Vielen Dank für die Reviews! Ich würd mich freuen, wenn ich vllt nochn paar mehr bekommen könnte

LG
Lily

Ferien im Fuchsbau

Lyns Augen tränten ein wenig und sie musste mehrere Male blinzeln, bevor das riesige, windschiefe alte Gemäuer vor ihr deutlich Gestalt annahm. Die Schneemassen, die sich auf dem Dach angesammelt hatten, machten den Eindruck, als würden sie das Haus unter ihnen problemlos dem Erdboden gleichmachen können.

Aber nach fast einem halben Jahr in der magischen Welt schien der Gedanke, dies könnte wirklich passieren, einfach nur unsinnig.

„Geht's dir gut?", fragte Harry neben ihr. Lyn nickte. Sie musste zugeben, dass Seit-an-Seit-Apparieren nicht gerade angenehm war, ehrlich gesagt kam sie sich etwas zermatscht vor, allerdings ging es ziemlich schnell. Sie sah sich erneut um. Neben ihr wankte ein Schild, auf dem sie mit Mühe „Der Fuchsbau" entziffern konnte.

Die Nacht war sternenklar und hinter den Fenstern flackerte Licht. Sie konnte Schemen erkennen und Emmas wuscheligen Haarschopf darunter ausmachen. Claires Stimme war so laut, dass man bis zu Lyn hören konnte, wie fürchterlich falsch sie sämtliche Weihnachtslieder grölte. Sie wusste sofort, weshalb sie dieses Haus liebte. Nichts war gegensätzlicher zu dem Häuschen im Magnolienring, das im Moment so schlimm in allen Farben blinkte, dass man froh sein konnte, sich nachts ohne Sonnenbrille zurecht zu finden.

Harry sah belustigt, wie Lyn so fasziniert den Fuchsbau musterte. Man konnte nicht anders, als sich direkt dort wohl zu fühlen. Der Ligusterweg war nicht weit entfernt vom Magnolienring und Harry kannte die kleine Vorstadt zur Genüge um zu wissen, was für ein Unterschied der Fuchsbau im Gegensatz zu den weißen Reihenhäuschen mit ihren perfekten Vorgärten war.

„Es ist einfach fantastisch", murmelte Lyn beeindruckt.

„Ja, das finde ich auch", sagte Harry schmunzelnd, „aber lass uns erst mal reingehen. Ich glaube, du wirst schon sehnlichst erwartet."

Harry öffnete die Tür und Lyn folgte ihm zaghaft.

Der Fuchsbau war angenehm warm. Um sie herum lag der weihnachtliche Geruch von Zimt und Vanille und sie hörte von überall her Stimmen. Wahrscheinlich war es genau das, was das Haus so sehr von ihrem eigenen Zuhause unterschied. Nicht, dass es im Magnolienring nicht warm gewesen wäre. Nein, ihre Mutter drehte die Heizungen derart auf, dass sie im Bikini durch das Haus laufen könnte und man Angst haben musste, dass der Schnee im Garten wegtaute. Auch hatte Cloe überall mit kleinen, bestickten Duftbeutelchen für den richtigen Duft gesorgt. Viel eher war es das Leben, das sich hinter diesen alten Mauern verbarg. Sie spürte es förmlich.

„Wir sind dahaaaaa!", schrie Harry laut durch die Diele. Lyn zuckte zusammen. Emma und Claire kamen so schnell die alte Treppe heruntergerannt, dass Lyn Angst hatte, sie würden sich noch überschlagen. Doch hinter der Tür schien man nichts bemerkt zu haben, denn von dort drang immer noch Gelächter und Schreie in die Diele.

„Du bist da!", rief Claire freudig und umarmte sie stürmisch.

„Lass mich auch mal", hörte sie Emmas Stimme hinter sich.

„Jetzt lasst sie doch erst einmal ankommen", mischte sich Harry ein.

„Es sind Ferien, du kannst uns nicht herumkommandieren", meinte Claire und grinste schelmisch.

„Also hör mal, als ob ich das je tun würde", empörte sich Harry. Claire zuckte nur vielsagend die Schultern.

„Hallo Lyn", begrüßte Emma nun Lyn, „sollen wir dein Zeug direkt mit hochnehmen?"

„Kommt, das mach ich schon", bot Harry bereitwillig an. Anscheinend hatte er das Gefühl, seine Liebenswürdigkeit unter Beweis stellen zu müssen.

„Wie überaus nett von dir, Harry", flötete Claire. Harry streckte ihr die Zunge raus und ließ Lyns Gepäck mit einem Zauberstabschlenker mühelos die Treppe vor sich hoch schweben.

„Lasst uns reingehen", schlug Emma vor und öffnete die Tür zu dem Raum, aus dem die Stimmen kamen.

Sie traten in eine behagliche Küche ein. Emmas Mutter stand vor dem Ofen, aus dem es köstlich nach frischgebackenen Plätzchen duftete. An einem Holztisch saß Emmas Vater zusammen mit Claires Eltern. Die Tür zum Zimmer daneben war geschlossen, allerdings konnte man trotzdem lautes Kindergeschrei vernehmen.

Noch schien sie niemand bemerkt zu haben.

„Hallo", sagte Lyn scheu und blickte unsicher in die Runde.

Emmas Mutter schaute auf.

„Oh, du bist schon da, Lyn", sagte sie und klopfte eilig das Mehl an ihrer gepunkteten Schürze ab. „Wir haben euch gar nicht kommen gehört." Sie lächelte entschuldigend. „Schön, dass du gekommen bist", sagte sie freundlich und drückte Lyn herzlich die Hand.

„Vielen Dank, dass ich über Weihnachten hierher kommen durfte, Mrs. Weasley", meinte Lyn höflich.

„Oh, du brauchst mich nicht Mrs. Weasley zu nennen", lachte Emmas Mutter, „ich glaube, du wärst schlecht beraten, wenn du das immer tun würdest. Schließlich bin ich nicht die Einzige hier, die auf diesen Namen hört."

„In Ordnung", sagte Lyn lächelnd. Ihr gefiel es von Minute zu Minute besser in dem alten Haus. Irgendwie kam es ihr vor, als wäre das alles, was sie sich jemals gewünscht hatte. Sie dachte an ihr perfektes Zuhause, an ihre grässlichen Eltern und das grelle Geblinke des Weihnachtsbaums und das Gesinge der elektrischen Weihnachtsengelchen. Allein der Gedanke daran ließ ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen.

„'Allo Lyn", sagte Claires Mutter, die sich soeben erhoben hatte. Sie hatte die unverwechselbare Schönheit Claires. Überhaupt sah sie aus, als wäre sie gerade aus einem Hochglanzmagazin gesprungen. Allerdings hatte sie einen Gesichtsausdruck, der eher aussah wie einer der Frauen, die in einem Werbespot für Waschmittel fast daran vergingen, dass die Wäsche ihrer Kinder nicht so strahlend weiß war wie die der Klassenkameraden. Lyn musste unwillkürlich grinsen.

„Meine kleine Claire 'at mir ja schon so viel von dir erssählt. Natürlisch 'aben wir uns bereits auf diesem Jubiläum gese'en, aber isch fürschte, die gansse Aufregung ..."

Sie schüttelte entschuldigend ihren Kopf. „Isch freue misch so, dass wir uns endlisch einmal nä'er kennen lernen."

