Lily

Es war schon spät abends, doch Harry brütete immer noch über den Aufsätzen seiner Erstklässler.

Draußen war es stürmisch, der Wind pfiff durch den Verbotenen Wald, dass sich die Baumkronen nur so bogen. In Hagrids Hütte war das Licht mittlerweile erloschen und auch Harry dachte daran, seine Arbeit für heute zu beenden.

Seit seiner ersten Woche hatte er sich an der Hütte des Wildhüters orientiert. Wenn er dort kein Licht mehr erkennen konnte, hatte auch er meistens Tinte und Feder verstaut.

„Selbst schuld", verkündete Sirius aus seinem Porträt.

Harry murrte.

„Was soll das denn schon wieder heißen?", fragte er gähnend.

„Das soll heißen", setzte Sirius an, „dass du ihnen nicht so viele Hausaufgaben geben solltest. Dann hast du weniger zu tun."

Er zuckte die Schultern.

„Also hör mal", begann Harry zu protestieren, „ich gebe ihnen nicht viel auf und sie sollen ja schließlich auch was lernen!"

Sirius zog eine Augenbraue hoch.

„Ach ja, das sollen sie?", hakte er nach. „Bist du dir sicher, dass du dieser Aufgabe gut nachkommst?"

Gerade wollte er zu einer Antwort ansetzen, als ihm sein Tintenfass, das er gerade in der Schreibtischschublade verstauen wollte, zu Boden fiel.

„So ein Mist!", rief er, als sich die Tinte gleichmäßig über dem Verteidigung gegen die dunklen Künste - Lehrbuch der sechsten Klasse ausbreitete.

„Freitag der dreizehnte, was kann man da schon groß erwarten?", ermunterte Sirius ihn.

Wahrscheinlich war das auch der Grund dafür, dass an diesem Tag eindeutig der Wurm drin war. Jedenfalls war dies eine gute Entschuldigung, um mürrische Schüler als Ausnahme abzutun. Aber Harry fiel gerade noch rechtzeitig ein, dass er nun wirklich nicht abergläubig war und schob die Schuld dem schlechten Wetter zu.

Möglicherweise war es wirklich das Novemberwetter, welches in den letzten Tagen eindeutig dazu geführt hatte, dass sämtliche Quidditchspieler auf ihren Stühlen erschlafft oder, im Falle der Gryffindorhausmannschaft, erkrankt waren, denn Lorrain hatte sie so lange im Regen spielen lassen, bis Professor McGonagall ihr nach der siebten Erkältung von Dylan Wood innerhalb der letzten zwei Wochen verboten hatte, ihr Team weiter unter diesen Bedingungen zu trainieren.

Allerdings kam auch das Lehrerteam zu Schaden. Harry seufzte. Sie trainierten seit einem Monat zwei Abende die Woche, trotzdem ließen die Flugkünste einiger seiner Kollegen zu wünschen übrig. Katie war immer noch eine hervorragende Jägerin, und zumindest zwischen ihr und den beiden anderen Jägern, Professor McGonagall und Professor Dumbledore, klappte das Zuspiel einigermaßen, bei längerem Training würde es sicher noch besser werden, sodass sie vielleicht sogar eine reelle Chance hatten. Auch Hagrid war nach Einstiegsschwierigkeiten der beste Mann für die Position des Hüters. Es hatte einige Zeit gedauert, bis sie einen Besen gefunden hatten, der ihn trug, aber er füllte die Torringe so gut aus, dass selbst Katie Probleme hatte, an ihm vorbeizuschießen. Professor Flitwick hingegen, den Katie aufgrund seiner bisher verborgen geblieben Schlagkraft als Treiber angeheuert hatte, fiel des öfteren bei Regen und Sturm vom Besen, aber Katie war da sehr zuversichtlich, zur Not, hatte sie verkündet, würde er einfach mit einem Klebezauber an seinem Besen befestigt werden. Mit Professor Slughorn waren alle zufrieden, obgleich er etwas zügiger würde fliegen müssen, aber er schwang das Schlagholz wie kein anderer.

Er bückte sich, um die Tinte wieder zu entfernen, als er eigenartige Geräusche bemerkte, die scheinbar durch das Fenster drangen. Er wollte sich hastig aufrappeln, doch bei seinem ersten Versuch stieß er unsanft mit dem Kopf gegen den Schreibtisch. Er stöhnte auf.

„Freitag der dreizehnte", murmelte er übellaunig, schaffte es dann aber doch, sich einen freien Blick auf das Fenster zu verschaffen.

In dem sternenklaren Nachthimmel konnte er einen großen Waldkauz ausmachen, der wie verrückt mit den Flügeln schlug, um nicht vom Wind davon getragen zu werden. Er kniff die Augen zusammen. Bei näherem Hinsehen konnte er feststellen, dass es sich offensichtlich um eine der Eulen der Post handelte, die ihm schon öfters Nachrichten von Ginny überbracht hatte.

Hastig riss er das Fenster auf und nachdem er den Brief gelöst hatte, schwebte die Eule wieder in die Nacht davon.

Was um alles in der Welt veranlasste Ginny dazu, ihm um Mitternacht eine Nachtexpress-Eileule zu schicken?

Es würde doch wohl hoffentlich nichts passiert sein?

Hastig riss er den Brief auf.

„Was schreibt sie? Romantische Liebesschwüre? Dass sie dich heiraten will? Oder dass du morgen um halb zwölf da sein sollst, um ihre Dusche zu reparieren?", fragte Sirius mitleidig.

Harry starrte immer noch auf das Pergament.

„Es ist doch nichts passiert, oder?", erkundigte sich Sirius nach einem prüfenden Blick. „Keine Todesser, die die Geliebte Harry Potters meucheln wollen und ihr lästige anonyme Eulen schicken, nicht wahr?"

„Nein, das nicht", stockte Harry, „es geht eher darum, dass Tonks vor einer Stunde ihr Baby bekommen hat."

„Nun, das ist doch erfreulich", bemerkte Sirius.

Harry stand der Mund offen.

„Neidisch?"

Sirius grinste hämisch. Harrys blick wanderte ein zweites Mal über den Brief.

„Du musst doch so viele dieser Eulen in den letzten zehn Jahren bekommen haben, dass du dich mittlerweile dran gewöhnt hast", meinte er trocken. „Natürlich, bei den Zwillingen von Ron und Hermine war das etwas anderes..."

Sirius blickte Stolz, offenbar mit den Gedanken an dem Tag, an dem zum ersten (und wohl auch zum letzten) Mal jemand nach ihm und seinem besten Freund benannt wurde. Er lächelte selig.

„Sie haben es Lily genannt", unterbrach Harry seine Erinnerungen abrupt.

„Was? Wovon redest du?"

„Sie haben das Baby Lily genannt", wiederholte Harry.

„Oh." Seit langer Zeit war es das erste Mal, dass Sirius die Worte fehlten.

Auf einmal glühten Harrys Wangen rot auf.

„Ich muss da hin", verkündete er. Sirius verdrehte die Augen.

„Das sagst du jedes Mal, wenn irgendwo ein Kind geboren wird, mit dessen Eltern du auch nur im Entferntesten etwas zu tun hast. Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du nicht mir nichts, dir nichts dort auftauchen kannst", belehrte Sirius ihn.

„Ich geh zu Ginny!", rief er ausgelassen.

„Tu das", sagte Sirius kopfschüttelnd, „es ist ja Wochenende."

„Los, wir müssen sie besuchen!", sagte Harry wenige Minuten später eifrig zu Ginny und klopfte sich den Staub vom Umhang.

