at 14 und Black: schön, dass ihr noch dabei seid!
Endgültig
Das Geschöpf lachte grausam. „So leicht bin ich nicht zu besiegen." Melima fasste an ihre Stirn. Wieder diese Kopfschmerzen. Doch die Stimme des Dämons war sanft. „Ich weiß, was geschehen ist. Er hat dich verraten." Er sah sie an mit seinen glühenden Augen.
Sie blickte ihn an. Tränen rannen über ihre Wange. „Ich weiß es nicht…" flüsterte sie.
„Du hast es doch selbst gesehen. Deine Augen haben dich nicht getäuscht. Er liebt dich nicht." Das Geschöpf flüsterte. Trotzdem bereitete seine Stimme ihr Schmerzen. „Komme zu mir. Ich werde dich niemals verraten. Schenke mir dein Herz und räche dich an ihm. Er hat es nicht verdient zu leben. Er hat dich betrogen und belogen. Er muss bestraft werden." Die Stimme wurde wieder lauter. „Ich kann dir dabei helfen. Werde meine Königin und räche dich für seine schändliche Tat."
Melima weinte immer noch. Sie war verzweifelt. Wieder fühlte sie den Dämon in der Nähe ihres Herzens. Zweifel schlichen sich in ihre Seele. „Er hat mich betrogen…" flüsterte sie.
„Ja, das hat er!" zischte Dagor. „Und dafür verdient der Elb den Tod!"
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Legolas trieb seinen Hengst weiter an. Plötzlich riss dieser den Kopf hoch und wieherte. Dann sah Legolas, wie ihnen in einem schnellen Galopp Melimas Stute entgegenkam.
Er streckte die Hand aus und griff nach den Zügeln. „Sch, Salima. Sch. Man agorech? Wo ist Melima?" Suchend blickte er sich um. Sie war nirgends wo zu sehen, und das beunruhigte ihn. Es musste etwas passiert sein. Er wusste, die Stute würde nicht ohne Grund ohne sie zurückkommen.
Er betrachtete das Pferd. Ängstlich rollten die Augen und sie schnaubte aufgeregt. Etwas hatte die Stute erschreckt.
„Melima. Was ist passiert? Wo bist du?" flüsterte er. Er ahnte, dass etwas Schlimmes geschehen war. Er ließ die Zügel der Stute los, und trieb seinen Hengst an in die Richtung, aus der Salima gekommen war.
„Beeile dich, mein Junge. Etwas stimmt hier ganz und gar nicht." Askar schnaubte und beschleunigte seinen Galopp.
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„Er verdient den Tod?" ihre Stimme zitterte.
„Ja. Einen langsamen, qualvollen Tod. Ich helfe dir. Ich bleibe für immer bei dir. Öffne dein Herz für mich, und nie wieder wirst du einen solchen Schmerz erleiden müssen."
Melima schloss die Augen. Sie fühlte, wie der Dämon sich ihren Körper immer mehr bemächtigte. Bilder traten vor ihren Augen. Bilder von Legolas und der wunderschönen Frau. Bilder, wie er die Elbenfrau küsste, wie er sie an sich zog, wie er sie liebte…
„Nein!" rief sie laut.
„So ist es recht, meine Königin. Diese Bilder wirst du nie wieder sehen müssen. Schließe dich mir an, und du wirst den Frieden haben, nachdem du verlangst." sagte er mit beruhigender Stimme. „Töte ihn. Räche dich."
Sie sah das Geschöpf an. Groß und schwarz stand er vor ihr. Sie schloss erneut die Augen und nun sah sie andere Bilder. Legolas. Blut tropfte aus seinem Mund, und seine blicklosen Augen waren weit aufgerissen. Er war nackt und seine Haare waren zerzaust. Neben ihm lag die wunderschöne Elbe. Sie war nur mit einem Tuch bedeckt, die langen dunklen Haare fielen über ihre nackten Schultern. Sie hatte eine große, blutende Wunde auf ihrer Stirn. Sie starrte mit leeren Augen ins Nichts.
Melima begann zu zittern. „Siehst du, wie du dich an ihnen für ihren Verrat rächen kannst?" Dagor lachte. „Sie bekommen das, was sie verdienen."
Melima öffnete panisch die Augen. Sie wollte diese schrecklichen Bilder nicht mehr sehen. „Nein!" schrie sie. Tränen rannen ihre Wange herunter. „Nein." Wiederholte sie. „Er darf nicht sterben."
„Aber er verdient den Tod – nichts anderes!" dröhnte die Stimme.