Claire verdrehte die Augen.

„Ist ja schon gut, Mum", seufzte sie.

„Was ist denn, Chèrie?", fragte ihre Mutter.

„Es ist Lyn, und nicht der Zaubereiminister oder sonst wer", erklärte Claire sachlich.

Wieder schüttelte ihre Mutter den Kopf.

„Du bist übermüdet, Chèrie", stellte sie leidend fest.

„Sie ist immer so. Damit musst du dich einfach abfinden", sagte ihr Mann lachend und stand zusammen mit Emmas Vater auf. Er reichte Lyn die Hand.

„Aber in einem hat Fleur wahrscheinlich Recht: Auf dem Jubiläum hatten wir wegen dieser ganzen Kammergeschichte keine Zeit, dich kennen zu lernen, und vor allem, uns ordentlich bei dir zu bedanken, dass du unseren Sohn gerettet hast."

Lyn errötete leicht.

„Ach, das war ich doch nicht allein. Ich meine, ich hab eigentlich gar nichts gemacht", sagte sie geschmeichelt.

„Nun, da hat uns Claire aber was anderes erzählt", lachte er, „ohne ihre Zauberstäbe hätten Harry, Ginny und Hermine reichlich wenig ausrichten können, oder?"
Lyn zuckte verlegen die Schultern.

„Ich heiße jedenfalls Bill, aber das weißt du ja wahrscheinlich schon", sagte er lächelnd.

„Ja", sagte sie, obwohl es ihr ziemlich dämlich vorkam. Sowieso war die ganze Situation ihr irgendwie unangenehm. Sie stand nicht allzu gerne im Mittelpunkt, das verunsicherte sie nur.

„Na ja, wir gehen jetzt besser", sagte Emma, der offenbar aufgefallen war, dass Lyn sich nicht so ganz wohl fühlte, und zog sie hinter sich her.

„Hey, ich wollte vielleicht auch noch hallo sagen!", rief Emmas Vater aus dem Hintergrund, „ich heiße Ron!"

„Boah, manchmal sind sie echt so was von nervig", beschwerte sich Claire, als sie in der Diele standen.

„Ich finde sie nett", beruhigte Lyn sie.

„Bis übermorgen hast du spätestens deine Meinung geändert", versicherte Claire ihr und rollte mit den Augen, „schau dir nur meine Mum an."

„Also, ich hätte schon mal gern hallo gesagt. Immerhin bin ich hier sozusagen der ... Hausherr!", drang es empört aus der Küche.

„Oder meinen Dad", fügte Emma kichernd hinzu, „manchmal denkst du echt, er ist ein motziges Kleinkind."

Lyn lächelte gequält.

„Schaut euch mal meine Eltern an, dann wisst ihr, wie gut ihr's mit euren habt", sagte sie.

„Na ja, deine Eltern sind vielleicht ein bisschen anders", fing Emma an.

„Sie sind nicht anders, sie sind schrecklich", unterbrach Lyn sie, „Emma, du kannst das ruhig zugeben, ich hab mich damit abgefunden."

Emma zuckte die Schultern.

„Was macht ihr denn noch hier?", fragte eine Stimme hinter ihnen. Die drei fuhren herum, doch es war nur Harry, der die Treppe herunterkam.

„Wir hauen vor unsren Eltern ab", erklärte Claire leidend.

„Was haben sie denn gemacht?", fragte Harry erstaunt.

„Sie probieren, liebenswürdig zu Lyn zu sein", meinte Claire.

„Oh, na, das ist doch nett", sagte Harry, „wartet erst mal, bis Molly anfängt, nett zu sein. Da werden wir Lyn zur Tür rausrollen müssen." Er lachte leise.

„Molly ist unsere Oma", sagte Emma.

„Vielleicht sollten wir zur ihr und den andern Verrückten ins Wohnzimmer gehen", schlug Claire vor.

„Tsss", machte Emma missbilligend, „da bist du ja dann genau richtig." Claire grinste.

„Wo ist Ginny?", fragte Harry.

„Sie ist eine der ‚anderen Verrückten'", erklärte Emma sachlich.

„Ach, so ist das. Na dann komm ich mal mit euch", meinte Harry und scheuchte die drei Mädchen durch die Diele in ein anderes Zimmer.

„Sie spielen Keiner-darf-den-Boden-berühren", erklärte Ginny, die auf dem Teppich vor dem Kamin mit Adam im Arm saß.

„Oh", sagte Harry.

Die Tischdecke und ein Kerzenständer lagen auf dem Boden und sämtliche Spielsachen waren über den Haufen gerannt. Auf den knautschigen Sesseln und Sofas turnten schreiende Kinder, Claires Bruder Arthur saß sogar auf dem Schrank.

„Passt auf die Vase auf!", schrie eine kleine rundliche Frau und hastete auf einen der Zwillinge zu, der auf ein Bücherregal geklettert war. Doch mit einem lauten Scheppern zerbrach die Glasvase auf dem Boden.

„Uuups", machte der Junge grinsend.

„Findet ihr das nicht etwas gefährlich?", fragte Harry ein wenig bekümmert.

„Mum schon", sagte Ginny und deutete auf ihre Mutter, die nun Arthur vom Schrank hob und ihn auf den Tisch setzte.

„Oma, das ist unfair", beschwerte sich Julia und hüpfte auf den nächsten Sessel, „du darfst ihm nicht helfen. Das ist gegen die Regeln!"

„Nun hör aber mal, Häschen! Er fällt da noch runter!", rechtfertigte sich ihre Großmutter.

„Wie ist er überhaupt da hochgekommen?", fragte Claire interessiert.

„Ich weiß es nicht. Da ist man mal eine Minute auf der Toilette und dann so was! Es ist wirklich nicht zu fassen!", schnaufte sie, „James, nein, lass das!"

Sie rannte auf den anderen Zwilling zu, der sich gerade am Kronleuchter hoch zu hangeln versuchte.

„JETZT REICHT ES!", schrie Mrs. Weasley entnervt, „RUNTER VON DEN MÖBELN! ALSO SO WAS! Spielt doch VERSTECKEN!"

Augenblicklich fing Adam an zu heulen.

„Psssst, mein Schatz", versuchte Ginny ihn zu beruhigen. Dann wurde die Tür zur Küche aufgerissen.

„Was zum Teufel ist denn hier los?", rief Hermine und starrte entgeistert auf den Spielort ihrer Kinder, „runter vom Schrank, Sirius! Lass den Kronleuchter in Ruhe, James! Hör auf dem Gehüpfe, Liv! Runter vom Tisch, Arthur und Jack! Himmel, wie alt seid ihr eigentlich?" Sie wartete einen Moment, bis die Kinder ihre Anweisungen befolgt hatten, dann schloss sie die Tür wieder.

Mrs. Weasley schnaubte noch das ein oder andere Mal, aber Ginny hatte ihren Zauberstab gezückt und in Windeseile stand alles wieder ganz auf seinem Platz.

Die kleine Frau ließ sich erschöpft auf einem der Sessel nieder.

„So geht es hier immer zu", flüsterte Claire Lyn zu, „du wirst dich also auf eine geruhsame Nacht einstellen müssen."

