Der Morgen des Abschlussfestes brach an und Harry war froh, dass nun bald alles vorbei sein würde und er sich keine quälenden Fragen und Ratschläge mehr anhörenden musste. Er hatte es satt, dass seine Freunde ihn mitleidig musterten oder betreten neben ihm standen, so als wüssten sie nicht, ob er im nächsten Moment lachen oder weinen würde. Aber Harry wusste es auch nicht. Er wusste nicht, ob er lieber lachen oder weinen würde.
Seit Tagen lief er durch das Schloss, ohne richtig zu wissen, was er überhaupt tun wollte. Eigentlich wollte er nämlich überhaupt nichts tun. Hermine jedoch hielt ihn tatkräftig davon ab, sich in seinem Zimmer zu verbarrikadieren, denn jeden Morgen klopfte sie lautstark gegen die Tür und gab keine Ruhe, bis er nicht zumindest versprochen hatte, in den nächsten Minuten zu ihnen zu kommen. Einerseits war er ihr dankbar für ihr Mitgefühl, andererseits wäre es doch für alle das beste gewesen, wenn er einfach in seinem Zimmer blieb. Für ihn und auch für die anderen, die seine üble Laune nicht zu ertragen brauchten. Immerhin sollte man sich auf dieser Feier amüsieren, Ron und Hermine jedoch sahen eher aus, als wären sie auf einer Trauerfeier.
Außerdem wusste er, dass Ginny heute kommen würde. Natürlich, sie hatte sich so auf das Jubiläum gefreut. Noch ein Grund mehr, einfach die Bettdecke über sein Gesicht zu ziehen und so zu tun, als hörte er nichts, wenn Hermine wie üblich um halb zehn gegen seine Tür zu hämmern begann. Allerdings würde sie sich wahrscheinlich nicht damit zufrieden geben.
Und so stand er wenige Minuten später in der Großen Halle und kam sich wie immer absolut fehl am Platz vor.
Seine Schüler waren aufgedreht und munter, ihre Eltern strahlten froh und überhaupt sahen sie alle aus, als könnten sie sich nichts Schöneres vorstellen, als auf diesem dämlichen Jubiläum rumzuhängen.
„Hierhin, Harry", rief Hermine und winkte ihm von einem der Tische aus zu. Ergeben drängte er sich durch die Menschenmassen und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
„Morgen", sagte er.
„Hallo, Onkel Harry", sagte Liv vergnügt.
„Morgen", schmatzte Julia und steckte sich einen Löffel Haferschleim in den Mund.
„Iss", sagte Hermine nur. Harry folgte ihr willenlos. Er wusste, dass sie recht hatte. Er war seit der Trennung von Ginny wahrscheinlich der appetitloseste Mensch, den man sich vorstellen konnte, aber er wusste genau so gut wie Hermine, dass er essen musste. Er musste so viel in letzter Zeit. Aber er wollte einfach nicht mehr.
Missmutig begann er, an einem Toast herumzukauen und überlegte, dass Sirius und James wahrscheinlich schon wieder mit ihren Paten unterwegs waren. Ehrlich gesagt war er froh darum, denn sie schienen, mit Ausnahme von Emma, die einzigen von Ron und Hermines Kindern zu seinen, die eine leise Ahnung davon hatten, was zwischen ihm und Ginny passiert war.
„Schaut euch das mal an!", schrie Ron plötzlich.
„Psssst, schrei doch nicht so, Dad", meinte Julia und schaute sich unangenehm berührt in der Großen Halle um. Wenn man bedachte, dass es hier schon vorher geräuschvoll wie sonst selten in Hogwarts zugegangen war, war das nichts mehr. Überall reckten die Leute ihre Köpfe und riefen und schrieen und flüsterten, wohl in der Annahme, die Stimme dämpfen zu müssen, was das Zeug hielt.
Harry wandte sich verwundert um.