„Harry", Ginny warf einen Blick auf die Uhr, „es ist jetzt etwas zu spät dazu."

„Was soll das jetzt heißen? Ich will da hin!", meinte er trotzig.

„Morgen", meinte sie und tätschelte ihm die Wange.

„Das ist zu spät!", ereiferte er sich. Sie verdrehte die Augen.

„Du kannst nicht einfach mir nichts, dir nichts mitten in der Nacht dort auftauchen", klärte sie ihn auf. Harry stöhnte.

„Wieso sagen das bloß alle?", erkundigte er sich missmutig.

„Ich habe mit Hermine gesprochen", erklärte sie, „wir werden morgen zusammen Remus und Tonks besuchen, in Ordnung?"

Ein Blick auf Harrys Miene ließ sie zwar das Gegenteil annehmen, aber auch Harry hatte keine Lust, jetzt, um halb ein Uhr früh darüber zu streiten.

„Hey, jetzt hör auf so zu gucken, Schatz", meinte Ginny und küsste ihn zärtlich auf die Wange. „Wir waren bei jedem, wirklich jedem, von Rons und Hermines Kindern direkt da, meistens sogar noch vor Mum und Dad, und die anderen Babys haben wir auch so schnell wie möglich besucht. Wir schlafen jetzt ein paar Stunden und dann fahren wir."

Harry nickte, dann stutzte er einen Moment und sagte: „Fahren?"

Ginny lächelte.

„Wo bist du nur immer mit deinen Gedanken?", fragte sie und reichte ihm eine Tasse Tee. „Natürlich fahren wir! Hermine kann weder apparieren noch das Flohnetzwerk benutzen. Sie kommen mit dem Auto hier vorbei, es liegt ja direkt auf dem Weg."

„Wir müssen uns in ein Auto mit Sirius und James zwängen?", fragte Harry entgeistert und nahm einen Schluck Tee.

„Du kannst froh sein, wenn Fred und George nicht auch noch mitkommen!", meinte sie grinsend.

„Gut, das werde ich auf mich nehmen", verkündete er.

„Wie tapfer von dir", lachte Ginny und tätschelte ihm die Wange. „Aber jetzt sollten wir schlafen gehen."

„Wann kommen sie denn endlich?", rief Harry nervös und lief zum siebten Mal zum Fenster.

„Sie kommen gleich", beruhigte ihn Ginny. „Frühstück du erst."

Sie hielt ihm ein frisches Brötchen vor die Nase und klimperte mit einem Löffel im Marmeladenglas, doch Harry schüttelte nur stumm den Kopf. Ginny rollte mit den Augen.

„Wie kannst du bloß so nervös sein? Es ist nicht dein Kind", meinte sie. Dann prustete sie plötzlich vor Lachen. „Hey, ich will nicht wissen, was du anstellst, wenn wir unser erstes Kind kriegen."

Harry schnaubte.

„Wie soll ich das jetzt verstehen?", fragte er beleidigt.

„Wahrscheinlich machst du sämtliche Hebammen vollkommen verrückt und – "

„Da sind sie!" Harry war aufgesprungen. „Los, los, los!"

Hektisch zog er Ginny den Löffel Haferschleim aus dem Mund.

„Nun mach schon! Beeil dich! Raus jetzt!"

„Ist ja schon gut, immer mit der Ruhe", ermahnte Ginny ihn.

Manchmal könnte man tatsächlich meinen, dass Ginny ihn für eine Art nerviges Kleinkind hielt, vor Ungeduld strotzend, doch das, überlegte Harry, traf nun wirklich nicht auf ihn zu. Er packte Ginny am Arm und hastete zur Tür. Ginny seufzte, ließ sich aber kommentarlos ins Auto verfrachten.

„Es heißt Lily", verkündete Harry stolz, nachdem er sich auf der magisch vergrößerten Rückbank zwischen Ginny und James Platz verschafft hatte. Ginny hatte sich Liv auf den Schoß gesetzt, denn für so viele Personen war nicht einmal dieses Auto ausgestattet.

Ron saß entnervt hinter dem Steuer, neben ihm Hermine, Jack und Julia. Auf der Rückbank quetschten sich, außer Harry und Ginny, Sirius und James auf den Knien ihrer Paten, außerdem Katie und Angelina.

„Das wissen wir, Harry", meinte Hermine und Ron trat ordentlich aufs Gas. Zwei Minuten später rollten sie über eine völlig leere Landstraße.

„Ist ja noch kein Mensch unterwegs", stellte Harry fest.

„Kein Wunder", rief Fred verschmitzt grinsend.

„Es sind gerade mal sechs Uhr morgens und das an einem Samstag", half George ihm auf die Sprünge.

„Wir mussten um halb fünf aufstehen, nur damit du so bald wie möglich Lily zu Augen bekommst, Mann", meinte Ron und riss das Lenkrad scharf herum, sodass Harry sich noch mehr vorkam wie eine Ölsardine.

„Ich würde sie halt gern sehen, immerhin heißt sie wie meine Mum", sagte Harry starrköpfig.

„Ist ja schon gut, Harry", rief Hermine von vorne, bevor sie Ron anfuhr: „Fahr gefälligst etwas langsamer, ja? Jack ist schon ganz grün im Gesicht!"

„Oh, entschuldigte, Liebling", sagte Ron peinlich berührt und wollte Jack gerade über die Wange streichen, als Hermine schrie: „Vorsicht, Radfahrer!"

„Tante Ginny", quietschte Liv, „Tante Ginny, wann sind wir da?"

„Bald, Liebes", meinte Ginny und strich ihr durch die flammend roten Locken.

„Als ich zu dir kommen wollte, warst du gar nicht mehr da", beschwerte sich Katie nun.

„Warum wolltest du zu ihm kommen?", fuhr George erschreckt auf. Katie küsste ihn auf die Nasenspitze und meinte:

„Ich wollte halt mal vorbeikommen, sonst arbeitet sich Harry ja noch tot", sagte sie grinsend.

„Du arbeitest so viel?" Hermine hatte sich nach hinten umgedreht.

„Tja, was muss, das muss", verkündete Harry. „Ich bin direkt zu Ginny gegangen, aber sie wollte ja partout nicht mehr zu Remus und Tonks."

Er verschränkte die Arme vor der Brust, während Ginny ihn in die Seite knuffte.

„Er wollte mitten in der Nacht los", meinte sie.

„Er hat ja seinen Wille bekommen. Guck mal zum Fenster raus, es IST mitten in der Nacht!", sagte Fred.

Draußen war es noch immer dunkel.

Der Wagen brauste durch die Landschaft, und Stunden später, so kam es Harry zumindest vor, erreichten sie den kleinen Ort, in dem Lupin und Tonks wohnten.

„Zweite Straße links, nach der Ampel rechts", wies Hermine ihren Mann an, „dritte Abbiegung, gegenüber vom Supermarkt in die Gartenstraße einbiegen – "

Ron riss das Auto hastig in eine Kurve.

„Da wären wir", rief Hermine und Ron stoppte unsanft den Wagen.

Der rosarote Sonnenaufgang tauchte das schneeweiße Haus in ein warmes Licht.

Die Autotüren flogen ungestüm auf und Harry drängte Ginny auf den gepflasterten Pfad, der hinüber zur Eingangstür führte.

„Ich bin etwas aufgeregt", meinte Harry und Ginny murmelte: „Im Ernst? Das hätte ich jetzt gar nicht bemerkt!"

