Keiner wollte auf den Vizecaptain hören, der aus der niedrigsten Bevölkerungsschicht stammte und zudem laut und ungehobelt war. Aber irgendwie hatte er es geschafft und er durfte niemals vergessen, wie schlimm diese Zeit für ihn gewesen war. Er konnte Hisagi helfen. Die Leute seiner Division hörten auf ihn.

Ein einfaches Nicken war Shuuheis Antwort. Abarai hatte sich gut eingelebt bei den Reichen, Angesehenen. Lautlos folgte er dem Rothaarigen, bis dieser vor einer großen Schiebetür stehen blieb. Etwas hilflos, auch wenn er das nicht gerne zugab, wandte sich sein Blick zu Renji. Bei Tousen-taicho war es leichter gewesen mit ihm zu sprechen. Hinein in das Haus, einmal geklopft und eingetreten, fertig.

Renji warf einen erneuten verständnisvollen Blick auf sein Gegenüber, ehe er dann leicht gegen den Holzrahmen der Schiebetür klopfte. Er wusste, dass das genügte, um gehört zu werden.

Tatsächlich ging diese wenig später auf und gab den Blick auf einen großen Raum frei, an dessen Ende Byakuya an einem Tisch saß, in irgendwelche Dokumente vertieft. Nun hatte er den Blick gehoben, wirkte fast ein wenig erstaunt, Renji hier zu sehen, wandte seine Aufmerksamkeit dann aber Hisagi zu.

Renji biss sich angesichts dieser Nichtbeachtung ärgerlich auf die Lippe, verneigte sich dann nur kurz und trat außerhalb von Kuchiki-taichos Blickwinkel.

Kuchiki Byakuya war ein schwieriger Mensch. Das hatte Shuuhei früher schon gewusst und jetzt wurde es ihm erneut bestätigt. Als er seine Bitte vortrug, fühlte er sich wie vor Gericht und zwar auf der Anklagebank. Die ganze Aufregung war dann im Endeffekt für die Katz gewesen, da ihn der Captain mit einem einfachen ‚Mach wie du willst', wieder wegschickte.

Von Renjis Gesichtsausdruck zu schließen hatte dieser sein Anliegen und die darauf folgende Antwort seines Taichos sehr wohl mitbekommen, sagte aber nichts dazu. Jetzt wusste schon Abarai von seinen Problemen, was war bloß aus seinem geregelten Leben geworden.

„Ich werde die Division zusammen trommeln und mit deiner Erlaubnis ein paar Worte an sie richten!", ging Renji nicht weiter auf das Verhalten seines Taichos ein. Er war es gewohnt. Kuchiki-sama neigte dazu, seine Untergebenen ins kalte Wasser zu werfen. Konnten sie schwimmen, kamen sie klar; gingen sie unter, waren sie es ohnehin nicht wert, in die sechste Division aufgenommen zu werden. Das Prozedere war Renji geläufig, hatte er selbst durchlaufen und war froh gewesen, schon von klein auf schwimmen gelernt zu haben.

Dennoch wollte er sich nun nicht einmischen. Byakuya-sama hatte klar gemacht, dass er nicht mehr der Fukutaicho war. Wenn Hisagi wollte, dass er ihm half, gut…ansonsten, müsste der andere sich eben selbst durch die Stromschnellen und Wasserfälle dirigieren.

Noch vor wenigen Tagen hätte Shuuhei sofort abgelehnt, sich vielleicht sogar beleidigt gefühlt. Doch nun war er für jede Hilfe dankbar. Es gab nicht zum Spaß 13 Divisionen. Weniger wären nicht vertretbar. Die Anzahl der Mitglieder der einzelnen Divisionen würde so zunehmen, dass ein Taicho und dessen Stellvertreter sie nicht mehr kontrollieren konnten. Die Unzufriedenheit aller Betroffenen würde steigen und irgendwann überhand nehmen.

Durch Aizens gelungenem Plan standen sie nun jedoch am Beginn dieses Problems und Shuuhei konnte auch die Auswirkungen bereits fühlen.

„Ich nehme deine Hilfe gerne an. Ich habe nicht die Zeit mich noch lange mit den ungehorsamen Radaumachern auseinander zu setzten. Du kannst ihnen auch gleich mitteilen, dass alle die Probleme bereiten in Gewahrsam genommen werden. Das ist zwar auch mit Aufwand verbunden aber dennoch einfacher."

Wieder draußen angekommen, und nun endlich mit etwas Abstand zu dem Hauptgebäude der Kuchikis, begann Shuuhei langsam sich zu entspannen.

„Und was ist nun so wichtig, dass man mir diesen Posten aufhalst, ihn dir wegnimmt und uns somit beide unglücklich macht?"

Renji dachte kurz nach, inwiefern er dem anderen verraten durfte, was abging. Es war eine geheime Mission. Wenigstens laut Hitsugaya-taicho.

„Eine Geheimmission in die Menschenwelt. Personenschutz und Personengeleit zusammen mit ein paar Überzeugungstaktiken…nicht unbedingt mein Ding…aber Hitsugaya-taicho wollte es so und Kuchiki-taicho hatte nichts dagegen einzuwenden, wie es aussieht…"

Renji verkniff sich, seinen Unmut laut loszuwerden, seufzte stattdessen nur leise.

„Eine Geheimmission also…na dann viel Spaß."

Was sollte er großartig noch dazu sagen? Auch wenn er gerne mehr darüber wissen wollte, so blieb die Mission geheim und die Informationen wurden auch nicht mehr, die Renji von sich geben durfte.

Shuuhei blickte nach oben auf den Mond. Es war schon spät, eigentlich sollte er jede Minute nutzen um Kraft für den morgigen Tag zu sammeln, aber er wollte noch nicht schlafen gehen. Ein wenig Freizeit, genau das war es was er nun brauchte. Ein skeptischer Seitenblick auf Abarai verriet ihm, dass dieser ihm immer noch folgte.