Lyn lachte. Sie mochte es. Ihr gefiel das lebhafte Treiben hier besser als das penible Schweigen und die Stimmen der Talkshowmoderatoren bei ihr zu Hause. Insgesamt gefiel ihr im Fuchsbau eigentlich alles besser. Das Wohnzimmer der Weasleys sah mit dem offen Kaminfeuer, dem wohligen Kerzenlicht und den knautschigen Sitzgelegenheiten einfach angenehmer aus. Es war nicht nobler als im Magnolienring, aber es war einfach gemütlicher. Die Fachwerkwände und die Familienfotos in den hellen Holzschränken, die weihnachtlichen Girlanden und der warme Holzfußboden, allein das war es schon. Ihre Mutter hatte das Wohnzimmer ganz anders eingerichtet. Überall standen goldgerahmte Fotos von Lyn, auf dem Glastischchen lagen Spitzendeckchen, die ihre Großmutter gestickt hatte, die Wände waren mit einer altmodischen Blümchentapete tapeziert und der Flachbildfernseher flimmerte ungefähr genauso lange wie die Weihnachtsbeleuchtung im Garten brannte.

„Oh, Kinder, ich habe euch ja gar nicht kommen sehen", sagte Mrs. Weasley plötzlich, und schaute sie überrascht an. Schnell stand sie auf und schritt auf Lyn zu. Sie strich sich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte sie an. Lyn fand sie äußerst sympathisch. Sie hatte so etwas Nettes, Gutmütiges. Fast so was wie eine Vorzeige-Oma, dachte Lyn bei sich.

„Hallo Lyn", sagte sie freundlich und musterte Lyn eine Weile abschätzend, „hast du Hunger, Kind? Du siehst so dünn aus. Soll ich dir etwas Kartoffelsuppe warm machen? Die Reise war sicher anstrengend, komm mit in die Küche und setz dich erst einmal."

„Nein danke, Mrs. Weasley, im Augenblick habe ich wirklich keinen Hunger", sagte Lyn höflich.

„Wirklich nicht? Aber ich mache ohnehin bald Abendessen. Dann isst du dich mal so richtig satt. Was hättest du denn gerne zum Nachtisch? Pudding? Eis?", fragte sie und ihre Augen strahlten.

„Machen Sie sich meinetwegen keine Umstände", sagte Lyn.

„Ach was, das macht mir doch keine Umstände, Liebes. Sag nur, was du willst", meinte Mrs. Weasley eifrig.

„Mum, nun lass sie schon", rief Ginny vom Boden aus, nachdem sie Adam beruhigt hatte.

„Ist das ein schönes Weihnachten dieses Jahr", lächelte Mrs. Weasley vergnügt und summte fröhlich vor sich hin. Emma und Claire warfen sich bedeutungsschwere Blicke zu.

„Wir gehen besser mal hoch", bestimmte Emma.

„Ich geh mit", quietschte Liv schnell.

„Nein, du bleibst hier bei mir. Deine Schwester möchte ein bisschen Ruhe haben", sagte Mrs. Weasley sachte.

„Oh", sagte Liv enttäuscht, dann hellte sich ihre Miene wieder auf und sie verkündete: „Ich bin ruhig!"

„Nein, Liebes, Onkel Harry liest dir jetzt erst einmal vor. Bring ihm das Buch von Flubby, dem Flubberwurm", sagte Mrs. Weasley und hatte offenbar genau ins Schwarze getroffen.

„Oh ja, Onkel Harry, lies mir vor! Bitte!", rief sie und zog ein Buch unter dem Tisch hervor, „ich habe jetzt auch ein neues Buch davon." Sie grinste stolz.

„Ich will auch", rief Jack und rutschte zu Ginny herüber. Harry sah sie bittend an, doch sie grinste nur.

„Tja, Onkel Harry, da musst du wohl hinhalten."

Harry seufzte, setzte sich zu Julia auf die Couch und begann vorzulesen.

„Also, tschüss, wir gehen dann!", rief Claire und zog Lyn und Emma mit sich aus dem Raum.

„In einer Stunde gibt es Abendessen", rief Mrs. Weasley ihnen hinterher.

„Puuh", machte Claire, als sie erneut in der Diele standen, „jetzt haben sie dich wohl alle begrüßt – außer Opa."

In dem Moment öffnete sich die schwere Eichenholzhaustür geräuschvoll und ein Mann mit verschneitem Spitzhut trat herein.

„Oh, hallo Kinder", sagte er lächelnd und klopfte sich den Schnee vom Umhang, „letzter Arbeitstag heute. Wann gibt's Essen?" Er sog die Luft ein, aber es war nichts anderes zu riechen als der Duft von Plätzchen und Tanne. Ohne eine Antwort abzuwarten begrüßte er Lyn herzlich:

„Hallo Lyn, schön, dass du da bist." Er wollte ihr die Hand schütteln, doch Claire riss Lyn eilig mit sich die Treppe hoch.

„Bis später dann, Opa", rief sie grinsend und die Mädchen verschwanden im Treppenhaus.

„Mein Zimmer ist ganz oben", erklärte Emma, „Mum und Dad haben es diesen Sommer umgebaut. Früher war es viel kleiner, aber jetzt passen wir alle rein."

Sie stiegen bis ins oberste Stockwerk und Emma öffnete die einzige Tür, die sich dort befand. Es führte noch eine Leiter nach oben zum Dachboden, aber sonst befand sich dort nichts mehr.

Lyn folgte den beiden in ein geräumiges Zimmer, das Ähnlichkeit mit denen hatte, die regelmäßig in einem Magazin ihrer Mutter abgebildet wurden. Meistens ging es diesen Artikeln darum, wie man alte Häuser geräumig renovieren konnte. Cloe fand das schrecklich. Ihrer Meinung nach war es völlig sinnlos, ein altes Haus zu renovieren. Entweder man fand sich damit ab, dass es eben alt und verkommen war, oder man zog um. Aber aus Armut eine Tugend zu machen fand sie lächerlich.

Doch Emmas Zimmer gefiel Lyn ausgesprochen gut. Hier gab es ebenfalls Fachwerkwände und der Raum war außerordentlich hoch. Ungefähr einen Meter unter der holzverschalten Decke war in einer Nische ein Bett angebracht, zu dem eine Leiter heraufführte. Auf dem Boden lagen zwei Matratzen und in den Wandregalen stapelten sich haufenweise Bücher. An den Balken befanden sich gläserne Kerzenhalter, in denen smaragdgrüne Kerzen brannten und das ganze Zimmer war so ordentlich, wie man es bei Emma erwartete. Sämtliche Kisten und Kästen waren beschriftet und bei genauerem Hinschauen fiel ihr sogar auf, dass die Bücher in alphabetischer Reihenfolge geordnet waren.

„Wow", sagte Lyn beeindruckt und sah sich um, „tolles Zimmer."

Emma lächelte stolz.

„Und, bist du immer noch froh, zu uns gekommen zu sein?", fragte sie etwas besorgt.

Lyn ließ sich seufzend auf die unberührt aussehende Matratze fallen.

„Das kannst du glauben", sagte sie. Emma nickte nur. Lyn glaubte, dass weder Emma noch Claire scharf darauf waren, sie praktisch dazu zu zwingen, alles über ihre Horrorfamilie zu berichten. Erstens, weil sie wahrscheinlich dachten, dass Lyn nicht darüber sprechen wollte, was nur teilweise stimmte, und zweitens, weil sie sicherlich gar nicht wissen wollten, wie unterschiedlich Eltern sein konnten.