Doch so kannte sie ihn: Wenn irgendwo ein Kind geboren wurde, war er nicht mehr zu bremsen.

„Wir sind ein bisschen früh, was?", erkundigte sich Angelina und warf ihr Haar zurück. Sie hielt Julia an der Hand und Jack auf dem Arm.

„Wie oft wir in den letzten Jahren schon irgendwelche Babys geguckt haben", seufzte Ginny, allerdings grinste sie.

„Ja, die Frage ist bloß: Wann werden wir EUCH besuchen müssen, um EUER Baby zu schauen?", fragte Ron seine Schwester und versetzte ihr einen brüderlichen Schlag auf den Rücken, der von Hagrid hätte stammen können, so sehr, wie sie einknickte.

Harry indes war zur Tür gelaufen und spähte durch das Küchenfenster.

„Du musst schon klingeln", wies ihn Fred an und begann, Sturm zu läuten.

„Hey, Fred, was, wenn sie noch schlafen?", meinte Angelina und warf ihm einen besorgten Blick zu.

„Dann sind sie jetzt wohl aufgewacht!", antwortete Fred ihr unbekümmert. „Du denkst doch nicht im Ernst, dass ich hier jetzt die ganze Zeit rumstehe und warte, dass sie endlich aufwachen?"

Angelina erwartete dies scheinbar genauso wenig wie Harry. Es regte sich nichts, dann ertönte ohrenbetäubendes Geschrei.

„Wir werden es doch nicht aufgeweckt haben?", meinte Hermine bekümmert.

„Nein, wie kommst du denn darauf? Wahrscheinlich kommen öfters Irre wie Fred vorbei, die um", Ron blickte auf die Uhr, „zehn vor acht wie verrückt klingeln."

Doch bevor Fred ihm eine verpassen konnte, war die Haustür schon aufgeschwungen und Tonks stand in einem scharlachroten Nachthemd vor ihnen.

Ihre pinken Haare leuchteten im hellen Sonnenlicht. Sie wirkte ziemlich zerknautscht, aber glücklich.

„Hast wohl nicht viel geschlafen?", grinste Fred, schob sie beiseite und trat, ohne sie zu begrüßen, in den Flur.

„Hallo!", rief Tonks strahlend, nachdem sie offenbar den Schreck über solch frühen Besuch am Morgen überwunden hatte. „Schön, euch zu sehen!"

Hermine schritt vor und umarmte sie herzlich: „Herzlichen Glückwunsch! Alles gut gelaufen?"

„Ja, sie machen zwar immer noch diesen Sicherheitscheck mit den Babys, aber Lily scheint putzmunter zu sein", meinte sie fröhlich. „Na los, kommt rein."

Sie trat einen Schritt zu Seite und ließ ihren Besuch eintreten.

„Wo ist die süße Maus?", rief Angelina aufgeregt. „Wo habt ihr sie versteckt?"

„Die kannst du gar nicht verstecken, bei dem Geschrei", sagte Tonks grinsend und schenkte allen Kaffee ein. „Habt ihr schon gefrühstückt?"

„Ich hätte ja gerne, aber man hat mich bedauerlicherweise nicht gelassen", lachte Ginny und Ron und Hermine schüttelten die Köpfe.

„Keine Zeit", verkündete Hermine. „Harry hat mir ab vier Uhr morgens mindestens sieben Eulen geschickt, wann wir endlich kämen."

Das Geschrei war mittlerweile verstummt.

„Ich weiß nicht, wieso, aber bei Remus ist sie immer direkt still", sagte Tonks schulterzuckend. Wenige Minuten später hatte sie den Tisch gedeckt und alle langten eifrig zu, nur Harry saß immer noch wie auf heißen Kohlen.

„Nun iss doch endlich", forderte ihn Ginny zum vierten Mal auf.

„Ja, ja, ist ja schon gut", nuschelte er und schob sich ein halbes Brötchen in den Mund.

„Ihr werdet sie ja gleich sehen", meinte Tonks und ihre Wangen glühten.

„Mummy, ich will das Baby jetzt mal sehen", ließ Liv verlauten und war sich in diesem Punkt offensichtlich einig mit ihrer Schwester, denn Julia nickte begeistert.

Harry konnte leise Tritte von der Treppe her hören. Schnell wandte er sich um und genau in diesem Augenblick schwang die Tür auf und ein stolzer Remus Lupin betrat den Raum, auf dem Arm ein Bündel Decken, in dem Harry Lily vermutete.

Harry bemerkte, dass Lupin jünger aussah, tatsächlich sah er jünger aus als er ihn je gesehen hatte. Das ältliche, stets besorgte Gesicht, dass er vor Jahren zur Schau getragen hatte, war nach dem Fall des Dunklen Lords endgültig von seinem Gesicht gewischt worden, doch trotzdem sah er wie ein neuer Mensch aus.

Sein Gesicht war gerötet und seine Augen funkelten, als er seiner kleinen Tochter sanft über die Wange strich.

„Mit so viel Besuch hatten wir gar nicht gerechnet, nicht wahr, mein Schatz?", flüsterte ihr liebevoll zu und aus den Decken drang ein leises Glucksen.

„Hallo", wandte er sich nun an seine Gäste, „so früh schon unterwegs?"

„Ja, wir konnten es kaum erwarten", meinte Angelina eifrig, „darf ich mal schauen?"

Sie senkte Stimme, was Harry für völlig unnötig hielt, da Fred das Baby ja ohnehin schon geweckt hatte.

„Klar", sagte Lupin lächelnd und Angelina und Katie sprangen auf.

Auch Harry erhob sich. Eigenartigerweise war ihm etwas seltsam zumute.

„Na los, jetzt schau schon", meinte Ginny und gab ihn einen Schubs vorwärts, „den ganzen Abend quatschst du mich voll von wegen wir müssten unbedingt hier hin und jetzt?"

„Oh, die ist ja süß!", rief Katie entzückt. Angelina hatte Lupin inzwischen das Knäuel aus dem Arm gerissen und Lupin stand ein wenig bedröppelt daneben.

Nach einiger Zeit hatte er sie wieder zurückerobert. Harry stand auf und trat zu ihm.

„Hallo Harry." Lupin lächelte ihn an.

„Herzlichen Glückwunsch."

„Danke. Sie heißt Lily."

„Ich weiß", sagte Harry leise. Er hörte die anderen nicht mehr. Aber er spürte ganz deutlich, dass dies eine Sache zwischen ihm und Lupin war. „Wie meine Mum."

„Ja, genau. Wie deine Mum."

„Das freut mich." Harry wusste nicht, wieso er das sagte. Es musste sich ziemlich dämlich, wenn nicht sogar ironisch anhören.

„Das dachte ich mir. Deine Mum war eine tolle Frau, Harry, ich mochte sie sehr."

„Sie fehlt mir."

Es war lange Zeit her, dass er diesen Gedanken zuletzt hatte, aber sobald ihn ausgesprochen hatte, wusste er, dass es stimmte. Er war jetzt neunundzwanzig. Seine Mutter war gestorben, als er gerade mal ein Jahr alt war. Es war lange Zeit her. Er hatte sie viele, schreckliche Male sterben gehört. Er konnte sich nicht mehr an sie erinnern. Er wusste weniger über sie als über seinen Vater. Er hatte sie gesehen, im Denkarium. Seine Mum war anständig gewesen. Er hatte ihre Augen. Als er jünger war, hatte er sie oft vermisst. Doch sie fehlte ihm immer noch. Noch jetzt. Jetzt besonders.