In der Tür stand eine junge Frau mit leicht verträumten Blick und zotteligen blonden Haaren. Sie sah aus, als hätte sie auch zufällig hier reingekommen sein können. Ihre Augen waren unnatürlich groß und um ihren leicht schmutzigen Hals baumelte eine Kette aus Butterbierkorken.
Aber der Grund des Aufruhrs war nicht etwa sie, sondern der Mann neben ihr. Oder eher die Tatsache, dass er neben ihr stand und einen Arm um sie gelegt hatte.
Lorrains Vater am Tisch neben Harry hatte seine Brille abgenommen und putzte nun wie verrückt.
„Habt ihr das gewusst?", fragte Ron verblüfft.
Hermine zog eine Augenbraue hoch. Dann sagte sie:
„Die beiden haben sich auf einem Seminar über Schrumpfhörnige Schnarchkackler kennengelernt. In Amerika."
„Woher weißt du das?", fragte Ron verdattert. Hermine zuckte die Schultern.
„Warum hast du mir das nicht gesagt?", verlangte Ron schmollend zu wissen, „vielleicht hätte ich ein Autogramm gewollt."
„Vielleicht? Sicher hättest du das", sagte Hermine. Ron schnaubte.
„Na also. Da weißt du es schon und erzählst es mir trotzdem nicht", regte Ron sich auf.
„Deshalb hab ich es dir nicht erzählt. Du siehst doch, was du jetzt für einen Aufstand machst!", wies Hermine ihn zurecht.
„Hättest du mir es gesagt, hätte ich nicht so reagieren müssen", gab er schmollend zurück.
„Du solltest ihn einfach mal als Lunas Freund sehen und nicht als diesen idiotischen Punkrocker", meinte Hermine bestimmt.
„Idiotisch? Sag mal, spinnst du? Idiotisch? Also wirklich! Er ist nicht idiotisch, er ist ein ... ein ..."
Er suchte eine Weile nach dem richtigen Wort, gab dann aber erfolglos auf und entschloss sich, Hermine zu erklären, dass er sämtliche Alben gesammelt hatte.
„Ich weiß", sagte Hermine, „wie könnte mir das entgehen?"
„Und trotzdem sagst du mir nichts?"
„Nein."
„Wieso? Wieso tust du das?"
Hermine seufzte entnervt.
„Mum, wer ist dieser Mann? Kennt Daddy ihn?", fragte Liv aufgeregt.
„Natürlich!", schrie Ron, „jeder kennt ihn! Weißt du wer das ist, Liv?"
Liv schüttelte den Kopf, war allerdings begeistert von der Aufregung rund um sie.
„Das ist ... das ist ..."
Wieder fiel ihm nicht das richtige Wort ein.
„Das ist Lunas Freund, Liv", half Hermine weiter. Ron schnaubte verächtlich.
„Er ist viel mehr als das", erklärte er.
„Ich habe auch eine Menge Freunde", verkündete Liv, „ich habe Rosemarie und Miranda und ..."
Sie zählte an den Fingern ab.
Luna hingegen schien die ganze Aufregung gar nicht richtig wahrzunehmen, sondern sah sich einfach in der Großen Halle um und hielt Ausschau nach einem freien Platz. Der Tisch neben ihnen war frei. Harry grinste. Ron wurde ganz nervös und begann, an den Fingernägeln zu kauen.
„Lass das", fauchte Hermine ihn an und Ron hörte augenblicklich auf.
Luna deutete kurz auf den freien Tisch und der Mann neben ihr nickte kurz. Er schaute zwar betont freundlich in die Runde und erwiderte den ein oder anderen Gruß oder ein Winken, jedoch schien ihn die Aufregung um seine Person nicht groß zu verunsichern. Luna kam immer näher.
„Da kommen sie", flüsterte Ron gespannt.
Hermine gab einen verächtlichen Laut von sich.
Schließen standen sie direkt vor ihnen.
„Hallo", sagte Luna lächelnd.