„Ich freu mich schon auf Weihnachten", wechselte Claire schnell das Thema und plumpste schwungvoll auf ihre Matratze, „ich finde, es ist irgendwie das beste am ganzen Jahr, oder? Ich meine, ich freue mich immer so sehr, hier hin zu kommen. Es ist endlich mal was anderes, n bisschen mehr Leben als bei uns daheim." Sie seufzte glückselig.

„Das stimmt allerdings", stimmte Lyn ihr deutlich fröhlicher zu. Es würde nichts nützen, wenn sie sich die ganze Zeit mit den Gedanken herumschlug, wie es im Magnolienring zugehen würde.

Von unten drangen gedämpfte Schreie und Gelächter nach oben.

„Mum kriegt bald die Krise", lachte Emma, „obwohl, sie hat eigentlich sehr starke Nerven. Wird sich wahrscheinlich in den nächsten Tagen ändern." Sie kicherte ein wenig.

„Darauf kannst du Gift nehmen", meinte Claire grinsend, „wenn Fred und George erst kommen ..." Sie zog bedeutungsschwer die Luft ein.

„Eure Onkels kommen auch noch?", erkundigte sich Lyn.

„Ja, Fred und George mit Angelina und Katie und unser anderer Onkel, Charlie. Du kennst ihn nicht, er ist selten da. Er ist Drachenforscher in Rumänien, da hat er nicht so viel Zeit. Aber er ist ziemlich cool. Ich meine, er sieht die Sachen gelassener als unsere Eltern. Es hieß ja, sie wären auch mal vorher etwas entspannter gewesen, aber wenn ich mir Mum und Dad manchmal so anschaue. Letztens sperre ich Arthur und sie in ihrem Zimmer ein, ich meine, keine große Sache, sie haben ja noch geschlafen, war ja eh egal und Arthur ging mir so was von auf den Nerv. Echt, als ob das so schlimm gewesen wäre, aber dann fängt die kleine Kröte dermaßen an zu plärren, Dad ist ausgerastet, ich dachte, ich müsste das St. Mungo benachrichtigen."

„Bitte, Claire, verschone uns mit deinen Schandtaten", sagte Emma geringschätzig.

„Ich mein ja nur", sagte Claire.

„Ich weiß."

„Ja, ich mein ja nur." Claire wusste genau, wie sie andere Leute auf die Palme bringen konnte, aber Emma war mittlerweile immun gegen solche Provokationen.

„Was ich eigentlich sagen wollte", begann sie erneut.

„Eigentlich wolltest du nur sagen, dass Charlie dich besser verstehen würde als deine Mum oder dein Dad, wenn du ihn zusammen mit einem schreienden Kleinkind einsperren würdest", vollendete Emma den Satz.

„Woher wusstest du das?", fragte Claire gespielt verblüfft.

„Eingebung."

„Jetzt im Ernst?"

„Ja, sieh mal einer an."

„Du bist zu intelligent für diese Welt", stellte Claire fest.

Lyn fragte sich, wie sie es eigentlich solange zusammen in einem Haus aushalten konnten, aber sie wusste, dass es einfach Claires Art von Humor und Emmas Ruhe waren, die von ernsteren Streitereien abhielten.

„Ich rieche ... Bratkartoffeln", verkündete Claire.

„Sie will uns mästen", beschwerte Emma sich.

„Natürlich will sie das. Nachdem ich wieder nach Hogwarts komme, werde ich mich chronisch unterernährt fühlen", meinte Claire, „falls ich nicht an Weihnachten platze."

„Auf dich wird sie es besonders abgesehen haben", belehrte Emma Lyn. Lyn sah sie fragend an.

„Unsere Oma", lachte Claire, „sie hat es ja schon probiert, oder? Ich meine, mit dem Nachtisch. Mir persönlich wäre es ganz lieb gewesen, du hättest dich für Schokopudding entschieden. Mum macht nämlich nie Pudding. Sie denkt, Pudding wäre zu schwer. Sie mag lieber Mousse au chocolat. Aber ich glaube, sie mag es nur lieber, weil es eben französisch ist. Im Grunde ist sie gegen das meiste, was englisch ist. Vor allem gegen das Wetter. Wobei, ich bin mir gar nicht sicher, ob Pudding überhaupt englisch ist. Ich meine, andere Leute essen doch auch Pudding. Aber Mousse au chocolat ist halt wirklich französisch, das muss es sein. Das hört man ja schon am Namen. Gegen Eis hab ich natürlich auch nichts einzuwenden, aber ein netter Schokoladenpudding, das ist doch schon was, oder? Nicht, dass ich mir zu viel aus Pudding machen würde –"

Doch das Klopfen an der Tür beendete Claires endlosen Sermon über Schokoladenpudding.

„Was gibt's?", rief Emma.

Die Tür wurde vorsichtig geöffnet und die Zwillinge schoben ihre Köpfe herein.

„Seit wann klopft ihr an?", wunderte sich Emma.

„Seit du einen Gast hast", sagte der eine, von dem sich Lyn beinahe sicher war, dass er James hieß. Allerdings konnte man das bei Zwillingen nie so hundertprozentig sagen.

„Wie freundlich von euch", meinte Emma misstrauisch, „also, was wollt ihr?"

„Allgemein oder speziell?", fragte der andere.

„Sirius, bitte, reiß dich zusammen", schnaubte sie.

„Okay, okay. Es gibt gleich Essen", sagte er und hob die Arme hoch.

„Schön, wir kommen."

Die beiden blieben ungerührt stehen.

„Was ist denn noch?"

„Können wir vielleicht noch irgendetwas für euch tun?", fragte James und schaute sie unschuldig an.

„Was soll das?" Emma war aufgestanden.

„Wir möchten nur nett sein", sagte Sirius und klimperte mit den Augenlidern.

„Klar."

„Dann eben nicht", sagte James leicht beleidigt.

„Genau, dann eben nicht", wiederholte Emma.

„Tschühüüüss", säuselten sie und huschten betont unauffällig aus Emmas Zimmer. Die Tür wurde leise geschlossen.

„Was sollte das jetzt?", fragte Lyn verdutzt.

„Oh, sie wollten dir Glauben machen, dass sie brav und anständig und alles sind, und dann sitzt du, ohne dass du es überhaupt merkst, eines Morgens auf der Spitze vom Weihnachtsbaum oder so. Gefesselt und geknebelt", erklärte Emma.

„Ach so", meinte Lyn belustigt.

„Aber wir haben doch noch keinen Weihnachtsbaum. Den geht Opa doch erst morgen holen, oder?", erkundigte sich Claire. Emma verdrehte die Augen.

„Ja", sagte sie dann.

„Und wie soll Lyn dann darauf kommen?"

„Vergiss es."

„Okay. Ich hab Hunger", sagte Claire ungerührt.

„Dann lasst uns gehen, bevor mein Dad schon alles verputzt hat", schlug Emma.

Lyn musste feststellen, dass sogar das Essen im Fuchsbau irgendwie entspannend war. Es wurde viel gelacht und sie hatte nicht das Gefühl, als müsste sie sich übergeben, wenn sie jemandem beim Essen genau zusah. Jack und auch Liv und Arthur beschmierten sich zwar öfters, aber sie waren noch Kleinkinder, die es eben nicht besser wussten. Nicht so wie ihr Dad, der schon dreißig Jahre alt war und bei dem man eigentlich meinen müsste, er hätte es auf irgendeine Art und Weise lernen müssen, wie man weniger ekelerregend aß.