„Mir fehlt sie auch. Mir fehlt auch James. Und Sirius."

„Es ... es ist wirklich schön, dass ihr sie Lily genannt habt."

„Magst du sie mal halten?"

„Ja, gerne."

Lupin reichte ihm vorsichtig das kleine Bündel.

Harry nahm sie umsichtig auf seinen Arm. Er hatte schon viele Babys so gehalten. Lily hatte kein rotes Haar. Sie hatte keine grünen Augen. Er hielt sie fest. Hoffentlich würde sie anständig werden wie seine Mutter. Lily war ein schöner Name. Er passte gut zu ihr. Er sah sich im Raum um. Sein Blick streifte über Sirius und James, dann fiel er auf Lily zurück. Es kam ihm dumm vor, aber es war, als wären sie wieder da. Alle. Seine Eltern, sein Pate. Sirius und James, wie sie da standen. Er schmunzelte. Sie hatten die Köpfe mit ihren Paten zusammengesteckt, wahrscheinlich planten sie wieder neue Taten, um ihre Eltern in die Verzweiflung zu treiben. Lily hielt er auf seinem Arm.

„Ich will sie auch mal halten!", hörte Harry Katies Stimme aus dem Hintergrund.

„Ich mach was zu essen", meinte Tonks gegen Mittag. Alle hatten Lily ausgiebig bewundert und ihre Eltern glühten immer noch vor Stolz.

Sie begann, mit ihrem Zauberstab durch die Luft zu fuchteln und Harry war angst und bange, denn er kannte Tonks Haushaltszaubern zur genüge.

Wie sich wenige Minuten darauf herausstellte jedoch unbegründet. Seitdem sie nicht mehr arbeitete, hatte sie scheinbar sämtliche Kniffe gelernt, musste Harry feststellen. Was auch ein Glück war, wie er zugeben musste.

„Benimmt sich Emma?", fragte Hermine urplötzlich.

„Keine Ahnung. Ich meine, ich seh sie ja nur im Unterricht", antwortete Harry schulterzuckend. „Aber ich glaube, so weit sind alle mit ihr zufrieden."

„Ich kann mich nicht beklagen", meinte Katie.

„Wie geht's mit Evelyn Dursley?", fragte Hermine schließlich, als hätte sie nur darauf gewartet, dieses Thema irgendwie einzubringen.

Plötzlich war es mucksmäuschenstill. Harry fragte sich, warum alle unbedingt wissen wollten, wie es mit ihr lief. Gut, sie waren entfernt miteinander verwandt, aber sie hätten sich genauso gut nach Roger oder Georgia oder Lucius Jr. oder sonst jemandem erkundigen können.

„Es geht halt", verkündete er.

„Was soll das heißen?", bohrte Hermine nach.

„Hermine, du würdest wohl kaum fragen, wenn du es nicht selbst wüsstest. Hat dir Emma nicht schon alles über Evelyn erzählt?", meinte er ungehalten.

Hermine errötete leicht.

„Nun ja, sie hat das ein oder andere durchblicken lassen", sagte sie. „Es wundert mich ja nur. Ich meine, Emma ist meine Tochter und sie ist mit diesem Mädchen befreundet. Ich nehme nicht an, dass sie sich mit jemandem von Dudleys Kaliber anfreunden würde."

„Nein, schon gut", seufzte Harry, „es ist in Ordnung, wenn ihr das wissen wollt, tut mir leid."

„Also, was ist nun?", fragte Ron nach. Harry erzählte ihnen das selbe, was er bereits Ginny erzählt hatte. Hermine stutzte. Ron blickte verdattert drein und Lupin runzelte die Stirn. Katie verkündete: „Immerhin fliegt sie gut." und ging mit Angelina ihrer größten Leidenschaft nach: dem Babysitten.

„Hey, passt mir gut auf meine Tochter auf!", rief Lupin ihnen nach, nachdem Angelina ihm Lily mehr oder weniger gewalttätig entwunden hatte. Allerdings ließ er sie nur mit dem Versprechen gehen, dass Lily in spätestens einer halben Stunde zurück war.

„Wisst ihr, ich habe ihr durch die Absperrung geholfen, als ich noch nicht wusste, wer sie war. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sie eine Dursley ist", meinte Harry gedankenverloren und stocherte in seinem Auflauf herum.

„Bei Sirius habe ich auch nicht erwartet, dass er ein Black ist", sagte Lupin bedächtig.

„Du behandelst sie doch fair, oder?", erkundigte Hermine sich.

„Natürlich tut er das!", rief Ron dazwischen. „Er ist doch nicht wie Snape."

Harry blickte sie verärgert an.

„Schon gut", beschwichtigte Hermine sie, „aber es ist sicher nicht leicht, die Tochter von Vätern zu unterrichten, die man, nun ja, hasst."

Damit hatte sie nicht unrecht. Leider hatte Harry mit vielen solchen Schülern zu tun. Angefangen mit Evelyn Dursley über Lucius Malfoy Jr. bis hin zu Roger und Georgia Weasley. Allerdings war es genauso kompliziert Schüler zu unterrichten, die einen von Kindesbeinen auf kannten, dachte er bitter, und erinnerte sich an Claire und Gabriel, die sich zwar inzwischen mächtig am Riemen rissen, aber trotzdem noch den ein oder anderen Kommentar nicht verkneifen konnten.

„Emma hat geschrieben, dass es wohl dieses Jahr eine Art Jubiläum geben soll", wechselte Hermine rasch das Thema.

„Oh ja, in der Tat, das soll es", begann Harry und fuhr mit einer Menge Erklärungen und Schilderungen fort, bis Tonks rief:

„Hey und dieser Spaß fällt euch erst jetzt ein, wo ich doch nicht mehr da bin!"

„Paaah, Spaß? Ich hab eher das Gefühl, dass sich die Schüler gegenseitig überbieten wollen, jetzt, wo sich der Zaubereiminister angekündigt hat. Die Quidditchmannschaften trainieren wie verrückt, weil alle ins Schülerteam kommen wollen. Ich glaube, manche von ihnen macht das ziemlich fertig", erklärte Harry. „Aber zum Fest kommt ihr doch sowieso alle, oder?"

„Klar kommen wir", meinte Tonks.

„Ich glaube, wir haben als Eltern von Emma überhaupt keine andere Wahl", seufzte Ron. Hermine warf ihm einen säuerlichen Blick zu.

„Natürlich tu ich das gerne, noch mal nach Hogwarts zu kommen und all diese netten Lehrer zu sehen, das wird sicherlich ein...äh...Riesenspaß!", fügte er rasch hinzu.

„Na, das denke ich doch auch", rief Tonks und meinte es sichtlich ernst.

„Also, komm schon, es wird sicher ganz nett. Es werden lauter Leute kommen, die wir kennen, Quidditch, was du willst", munterte Harry Ron auf, der sich scheinbar unsicher war, ob es sich bei diesem Fest um eine leidliche oder lustige Veranstaltung handeln würde.

„Ja, klar, und was ist mit den Leuten, die ich nicht mag?", sagte er verbittert und Harry vermutete, dass er dabei wahrscheinlich an Malfoy und seine Spießgesellen dachte.

„Das Fest dauert eine Woche. Denkst du tatsächlich, die sind alle am selben Tag da wie wir?", fragte Hermine ungläubig.

„Bei meinem Glück mit Sicherheit", murmelte Ron.