„Ich habe von deinem Bankai gehört. Beeindruckend, vielleicht kannst du es mir ja einmal zeigen."

Mit dieser Aussage hatte Shuuhei ihr Gespräch vom geschäftlichen auf eine privatere Ebene geführt, hoffte bloß, dass er es nicht bereuen würde. Dennoch war er der Meinung, dass er es Abarai irgendwie schuldete, ein wenig offener mit ihm umzugehen.

Renji hob überrascht den Kopf, sah auf den Mann, der neben ihm ging. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er völlig falsch war, anstatt in Richtung sechster Division den Weg zur neunten eingeschlagen hatte. Verlegen lachend, legte er sich die Hand in den Nacken.

„Ja, klar…aber es ist noch unausgereift, wie mir mein Taicho schonend und freundlich klar gemacht hatte…", grinste er dann sarkastisch. „Du kennst ihn ja jetzt, er ist ein sehr menschenfreundlicher Kerl, der immer auf die Gefühle der anderen achtet…deshalb…aber ich zeig's dir gern bei Gelegenheit!"

„Oh ja, war ja kaum zu übersehen. Aber du musst seinen Respekt erkämpft haben, denn anders könnte ich mir nicht vorstellen, warum du noch lebst. Er sieht nicht aus, als wäre er der Typ, der Gnade walten lässt."

Auch diese Geschichte war Shuuhei zu Ohren gekommen. Der Kampf zwischen Kuchiki und Abarai, der einen weiteren Teil der Stadt in Schutt und Asche gelegt hatte.

„Vielleicht können wir ja einmal gegeneinander kämpfen. Ich kenne einen Ort, an dem uns niemand stören würde. Shintora nervt mich sowieso schon seit einiger Zeit, dass er wieder einmal gegen einen starken Gegner kämpfen möchte."

Wie um diese Aussage zu bekräftigen, begann Shuuheis Katana leicht zu zittern. Sofort strich er sanft mit den Fingerspitzen über die Scheide, stoppte somit das leise Beben.

„Kommst du noch mit? Ich dachte ich geh noch einen Schluck trinken um mich von dem Schock namens Kuchiki zu erholen."

„Du willst einen Kampf? Ja, warum nicht? Aber erst, wenn ich wieder da bin. Irgendwie habe ich das Gefühl, das Hitsugaya-taicho nicht so erfreut ist, wenn ich nicht einsatzfähig bin. Und ich kann es mir im Moment wirklich nicht leisten, noch mehr bei meinem Vorgesetzten angeschwärzt zu werden."

Renji seufzte laut, gerade so, als würde er die Last der gesamten Welt auf seinen Schultern tragen, ehe dann das übliche Grinsen zurückkehrte.

„Einen Schluck trinken klingt gut. Wer kann schon wissen, wann es das nächste Mal etwas Gutes geben wird…wohin wollen wir?"

„Etwas außerhalb gibt es eine nette Bar, nicht zu groß und mit Sicherheit keine Taichos oder andere Shinigamis. Du müsstest dir allerdings vorher etwas anderes anziehen. Ich kann dir etwas leihen, wenn du willst."

Shuuhei ging lieber in die Bars außerhalb der Stadt. Dort war es ruhiger, und man kannte ihn nicht, hielt ihn für einen normalen Bürger. Niemand sprach ihn blöd an. Und vor allem gab es dort niemandem vor dem er Haltung bewahren musste.

„Dir ist schon klar, dass du jetzt, wo du zugestimmt hast nicht mehr ablehnen kannst. Früher oder später solltest du dir lieber ein paar Tage frei nehmen um deine Wunden lecken zu können."

Dieses Mal stahl sich sogar so etwas wie ein kleines Lächeln auf Shuuheis Gesicht, als er daran dachte, wie wohl dieser Kampf ausgehen würde.

„Schon klar, ich bin kein Feigling…" Renji war klar, dass er bei diesem Kampf wohl oder übel den Kürzeren ziehen musste, aber dennoch würde er es Hisagi nicht leicht machen. Auf keinen Fall. Wenn er kämpfte, dann mit einhundert Prozent, egal wie hoch die Gewinnchancen standen.

Zufrieden und sich auf einen guten Kampf freuend folgte er Hisagi.

Dieser bog auch schon auf den kleinen Weg zu seiner Unterkunft ein und hatte seinen Begleiter wenig später in seinem Schlafzimmer stehen. Aus dem kleinen Schrank, den Shuuhei sein Eigen nannte, suchte er passende Kleider für Abarai heraus und begann auch schon seinen ärmellosen Kimono zu öffnen.

„Ich hoffe sie passen."

„Wir werden sehen…sonst müssen wir unser kleines Meeting eben verschieben!"

Renji schlüpfte aus seiner Dienstkleidung, zog sich dann die Hose über die Hüfte, die er von Hisagi gereicht bekommen hatte. Sie passte, war nur eine Spur zu kurz, aber nichts, weswegen man es nicht anziehen konnte. Rasch war das Hemd noch übergeworfen.

„So, denkst du ich bin so ausgehfein genug?"

„Für das Viertel, in das wir gehen, reicht es alle Male." Nun auch fertig angezogen legte Shuuhei Shintora auf sein Bett und sah Renji auffordernd an.

„Vielleicht sollten wir die beiden hier lassen, dann können sie sich schon mal besser kennen lernen."

Ohne auf Renji zu warten, öffnete Shuuhei schon die Schiebetür und trat nach draußen.