Außerdem waren alle freundlich zu Lyn. Ihre Fröhlichkeit war nicht aufgesetzt wie die Cloes und wenn jemand etwas fragte, dann aus Interesse und nicht aus einer Art lästigen Pflicht. Obwohl, ihre Eltern hatten es schlichtweg ausgelassen, überhaupt eine Frage zu stellen, weder aus Interesse noch aus Höflichkeit.

Nach dem Schokoladenpudding, den es schließlich doch noch gegeben hatte, war ihr merkwürdig schläfrig zu Mute.

Liv gähnte einige Male ausgiebig, wobei man den Inhalt ihres Mundes deutlich zu sehen bekam.

„Du gehst jetzt ins Bett", sagte ihre Mutter.

„Und Jack?", fragte sie beleidigt.

„Jack auch", antwortete ihr Dad. Jack rieb sich müde die Augen. Liv schaute zufrieden drein.

„In Ordnung", sagte sie und hüpfte von ihrem Stuhl, „aber erst zehn Minuten nach Jack."

Emma rollte mit den Augen. Hermine schnaubte und stand auf.

„Ihr geht jetzt alle drei schlafen. Jack, Julia und du auch, Liv."

„Aber Mum, ich bin schon sechs!", protestierte Julia.

„Isch bringe Arsser auch 'och", verkündete Fleur und erhob sich anmutig. Arthur hat anscheinend nicht dieselben Probleme damit wie Liv, sondern ließ sich ohne Widerrede von seiner Mutter davontragen.

Liv sträubte sich und entwand sich schnell dem Griff ihrer Mutter.

„Mum, wie lange ist es noch bis Weihnachten?", fragte sie flugs.

„Noch drei Tage, Liebes. Und wenn du jetzt ins Bett gehst, dann geht die Zeit schneller vorbei und wenn du wieder aufwachst, sind es nur noch zwei Tage", meinte ihre Mutter bereitwillig.

Und plötzlich, ohne dass sie es überhaupt richtig bemerkt hatte, freute Lyn sich das erste Mal nach langer Zeit wieder auf Weihnachten.

Lyn wälzte sich auf ihrer Matratze hin und her. Ihre Armbanduhr zeigte erst kurz nach sechs Uhr früh an, aber trotzdem war sie schon wach. Draußen war es noch dunkel und Claire neben ihr schnarchte das ein oder andere Mal geräuschvoll, während Emma leise im Schlaf vor sich hin murmelte.

Lyn probierte immer wieder einzuschlafen, nur leider wollte es nicht wirklich klappen. Im Haus war es still, was sie irgendwie komisch fand. Genauso komisch, als wäre es auf einmal in der Großen Halle still, oder abends im Gemeinschaftsraum. Es passte einfach nicht. Sie überlegte sich, ob sie einfach Emma oder Claire wecken sollte, verwarf diesen Gedanken aber direkt wieder und startete einen neuen Versuch, indem sie sich unter die warme Decke kuschelte. Es war so leise, dass sie die Wände knarzen hörte und etwas, von dem sie vermutete, dass es der Guhl war, von dem Emma erzählt hatte. Langsam wurde sie zu ihrer Freude ruhig vom ewigen Lauschen. Die Augenlider fielen ihr zu und das monotone Atmen von Emma und Claire machte sie schläfrig.

Gerade, als sie das Gefühl hatte, jede Sekunde in den Schlaf zu fallen, hörte sie leises Tapsen auf dem Dielenboden des Flurs. Sie zog sich die Decke über den Kopf und probierte angestrengt, das Geräusch zu überhören. Es würde wohl Krummbein oder Anouk oder sonst irgendein Tier sein, dass sich hier rumtrieb, überlegte Lyn.

Doch das Geräusch wurde lauter und die Schritte mischten sich mit leisem Kindergeflüster. In dem Moment, als sie das erkannte, wusste sie, dass es für jeglichen Versuch noch einmal Schlaf zu finden zu spät war. Sie rappelte sich hoch und schon ging die Tür auf und Liv und Jack spähten erwartungsvoll durch den Türspalt.

Als sie Lyn bemerkten, schauten sie gleichzeitig neugierig wie erschreckt. Lyn lächelte. Offenbar waren sie mit der Situation ein wenig überfordert. Wahrscheinlich waren sie hergekommen um Claire und Emma zu wecken, und dann fanden sie eine völlig Fremde vor. Nun ja, wenn Lyn es sich genau überlegte, war sie so fremd auch wieder nicht. Anscheinend fand Liv das genauso, denn sie schlich strahlend auf sie zu.

„Guten Morgen", flüsterte Lyn verhalten.

„Kommst du mit uns spielen?", fragte Liv sie, während Jack in der Tür stand und aus Gründen, die nur er selbst kannte, lauthals anfing zu kichern.

„Psssst", machte Lyn und legte den Zeigefinger auf die Lippen. Wenn die beiden nicht still waren, würde Claire bald aufwachen. Und sobald sie das tat, da war sich Lyn sicher, würde keiner hier im Fuchsbau mehr schlafen können.

„Kommt, wir gehen runter", murmelte sie und erhob sich möglichst leise. Sie scheuchte Liv und Jack vor sich die schmale Holztreppe runter bis sie schließlich im Wohnzimmer ankamen, wo es noch ähnlich wie am Vortag aussah.

Draußen war es noch dunkel, aber die Kerzen im Kronleuchter erhellten das Zimmer und im Kamin prasselte bereits ein wohliges Feuer. Lyn fragte sich, ob es in der Zaubererwelt üblich war, dass man Licht jeder Art immer anließ oder ob schon jemand heute Früh dafür gesorgt hatte.

„Setz dich", sagte Liv und deutete vor das Feuer. Lyn tat wie ihr geheißen.

Liv wühlte in einer der aus Weidenholz geflochtenen Körbe und zog eine zerzaust aussehende kleine Puppe heraus. Jack kramte geräuschvoll in einer Holzkiste.

„Das hier ist Lydia", verkündete Liv und warf ihr die Puppe in den Schoß, „das hier ist John", sie warf eine weitere Puppe schwungvoll hinterher und als sie endete, hatte Lyn auch noch Violet, Maggie, Loreley und May im Schoß.

„Sieht mir ganz nach einem Frauenhaushalt aus", bemerkte Lyn. Liv zuckte die Achseln.

„Weißt du, Männer sind einfach langweilig", erklärte sie. Lyn war beeindruckt von soviel Weisheit in so frühen Jahren. „Nicht mal die Haare kannst du ihnen wachsen lassen. Und sie schminken sich auch nicht. Sie wollen auch keine neuen Kleider."

„Du kannst das doch auch mit den Männern machen, es sieht zwar nicht gerade männlich aus, aber ..."

„Nein, John würde durchdrehen", lachte Liv. Lyn verstand nicht ganz, was sie meinte. Immerhin hatten sie es hier doch mit Puppen zu tun.

„Was soll er denn groß machen?", fragte Lyn interessiert.

„Oh, er ist schon einmal weggelaufen, nur weil Loreley den Braten anbrennen lassen hat", sagte das Mädchen.