Melima war verzweifelt. Wieder kam die Klaue näher an ihr Herz. „Er darf nicht sterben." flüsterte sie. „Ich liebe ihn. Und auch, wenn er mich nicht liebt, soll er leben. Er soll leben und glücklich werden – mit mir oder ohne mich." Dann sah sie den Dämon an. „Ich lasse nicht zu, dass ihm etwas geschieht." Wieder trat das Leuchten in ihre Augen und es war noch stärker als jemals zuvor.
Der Dämon zögerte. „Du liebst ihn immer noch? Nach dem, was er dir angetan hat?"
„Ich werde ihn immer lieben." sagte sie. Sie spürte, wie sie wieder Macht über ihren Körper bekam.
„Liebe!" verächtlich spuckte das Geschöpf dieses Wort aus. „Du willst mir also immer noch nicht geben, wonach ich begehre?"
Melima sah ihn an, und plötzlich wusste sie, dass all die Bilder, die sie von Legolas gesehen hatte, eine Illusion waren. Er hatte sie nicht betrogen.
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Alles, was ich dir geben werde, ist der Tod." Selbstsicher sah sie ihn an und ihre Augen sprühten.
Dagor fing an zu lachen. Es war laut und durchdringend, doch es war nicht überzeugend.
„Du hast keine Macht mehr über mich." sagte sie und lächelte. „Und diesmal wirst du endgültig sterben!"
„Doch diesmal werde ich dich zuvor mit meinem Schwert erschlagen." Er holte aus, doch er stockte plötzlich, als er sah, dass ihre Augen nun hell glühten.
Einen Moment zögerte der Dämon. Auf diesen Augenblick hatte Melima gewartet. Sie wusste genau, was sie nun zu tun hatte. Schnell ging sie einen Schritt auf ihn zu. Dagor holte aus und wollte den Hieb setzen, doch er war zu spät.
Mit beiden Händen riss Melima ihm den schwarzen, schweren Umhang vom Körper. Der Dämon kreischte fürchterlich. Kraftlos lies seine Hand das große Schwert fallen.
Da stand er. Nackt, ungeschützt und unbewaffnet. Er konnte sich nicht mehr bewegen.
Melima sah ihn an mit den leuchtend glühenden Augen. Sie machte einen erneuten Schritt auf sie zu, und wieder schrie das Wesen entsetzlich.
„Nein, tu mir das nicht an." schrie Dagor. „Werde meine Königin."
„Ich bin eine Prinzessin, das reicht mir." sagte sie trocken. Dann streckte sie ihre Hand aus, und ihr Zeigefinger berührte seine Haut.
Die Berührung war zart, kaum zu spüren, doch es reichte. Vor Schmerz heulte der Dämon auf. Es war ein grausiger Schrei. Er hallte an den Bergen wider und fuhr durch den ganzen Wald.
Er sah sie entsetzt an. Dann blickte er auf die Stelle, wo sie seinen Körper berührt hatte. Es schien, als wenn die Haut aufplatzen würde. Ein Leuchten kam daraus hervor. Der Riss setzte sich weiter fort über seinen ganzen Körper. Sein Arm, seine Brust, seine Beine… Erst langsam, dann immer schneller. Überall kamen Lichtblitze aus ihm und seine Haut riss immer mehr auf. Seine Augen glühten auf, immer heller, und schienen dann zu explodieren.
Dann verglühte er, mit einem alles erschütterndem Schrei.
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Melima sah, wie der Dämon zu Asche zerfiel. Dann sackte sie in sich zusammen.
Erschöpft saß sie auf dem Boden und blickte auf das Häufchen Asche, welches von dem Dämon übrig geblieben war. Selbst das Schwert war zu Staub zerfallen.
Ein leichter Wind kam auf, und trug die Asche hinauf in die Luft, über die Bäume und zerstreute sie viele Meilen entfernt auf dem Wasser.
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„Melima!" starke Arme umfassten ihre Schultern. „Was ist passiert?" Besorgt sah Legolas sie an.
Beruhigt lächelte sie. „Jetzt ist es vorbei." sagte sie. „Jetzt bin ich frei."
„Dagor? Er war wieder hier!" sagte er. Dann sah er sie an. „Wie geht es dir?"
„Es geht mir gut." lächelte sie.
„Bist du sicher, dass er diesmal vernichtet ist?"
Melima sah auf die letzten Aschepartikel, die vom Wind hoch in die Luft gebracht wurden. „Ja. Jetzt ist er endlich tot."
„Oh, meine Liebste." Sanft nahm er sie in seine Arme. Dann sah er ihr in die Augen. „Warum bist du plötzlich weggelaufen. Was war passiert?"
„Er wollte uns entzweien." flüsterte sie. „Ich sah dich mit einer anderen Frau."
Fragend sah er sie an. „Ein andere Frau? Namíra?"
