Hochzeitsvorbereitungen

Gegen Ende Februar wurden die Tage allmählich wieder etwas wärmer. Die letzten Schneereste schmolzen in der Sonne dahin und die ersten Blumen begannen zu knospen. Für die meisten Schüler war es eine Erlösung, dass der Winter sich offenbar endgültig zu verabschieden schien.

Die Quidditchteams begannen wieder eifrig zu trainieren, jetzt, da die Spieler nicht mehr Gefahr liefen, nach einer Trainingsstunde mit Lungenentzündung im Bett zu liegen.

Auch Harry genoss es, endlich wieder ein bisschen Sonnenwärme tanken zu können. Seine freie Zeit verbrachte er meist zusammen mit Ginny, und sie saßen entweder in ihrem Garten, oder machten lange Spaziergänge in die Umgebung.

Das Haus, in dem Ginny bis vor kurzer Zeit noch ganz alleine gewohnt hatte, wirkte nun viel lebendiger und voller, da nun auch noch all die Dinge, die Harry aus Little Morringham mitgebracht hatte, in den Zimmern verteilt waren.

„Sobald es richtig Frühling ist, sollten wir den Garten ein wenig auf Vordermann bringen, was meinst du?", schlug Harry vor, als sie wieder einmal, warm eingepackt, auf der Terrasse hinter dem Haus saßen und beide einen heißen Tee tranken.

„Ja, ich hatte letztes Jahr nicht wirklich viel Zeit, mich darum zu kümmern", seufzte Ginny, „im hinteren Bereich ist er völlig zugewachsen, und ich fürchte, dass ich eine nicht unbeträchtliche Anzahl Gnomen dort hinten sitzen habe."

„Na, denen werden wir mal ordentlich Manieren beibringen", meinte Harry lächelnd.

Auch auf Emma, Claire und Lyn wirkte sich das freundlichere Wetter positiv aus. Emma und Claire ließen ihre ständigen Streitereien sein und Lyn fühlte sich einfach nur erholt dadurch.

An einem Abend, als sie zu sehr später Stunde noch im Gemeinschaftsraum vor dem prasselnden Kaminfeuer saßen, meinte Claire plötzlich:

„Wisst ihr, dass es bis zur Hochzeit nicht einmal mehr fünf Wochen sind?"

„Echt?", fragte Lyn. Sie hatte es nicht bemerkt, doch Claire hatte durchaus Recht; der vierte April rückte tatsächlich immer näher.

„Ich wette, Harry und Ginny sind so verplant, dass sie noch nicht einmal mit den Vorbereitungen angefangen haben", sagte Claire trocken.

Sie hatte beinahe Recht. Zur selben Zeit nämlich saßen Harry und Ginny bei sich zu Hause im Wohnzimmer, und hatten begonnen, alles für das große Fest vorzubereiten.

„Hast du wirklich vor, eine Liveband zu engagieren?", fragte Ginny nach und runzelte die Stirn.

„Ja, warum nicht?", erwiderte Harry, „die Idee von Claire fand ich eigentlich ganz gut."

„Und an wen denkst du da?", hakte Ginny nach und grinste breit.

„Natürlich Black Velvet", erwiderte Harry ebenfalls grinsend, „wenn ich mit Luna rede, geht das sicher in Ordnung, dass wir einen Freundschaftspreis bekommen."

„Wie du meinst", seufzte Ginny, „dann wird mein lieber Bruder wahrscheinlich wieder eine halbe Ohnmacht erleiden."

Harry lachte.

„Schon möglich", gab er zu, „aber das sollte kein Grund dagegen sein, oder?"

„Nein, nicht wirklich", erwiderte Ginny und küsste ihn auf die Nasenspitze.

„Also Black Velvet", meinte Harry und notierte es sich auf das Stück Pergament, das vor ihm lag, „wie steht es mit der Gästeliste? Haben wir uns darüber schon mal Gedanken gemacht?"

Ginny seufzte.

„Ich habe keine Ahnung, wo wir all die Leute unterbringen sollen, die kommen werden", erklärte sie stirnrunzelnd, „es gibt einfach keinen, den wir nicht einladen können."

„Lass uns mal auflisten, wer alles eine Einladung bekommt", schlug Harry vor. Er nahm das Blatt Pergament und seine Feder zur Hand. „Also, deine Eltern natürlich. Ron und Hermine mitsamt Kindern."

„Bill und Fleur", warf Ginny ein, „und Claire natürlich."

„Charlie sollte auch eine Einladung bekommen, auch wenn ich nicht weiß, ob er Zeit haben wird", ergänzte Harry und notierte fleißig.

Nach einer Weile eifrigen Überlegens und Notierens kamen sie schließlich auf nicht weniger als sechsundneunzig Gäste. Ginny raufte sich die Haare.