Der Rotschopf zögerte. Er ließ Zabimaru nicht gerne alleine. Sie waren ein Team, eine Einheit. Kurz strich Renji über den Schaft des Schwertes, hielt Zwiesprache. Dann nickte er, stellte den Soul Slayer neben der Tür an die Wand und folgte Hisagi dann ins Freie. Er fühlte sich unwohl ohne Schwert, ohne Kimono, aber die Vorfreude auf das, was nun kommen würde, ließ ihn dieses Gefühl ein wenig vergessen.

„Auf geht's, Fukutaicho!", grölte er, legte Hisagi einen Arm um die Schultern und zog ihn in eine unbestimmte Richtung davon.

Kurz war Shuuhei auf Grund der so plötzlichen Berührung und lauten Stimme neben seinem Ohr zusammen gezuckt, entspannte sich aber langsam wieder. Abarai war ein komischer Charakter. Er hatte sich nicht viel verändert, war höchstens lauter geworden.

Shuuhei kam sich gerade wie der Neuling vor, der von seinem Fukutaicho in die Freuden des Betrunkenseins eingeführt wurde. Nach einigen Minuten hatten sie die kleine Bar in Nord Rukongai erreicht und saßen nun schon bei ihrer zweiten Sakeflasche.

Abarai benahm sich nun, da er sich außerhalb des Shinigami Territoriums befand, anders als zuvor. Er war sofort offener, fast schon aufdringlicher geworden und vor allem hatte seine Lautstärke noch etwas zugenommen. Shuuhei war beeindruckt, fand es faszinierend wie jemand so aus sich herausgehen konnte. Sich so fröhlich geben konnte bei der Vergangenheit die er hatte. Shuuhei hatte von der ersten Minute, als er Abarai gesehen hatte gewusst, dass sie aus ähnlichen Verhältnissen stammten. Der einzige Unterschied zwischen ihnen war, dass Renji kein Geheimnis daraus machte und anscheinend auch stolz darauf war, es bis hier her geschafft zu haben. Alleine. Das konnte Shuuhei nicht von sich behaupten.

Durch lautes Lachen und einen erneuten festen Griff um seinen Nacken wurde Shuuhei aus seinen düsteren Gedanken gerissen, schenkte nun seine volle Aufmerksamkeit wieder dem Rothaarigen Fukutaicho an seiner Seite.

„Und du musst die Kerle nur ordentlich ran nehmen. Keine Gnade…und lass es dir scheißegal sein, aus welcher noblen Hütte sie gekrochen kommen…", war dieser gerade dabei, hilfreiche Tipps zu geben.

„Wenn sie mal vergessen haben, dass sie glauben sollen, was besseres als wir zu sein, sind sie ganz ok…", verteidigte er seine Division dann aber auch gleich im nächsten Atemzug, machte so, leicht angeheitert, auch klar, dass er sehr viel auf seine Männer hielt und vor allem zu diesen hielt.

„Nur wie du mit Kuchiki-taicho umgehen kannst…das weiß ich bis heute nicht…!"

Da Shuuhei seinem Trinkkollegen anfangs nicht zugehört hatte, war der erste Satz doch etwas überrumpelnd gewesen. Man muss sie nur ordentlich ran nehmen? Auch jetzt wusste Shuuhei noch nicht wirklich auf was genau Abarai hinaus wollte. Aber eines war auf jeden Fall klar. Er würde im Laufe der Nacht kein gutes Haar an Kuchiki Byakuya lassen.

„Da wird es wohl am besten sein…wenn man sich fern hält, oder?", warf er nun schlau ein. Ärger vermeiden war sein Spezialgebiet. Schnell schnappte er sich die Flasche aus Renjis Hand und schenkte sich selbst nach, bevor der noch alles leer trank.

„Ja, wenn möglich…"

Renji schien über irgendetwas nachzudenken, versank in diesen Gedanken, schwieg urplötzlich. Das war selten bei dem Rotschopf.

„Trotzdem würde ich dann meinen Posten gerne wieder haben…also verlieb dich nicht zu sehr in ihn, hörst du?", fügte er dann mahnend hinzu.

„Keine Angst, ich denke nicht, dass ich ihn auf lange Zeit aushalten würde. Du kannst ihn gerne wieder haben. Auch wenn es vielleicht so aussieht, aber ich mag keine ruhigen Typen. Tousen-taicho war gerade an der Grenze. Urahara Kisuke war viel lockerer, schade, dass er aufgehört hat. Na, auf jeden Fall werde ich dir deinen Captain nicht stehlen, keine Sorgen." Er klopfte dem Rothaarigen aufmunternd auf den Rücken. Nun sollte er aber bald zurückkehren, immerhin hatte er im Gegensatz zu Renji morgen nicht frei und musste sich wieder mit zwei Divisionen herumschlagen.

„Urahara Kisuke? Du kennst ihn?" Renji war augenblicklich wieder geistig anwesend, musterte Hisagi forschend. Urahara hatte den Dienst quittiert, bevor Renji mit der Ausbildung fertig gewesen war. Schon im nächsten Moment verwarf er dann aber den Gedanken wieder, Hisagi über den anderen auszufragen, was brachte es auch schon? Nichts!

„Gut…dann vertraue ich dir Kuchiki-taicho an…", meinte er ruhig, aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

„Oh, nein. Ich will ihn nicht haben. Ich werde meine Zeit abarbeiten und dann bekommst du ihn wieder. Ich habe nicht die geringste Lust darauf, dass er sich zum Schluss an mich gewöhnt." Shuuhei war Renjis fragender Blick zum Thema Urahara sehr wohl aufgefallen. Na ja, der Name seines ‚Retters' war in letzter Zeit auch oft gefallen. Immerhin war auch der Grund für sein Verschwinden und den Ausstieg aufgekommen. Hatte doch Aizen seinen Plan auf Uraharas Forschung aufgebaut.

„Ja, ich kenne ihn. Schon sehr lange…uns verbindet eine gemeinsame Vergangenheit, wenn du so willst", beantwortete er dann Renjis Frage und trank den letzten Schluck seines Sakes.