„Jetzt warte doch erst mal ab, das wird eine Riesenfeier, und keiner erwartet, dass du mit Malfoy händchenhaltend durchs Schloss läufst", gluckste Tonks.

Ron schnaubte.

„Das gewiss nicht."

„Das will ich auch nicht hoffen", sagte Hermine lächelnd.

„Wenigstens etwas. Also kann ich darauf zählen, dass du mich befreist, falls Malfoy darauf besteht?", meinte Ron grinsend.

„Ja, ich denke schon. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mir den Mann, mit dem ich seit zehn Jahren verheiratet bin, von Malfoy so einfach ausspannen lasse?"

„Das beruhigt mich ja."

Ron gab er Hermine einen sanften Kuss.

Harry war froh, dass sie sich wenigstens einmal nicht stritten.

„Dieses Fest, es ist im Dezember?", fragte Hermine auf einmal.

„Ja, letzte Woche vor den Ferien", sagte Harry. Das war doch keine große Neuigkeit.

„Wenn uns da mal nichts dazwischen kommt. Emma wäre sicher sauer", meinte Hermine stirnrunzelnd.

„Was sollte denn so wichtiges dazwischenkommen?", erkundigte sich Ron verblüfft.

„Wahrscheinlich ist es doch das Beste, wenn du mit Malfoy durchbrennst", seufzte Hermine.

„Wieso? Was ist denn jetzt schon wieder?", fragte Ron, sichtlich beleidigt.

Hermine rollte mit den Augen. Auch Harry fragte sich, was sie überhaupt hatte. Nur Lupin schien unerklärlicherweise zu verstehen, worauf sie hinauswollte, denn er räusperte sich vielsagend, womit Ron aber nicht viel anfangen konnte. Er blickte verwirrt in die Runde.

Tonks fing an zu lachen.

„Hoffentlich weißt du wenigstens noch, dass du der Vater bist", meinte sie amüsiert.

Ron schlug sich gegen den Kopf.

„Ach herrje, ja, das auch noch", rief er und ließ seinen Blick über Hermines runden Bauch schweifen.

„Ach, wie schön, dass du dich erinnerst", fauchte Hermine, aber Harry war sich sicher, dass sie es nicht ernst meinte.

„Wie könnte ich das vergessen?", rechtfertigte Ron sich.

„Das frage ich mich auch."

„Ich würde so etwas nie vergessen."

„Du hast es eben vergessen."

„Ach was, ich hab es doch nicht vergessen."

„Oh doch, das hast du."

„Ich, als Vater von...Moment...sechs Kindern?"

„Genau, du als Vater von sechs Kindern. Falls es nicht noch mehr sind."

Ron schnaufte empört.

„Mehr...? Also wirklich, wie soll ich das jetzt verstehen? Also, ich muss schon...da hört es aber auf..."

Hermine verkniff sich ein Lachen angesichts von Rons Rechtfertigungsversuchen. Ron hingegen schien gar nicht aufgefallen zu sein, dass sie ihn ganz offensichtlich nur auf den Arm hatte nehmen wollen.

„Wenigstens müssen wir uns nicht um so etwas streiten", meinte Ginny grinsend.

„Weißt du's?", grinste Harry.

„Muss ich mir Sorgen machen?", fragte sie.

„Das musst du schon selbst wissen."

Ginny kniff ihm mehr oder weniger liebevoll in die Wange.

„Ich glaube, ich habe das alles noch ganz gut im Griff", verkündete sie, „im Gegensatz zu meinem Bruder."

„Also...bitte, jetzt macht aber mal nen Punkt!", rief Ron ganz durcheinander.

Tonks schüttete sich aus vor Lachen, und auch Lupin grinste amüsiert.

Harry hielt es für das Beste, seinen verdatterten Freund einmal aufzuklären, was hier vor sich ging. Immerhin wollte er nicht für einen etwaigen Nervenzusammenbruch verantwortlich sein.

„Ron, sie verarschen dich nur!"

Ron schien peinlich berührt, weil er tatsächlich auf einen so offensichtlichen Scherz hereingefallen war, und gleichzeitig erleichtert zu sein.

Lupin hatte sich inzwischen wieder seiner Tochter zugewandt, die er, wie versprochen, wieder abgeliefert bekommen hatte.

„Ich verliere hier von Stunde zu Stunde mehr an Stellenwert", beklagte sich Tonks, „ich kann froh sein, wenn ich nächste Woche noch im Ehebett schlafen darf und nicht in die Wiege ausquartiert werde."

Ron kicherte, offenbar froh, aus dem Schneider zu sein.

„Redet die Mummy wieder Unsinn, Häschen?", flüsterte Lupin und kitzelte Lily unterm Kinn. Lily gluckste.

„Dieses Kind ist von Anfang an auf seinen Vater spezialisiert. Ich werde hier offenbar nur als eine Art Nahrungsquelle gesehen", beschwerte sie sich fröhlich. Wenigstens konnte sich Harry hier sicher sein, dass jedem klar war, dass Tonks nicht ernst meinte, was sie da erzählte.

„Willst du mal zu deiner Mummy, Schätzchen? Jaah, gell, das willst du?"

Lily machte ein paar merkwürdige Geräusche.

Tonks sah dies als eine Art überschwänglicher Zustimmung und riss das Baby an sich.

„Na, meine Süße?", sagte sie liebevoll.

Harry beneidete sie ein wenig. Mit Sicherheit war es toll, Kinder zu haben. Allerdings war es auch ziemlich viel Stress. Er dachte an Ron und Hermine. Sie hatten Glück. Während die beiden arbeiteten, passte Mrs. Weasley für gewöhnlich auf ihre Enkel auf. Wer sollte auf seine Kinder aufpassen? Ginny arbeitete, er arbeitete. Und er wollte weiterhin arbeiten. Aber für Mrs. Weasley würde es wohl kaum ein großes Problem sein, auch noch auf ihr Kind aufzupassen. Immerhin war Ginny genauso ihre Tochter wie Ron ihr Sohn. Und wen kümmerte es schon, ob man auf sieben, acht oder neun Kinder aufpasste? Vor allem war Emma ja ohnehin in Hogwarts und Sirius und James wohl auch im nächsten Schuljahr. Also würde es für Mrs. Weasley keinen großen Unterschied machen. Wahrscheinlich würde es eher eine Erleichterung sein, wenn man bedachte, dass Ginnys und sein Kind nicht halb so verzogen sein würde wie Sirius und James.

Er hoffte nur, dass Hermine nicht bemerkte, wie die Zwillinge von ihren verschwörerisch tuschelnden Paten geheimnisvolle Päckchen entgegennahmen, wo sie doch gerade so gut gelaunt war, dass sie sich nicht weiter über Rons Vergesslichkeit in anbetracht des Geburtstermins aufregte.

Ihre Söhne hatten anscheinend auch kein großes Verlangen danach, von ihrer Mutter auf frischer Tat ertappt zu werden, denn innerhalb von Sekunden waren die Päckchen sicher verstaut. Trotzdem musste Harry zugeben, dass es ziemlich knapp gewesen war, weil es einen Augenblick später schon geklingelt hatte und sich nun alle verwundert zur Tür umsahen.

„Ich geh mal aufmachen...Mein Mann ist ja scheinbar zu beschäftigt, muss ich leider feststellen", sagte Tonks und ließ einen gespielt dramatischen Seufzer vernehmen und bedachte Lupin mit einem strengen Blick, der einen Plüschhasen über Lilys Kopf kreisen ließ.

Sie erhob sich und verließ die Küche.