„Hallo Luna", keuchte Ron. Auch die anderen begrüßten sie freundlich.
„Bist du Lunas Freund?", fragte Liv schließlich.
„Ja, das bin ich wohl", meinte der Mann lächelnd.
„Das hier ist Allister", stellte Luna ihn nun vor.
„Ich weiß", sagte Ron schnell. Harry verbiss sich ein Lachen. Es war einfach zu komisch, wie Ron nervös auf seinem Stuhl hin und her rutschte.
„Hallo Harry!", begrüßte Luna nun Harry persönlich und strahlte ihn an, „wie geht es dir?"
„Ganz gut", log Harry und bemühte sich, zurückzulächeln. Er legte keinen gesteigerten Wert darauf, dass Luna auch noch von seinen Problemen erfuhr.
Während Luna und ihr Freund nun am Nachbartisch Platz nahmen und Ron Allister immer noch fasziniert anstarrte, legte sich das Getuschel in der Großen Halle allmählich. Zwar warfen die Leute noch hin und wieder bewundernde Blicke in Allisters Richtung, doch bemühten sie sich, dies unauffällig zu tun. Einige Schülerinnen drückten sich in der Nähe des Tisches herum, die Köpfe zusammengesteckt und tuschelnd. Es schien, als getrauten sie sich nicht, näher heranzukommen.
„Ich kann es immer noch nicht fassen!", murmelte Ron und schüttelte den Kopf, „Luna und der Leadsänger von Black Velvet!"
„Und was soll daran so merkwürdig sein?", meinte Hermine ungehalten, „er ist auch nur ein Mensch! Ob er jetzt der Leadsänger einer Punkrockband ist oder Pförtner im St. Mungo, was macht das für einen Unterschied?"
Ron jedoch schien sie gar nicht zu hören; er war wie weggetreten. Harry grinste.
Um fünfzehn Uhr am Nachmittag sollte die große Abschlussfeier offiziell eröffnet werden. Die Große Halle war für dieses Ereignis extra auf das dreifache ihrer normalen Größe erweitert worden, damit auch alle Gäste Platz fanden. Entlang der Wände hingen riesige Banner mit dem Wappen von Hogwarts, Girlanden aus Immergrün, auf denen kleine glitzernde Feen saßen, rankten sich überall und die gesamte Halle war gefüllt mit Tischen in den unterschiedlichsten Größen. Am Ende der Halle, schräg vor der Erhöhung, wo der Lehrertisch stand, war eine Art Bühne aufgebaut worden.
Bereits um halb fünf füllte sich der Raum mit Zauberern jeden Alters; Hermine hatte Harry genötigt, auch jetzt schon mitzukommen, obwohl er die letzte halbe Stunde lieber alleine in seinem Zimmer verbracht hätte.
Sie wühlten sich durch die Menge, um einen freien Tisch zu ergattern. Als sie endlich einen gefunden hatten, ließen sie sich erleichtert auf den Stühlen nieder.
Harry blickte sich um. Oben am Lehrertisch saß Dumbledore bereits auf seinem großen Stuhl. Er trug einen dunkelroten Umhang, der mit prächtigen Stickereien verziert war. Auf seinem Kopf saß der dazu passende Spitzhut. Dumbledore hatte die Fingerspitzen aneinandergelegt und beobachtete interessiert das Treiben in der Großen Halle.
Der Lärmpegel war nur vergleichbar mit dem während eines Quidditchspiels. Überall wuselten kleine Kinder umher, riefen ihren Eltern irgendetwas zu. Die Erwachsenen versuchten vergeblich, den Überblick zu behalten.
Irgendwo weiter hinten entdeckte Harry Cho. Sie stand mit ihrem Freund, Roger Davies, zusammen, und es sah ganz so aus, als hätten sie sich wieder vertragen, den sie hatten sich fest im Arm. Harry blickte weg.