„Ah ja…nun gemeinsame Vergangenheiten können von Vor- oder von Nachteil sein, nicht?"

Renji verstand den Wink mit dem Glas und richtete sich auf. Die Zeche hatten sie schon beglichen und so stand einem raschen Aufbruch nichts im Weg.

„Hast du schon einen Zeitpunkt für die Ansprache an die Sechste eingeplant? Ich bin dann da…"

Shuuhei hätte sofort wie aus der Pistole geschossen sagen können, dass es in seinem Fall von Vorteil war. Wer wusste schon wo er heute stehen würde, wenn Kisuke ihn damals nicht gefunden hätte. Wahrscheinlich wäre er tot, oder immer noch in diesem zwielichtigen Dorf gefangen. Nachdenklich fuhr er mit der Hand über die 69 auf seiner Wange, rieb sich dann einmal über die Augen und versuchte sich wieder zu konzentrieren.

„Hmm…am besten gleich morgen…nein warte, das wäre dann schon heute. Gegen Mittag. Sagen wir gleich nach der Mittagspause. Soll ich dich wecken oder schaffst du es alleine?" Shuuhei legte ein flottes Tempo vor, er war müde und musste Morgen früh raus und hatte über ihre Plauderei einfach die Zeit übersehen.

„Bis Mittag sollte ich es geschafft haben!", war Renji überzeugt, beeilte sich um dem anderen zu folgen. Er gähnte leicht, war mittlerweile auch müde. Als sie endlich Hisagis Unterkunft erreicht hatten, zog er sich rasch um und nahm mit deutlicher Erleichterung im Blick Zabimaru wieder an sich. Er blieb dabei, ohne den Soul Slayer fühlte er sich nicht wohl.

„Gut, ich werde da sein. Lass uns den netten Abend einmal wiederholen, ja?"

Noch ehe Shuuhei darüber nachdenken konnte, hatten die zustimmenden Worte auch schon seinen Munde verlassen.

„Ja, von mir aus gerne. Du weißt ja jetzt wo du mich findest. Du findest doch selbst raus, nicht?", murmelte Shuuhei noch als er auch schon langsam auf sein Bett kroch, einen Arm um Shintora schlang und ihm die Augen zufielen.

Renji war schon verschwunden, schon unterwegs zu seinem Bett, das ihn nun auch rief. Trotz allem und auch wenn Kuchiki-taicho ihn noch so ignorieren würde, er würde ihn nicht loswerden. Nicht in diesem Leben, nicht solange Renji es nicht geschafft hatte, ich zu übertrumpfen. Und das würde geschehen, irgendwann. Vorher gab Renji nicht auf.

Der nächste Tag kam schneller als erwartet und Shuuhei hätte sich am liebsten wieder unter der Decke verkrochen und tot gestellt. Doch er war nun mal ein Vizecaptain und hatte somit bestimmte Verpflichtungen. Also schälte er sich gegen 8 Uhr aus dem Bett und begann mit seinen heutigen Aufgaben. Kurz vor ein Uhr Mittags fand er sich auf dem großen Platz vor dem Hauptquartier der Sechsten wieder, wartete auf ‚seine' Männer und Abarai-kun.

Renji kam als erstes angeschlichen, augenscheinlich von gewaltigen Kopfschmerzen geplagt. Der Rest der Garnison kam nur zögerlich, scheinbar erst williger, nachdem man festgestellt hatte, dass Abarai-fukutaicho anwesend war und scheinbar nicht sehr erfreut, dass eine solch lockere Disziplin in der Division herrschte. Wenigstens ließ sein grimmiges Gesicht darauf schließen. Irgendwann schien der Haufen komplett zu sein, aber Abarai-fukutaichos Mimik hatte sich nicht gebessert.

Nun stand dieser auf, trat zu Hisagi-fukutaicho und sprach mit diesem.

„Die wichtigsten sind da…es ist halb zwei. Auf wann hast du das Treffen anberaumt und willst du als erstes oder soll ich?", flüsterte er für die anderen unhörbar.

„Treffpunkt war hier um 13 Uhr. Vielleicht solltest du als erstes, ich muss mich erst ein wenig beruhigen. Wenn ich jetzt mit ihnen spreche und mir auch nur einer blöd kommt, kann ich nicht versprechen, was passiert."

Hisagi Shuuheis Augen waren zu kleinen Schlitzen zusammengekniffen, die Lippen zu dünnen Strichen aufeinander gepresst. Solch eine Respektlosigkeit gegen über eines Vorgesetzten hatte er noch nicht erlebt. Wie es aussah, konnte er sogar noch froh sein, dass überhaupt Männer dieser Einheit erschienen waren. Wütend ballten sich seine Hände zu Fäusten.

Renji wollte schon den Vorschlag machen, dass es dann doch genau der richtige Zeitpunkt war, um die Männer anzureden, ließ es dann aber doch bleiben, bevor er auch noch eine Standpauke bekam.

Stattdessen trat er vor, hatte auch sofort die Aufmerksamkeit seiner Männer. Ruhe legte sich auf den Platz, während Renji den Blick über die Anwesenden gleiten ließ. Mit gut der Hälfte hatte er sich schon einmal geprügelt, die anderen waren erst später dazu gekommen.

„Du da!", fuhr er dann einen in der ersten Reihe an, sah wie dieser zurückzuckte. Die Tatsache, dass Abarai-fukutaicho nicht unbedingt schwach zulange, war bekannt und hatte ihm einiges an Respekt gebracht.

„Für wann war die Besprechung anberaumt?", wollte er dann in einem herrischen Tonfall wissen.

„Für eins, Fukutaicho!", gestand dieser zitternd, wich angesichts Renjis wütender Miene einen Schritt nach hinten.