Harry hörte sie, noch bevor sie überhaupt den Raum betreten hatten.

„Oh, ees freut misch soo für eusch, Tonks", schallte Fleurs Stimme durch die Diele und Harry hörte, dass sie Tonks links und rechts küsste, wie sie es immer tat.

„Herzlichen Glückwunsch, jetzt habt ihrs doch noch gepackt", rief Bill freudig.

„Lass mich sofort runter!", rief Tonks lachend, und aus lautem Scheppern sowie dem Zerschellen von Porzellan auf dem Fliesenboden schloss Harry, dass Bill sie offenbar durch die Luft wirbelte.

„Arsser 'aben wir da'eim gelassen, isch glaube, dieses ganze Durscheinander", Fleur schwang ihren Arm elegant durch die Küche, „würde ihn ssu särr anstrengen."

Bill verkniff sich einen Kommentar und begnügte sich mit entschuldigenden Gesten hinter Fleurs Rücken.

„Können wir sie dann auch mal sehen?", fragte Bill ungeduldig.

„Sicher doch", sagte Lupin, obwohl es ihm offensichtlich widerstrebte, seine Tochter so schnell wieder zu entbehren. Er reichte sie Fleur, die bereits beide Arme ausgestreckt hatte.

„Oh, sie iest ssu goldisch", säuselte Fleur und herzte Lily ungestüm.

Sie redete weiter auf das Baby ein, aber da sie auf Französisch sprach, verstand Harry nicht, was sie sagte.

Er musterte Fleur eine Weile. Claire hatte zweifelsfrei ihr edles, anmutiges Aussehen geerbt, allerdings konnte er ihren Charakter auf die väterliche Seite zurückführen, denn da kam sie eindeutig nach ihrem Vater. Obwohl ihr verschmitztes Grinsen und ihre Art, ihn während des Unterrichts auf den Arm zu nehmen, ihn immer auch an Fred und George erinnerte, ihr Benehmen beim Essen dagegen eher an Ron, der sich nun herzhaft ein Stück Pastete in den Mund schob und derart schmatzte, dass Hermine ihn zischelnd zurechtwies.

„Oh, Claire wird särr betrübt sein, wenn sie erfä'rt, dass wir ohne sie das Baby gucken waren. Sie wollte es unbedingt se'en", meinte Fleur und setzte sich zu den anderen an den Tisch. „Aber wir 'ätten sie ja unmöglisch aus 'ogwarts neemen können. Es wird sie särr aufregen, sie ist ja immer so..."

Sie suchte kurz nach dem richtigen Wort.

„So fürschterlisch robust und uneinsischtisch", schloss sie und setzte eine leidende Miene auf.

„Isch frage misch ständisch, wo'er sie das bloß 'at", verkündete sie wenig später und warf ein Bill einige weniger schöne Blicke zu.

„Das ist nicht meine Schuld, dass sie so ist. Außerdem", verteidigte er seine Tochter stolz, „kann sie sich wenigstens durchsetzen und ihre Meinung sagen."

Harry lachte laut auf.

„Ja, das stimmt", pflichtete er Bill bei, „und sie kann einem herrlich auf den Geist fallen."

„Sie ist nischt besonders scharmant", seufzte Fleur betrübt.

„Oh, doch, das ist sie. Professor Flitwick hatte sie, soweit ich weiß, schon in der zweiten Stunde um den Finger gewickelt", sagte Harry schmunzelnd.

„Isch wünschte, sie wäre etwas mehr wie isch. Aber isch 'abe die 'offnung schon fast aufgegeben."

Harry konnte es ihr nachfühlen. Auch er glaubte nicht im Entferntesten daran, dass Claire sich noch irgendwie ändern könnte. Allerdings war das seiner Meinung nach eher von Vorteil. Er war sich nicht sicher, ob er lieber ein Mädchen wie Claire es war oder eine kleine Fleur im Unterricht sitzen haben wollte.

„Wir haben gerade über das Jubiläum geredet. Ihr kommt doch, oder?", fragte Tonks.

„Natürlisch kommen wir. Isch will doch sischer sein, dass es meinem kleinem Mädschen gut geht! Soweit isch misch erinnere, war es doch etwas kühl im Winter. Isch 'abe sehr auf diesem Schloss gefroren. Und Claire erkältet sisch immer so schnell", erzählte Fleur und ihr Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an.

„Es wird ihr gut dort gehen", beruhigte Hermine sie, „schließlich ist sie das englische Klima gewöhnt und außerdem kann ich mich nicht erinnern, dass es mir dort zu kalt war."

„Oh ja, ihr Engländer seid da särr abgebrüht. Aber meine kleine Claire...", sie schaute höchst dramatisch in die Runde.

Harry fragte sich, worüber sie sich beim Merlinsbart überhaupt so sorgte. Claire war so abgehärtet, wahrscheinlich konnte sie im Januar durch den See tauchen, ohne dass sie sich eine Lungenentzündung holte. Wenn er es sich recht überlegte, würde es ihr vielleicht sogar Spaß machen.

„Alle kommen", verkündete Bill, „sie sind alle ziemlich aus dem Häuschen, weil sie noch mal nach Hogwarts kommen."

„Wer freut sich nicht?", fragte Ginny und auch ihr konnte man die Vorfreude vom Gesicht ablesen,

„Es werden alle da sein", wiederholte Bill glücklich.

„Nicht schon wieder...", murmelte Ron betreten.

„Ich meine, ICH hätte es vielleicht auch mal gerne gesehen", beschwerte sich Claire. „Aber darauf kommt mal wieder kein Mensch."

Emma, Claire und Lyn saßen in der Großen Halle am Gryffindortisch. Claire war ihnen gerade so ausführlich am Erklären, wie unfair sich ihre Eltern ihr gegenüber verhielten, dass sie sogar das Essen vergaß, was bisher noch nie vorgekommen war.

„Denkst du, ich hätte das Baby nicht sehen wollen? Aber was sollten sie denn machen? Uns aus Hogwarts rausholen?", fragte Emma sie.

„Jaaah, Harry und Katie sind immerhin auch abgehauen, und sie sind Lehrer", schnaubte Claire aufgebracht.

„Natürlich...aber das ist eben was...anderes!", belehrte Emma sie. Claire nahm einen großen Schluck Kürbissaft, dann patschte sie sich übellaunig Haferschleim in eine Schüssel und stopfte wortlos einen Löffel nach dem anderen in den Mund.

„Du wirst dieses Baby sicher auch noch zu Gesicht bekommen", beruhigte Lyn sie.

Claire überlegte eine Weile.

„Ja, am Jubiläum, haaa, das dauert doch noch ewig!", rief sie dann. „Falls ich sie überhaupt treffe! Falls sie überhaupt kommen!"

„Schreib Tonks ne Eule, wann sie kommen", meinte Emma.

„Ich muss doch nicht betteln gehen", verkündete Claire deutlich.

„Du sollst nur fragen. Sag deiner Mum, dass sie fragen soll. Nein, besser Bill", riet Emma ihr.

„Paah, die können mir gestohlen bleiben!" Claire hatte ihre Schale bereits ausgelöffelt. „Die hätten mich ja mitnehmen können."

„Nein, das hätten sie nicht", sagte Emma schlicht, „und jetzt will ich nichts mehr hören."