„Da seid ihr ja!", rief jemand und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Es war Bill, der mit Fleur im Schlepptau zu ihnen herüberkam und strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Fleur hatte den kleinen Arthur auf dem Arm.
„Bill!", rief Ron erfreut und stand auf, um seinen ältesten Bruder zu begrüßen.
„Herrlich, wieder einmal hier zu sein!", meinte Bill uns sah sich um.
„'Arry", rief Fleur und drückte ihrem Mann den kleinen Arthur in die Hände, um Harry zu umarmen, „isch freue misch so se'r disch zu se'en! Claire schreibt ja so nett über disch, du wärest ein phantastischer Le'rer!"
Harry fragte sich, ob Claire das wohl ernst meinte; eigentlich war sie doch während seiner Unterrichtsstunden hauptsächlich damit beschäftigt, mit Gabriel zu tuscheln oder Brianna Borgin zu ärgern.
„Apropos", meinte Bill und gab seiner Frau seinen Jüngsten zurück, „wo ist Claire eigentlich?"
„Habt ihr sie noch nicht gesehen?", fragte Hermine. Fleur schüttelte den Kopf.
„Wir sind gerade erst angekommen", erklärte sie.
„Mum! Dad!", schrie plötzlich eine vertraute Stimme und der silberblonde Haarschopf von Claire wühlte sich durch die Menge, gefolgt von Emma und Lyn, „da seid ihr ja endlich!" Claire fiel ihren Eltern um den Hals.
„Hi Mum, Dad!", meinte Emma und umarmte ihre Eltern rasch.
„Sind Tonks und Remus schon da?", fragte Claire aufgeregt, „ich will doch endlich das Baby sehen!"
„Die kommen sicher bald", tröstete Bill seine Tochter.
„Ich habe noch einmal mit Sherryl und Jade gesprochen, wegen der Jugendorganisation von B.ELFE.R", sagte Emma gerade zu Hermine, „sie haben versprochen, noch einige andere Leute deswegen zu fragen."
Harry bemerkte, dass Lyn ein wenig verloren danebenstand. Claire war gerade damit beschäftigt, ihren Eltern Vorwürfe zu machen, dass sie sie nicht mitgenommen hatten, um Lily zu sehen, und Emma unterhielt sich mit ihrer Mutter wieder über B.ELFE.R; sie waren ganz versunken in ihre Diskussion.
„Kommen deine Eltern auch, Lyn?", fragte Ron, der ebenfalls bemerkt zu haben schien, dass Lyn nicht recht wusste, was sie tun sollte.
„Nein", erwiderte das Mädchen, „ich glaube nicht, dass sie großen Wert darauf legen würden, nach Hogwarts zu kommen." Harry bemerkte den bitteren Unterton in Lyns Stimme. Natürlich, dass Dudley in Hogwarts auftauchen würde war ein grotesker Gedanke.
„Wollt ihr euch nicht zu uns setzen?", fragte Ron, „es sind schließlich noch genug Stühle frei."
Bill, Fleur und die drei Mädchen nahmen die Einladung gerne an und Claire war kurz darauf in ein Gespräch mit Fred und George vertieft. Harry beobachtete sie mit gerunzelter Stirn und versuchte zu verstehen, was sie sprachen; er hatte das ungute Gefühl, dass Claire die Testperson für Fred und George machte, um ihre Scherzartikel in seinem Unterricht zu testen.
„Also, ich finde das Teil genial", meinte Claire leise zu ihren Onkels, „und Gabriel war auch ganz begeistert. Der Nachteil ist nur das mit dem Zauberstab, weil das eben auffälliger ist und außerdem können dann nur Schüler das Spuckrohr verwenden."
„Wir arbeiten daran", versicherte George grinsend, „aber danke für deine Beurteilung. Mal sehen, wir haben gerade noch etwas anderes in der Entwicklung. Vielleicht haben wir es bis Weihnachten soweit, dass du es im nächsten Halbjahr auch für uns testen kannst."