„Für eins...", wiederholte der Rothaarige lautstark, dass es alle hörten. „Und wie spät ist es jetzt?"

Ein anderer wurde angestarrt, gab zitternd Auskunft.

„Halb zwei…so, was muss ich aus der Tatsache, dass sich da hinten immer noch welche rein schleichen, obwohl es bereits halb zwei ist, entnehmen? Es gibt zwei Möglichkeiten…Punkt eins: Die Männer und Frauen der sechsten Division, die von sich selbst behaupten, der Stolz der Soul Society zu sein, können die Uhr nicht lesen…oder Punkt zwei: eben diese Männer und Frauen wissen nicht, wie man sich einem Vorgesetzten gegenüber verhält…beide Möglichkeiten gefallen mir nicht."

Eine Pause entstand, in der Renji seinen Blick wieder über die Anwesenden gleiten ließ.

„Du da! Wie viele Taichos gibt es?", fragte er nun einen anderen, bekam nun noch leiser, noch zitternder Auskunft.

„Ja, richtig, 13. Und wie viele Fukutaichos?" Das Spiel schien Renji unerklärlicherweise zu gefallen, auch wenn seine Miene weiterhin grimmig und ärgerlich blieb.

„Wieder 13. Das heißt insgesamt 26 Taichos und Fukutaichos. Wie vielen von diesen 26 Taichos und Fukutaichos schuldet ihr Respekt und Gehorsam?"

Keine Antwort kam, immer noch lag Schweigen auf dem Platz. Selbst die Neudazugekommenen ahnten schon, worauf es hinauslief.

„Ich frage noch einmal: Wie vielen von diesen 26 Taichos und Fukutaichos schuldet ihr Respekt und Gehorsam?" Dieses Mal klang die Stimme lauter, auf jeden Fall ärgerlicher und bedrohlicher. Ein wütender Blick traf die Menge, suchte sich die bekanntesten Aufrührer heraus.

Plötzlich und ohne Vorwarnung sprang Renji von der leichten Erhöhung, packte den Erstbesten am Kragen und zog ihn unsanft näher.

„Wie viele?", knurrte er bedrohlich, bekam ein zögerliches, leises „Allen 26!" zur Antwort.

„Ich bin mir nicht sicher, dass die Hintersten das gehört haben…noch mal! Aber laut! Sonst bekommt ihr die Klappe auch immer auf!"

„ALLEN 26, Abarai-fukutaicho!", kam es nun laut und doch mit einer klaren Spur von Angst. Der Mann wurde wieder zurückgestoßen, Renji kehrte wieder zu Hisagi zurück.

„Allen 26, richtig…und wenn ich noch einmal zu hören bekomme, dass einer aus dieser Division einem der anderen Taichos oder Fukutaichos den Gehorsam verwehrt, dann wird sich derjenige wünschen, niemals in dieser Division aufgenommen worden zu sein. Ich hoffe nämlich für euch, dass ihr nur so dumm seid und die Uhr nicht lesen könnt und nicht so waghalsig euch dem Befehl eines Vorgesetzten zu widersetzen!"

Noch einmal traf Renjis Blick die Masse, suchte sich einen heraus.

„Wie ist es mit dir? Zu dumm oder zu waghalsig?"

Der Mann schien einen Moment zu überlegen, flüsterte dann aber eingeschüchtert: „Zu dumm!"

Ein paar weitere wurden befragt, aber keiner wagte mit ‚zu waghalsig' zu antworten.

Renji war zufrieden.

„Ich werde die nächsten Tage nicht hier sein. Hisagi-fukutaicho wird meine Aufgaben in dieser Zeit übernehmen. Ich hoffe, dass ihr intelligent genug seid, um seinen Befehlen zu gehorchen. Wenn ich wieder komme, will ich keine Beschwerden hören. Weder von Hisagi-fukutaicho und schon gar nicht von Kuchiki-taicho! Verstanden?"

Die Antwort gar nicht erst abwarten, trat er auf Hisagi zu.

„Du bist dran!", zwinkerte er ihm zu.

Shuuhei hatte es doch tatsächlich schwer sich ein Lächeln zu verkneifen. Er war normalerweise nicht sehr leicht zu erheitern, doch Renji hatte es mit seiner bemerkenswerten Rede doch tatsächlich geschafft.

Langsam, absichtlich sehr langsam, trat er vor. ließ die Männer unter ihm warten, wie sie es mit ihm gemacht hatten. Sein Gesicht war immer noch ausdruckslos, ließ nicht auf seinen Gemütszustand schließen. Dennoch verströmte er eine gefährlich wirkende Aura. Gut, er übertrieb vielleicht ein wenig aber sie sollten froh sein, dass er sich durch Abarais Rede etwas beruhigt hatte.

„Gut, für alle die mich noch nicht kennen, ich bin Hisagi Shuuhei und euer neuer Fukutaicho. Da wir nun alle wissen, dass ihr lediglich dumm seid und nicht waghalsig, dachte ich wir könnten Abarai-fukutaicho eine kleine Freude bereiten und dafür sorgen dass ihr das nächste Mal pünktlich erscheint.

Von heute an wird jeden Morgen um fünf eine Versammlung abgehalten.

Die Leiter der einzelnen Gruppen werden hier Bericht erstatten und dann die neuen Aufgaben zugeteilt bekommen. ALLE, und damit meine ich wirklich ALLE werden erscheinen. Kommt einer zu spät, werden die anderen auf ihn warten, kommt er gar nicht, werden die anderen dafür bestraft. Ich denke nicht, dass ich es hier mit Idioten zu tun habe. Wir alle wissen um die Probleme mit denen sich die Soul Society im Moment auseinander setzten muss und wir haben wirklich keine Zeit euch zu verhätscheln."