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nicht Namíra." erklärte sie. Dann sah sie ihn prüfend an. „Egal, was du sagst, ich möchte nur die Wahrheit wissen. Liebst du sie?"
„Ich weiß noch nicht einmal, von wem du sprichst, Geliebte." Verwirrt sah er sie an.
„Sie ist eine wunderschöne Elbenfrau mit langen dunklen Haaren." sagte Melima. Ängstlich sah sie ihn an und wiederholte ihre Frage. „Liebst du sie?"
Legolas Gesicht erhellte sich. Er lächelte. „Ja, ich liebe sie." sagte er.
Melima schloss die Augen und ihr Kopf sank auf die Brust.
Legolas legte seine Hand unter ihr Kinn und zwang sie so, ihn anzusehen. „Ich liebe sie, wie man seine Cousine liebt." sagte er leise. „Aber dich liebe ich, wie man nur eine Frau liebt."
Einen Moment sah sie ihn ungläubig an. „Deine Cousine?" fragte sie.
Lächelnd nickte er. „Glinno nin. (1) Melima, warum sollte ich dich betrügen? Ich liebe doch nur dich, und du gibst mir mehr, als irgendeine andere Frau, ach was, was zehn andere Frauen mir geben könnten. Heno nin ned in hen." (2)
„Und Namíra…"
„Namíra war eifersüchtig auf dich, und sie kennt meine Cousine ganz genau. Sie ist in mich verliebt. Das hat sie mir gerade eben gesagt. Ich hatte keine Ahnung davon. Für mich war sie immer eine kleine Schwester."
Sie sah ihm ernst in die Augen. „Sie wurde von ihm betört. Sie war sein Werkzeug und nicht sie selbst. Das weiß ich jetzt. Doch als ich dich dort mit der Frau… deiner Cousine sah, kamen die ganzen Erinnerungen wieder in mir hoch. Ich musste daran denken, dass ich schon einmal betrogen wurde." Sie sah im tief in die Augen. „Und es hat so wehgetan." Wieder rann eine Träne die Wange hinunter. Legolas wischte sie zärtlich weg.
„Algano melethril. (3) Ich werde dir niemals so wehtun. Das verspreche ich dir." Sanft nahm er sie in seine Arme. Beruhigend strich er über ihr Haar. Er verstand sie. Wahrscheinlich hatte die ganze Situation auch wirklich sehr verfänglich ausgesehen. „Im na cen uireb, gwestin san." (4) flüsterte er, strich ihr behutsam über ihre Wange und blickte ihr in die Augen. „Bald bist du meine Frau, hörst du? Ich will nur dich. Keine andere. Und da kann auch eine Namíra nichts daran ändern!"
Sie nickte und sah ihn schüchtern an. „Bitte verzeih mir. Ich hätte dir vertrauen sollen."
Sanft nahm er sie wieder in die Arme. „Es gibt nichts zu verzeihen, meleth nîn. Wer weiß, wie ich in der Situation reagiert hätte." Aufmunternd grinste er sie an. „Wenn ich dich so gesehen hätte, wäre ich wahrscheinlich zu dem Kerl hingegangen und hätte ihn zusammengeschlagen!"
Sie lächelte und schmiegte sich an ihn. Erleichtert atmete sie seinen Duft ein.
„Und nun ist er endgültig vernichtet?" fragte er leise und strich ihr sanft über den Kopf.
Melima nickte. „Ja. Ich bin mir ganz sicher. Diesmal habe ich ihn berührt. Er wird nie wieder kommen. Nie wieder wird er einer Frau solch ein Leid zufügen."
„Geliebte." Er sah ihr in die Augen. „Ich hatte solche Angst um dich."
„Ich hatte Angst um dich." Sie sah ihn ernst an. Schmerz lag in ihren Augen. „Ich sah Bilder von deinem Tod." Sie zitterte und er schloss sie wieder in die Arme.
„Es war nicht wirklich, Liebste. Vergiss diese Bilder." Sanft streichelte er über ihr Haar. „Wir sind übrigens bei meiner Cousine, ihrem Mann und den Kindern in den nächsten Tagen zum Essen eingeladen. Siané möchte unbedingt meine Braut kennenlernen, die ich über alles liebe." Zärtlich küsste er sie.
„Es würde mich freuen sie kennenzulernen." sagte Melima und sah ihn glücklich an. Dann schmiegte sie sich fest an ihn.
Sie genossen noch ein wenig die Einsamkeit, und gingen schließlich langsam Arm in Arm zurück.
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(1) Schau mich an.
(2) Schau mir in die Augen.
(3) Weine nicht, Geliebte
(4) Ich werde immer bei dir sein, ich schwöre es