Obwohl Claire ihr einen giftigen Blick zuwarf, war Lyn sich sicher, dass Claire nicht weiter auf dem Thema herumhacken würde. Sie wusste nicht wieso, aber irgendwie schaffte Emma es immer, Claire zurechtzuweisen und Claire folgte ihr widerspruchslos. Wahrscheinlich lag es an der Art, wie Emma sprach, wie sie sich ausdrückte. Emma war niemand, der die anderen direkt abwürgte, wenn sie etwas für unsinnig hielt. Tatsächlich probierte sie meistens, eine Lösung zu finden, egal wie störrisch und trotzig sich Claire verhielt. Wenn diese allerdings weiter stur blieb, hatte es auch Emma satt. Dann redete sie auf eine Art, die keinen Widerspruch zuließ. Gewöhnlich sagte Lyn in solchen Situationen nichts. Ihrer Erfahrung nach war es besser, Claire sich erst einmal abreagieren zu lassen und zu warten, bis Emma sie endgültig in ihre Schranken wies.

„Gehen wir?", fragte Claire wenige Minuten später deutlich besser gelaunt. Sie hatte ihre Tasche in der Hand und Lyn folgte ihr, erleichtert, dass sie sich wieder abgeregt hatte.

„Vielleicht sollte ich doch fragen, wann sie kommen", gab Claire zu, „ich kann mir dieses Baby einfach nicht entgehen lassen, versteht ihr?"

„Klar", sagte Emma freundlich, „ich will's auch sehen."

„Es dauert ja nicht mehr lange bis zum Fest. Nur noch ungefähr einen Monat", sagte Lyn und die drei machten sich Richtung Zauberkunstklassenraum auf.

„Ich könnte ja wenigstens ein Foto bekommen", sagte Claire und reckte das Kinn, während sie in den Klassenraum eintraten. Der kleine Professor Flitwick stand auf einem Stapel alter Bücher hinter seinem Pult und wartete geduldig, bis die Schüler Platz genommen hatten.

„Tonks schickt dir sicher eins. Oder Remus", meinte Emma.

„Also ein Bild ist ja wohl wirklich nicht zu viel verlangt, oder?", fragte Claire hastig. Flitwick fuchtelte wild mit beiden Armen in der Luft, um sich etwas Ruhe zu verschaffen.

„Leise bitte", rief er laut über die schwatzende Klasse hinweg. Lyn und Emma nickten eifrig.

„So, wenn ich Sie bitten dürfte, Ihre Zauberstäbe auszupacken", quietschte Professor Flitwick vergnügt. „Heute werden wir damit beginnen, Gegenstände fliegen zu lassen."

Augenblicklich begann die Klasse leise zu zischeln und zu flüstern. Lyn rief aufgeregt:

„Meint er das ernst?"

Emma warf ihr einen eigentümlichen Blick zu, dann sagte sie:

„Natürlich meint er das ernst, deshalb sind wir schließlich hier."

Lyn hatte diesen Moment herbeigesehnt, seit Professor Flitwick das erste Mal die Schachtel Zuckermäuse, die stets auf seinem Pult stand, durch das Zimmer hatte schweben lassen.

„Schhhhht, meine Damen und Herren." Der kleine Professor legte beschwichtigend den Zeigefinger auf die Lippen und begann, komplizierte Schaubilder an der Tafel erscheinen zu lassen.

„Und denken Sie immer daran: Wutschen und Schnipsen, wie Sie es soeben geübt haben! Wutschen und schnipsen!", rief er und hüpfte von seinem Bücherstapel herunter, um die Schüler zu Paaren zusammen zu stellen.

Claire setzte ihr strahlendstes Lächeln auf, sobald sich Professor Flitwick ihnen genähert hatte, und Lyn konnte sehen, wie er förmlich dahinschmolz. Sie grinste.

„Sie beide werden zusammengehen", sagte er und schob Claire rüber zu Emma, „und Sie..." Sein blickte ruhte eine Weile auf Lyn und er schaute sich unschlüssig im Klassenraum um.

„Mr. Burkes, hierher bitte", rief er einem der Ravenclaw-Jungen, mit denen sie zusammen Zauberkunst hatten, zu. Lyn kannte ihn nur vom Sehen. Der Junge kam grinsend herüber und strich sich sein welliges Haar aus der Stirn.

„Hi", sagte er lächelnd, „ich bin Howard." Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Schrecklicher Name, ich weiß. So was konnte auch nur meinen Eltern einfallen."

Seine Miene verfinsterte sich und er zuckte entschuldigend mit den Schultern. Der Junge streckte ihr die Hand entgegen.

„Evelyn", sagte Lyn und schüttelte seine Hand, „auch nicht viel besser. Nenn mich Lyn."

„In Ordnung", sagte er, „für Howard gibt's leider nichts. Es sei denn, du willst mich Howie nennen, wie meine Mutter."

„Was hältst du von Evy?", fragte sie grinsend.

„Auch nicht schlecht", lachte er. Lyn mochte ihn sofort. Er hatte eine nette Art.

„Wollen wir dann mal?", erkundigte er sich. Lyn sah in verständnislos an. Er deutete auf die Feder, die Professor Flitwick auf die Bank vor ihnen gelegt hatte.

„Oh...äh, ja, klar", sagte sie schnell.

„Na dann mal los", sagte der Junge und rollte sich eifrig die Ärmel seines Umhangs hoch. Er packte seinen Zauberstab, und rief laut:

Wingardium Leviosa!"

Es tat sich rein gar nichts. Die Feder blieb reglos liegen. Doch davon lies er sich wohl nicht entmutigen.

„Wutschen und schnipsen", murmelte er vor sich hin und schaute konzentriert auf das Pult. Er hatte ein hübsches Gesicht, fiel Lyn auf. Sein dunkelblondes Haar fiel ihm andauernd in die Stirn und er zog ständig seine sommersprossige Nase kraus, wenn er nicht gerade verschmitzt grinste, wie Claire und Gabriel es immer taten, wenn sie zusammen irgendwelche Professoren auf die Schippe nahmen.

„Willst du mal?", fragte Howard schließlich.

„Ich...äh...ja, klar", nuschelte sie. Lyn hatte keine Ahnung, wie sie diese Feder auch nur einen Millimeter vom Tisch schweben lassen sollte. Gerade wollte sie es ausprobieren, als Howard sie am Arm packte.

„Hey, so kannst du das schon mal gar nicht machen", meinte er. „Hast du denn nicht zugehört?"

„Doch, natürlich. Ich hab's nur wieder...vergessen", erklärte sie, was durchaus der Wahrheit entsprach. Howard zog eine Augenbraue hoch und grinste.

„Sicher. Schlechtes Gedächtnis, was?"

Lyn wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte.

„Ähm...könnte ich...also würdest du...mein Arm?", sagte sie stattdessen.

Mit ihrer freien Hand gestikulierte sie angestrengt in Richtung ihres Armes, den Howard immer noch fest gepackt hielt.

„Oh, ja, klar", lachte er, „sag doch was."

Er ließ ihren Arm los.

„Pass auf, so sollst du das machen", sagte er und wenige Minuten später schwebte seine Feder in der Luft. „Verstehst du?"

„Natürlich", sagte Lyn entschlossen. Für wie dumm hielt dieser Junge sie eigentlich?

Sie packte ihren eigenen Zauberstab und schwang ihn wirbelnd durch die Lüfte. Howard seufzte.

„Komm her, ich zeig dir's noch mal."

„Ich kann das schon ganz gut selbst", verkündete Lyn trotzig.

„Klar, entschuldige", meinte er grinsend und verschränkte die Arme vor der Brust.