In den hinteren Reihen wurde schon wieder leises Gemurmel laut, entstand der erste Hauch von Unwillen. Doch auch Shuuhei hatte so seine Methoden die Leute dazu zu bewegen zu spuren. Er machte im Gegensatz zu Abarai-kun nicht alles mit den Fäusten…nicht mehr. Ein leises „Shintora" genügte.

Kurz, fast unscheinbar flackerte sein Katana auf schien einen Moment zu verschwinden nur um dann wieder normal als wäre nichts passiert an seiner Seite zu ruhen.

„Wenn ich spreche, erwarte ich von euch, dass ihr mir zuhört. Gehorsam zollt, wie Abarai-fukutaicho so schön sagte. Anscheinend gibt es dort hinten Probleme mit meinen Führungsmethoden, kann das sein?"

Noch ehe einer der Männer zustimmend nicken konnte oder seinen Unmut verbal ausdrückte, ertönten einige Schmerzensschreie. Und die letzte Reihe brach auf. Die vier Unruhestifter sackten zu Boden, hielten sich die lädierten Stellen und sahen sich verwundert um. Irgendetwas oder irgendwer hatte sie geschlagen, sogar ziemlich heftig. Doch niemand war zu sehen.

„Da sich das Problem anscheinend selbst geklärt hat möchte ich nun fortfahren." Ein hinterhältiges Lächeln huschte nun über Shuuheis Gesicht. Auf Shintora war eben Verlass.

„Sollte ich bemerken, dass die sechste Division dazugelernt hat und ihren Fukutaicho und Taicho in Zukunft nicht mehr blamieren wird, sehe ich von weiteren Unterrichtsstunden ab."

Bevor Shuuhei die Männer entließ, teilte er ihnen noch kurz die Aufgaben für den restlichen Tag mit und drehte sich dann zufrieden zu Abarai-kun um.

„Fertig?", wollte dieser gelassen wissen, wartete auf das Nicken, ehe er sich dann zu seinen Männern umdrehte.

„Erste Übung für heute…wir lernen die Uhr. Wir bleiben bis 15 Uhr im Hof stehen. Hisagi-fukutaicho und ich werden ein Auge darauf haben, dass keiner vorzeitig den Platz verlässt. Allerdings von außerhalb…"

Mit diesen Worten nickte er Hisagi zu, sprang erneut vom Podest und wartete bis sich ein Weg durch die Menge gebahnt hatte, den sie nun gehen konnten. Keiner wagte ein Wort der Beschwerde, auch wenn sie nun noch eine gute Stunde am heißen Hof stehen mussten. Keiner von ihnen – wirklich keiner – bemerkte den Schatten, der sich in diesem Moment zurückzog, um nicht gesehen zu werden.

Kuchiki Byakuya kannte die Führungsmethoden seines Fukutaicho leidlich, dennoch war er immer wieder erstaunt, wie dieser es anzupacken verstand, wenn die Division nicht spurte. Doch noch eines hatte er erfahren. Hisagi-kun war eine würdige Vertretung. Seine Wahl war weise gewesen.

Dieser schritt gerade neben Abarai durch die Männer, sein verbissener Gesichtsausdruck war nicht weicher geworden und jeder, der es auch nur wagte ihn aufmüpfig anzusehen wurde mit Eiseskälte belohnt. Nachdenklich folgte er Renji zu einem nahe gelegenen Brunnen, der im Schatten von ein paar Bäumen stand. Dort ließen sie sich nieder.

Der Rothaarige führte die Division genau wie er selbst lebte, laut, eher schon vorlaut, machte er klar, wer das Sagen hatte. Ein wirklich interessanter Charakter.

„Und ausgeschlafen?", stellte Shuuhei dann die alles vernichtende Frage.

Augenblicklich verschwand das Grinsen vom Gesicht des Rothaarigen, machte einem eher fertigen Ausdruck Platz, während er stumm leidend zur Seite kippte.

„Erinnere mich nicht daran…"

Wie zur Erklärung legte er die Hand an den Kopf, stöhnte leise auf. Das letzte Glas war eindeutig zuviel gewesen. Und einzig die Tatsache, dass er Hisagi zugesagt hatte, zu erscheinen, hatte ihn aus dem Bett getrieben.

„Also wirklich, Abarai-kun, du hältst auch gar nichts aus. Ich dachte, es wäre eher umgekehrt. So kann man sich täuschen." Gespielt enttäuscht schüttelte Shuuhei den Kopf, wurde dann aber wieder ernst. Wie konnte er nur wegen Abarai seine Deckung vernachlässigen. Der letzte Mensch, dem er sich geöffnet hatte, war nun als Verräter abgestempelt und richtige Freunde hatte Shuuhei nie gehabt. Also was wollte Abarai überhaupt von ihm. Wieso sollte sich dieser gerade mit dem ‚langweiligsten' und distanziertesten aller Fukutaichos anfreunden wollen.

Einer seiner neuen Männer wagte es in diesem Augenblick sie neugierig zu mustern und wurde sofort mit einem bösen Blick seitens Hisagis bestraft.

Renji war so mit seinem pochenden Kopf beschäftigt, dass er gar nichts mitbekam.

„Du hast ja nur Glück gehabt, dass ich mich gestern geopfert habe und den Großteil des Alkohols von dir ferngehalten habe...", jammerte er leise, während er im Schneidersitz dasaß, einen Arm auf dem Knie aufgestützt und so den Kopf haltend. „Zum Glück sieht mich Kuchiki-taicho so nicht…er würde mir wieder mal den Kopf gerade rücken…"

„Solange du deine Aufgaben erfüllst und dich nicht daneben benimmst, wieso sollte man sich einmischen? Siehs doch mal von der Seite, dass es ihm nicht egal ist, was du tust." Jetzt spielte er hier auch noch Seelenklempner aber es gefiel ihm auch ein wenig, das musste er zugeben. Bei Abarai hatte man das Gefühl nichts Falsches sagen zu können. Es war nicht so bedrücken sich mit ihm zu unterhalten wie mit anderen Fukutaichos.