„Klar, mach ich doch gerne", erwiderte Claire grinsend.
Harry beschloss, das Gehörte einfach zu vergessen; schließlich konnte ihm niemand einen Vorwurf machen, wenn er gewisse Dinge in seinem Unterricht einfach nicht bemerkte. Und er dachte schmunzelnd daran, dass er es gewesen war, der die Zwillinge mit dem Startkapital für ihren Laden versorgt hatte.
Als Harry sich erneut aufsah, erblickte er zwei weitere vertraute Gesichter, die die Große Halle betreten hatten und nun in ihre Richtung kamen.
„Oma und Opa!", quietschte Liv begeistert und hüpfte von ihrem Stuhl herunter. Sie rannte Mr. und Mrs. Weasley entgegen und sprang ihrer Großmutter mit einem Satz in die Arme.
„Oh, Mum und Dad", meinte Ron und strahlte über das ganze Gesicht.
„Hallo ihr Lieben!", sagte Mrs. Weasley und winkte in die Runde. Es gab ein großes Hallo, weil jeder jeden zuerst begrüßen wollte, doch schließlich fanden auch Rons Eltern noch einen Platz an dem großen Tisch.
Wenige Minuten später sah Harry Dean und Parvati gefolgt von Lavender, Seamus und ihren Kindern die Große Halle betreten. Zum Glück kamen sie nicht zu ihnen herüber; Harry hatte keine Lust, Lavender und Parvati ausgeliefert zu sein, die ihn zweifelsohne schrecklich bemitleiden würden und ihm die besten Tipps und Tricks zur Bekämpfung von Liebeskummer verraten würden.
Und dann betrat noch jemand die Große Halle und Harry hatte augenblicklich wieder einen dicken Kloß im Hals. Er wünschte sich, in seinem Bett zu liegen, mit der Decke über den Kopf gezogen.
Hermine hatte seinen Blick bemerkt und seufzte.
„Du bleibst hier!", flüsterte sie ihm warnend zu, als habe sie seine Gedanken erraten. Harry nickte ergeben.
Als Ginny an ihren Tisch trat, ging die Begrüßungsrunde von neuem los. Ginny nahm zwischen ihrer Mutter und ihrem ältesten Bruder Platz und versuchte ebenso wie Harry, den Blickkontakt zu vermeiden.
Von dem Gespräch am Tisch bekam Harry nichts mit. Er fühlte sich, als sein Eiswasser in seinen Magen gegossen worden. Warum nur war er nicht im Bett geblieben? Warum? Missmutig starrte er vor sich hin, sodass er zunächst nicht bemerkte, das sich eine weitere Familie dem Tisch genähert hatte. Erst als Liv beigeistert: „Rosiiieee!" quietschte, sah er auf.
Neville und Hannah waren an ihren Tisch herangetreten.
„Hi Harry!", sagte Neville lächelnd.
„Hi", erwiderte Harry.
„Neville!", rief Ron erfreut, „schön, dass ihr kommt!"
„Ja, wir sind ein bisschen später als geplant", meinte Hannah, „aber es ist immer so eine Tortur, Rosemarie reisefertig zu machen."
„Wem sagst du das!", seufzte Hermine.
Neville und Hannah ließen sich am Nachbartisch nieder, da es am Tisch der Weasleys inzwischen einfach zu voll war.
„Sie sind da!", kreischte Claire plötzlich aufgeregt und sprang auf. Harry wandte sich um. Soeben hatten Lupin und Tonks den Saal betreten und kämpften sich nun durch die Menschenmassen zu ihnen durch.
„Wo ist das Baby? Ich will das Baby sehen!", rief Claire aufgeregt.
„Hallöchen!", strahlte Tonks. Ihre Haare waren heute cyanblau und hatten ein äußerst strubbeliges Aussehen. Sie trug einen weißen flauschigen Pullover und eine Jeans unter ihrem hellgrauen Umhang. Lupin stand neben ihr und strahlte nicht minder.