Lyn lachte. Das Kind hatte eine lebhafte Fantasie. Aber vielleicht war das einfach so bei kleinen Kindern. Sie persönlich hatte sich zwar nie wirklich gut in blonde Barbies hineinversetzen können, aber diese Puppen sahen sehr viel echter aus.

Liv streckte sich in ihrem dunkelblauen Nachthemdchen, das mit glitzernden Sternen überzogen war.

„Leider können wir hier nicht spielen", sagte sie.

„Wieso denn nicht? Ich denke, wenn wir leise sind, geht es schon", beruhigte Lyn sie.

„Nein. Ihr Haus ist kaputt. Sirius und James haben es einfach kaputt gemacht", meinte sie ernst und eine Spur von Trauer war in ihrer Stimme zu hören.

„Oh", sagte Lyn, „das tut mir Leid. Aber glaubst du nicht, wir könnten nicht auch ohne Haus spielen?"

„Nein", sagte Liv entschieden, „das funktioniert nicht."

In diesem Moment öffnete sich die Tür und Ginny schob sich in einem champagnerfarbenen Morgenmantel ins Zimmer.

„Morgen", gähnte sie laut.

„Guten Morgen, Tante Ginny", quietschte Liv.

„Haben wir dich geweckt?", fragte Lyn besorgt. Sicher würde es keinen guten Eindruck machen, schon am ersten Morgen sämtliche Gastgeber um halb sieben aus dem Bett gejagt zu haben.

„Nein, ihr nicht", lächelte Ginny, „aber Sirius und James sind schon wach. Harry und ich schlafen direkt über ihnen."

„Ach so", sagte Lyn erleichtert.

„Na ja, ich denke mal, dass die andern auch nicht mehr allzu lange schlafen." Ginny lehnte sich gegen die Tür. Trotz ihrer verstrubbelten Haare musste Lyn zugeben, dass sie ausgesprochen hübsch aussah. „ich denke, ich sollte mal anfangen, Frühstück zu machen."

Sie gähnte noch einmal ausgiebig.

„Darf ich helfen, Tante Ginny?", fragte Liv munter.

„Nein, Schätzchen. Spiel du nur. Ich glaube, heute wird es für dich noch viel zu tun geben. Immerhin willst du doch mit Opa den Weihnachtsbaum holen, oder?", fragte diese geschickt und zwinkerte Lyn zu.

„Oh jaaaah", sagte Liv begeistert und krabbelte zu Jack, um diesem erst mal sämtliches Spielzeug zu entreißen. Jack fing fürchterlich an zu zetern. Ginny grinste belustigt.

„Willst du mit mir kommen?", fragte sie Lyn. Das wollte sie gerne. Im Umgang mit Kleinkindern hatte sie noch viel zu lernen.

Sie folgte Ginny, die schnell die Tür zur Küche hinter sich schloss und sich gegen den Schrank lehnte.

„Puh", sagte sie lächelnd, „gerade so entkommen würde ich meinen. Du glaubst gar nicht, wie schnell Liv dich dazu bringt, sämtliche Hilfe von ihr auf der Stelle abzuschlagen."

„Wieso?", fragte Lyn. Auf irgendeine Art und Weise musste sie die Konversation ja am Laufen halten.

„Oh, sie fackelt praktisch die ganze Küche ab, wenn du eine Sekunde nicht hinschaust. Und das findet sie auch noch komisch", meinte Ginny grinsend.

Lyn lächelte verständnisvoll.

„Na ja, du hast keine Geschwister, oder?", fragte Ginny.

„Nein, ich bin Einzelkind", antwortete Lyn ihr.

„Tja, ich hatte genug Brüder. Sie sind zwar alle älter, aber sie waren trotzdem sehr – kindisch. Du kennst Fred und George sicherlich, oder? Es kam mir nie so vor, als wären sie sehr viel älter als ich." Sie grinste. „Wie auch immer, ich mache jetzt erst mal Frühstück. Claire dreht immer etwas am Rad, wenn das Essen nicht früh genug fertig ist." Ginny verdrehte die Augen.

Lyn lachte laut.

„Ja, das kann ich mir vorstellen", meinte sie.

„Ich hoffe nur, mir bleiben Kinder wie Sirius und James oder Liv erspart. Ich weiß nicht, ob das meine Nerven aushalten", sagte Ginny, währen sie den Herd anmachte und mit einem Zauberstabschwung drei Bratpfannen dazu brachte, aus den Regalen zu fliegen.

„Habt ihr vor, Kinder zu bekommen?", fragte Lyn interessiert.

„Auf lange Sicht wird sich das wohl nicht umgehen lassen. Du kennst ja Harry, er wird es sich nicht nehmen lassen", erklärte Ginny.

„Hmmmm", machte Lyn.

„Na ja, aber erst mal werden wir ja heiraten", sagte Ginny. Sie schlug eine Packung Eier über eine der Pfannen auf. „Stellst du bitte kurz das Geschirr auf den Tisch? Ich denke, dir kann man etwas besser vertrauen als Liv."

Da ertönte auch schon lautes Geschrei aus dem Wohnzimmer. Ginny ließ alles stehen und liegen und riss die Tür auf und schalt die Kinder.

Im selben Moment drang dumpfes Gepolter aus dem Obergeschoss.

Ginny schloss schnell die Tür und grinste vor sich hin.

„Jetzt ist er aus dem Bett gefallen", meinte sie ernst, bevor sie in schallendes Gelächter ausbrach. Sie raffte ihre Haare zu einem mehr oder weniger zotteligen Pferdeschwanz zusammen.

„Äh, wer?", fragte Lyn.

„Harry", gluckste Ginny und wischte sich Lachtränen aus den Augenwinkeln, „er ist das Kindergeschrei einfach nicht gewohnt."

Lyn grinste.

„Da wird er sich aber noch umsehen", bemerkte sie.

„Das kannst du glauben", stimmte Ginny ihr zu.

Für Lyn verging der Tag recht schnell, während bei Emmas und Claires Geschwistern die Aufregung stetig wuchs. Es war erst Dienstag und trotzdem sehnten sie den Donnerstagmorgen so herbei, dass sich die drei Mädchen meist in Emmas Zimmer aufhielten, um zumindest vor Arthurs Fragen, wie lange es denn noch bis Weihnachten dauern würde, sicher zu sein.

Am Laufe des Nachmittags machten sich Mr. Weasley, Bill und Ron zusammen mit sämtlichen Kindern auf einen Weihnachtsbaum zu suchen.

Diese Zeit nutzte Hermine um letzte Dekorationen vor dem Fest anzubringen und sich einfach etwas auszuruhen.

Am späten Nachmittag halfen Emma, Lyn und Claire, die große Tanne zu schmücken. Lyn merkte, dass es hier wohl große Differenzen zwischen Muggeln und Magiern gab. Während ihre Familie den Baum mit ausgiebig Lametta, elektrischen Lichtern und bunten Kugeln schmückte bis er einzuknicken drohte schwebten um den der Weasley zauberhafte Lichterfeen und die Zweige wurden von Glaskugeln geschmückt.

„Hau du bitte ab, ja!"; meinte Claire grob und schob Arthur unsanft zur Seite, „ich kenn dich doch, du demolierst wieder alles, du Depp!"

Lyn kicherte.

„Mann, bin ich froh, dass du nicht meine Schwester bist", lachte sie, „das bringt einen ja ins Grab!"