„Das übersteigt eindeutig die Kapazität dieses Hauses!", stellte sie fest, „wo sollen die bloß alle schlafen? Ich meine, für die Feier wird es vielleicht gerade noch hinhauen, aber dann? Wir können unsere Gäste doch nicht abends noch heim schicken!"

„Nein, das sicher nicht", gab Harry zu und seufzte, „aber wir finden eine Lösung, ganz bestimmt."

„Wollen wir's hoffen", murmelte Ginny.

„Komm, überlegen wir erst mal, wie wir das mit Essen und Getränken regeln", meinte Harry bestimmt.

Es war zwei Uhr morgens, als sie sich schließlich schlafen legten. Nachdem sie das Licht gelöscht hatten, lagen sie noch eine Weile still Arm in Arm in der Dunkelheit. Harry lauschte glücklich auf Ginnys Herzschlag. Er liebte die Wochenenden, wenn er bei Ginny wohnte, und sie Zeit für einander hatten. Es tat einfach so gut, sie neben sich zu spüren und mit ihrer Hand in seiner Eigenen einzuschlafen.

Am nächsten Tag schickte Harry Hedwig sofort mit einem Brief an Luna, in dem er von ihren Plänen erzählte, Black Velvet für die Hochzeitsfeier zu engagieren. Er hatte sich kurz gefasst und noch nichts von einer Einladung erwähnt, da ja die genauen Umstände noch nicht geklärt waren.

Nach dem Mittagessen machte er sich wieder auf den Weg hoch ins Schloss; es gab noch einige Hausaufgaben zu korrigieren.

In seinem Arbeitszimmer ließ er sich hinter dem Schreibtisch nieder und kramte den Stapel Pergament hervor.

„Na, wie war's bei Ginny?", fragte Sirius von der Wand her. Er lehnte lässig an seinem Rahmen und grinste.

„Schön, wie immer", erwiderte Harry ungerührt.

„Habt ihr endlich mal mit der Hochzeitsplanung angefangen?", fragte Sirius.

„Allerdings", seufzte Harry, „und es ist komplizierter, als ich dachte."

„Tja, ich hab's dir ja gleich gesagt", meinte Sirius, „aber du hast dir natürlich wieder Zeit bis zum letzten Augenblick gelassen!"

„So bin ich eben", erwiderte Harry grinsend und nahm sich den ersten Aufsatz der Sechstklässler vor.

Später am Nachmittag machte sich Harry auf den Weg in die Bibliothek, um ein Buch zurückzugeben, das er sich vor einer Weile ausgeliehen hatte. Gedanklich schweifte er immer wieder zu den Hochzeitsvorbereitungen zurück, und so bemerkte er zu spät, dass ihm jemand auf dem Flur entgegenkam.

Er lief beinahe in Dumbledore hinein.

„Hoppla!", sagte dieser milde lächelnd, „so in Gedanken, Harry?"

„Verzeihung, Professor", entschuldigte Harry sich, „ich ... ich war gerade wo ganz anders."

„Ja, das hat man gemerkt", meinte Dumbledore vergnügt, „wie gehen die Hochzeitsvorbereitungen voran?"

Harry seufzte.

„Um ehrlich zu sein, wir haben hinsichtlich des Platzes ein ziemliches Problem", erklärte er, „unser Haus ist einfach nicht groß genug, um alle Gäste unterbringen zu können."

„Verstehe ...", meinte Dumbledore und nickte langsam. Dann legte er Harry einen Arm um die Schultern. „Sag mir, Harry, du und Ginny, ihr hättet nicht zufälligerweise Lust, eure Hochzeit hier in Hogwarts zu feiern?"

Harry sah ihn verblüfft an. Über seine Halbmondgläser hinweg blickend lächelte Dumbledore ihm zu.

„Wie meinen Sie das?", fragte Harry.

„Nun, ich denke, in der Großen Halle dürfte genug Platz sein, um alle Gäste während der Trauung unterzubringen", erklärte Dumbledore, „und das Schloss bietet auch genug Platz, um allen Gästen eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen."

Harry sah Dumbledore an.

„Sie meinen es ernst?", fragte er, noch immer ein wenig ungläubig. Dumbledore lächelte.

„Todernst, Harry", antwortete er.

„Im Schloss?", fragte Ginny verblüfft. Sie stellte ihre Teetasse auf dem Wohnzimmertischchen ab.

„Ja, allerdings", bestätigte Harry. Nach dem Gespräch mit Dumbledore war er sogleich wieder nach unten zu Ginny geeilt, um ihr das Angebot des Schulleiters zu unterbreiten.

„Das ist ja eine phantastische Idee!", meinte sie begeistert, „ja, und damit wäre auch das Problem der Unterbringung geklärt!"