„Na, na…ich benehme mich ständig daneben, noch nicht bemerkt? Aber dazu brauche ich keinen Alkohol, das schaffe ich auch ohne…" Renji seufzte, grinste Hisagi dann an.

„Aber irgendwann werde ich auch mal so kühl und distanziert sein wie du…ist dann das nächste große Ziel auf meiner Liste…"

Mit einem leisen schmerzhaften Lachen und verzogenem Gesicht fasste er sich wieder an die Stirn.

„Aber das mache ich erst morgen…"

„Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich es nicht wirklich bemerkt. Aber bleib so wie du bist. Das passt besser zu dir. Du würdest meine Art nicht mögen. Zu wenig Spaß." Und zu wenig Freunde, fügte Shuuhei in Gedanken hinzu. Nachdenklich wandte Shuuhei den Blick zu dem großen Platz auf dem die Männer bereits Sturzbäche schwitzten.

„Dir ist schon klar, dass du dich auch bestraft hast? Du kannst ruhig wieder ins Bett gehen, wenn du willst. Ich pass schon auf, dass keiner aus der Reihe tanzt", schlug Hisagi dann vor.

Renji grinste, ließ sich zurück ins Gras fallen und starrte zu den Blättern über ihm.

„Ich weiß…das macht nichts. Die Kerle sollen nur sehen, dass mit uns nicht zu spaßen ist. Außerdem habe ich es hier schön schattig. Und ins Bett gehe ich ohnehin nicht mehr. Hab heute noch viel zu erledigen, morgen geht es ja los…"

Entspannt schloss er die Augen, verließ sich darauf, dass er hören würde, wenn jemand einen Aufstand machte. Außerdem war es unerklärlicherweise angenehm in Hisagis Gesellschaft. Auch, wenn er den immer als eher kühl und abweisend eingestuft hatte, schien man sich dennoch ganz gut mit ihm unterhalten zu können. Renji hatte nicht viel mit den anderen Fukutaichos zu tun, hatte keine wichtigen Beziehungen zur Soul Society, war mit niemandem der anderen Fukutaichos aufgewachsen. Er hatte Rukia, sie war seine beste und wichtigste Freundin. Die Bekanntschaft mit Kira und Hinamori hatte sich mehr oder weniger verlaufen, jeder ging seinen eigenen Weg. Ganz davon abgesehen, dass er mit Kiras hysterischer Art und Hinamoris andächtiger Liebe in den seltensten Fällen klar kam. Zu übertrieben. Zu leicht beeinflussbar. Genau wie Aizen es erkannt und genutzt hatte. Renji waren die geradlinigen Typen lieber, die nicht vorgaben, etwas zu sein, was dann nicht stimmte oder die sich in geradezu fanatischer Art und Weise an jemanden klammerten. Schlussendlich waren sie doch allein, mussten alleine kämpfen. Vertrauen war gut, aber Fanatismus denkbar schlecht.

„Außerdem…ist es der völlig falsche Weg, den Leuten zu zeigen, dass wir eine Einheit bilden. Wenn ich nun gehe, dann verdeutlicht das, dass schlussendlich ich immer noch mehr zu sagen habe als du. Schließlich kann ich es mir dann gemütlich machen und du musst dableiben. Nein, nein…der völlig falsche Weg. Wir sind eine Einheit, ein Team. Was einer von uns gutheißt, heißt automatisch auch der andere gut. Wie kommt das, wenn ich den Befehl gebe und du ihn dann überwachen musst? Schlecht…wir bleiben beide da!"

Etwas überrumpelt hatte Shuuhei Abarais Ausführungen gelauscht. Sah ihn nun doch ein wenig ungläubig an. Eine Einheit? Ein Team? Wie konnte der Rothaarige das so leichtfertig sagen? Team bedeutete doch Vertrauen. Er vertraute keinem, nicht mehr und somit brachte er nicht mehr als ein leisen „Ah…" durch die Lippen, blieb weiterhin ruhig sitzen. Was sollte er auf solch eine begeisterte Aussage schon Großartiges erwidern?

Einige Zeit herrschte Ruhe zwischen den beiden Vizecaptains, erst kurz bevor die Strafe abgelaufen war, meldete sich Shuuhei wieder zu Wort. Anfangs leise, da er sich nicht sicher war, ob Abarai eingeschlafen war oder nicht.

„Vielen Danke für deine Hilfe. Da wir uns wahrscheinlich so bald nicht wieder sehen, viel Erfolg."

Renji hob ein Lid, starrte Hisagi kurz an.

„Keine Sorge, ich bin hartnäckig genug um Erfolg zu haben…und vielleicht ist ein wenig Abwechslung nicht schlecht!"

Mit einem fast schon eleganten Sprung sprang er nun hoch, stand wenig später neben Hisagi, klopfte diesem auf die Schulter.

„Außerdem habe ich dir nicht geholfen. Ich habe lediglich ein wenig deiner Zeit mit meinen Untergebenen abgezwackt, um noch wichtige Dinge zu klären. Du siehst also, dass ich dir zu danken habe!"

Renji zwinkerte kurz, drehte sich dann zu seinen Leuten um. Sie mochten zwar noch nicht soviel Respekt vor Hisagi haben, wie vor ihm, aber er war vorläufig zufrieden. Und ehrlicherweise musste er zugeben, dass es ihn schon gekränkt hätte, wenn Hisagi das, wofür er ein halbes Jahr gebraucht hatte, in zwei Stunden geschafft hätte.