Lyn hob zum dritten Mal ihren Zauberstab und stellte damit haargenau das selbe an, was Howard vor ihr gemacht hatte. Nur mit der Ausnahme, dass bei ihr die Feder nicht einmal zuckte. Howard blickte sie eine Weile von der Seite an.

„Also, darf ich dir jetzt helfen oder nicht?", fragte er. Lyn war klar, dass sie es wohl ohne seine Hilfe in dieser Stunde nicht mehr schaffen würde.

„Bitte", sagte sie.

„Kein Problem, das hättest du auch schon früher haben können."

Lyn sagte nichts.

„Wutschen und schnipsen, ja? So wie wir's eben bei Flitwick gemacht haben und dann..."

Er packte erneut ihren Arm und führte ihn durch die Luft, schlenkerte ihn sanft und zu ihrem Erstaunen schwebte die Feder plötzlich gut einen Meter über dem Tisch.

„Oh, sehr gut, Miss Dursley, Mr. Burkes, sehr gut", quiekte Professor Flitwick begeistert, „nehmen Sie je zehn Punkte für Gryffindor und Ravenclaw, sehr schön, Miss Weasley, ja, erstaunlich..."

Professor Flitwick huschte weiter durch die Reihen.

„Na siehst du, hat doch super geklappt", sagte Howard.

„Ja, nur ob ich das noch mal allein hinkriege?", seufzte sie und schwang ihren Zauberstab erneut.

„Das bezweifle ich", grinste er.

„Jetzt wird ja nicht frech", meinte Lyn und probierte allein, die Feder in die Luft zu bekommen. Leider scheiterte sie kläglich. Howards Grinsen wurde breiter.

„Tja, sieht so aus, als wärst du ohne mich völlig aufgeschmissen."

Und damit hatte er leider recht. Nach mehreren Versuchen gab sie auf – sie würde Emma bitten müssen, es ihr noch mal zu erklären.

„Nun gut, nun gut", rief Professor Flitwick, nachdem er seinen Bücherstapel erklommen hatte, „das war schon gar nicht so schlecht für den Anfang. Bitte üben Sie es bis zur nächsten Stunde fleißig!"

„Falls du vorhast, es vor Freitag noch zu lernen, sag mir bescheid, ich helf dir gerne", bot Howard belustigt an.

„Vielen Dank, aber es geht schon", antwortete Lyn ein wenig beleidigt. Immerhin war sie noch lange nicht auf ihn angewiesen. Howard packte sein Zeug zusammen und raffte seine Schultasche,

„Bis dann, Evy", rief er ihr zu und winkte. Evelyn musste grinsen. Sie winkte ihm zurück.

„Glaub ja nicht, dass ich deine Hilfe brauch, Howie."

Sie zog seinen Namen in die Länge und er fuchtelte grinsend mit dem Zeigefinger in ihre Richtung.

„Da haben sich zwei aber ziemlich gut verstanden", feixte Claire.

„Seid wann lässt du dich Evy nennen?", fragte Emma, als sie zur nächsten Stunde eilten.

„Ich lasse mich bei Gott nicht absichtlich so nennen, aber es gibt trotzdem einige, die es tun. Ihn und meine Mum", erklärte sie.

„Ist er etwas...du weißt schon...verrückt im Kopf?", fragte Emma beunruhigt. Lyn brach in schallendes Gelächter aus.

„Verrückt im Kopf? Sollte er?", erkundigte sie sich.

„Es hätte immerhin sein können", nuschelte Emma. „Wer kommt schon auf die Idee, dich Evy zu nennen?"

„Ja, schon gut, schon gut", sagte Lyn beschwichtigend.

„Also ich fand ihn eigentlich ganz hübsch", verkündete Claire.

„Ach ja, fandest du?", meinte Emma.

„Ja, das fand ich. Meine Güte, das wird man ja mal sagen dürfen", sagte Claire.

„Klar kann man das, und jetzt Schluss damit", wies Lyn sie zurecht. Ihre Freundinnen schauten sie verblüfft an. Bisher war es immer Emma gewesen, die ermahnte oder das letzte Wort hatte.

„War er nett?", fragte Emma.

„Sonst hätte sie wohl kaum zugelassen, dass er sie Evy nennt", belehrte Claire sie. „Stimmt doch, oder?"

„Man muss ja etwas Dankbarkeit zeigen", sagte Lyn.

„Mmmmh...Dankbarkeit...alles klar...", meinte Claire und tat, als hätte sie genauestens verstanden, warum Lyn ihm dankbar sein sollte.

„Er hat mir mit dieser Feder geholfen", erklärte sie gereizt.

„Na ja, deshalb musst ihm nicht dein Leben lang die Füße küssen", erklärte Claire ihr.

„Echt? Gut, dass du mir das sagst, es wäre doch fast schon zu spät gewesen", blaffte sie Claire an.

„Hey, komm schon, du weißt, dass ich das nicht ernst gemeint hab", sagte Claire verdattert.

„Jaah...tut mir leid", entschuldigte sich Lyn.

„Das war dieser Typ, ihr wisst schon...", murmelte Emma geistesabwesend.

„Jaaah, würde mich echt ärgern, wenn du nicht immer genau erklären würdest, was du meinst", sagte Claire sachlich.

„Ihr wisst schon...", wiederholte Emma ungeduldig.

„Nein, tun wir nicht!", sagte Claire bestimmt. „Entweder du erklärst, was du meinst oder du hältst die Klappe."

Irgendwie hatte Lyn nicht das Gefühl, dass sie heute ihren besten Tag hatten.

„Was stimmt denn jetzt schon wieder nicht mit ihm?", hakte Lyn gereizt nach.

„Er war dieser Typ, den Malfoy im Zug so...ähm...zugerichtet hat", erklärte Emma den beiden.

Lyn erinnerte sich schlagartig wieder.

„Der mit dem blutigen Schnitt im Gesicht?"

Emma nickte.

„Sie haben so komisch getuschelt, als er an der Feier aufgerufen wurde", sagte sie.

„Wie heißt der Kerl überhaupt?", fragte Claire.

„Ähhh...Howard Borkes oder Burkes oder sonst wie", meinte Lyn.

„Burkes! Es gibt diesen Laden in der Nokturngasse!", rief Emma plötzlich. „Borgin & Burkes!"

„Was hast du denn in der Nokturngasse zu schaffen?", erkundigte sich Claire betont beiläufig. Emma warf ihr einen vielsagenden Blick zu.

„Fred und George", sagte sie und Claire setzte ein verständnisvolles Gesicht auf. Tatsächlich schien sie wirklich zu wissen, was ihre Cousine damit meinte.

„Was hat deine Mum dazu gesagt?", fragte Claire.

„Hat's erst gar nicht mitgekriegt. Fred und George sollten nur kurz auf uns aufpassen, während sie mit Sirius und James irgendwas machen gingen", setzte sie an, doch Claire hatte schon die Hände vors Gesicht geschlagen und heulte auf.

„Fred und George auf euch AUFPASSEN?", rief sie erschüttert.

„Jedenfalls glaube ich, dass sie Julia und Liv ein bisschen erschrecken wollten und sie haben uns dorthin geschleppt. Julia hätte sich fast in die Hosen gemacht, aber Liv fand alles furchtbar komisch. Frag mich nicht wieso, sie ist ein bisschen...plemplem. Wie Sirius und James", fuhr Emma fort, „und da war halt dieser Laden."

„Aber der Junge ist in Ravenclaw und jetzt ist endgültig Schluss oder wir kommen zu spät zu Verwandlung", sagte Lyn gereizt und lief den beiden voraus den Korridor entlang.