Claire zuckte grinsend die Achseln, während Emma ihr strafende Blicke zuwarf.

„Ihr Mädchen schafft das schon, ja?", fragte Hermine, den Kopf durch die Küchentür gesteckt, und betrachtete beunruhigt das Chaos im Wohnzimmer.

„Klar Mum", meinte Emma zuversichtlich.

„Aber irgendjemand sollte uns die Gören vom Hals halten", bemerkte Claire trocken und jonglierte mit zwei Glaskugeln.

„Lass das", ermahnte Emma sie, „du bist auch nicht viel hilfreicher als Arthur."

„Ich habe geholfen, den Weihnachtsbaum zu holen", empörte der gelockte Junge sich.

„Geh rauf zu Liv spielen, Liebes", sagte Hermine und zog ihren Kopf zurück um in der Küche zusammen mit Mrs. Weasley weiter zu backen.

Nach einigem Theater hatten die meisten Kinder das Feld geräumt, nur Jack und Arthur waren immer noch geblieben. Auch Sirius und James wollten so schnell nicht gehen. Angeblich wollten sie helfen.

Hermine hatte sie schließlich mit Hilfe eines verzauberten Besens dazu gebracht auf ihr Zimmer zu laufen, wo sie nun vergeblich auf ihre Onkels warteten.

„So, ich würde sagen, wir sind fertig, oder?", sagte Emma schließlich und klatschte zufrieden in die Hände.

„Joa, das könnte sein", stimmte Claire ihr zu.

Lyn betrachtete ihr Werk kritisch. Alles in allem musste sie zugeben – obwohl sie natürlich wusste, dass Eigenlob nicht gerade bescheiden war – dass es der schönste, prachtvollste und festlichste Weihnachtsbaum war, den sie je gesehen hatte.

Er leuchtete und glitzerte mehr oder weniger dezent und blinkte nicht nervtötend auffällig. Außerdem gefiel es ihr, wie sich die kleinen Feen in den gläsernen Kugel spiegelten.

„Jetzt kann das Fest beginnen", meinte sie fröhlich.

In dem Moment wurde die Tür lautstark aufgerissen.

„Wer hat hier gerade gesagt, Weihnachten könne beginnen?", fragte einer der Männer und blickte sich herausfordernd im Raum um.

„Äh ... das war ich", sagte Lyn verlegen. Sie hatte Fred und George gar nicht kommen gehört.

„So, du warst das also", meinte der andere Zwilling bedächtig. Er nickte kurz und tauschte einen Blick mit seinem Bruder aus. Sie setzten sich zu beiden Seiten Lyns auf das Sofa. Lyn wurde zunehmend unruhig. Was sollte das hier nun schon wieder?

„Eines wollen wir direkt mal klarstellen, Engelchen", sagte der, von dem sie glaubte, dass es Fred war. Allerdings sahen sich Zwillinge ja bekanntlich sehr ähnlich, deshalb konnte sie leider nur Vermutungen anstellen.

Claire grinste amüsiert zu ihnen herüber.

„Ja, ähm, nur zu", nuschelte Lyn.

„Ohne das wir da sind, beginnt hier sicherlich schon mal überhaupt kein Fest", meinte George grinsend.

„Klar?", fragte Fred.

„Klar", antworte Lyn.

„Na dann ist ja alles in bester Ordnung", meinte er, stand auf und verstrubbelte Lyn das pechschwarze Haar.

„Jetzt kannst du's noch mal sagen", sagte George und erhob sich ebenfalls.

„Was?"

„Na du weißt schon!"

„Ach so. Jetzt kann das Fest beginnen", wiederholte Lyn.

„Braves Mädchen!"

Und obwohl es Lyn fast unmöglich vorkam, war es seit der Ankunft von Fred und George sowie Katie und Angelina noch lebendiger und lauter, aber vor allem lustiger im Fuchsbau. Aber das kam wahrscheinlich auch auf den Sichtwinkel an. Lyn hatte nicht das Gefühl, als würden sich Ron und Hermine großartig darüber freuen, dass Fred und George ihnen sämtliche Arbeit mit Sirius und James abnahmen. Lyn jedoch fand die ganze Sache höchst amüsant.

„Passt auf, Jungs", zischelte Fred leise den Zwillingen zu. Sirius und James rutschten näher zu ihren Onkels.

Lyn drehte sich besorgt zu Hermine um, die auf einem Sessel saß, die Augen fest geschlossen hatte und sich nun die Stirn leicht massierte. Sie sah aus, als würde sie jeden Moment ausrasten, was wohl nicht zuletzt daran lag, dass ihre ausgestreckten Beine als Fahrstrecke für Jacks kleine Miniaturautos dienten.

„Hört zu, im Garten draußen – ", begann George, als er sich der vollen Aufmerksamkeit seiner Neffen sicher war.

Hermine sog tief die Luft ein, dann richtete sie sich auf.

„Würdet ihr bitte aufhören, meinen Söhnen ständig Flausen in den Kopf zu setzen?", fing sie verdächtig ruhig an. Ihre Stimme bebte.

„Kommt, wir gehen", sagte Claire flugs und weder Lyn noch Emma hatten etwas dagegen einzuwenden. Sie hasteten aus dem Wohnzimmer und noch während sie die Treppen hochstiegen, erreichte sie Hermines schrille Stimme:

„IHR SOLLT ENDLICH DAMIT AUFHÖREN; MEINE KINDER ZU VERZIEHEN!"

„Aber wir –"

„ES REICHT EIN FÜR ALLE MAL!"

„Hermine, jetzt beruhige dich doch –"

„ICH SOLL MICH BERUHIGEN? NUR WEIL IHR NOCH DEN GEISTIGEN ZUSTAND VON NEUNJÄHRIGEN HABT, HEIßT DAS NOCH LANGE NICHT, DASS ES JEDEM VON UNS SO GEHT!"

„Was soll das denn heißen?"

„DAS SOLL HEIßEN, DASS SIE GERNE EUERE WOHNUNGEN IN SCHUTT UND ASCHE LEGEN KÖNNEN, WENNN EUCH DAS EGAL IST, ABER HIER BESTIMME ICH UND DAS HEIßT –"

Doch was genau das nun, erfuhr Lyn nie, denn bevor Hermine ihren Satz beendet hatte, schlug Claire die Tür zu Emmas Zimmer lautstark zu. Verschmitzt grinsend klatschte sie in die Hände.

„Es ist doch immer schön, wenn vor dem Fest der Liebe noch mal richtig Stimmung aufkommt", sagte sie zufrieden.

Emma seufzte.

„Jetzt hatte sie ihren weihnachtlichen Tobsuchtsanfall", verkündete sie.

„Und das heißt, das war's jetzt", meinte Claire.

„Sie kriegt einmal vor Weihnachten diesen Anfall, ab dann ist alles friedlich und sie ist zufrieden und glücklich und umgänglich und alles", erklärte Emma Lyn.

„Prima", sagte diese nur und ließ sich auf die Matratze fallen, „dann hätten wir's wohl geschafft."

„Ich glaube, Fred und George machen das absichtlich so. erst bringen sie sie auf die Palme, bis sie schreit wie verrückt, und dann können sie praktisch tun, was sie wollen, ohne dass es Mum nur im Geringsten interessiert", sagte Emma.

„Glaubst du echt?", fragte Claire verblüfft.