„Darf ich das Baby sehen?", fragte Claire aufgeregt. Tonks lachte und reichte ihr das kleine Bündel, in dem vermutlich Lily lag. Claire bekam große Augen. „Ist die süüüß!", rief sie begeistert. Auch Emma und Lyn waren nun neugierig geworden und begutachteten nun ebenfalls das Baby.
„Wir setzen uns an den Nachbartisch zu Neville und Hannah", sagte Lupin.
Um fünf Uhr war die Große Halle zum Bersten voll. Inzwischen hatte wohl jeder einen Platz gefunden, und alle warteten nur noch darauf, dass die Feier eröffnet wurde. Dann erhob Dumbledore sich oben am Lehrertisch von seinem Stuhl. In der Halle wurde es langsam still. Dumbledore lächelte in die Runde.
„Herzlich Willkommen!", sagte er und breitete die Arme aus, „ihr alle wisst, weshalb wir hier sind; unser gutes altes Hogwarts feiert in diesem Jahr sein 1234-jähriges Jubiläum. Ich weiß, wie hungrig ihr alle seid, deshalb will ich euch auch gar nicht weiter mit großen Reden langweilen. Genießt die Feier und lasst es euch schmecken! Hiermit erklären ich das Fest als eröffnet!"
Die Tische vor ihnen füllten sich sofort mit den herrlichsten Speisen und die meisten schlugen sofort zu. Harry nahm sich ebenfalls etwas zu essen, doch egal wie köstlich die Speisen auch waren, sie wollten ihm nicht wirklich schmecken.
Nachdem alle sich den Bauch so voll geladen hatten, dass absolut nichts mehr hineinging, verteilte sich die Gesellschaft allmählich. Im Eingangsbereich der Großen Halle, dort wo keine Tische standen, spielten die jüngeren der Kinder und auch Hermine machte sich mit ihren Sprösslingen und Nevilles Tochter auf den Weg dorthin. Emma, Claire und Lyn verschwanden irgendwann auch; sie wollten zu Gabriel. Ron setzte sich hinüber zu Neville und tauschte mit ihm Vaterprobleme aus und Bill und Fleur gingen hinüber zu einem Tisch, wo ein paar alte Klassenkameraden von Bill saßen. Fred und George verschleppten Sirius und James wieder in irgendeine dunkle Ecke und Mr. und Mrs. Weasley verschwanden auch bald irgendwo anders hin.
Schließlich saßen nur noch Harry und Ginny am Tisch. Sie schwiegen beide und sahen sich nicht an. Harry wäre am liebsten aufgestanden und auch gegangen, doch er wäre sich dabei blöd vorgekommen. So schien es auch Ginny zu gehen, denn sie machte ebenfalls keine Anstalten, sich zu erheben.
Harry blickte hinüber zum Eingangsbereich, wo Hermine mit Julia, Liv, Rosemarie und dem kleinen Arthur am spielen war. Sirius und James hatten offenbar beschlossen, ihrer Mutter bei der Kinderbetreuung behilflich sein zu müssen, denn auch sie sprangen nun zwischen den Kindern umher.
Gerade sah Harry, wie Malfoys kleiner Sohn Abraxas Liv an den Haaren zog. Er schien es wirklich auf sie abgesehen zu haben. Liv schrie auf und begann zu weinen. Hermine begann sofort, den kleinen Abraxas auszuschimpfen, während Liv mit Julia im Schlepptau zu ihrem Vater lief, um sich bei ihm auszuheulen.
„Daaad, der blöde Junge hat mir schon wieder wehgetan!", schluchzte sie und Ron strich ihr tröstend über das Haar.
„Ich glaube, ich muss mir Malfoy noch einmal vornehmen!", sagte er grollend und wollte aufstehen.
In diesem Moment gab es einen lauten Knall und die Eingangstür der Großen Halle flog mit einem Krachen auf. Alle wandten sich um.