„Eben!", stimmte Harry ihr zu, „und wer könnte sich einen schöneren Ort für eine Hochzeit vorstellen, als die Große Halle?"

„Das ist in der Tat unmöglich", lächelte Ginny.

Natürlich nahmen Harry und Ginny Dumbledores Angebot mit Freuden an. Nach einem weiteren Gespräch waren auch die näheren Umstände geklärt; die Trauung an sich würde in der Großen Halle stattfinden, und dann würde die eigentliche Feier (sofern es das Wetter zuließ) am Ufer des Sees stattfinden. Zur Teezeit würde sich die Festgesellschaft dann nach Hogsmeade zu Harry und Ginny nach Hause begeben, um „den Abend gemütlich ausklingen zu lassen", wie Dumbledore es formulierte.

Er selbst würde Harry und Ginny trauen, und Ron und Hermine waren natürlich als Trauzeugen vorgesehen.

„Aber was machen denn die Muggel unter unseren Gästen?", fiel Harry plötzlich ein. Sowohl Emily Creevey als auch einige Ehepartner seiner Kollegen aus der Aurorenzentrale waren Muggel mit keinem Tropfen magischen Blutes. „Sie werden das Schloss nicht betreten können. Muggel sehen in Hogwarts doch nur eine einsturzgefährdete Ruine!"

Dumbledore lächelte milde.

„Und wie, glaubst du, konnten dann während des Jubiläums die Eltern unserer muggelstämmigen Schüler das Schloss betreten?", fragte er. Harry überlegte. Stimmt, daran hatte er gar nicht gedacht. Wie war es den Muggeln möglich gewesen?

„Das einzige, was ich benötige, ist die Anzahl der Muggel unter euren Gästen", erklärte Dumbledore, „es gibt einen äußerst nützlichen Zaubertrank, der es auch nichtmagischen Menschen ermöglicht, Hogwarts zumindest für eine Zeit so zu sehen, wie wir es tun."

Dass Professor Potter in Hogwarts heiraten würde, sprach sich herum wie ein Lauffeuer.

„Das ist so was von toll", verkündete Claire ausgelassen. Der Frühling schien langsam Einzug zu halten. Draußen war es angenehm mild und Lyn drehte zusammen mit Emma und Claire eine Runde um den See, um das herrliche Wetter gebührend auszukosten.

„Klar", freute sich auch Emma, „hoffentlich ist schönes Wetter."

„Werden viele Leute kommen?", fragte Lyn sie.

„Tausende, Millionen, ganze Völker", rief Claire und schwenkte die Arme durch die Luft.

„Na ja, ich würde schätzen, dass es wohl so achtzig Leute sein werden", meinte Emma, die Claires Ausführung ignoriert hatte.

„Das wird soooo toll", wiederholte Claire.

„Das wissen wir", sagte Lyn beruhigend. Aber die nächsten Tage war Harrys Hochzeit das Gesprächsthema Nummer eins. Nicht nur unter den drei Mädchen, nein, sämtliche Schüler wollten urplötzlich alle über Ostern im Schloss bleiben.

Überall, wo Harry hinkam, wurde er auf seine bevorstehende Hochzeit angesprochen, doch das störte ihn nicht weiter. Er gab bereitwillig über alles Auskunft, nicht zuletzt, weil er es selbst kaum erwarten konnte.

Anfang März saßen Harry und Ginny auf der Terrasse hinter ihrem Haus. Die Sonnenstrahlen, die durch das Geäst der alten Bäume drangen, kitzelten sie leicht.

„Ich hol uns mal was zu trinken", sagte Ginny und erhob sich. Harry nickte geistesabwesend und brütete über der Gästeliste. Doch Ginny kam nicht mit Getränken zurück, sondern hielt einen pechschwarzen Brief in der Hand, als sie sich wieder in die Liege fallen ließ

„Guck mal, was gerade angekommen ist", rief sie erfreut, riss den Brief auf und überflog ihn schnell.

„Von wem ist denn das?", fragte Harry und beugte sich zu ihr.

„Von Allister", sagte Ginny und gab ihm den Brief zu lesen, „sieht so aus, als würde alles glatt laufen."

„Klasse", sagte Harry erleichtert, „darüber brauchen wir uns also keine Sorgen mehr zu machen."

„Worüber machst du dir denn sonst noch Sorgen?", fragte Ginny und nahm die Gästeliste vom Tisch.

„Ach, über nichts eigentlich. Aber es ist gut zu wissen, dass alles glatt läuft", meinte Harry. Ginny lächelte.

„Es läuft alles perfekt, solange wir nur am Ende heiraten", lachte sie und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Du sagst es", meinte Harry lächelnd, „okay, wo waren wir stehen geblieben?"