„Klar."

„Mann, für so schlau hätte gehalten", gab Claire.

„Da siehst du mal."

„In der Tat."

„Claire?"

„Ja?"

Zu Lyns Glück wurde jedoch ihre weitere Unterhaltung durch einen markerschütternden Schrei unterbrochen.

„Was war das denn?", rief Emma entsetzt und sprang auf. Auch Claire drehte sich beunruhigt um.

„Was habt ihr denn?", fragte Lyn verdutzt.

„In der Zaubererwelt ist man nie sicher." Emmas Stimme klang höchst beunruhigt.

„Vielleicht sollten wir mal schauen gehen?", schlug Lyn vor.

Claire öffnete die Tür. Doch unten hatte sich bereits Geschrei mit Gelächter und Stimmen gemischt.

„Ist es Charlie?", fragte Claire aufgeregt.

„Wer denn sonst?", fragte Emma und rannte wie von der Hornisse gestochen die Treppe runter.

Und so lernte Lyn am Heiligabend den letzten Weasley-Bruder kennen, wenn man von diesem eigenartigen Percy absah.

Die Küchentür schloss sich und Harry atmete tief durch. Nicht dass es ihm im Fuchsbau nicht gefiel, aber es war doch etwas anstrengend, wenn man gegen eine verrücktgewordene Horde Kinder ankämpfen musste, nur um sich zur Verlobung gratulieren zu lassen.

Doch nun war endlich Ruhe eingekehrt. Nun gut, ruhig war es nicht gerade, aber zumindest hatte Ginny die Küchentür geschlossen und so die Kinder mitsamt ihren begeisterten Babysittern ausgeschlossen hatten. Auch ihre Großeltern waren freiwillig draußen geblieben.

Harry saß zusammen mit Ron, Charlie, Bill und Fleur am Küchentisch, während Ginny sich mit dem Rücken an die Tür mitten auf den Boden gesetzt hatte und Hermine am Ofen herumwerkelte, woraus mal wieder der unverkennbare Duft von Weihnachtsgebäck drang.

„Na Harry, wie ich gehört hab, sollst du mal wieder die Menschheit gerettet haben", lachte Charlie. Es war schwer gewesen, ihn erst einmal seinen Nichten und Neffen zu entreißen. Offenbar waren sie ziemlich scharf darauf, mit ihrem Onkel zu plaudern. Immerhin war er Drachenforscher. Harry überlegte, dass sie so was wohl für extrem aufregend hielten und er konnte es nachempfinden.

„Sagen wir mal so, zumindest Hogwarts habe ich gerettet", meinte er grinsend. Früher hatte Harry der Rummel um seine Person immer ein wenig verlegen gemacht, aber mittlerweile hatte er gelernt damit umzugehen. Nun gut, natürlich war es etwas anderes, wenn Charlie solche Dinge sagte. Harry wusste, dass er seine Aussage eher als Witz gemeint hatte.

„Nun gut, das ist ja schon mal nicht schlecht, oder?", fragte Charlie amüsiert.

„Sieht ganz so aus, als würde ich einen Helden heiraten", lächelte Ginny.

Harry grinste breit.

„So könnte man es natürlich auch sagen."

„Jetzt mal im Ernst", meinte Hermine unwirsch, „lustig war die ganze Sache sicher nicht."

„Das hat auch niemand behauptet", sagte Ron.

„Aber so stellen sie es dar", meinte Hermine.

„Aber so meinen wir es nicht", sagte Charlie ernst.

Eine bedrückendes Schweigen legte sich über die Küche.

„Es war tatsächlich nicht besonders komisch", bemerkte Bill trocken.

„Wenn isch mir nur vorstelle, was mit unserem Arsser 'ätte passieren können", sagte Fleur mit erstickter Stimme.

Bill legte einen Arm um sie.

„So hab ich es wirklich nicht gemeint", wiederholte Charlie.

„Schon klar, Mann", meinte Ron leise.

„Wenigstens sind sie jetzt hinter Schloss und Riegel", sagte Hermine sachlich und öffnete den Ofen, aus dem nun Dampfschwaden und ein herrlich weihnachtlicher Duft quoll.

„Das waren sie schon mal", sagte Harry barsch.

„Nur Malfoy", berichtigte Ginny ihn, „und Bellatrix ... aber die ist ja tot."

Sie stand auf und setzte sich auf Harrys Schoß.

„Gott sei Dank", lachte Bill trocken auf.

„Ich frage mich immer noch ...", begann Harry. Ginnys Haar kitzelte ihn im Gesicht.

„was fragst du dich?", hakte sie nach.

„Wie zum Teufel konnten sie in die Kammer kommen?"

Charlie runzelte die Stirn.

„Du kannst mir eins glauben, Harry: Solche Leute finden immer einen Weg", sagte er beklommen.

„Und wer ist dieser Meister?"

„Harry, diese Menschen sind verrückt. Gestört. Geisteskrank. Sie sind das, was man bei den Muggeln in die Psychiatrie stecken würde. Sie faseln. Unwirres Zeug, weißt du", beschwichtigte Hermine ihn.

„aber es klang so echt", murmelte Harry.

„Natürlich tat es das, Mann", rief Ron, „wahrscheinlich haben sie es auch selbst geglaubt. Du weißt schon, dass Voldemort zurück ist."

Harry nickte geistesabwesend. Es gab keine andere Erklärung. Und das wusste er. Er wusste es genau, und trotzdem auch wieder nicht. Aber natürlich war es, wie Hermine und Ron sagten.

„Und diese Kleine hat dir wirklich geholfen?", wechselte Charlie das Thema.

„Lyn?", fragte Harry. Charlie nickte. „Ja, das hat sie."

„Hat wohl eine gehörige Portion Mut", sagte Charlie anerkennend.

„Das müssen wohl die Gene sein", lachte Ginny und zwickte Harry in die Nase.

Harry grinste selbstgefällig.

Der Abend neigte sich dem Ende und die Kinder waren nun gar nicht mehr zu halten. Ständig fragten sie nach Geschenken und stellten Vermutungen an. Sie wollten einfach nicht locker lassen. Sämtliche Erwachsene hatten sogar mit vereinten Kräften Müh und Not, sie überhaupt ins Bett zu bekommen. Sie quatschten und brabbelten und schrieen und quietschten und Katie und Angelina waren auch keine große Hilfe, denn sie fanden das allen extrem lustig und machten andauernd geheimnisvolle Andeutungen, woraufhin die Kinder noch wilder wurden. Hermine jedoch trug es mit Fassung. Emma hatte wohl Recht, indem sie gesagt hatte, dass ihre Mutter nach dem Ausraster am Vormittag nicht mehr explodieren würde.

„Sie machen mich krank", verkündete Claire.

„Du bist schon krank", sagte Emma und löschte das Licht.

„Könnt ihr es nicht einmal lassen?", fragte Lyn bittend, „morgen ist Weihnachten."

„Du weißt doch, dass wir es nicht so meinen", beruhigte Emma sie, „obwohl es natürlich stimmt. Claire hat eindeutig einen Schaden."

Claire kicherte ausgelassen.

„Und jetzt lasst uns schlafen", bestimmte Emma, „ich bin total müde. Noch nie war Weihnachten so anstrengend."

Und noch nie hatte Lyn sich so auf Weihnachten gefreut.