Schon wieder hatte ihn Abarai angefasst. Soviel Körperkontakt hatte er sonst bloß bei einem Kampf. Es war ein komisches Gefühl von fast Fremden berührt zu werden. Und er wusste nicht wirklich, wie er sich in solchen Situationen verhalten sollte. Seit einer Ewigkeit war er jeglichen Versuchen Freunde zu gewinnen, andere Menschen kennen zu lernen, ausgewichen, hatte sich nur auf seine Arbeit konzentriert. Doch dieser rothaarige Tornado schaffte es ihn in nicht einmal zwei Tagen etwas aus der Reserve zu locken. Aber wollte Shuuhei das überhaupt. Er war zufrieden mit seinem Leben, wieso sollte er etwas daran ändern.

Immer noch nachdenklich bekam Hisagi nur halb mit wie Abarai seine Männer zur Arbeit schickte, sie noch einmal daran erinnerte sich ordentlich aufzuführen. Also sich der junge Fukutaicho dann wieder zu ihm umdrehte, hatte Shuuhei seine ernste Maske wieder aufgesetzt. Er sollte sich nicht so viele Gedanken über Abarais Einfluss auf ihn machen. In einigen Tage, wäre dessen Mission abgeschlossen und jeder wieder an seiner alten Stelle. Er hatte einen neuen Taicho und Abarai war wieder Kuchiki Byakuyas Stellvertreter. Sie würden sich wieder aus dem Weg gehen und alles war beim Alten.

„Nun schau doch nicht so grimmig. Jetzt haben sie sich wirklich ordentlich aufgeführt, nicht?"

Nachdenklich legte Renji den Kopf schief, dachte nach, was seine Division jetzt schon wieder ausgefressen hatte, kam aber zu keinem wirklich erklärenden Ergebnis. Dann sah er auf die Uhr, erinnerte sich daran, wie spät es eigentlich war, riss erschrocken die Augen auf.

„Verdammt, ich muss noch zu Rukia. Die killt mich, wenn ich mich nicht ordentlich verabschiede."

Ein letztes Mal klopfte er Hisagi auf den Rücken, ehe er auch schon über die Hausdächer verschwunden war.

„Er hat…" Schnell stoppte sich Shuuhei selbst. Es brachte ihn bestimmt nicht weiter, wenn er sich jedes Mal darüber wunderte oder aufregte, dass ihn Abarai schon wieder angefasst hatte. Schien eine Eigenart des Lieutenants zu sein, die man ihm wahrscheinlich nicht abgewöhnen konnte. Rukia war wie es aussah Renjis Freundin, was Kuchiki Byakuya wohl zu dieser Verbindung sagte. Ob er wohl etwas dagegen hatte? Denn immerhin war Rukia eine Angehörige des Kuchiki Clans und Abarai-kun hatte noch nicht mal einen Clan.

Ärgerlich, weil er sich schon wieder hatte ablenken lassen, schüttelte Hisagi den Kopf, verbannte jegliche Gedanken an Abarai und machte sich auf den Weg zur Neunten. Er hatte noch einiges an Papierkram zu erledigen, bevor er noch einmal bei der Sechsten vorbeischauen musste. Außerdem gab es ja noch die kleine Bestrafung. Was leider das Negative an wirklich unangenehmen Strafen war, war, dass sie meist auch für den Fukutaicho lästig waren.

Das hieß die nächsten Tage gegen Mitternacht ins Bett und keine vier Stunden später schon wieder hoch. Shuuhei freute sich schon wenn man ihn endlich einen neuen Captain unterstellte.

Tatsächlich sahen sich die beiden Fukutaichos an diesem Tag nicht mehr. Doch dafür flatterte gegen Abend eine Einladung zu einem wichtigen Treffen mit Yamamoto-taicho in Shuuheis Hände. Sie war für spätabends desselben Tages anberaumt und würde von der Neubesetzung der Taichoposten handeln.

Das wars dann wohl mit früh zu Bett gehen, solche Sitzungen dauerten immer bis spät in die Nacht hinein. Nach einer kurzen Dusche machte sich Hisagi Shuuhei auch schon auf den Weg zum Besprechungszimmer. Dort angekommen klopfte er leise an und wartete auf Einlass.

Sogleich öffnete sich die Tür, bot den Blick auf den Führer der Soul Society sowie die Gesichter von Hinamori und Kira.

„Hisagi-kun! Tritt ein und nimm Platz!", erklang die ältere Stimme freundlich, deutete auf die freie Stelle neben Kira. Kurz wartete er, bis der Neuankömmling Platz genommen hatte, dann begann er auch schon mit seiner Ansprache.

„Wie ihr euch sicher denken könnt, geht es heute um die Neubesetzung der Taichoposten eurer Divisionen. Der Verlust der drei Taichos, deren Verrat, war ein herber Schlag für die Soul Society und vor allem die Mitglieder der Divisionen. Aus diesem Grund ist es uns ein Anliegen, die Posten so schnell wie möglich nach zu besetzen und wieder Ruhe einkehren zu lassen. In dieser Ausnahmesituation halte ich es des Weiteren richtig, dass wir uns einmal über die Regelung zur Neubesetzung hinwegsetzen. Es muss ja schnell gehen. Aus diesem Grund haben natürlich die Fukutaichos ein Mitbestimmungsrecht. Sie kennen die Division, wissen vielleicht, wer geeignet ist oder mit wem vor allem sie gut arbeiten können! Das trifft vor allem auf Hinamori-kun und Kira-kun zu. Aufgrund der längeren Erfahrung und der herausragenden Leistungen hat Hisagi-kun zusätzlich die Möglichkeit seine Division selbst als Taicho zu übernehmen."

Der alte Mann ging ruhig vor den drei Jüngeren auf und ab, kontrollierte immer wieder mit Blicken, ob sie verstanden.

„Nun? Hisagi-kun?", wandte er sich dann an diesen.