Ginny warf einen Blick auf die Liste.

„Die nächste ist für Arabella Figg", sagte sie und strich den Namen, während Harry die richtige Anschrift auf die Einladung schrieb.

Die Tage verstrichen und eines Morgens, als Lyn zusammen mit Emma und Claire frühstückte, schwebten vier große Eulen der Post auf sie zu.

Lyn wunderte sich nicht schlecht, als eine von ihnen einen großen weißen Briefumschlag, der ihren Namen trug, vor ihrem Teller abwarf. Sie bekam nie Post. Wer sollte ihr auch schreiben?

Auch Emma und Claire sowie Gabriel hielten je einen der schneeweißen Briefe in der Hand, schienen aber nicht halb so verdutzt wie Lyn darüber zu sein.

Flugs öffnete sie den Umschlag und eine Karte fiel heraus.

„Ich hab meine eigene Einladung bekommen", schrie Claire auf, „seht euch das bloß an. Mann, ich bin so wichtig, dass ich eine eigene bekomme!"

„Miss Weasley, ich muss doch sehr bitten", hörte Lyn die strenge Stimme Professor McGonagalls hinter sich.

„Aber Professor, ist das nicht einfach toll? Haben Sie auch eine bekommen?", rief Claire und strahlte erfreut.

„In der Tat, Miss Weasley, das habe ich", sagte sie nachsichtig und lächelte nun.

„Ist das nicht einfach toll? Freuen Sie sich schon? Meine Güte, ich bin ja so was von aufgeregt", sagte Claire und probierte, ihren Atem zur Ruhe kommen zu lassen.

„Nun essen Sie erst einmal und konzentrieren Sie sich auf den Unterricht", riet Professor McGonagall ihr, doch Claire schien leicht weggetreten. Nachdem sie sich beruhigt hatte, verkündete sie mit weitaus gefassterer Stimme:

„Das hätte ich mir ja eigentlich denken können. Ich meine, ich habe ihnen viel geholfen und so. Aber warum haben sie euch auch eine geschickt?"

Doch Lyn hörte sie gar nicht, sondern blickte fasziniert auf ihre eigene Einladung zu Harry und Ginnys Hochzeit.

„Wir sind bald wieder da", sagte Hermine und winkte Ron und Harry zu.

„Und stellt bitte nichts an", mahnte Ginny, als hätte sie es mit ungezogenen Dreijährigen zu tun. Die Tür fiel ins Schloss.

„Komm doch rein", sagte Harry und setzte sich mit Ron ins Wohnzimmer.

„Bist du aufgeregt?", fragte Ron geradeheraus. Harry stöhnte.

„Das kannst du mir glauben", sagte er und lehnte sich auf dem Schaukelstuhl zurück.

„War ich auch", sagte Ron munter, „aber das legt sich wieder."

„Und wann?", fragte Harry, „vor dem Traualtar?"

„Nein, da geht es erst so richtig los", teilte Ron ihm mit.

„Das sind ja schöne Aussichten. Ich könnte aus dem Fenster springen und dabei dauert es noch eine ganze Woche."

„Was soll denn groß schief gehen?", fragte Ron.

„Außer, dass sie es sich vielleicht noch mal anders überlegen könnte eigentlich nichts", gab er zu.

Harry dachte an die Einladungen, die alle schon verschickt waren. Nur von wenigen hatte er noch keine Bestätigung, dass sie tatsächlich kamen. Er dachte an seinen Festumhang, der säuberlich oben in seinem Schrank lag. Er dachte an die Unmengen von Blumenschmuck, die er und Ginny bestellt hatten. Aber vor allem dachte er an Ginny.

„Na siehst du, läuft doch alles prima", beruhigte Ron ihn.

„Du hast gut Reden", beschwerte Harry sich.

„Tja, ich bin da eben schon durch", antwortete Ron. Die Wanduhr tickte laut.

„Denkst du, es dauert noch lange?", fragte Harry, „ich kann es gar nicht erwarten, das Kleid endlich zu sehen."

„Erstens sind sie erst vor zehn Minuten gegangen", sagte Ron, „und zweitens wirst du wohl nicht ernsthaft glauben, dass sie dir es zeigen."

Harry runzelte die Stirn.

„Was soll das heißen?", fragte er dann.

„Angeblich bringt es Unglück, wenn der Bräutigam vor der Hochzeit das Brautkleid sieht", klärte Ron ihn auf.

„Ach so. Aber daran glauben sie ja wohl nicht."

„Klar tun sie das. Sie sind Frauen", sagte Ron, als würde das diesen lächerlichen Aberglauben erklären.

„Meinst du echt?", fragte Harry nervös.

„Natürlich", seufzte Ron. Harry fand, dass er nicht so den Allwissenden heraushängen lassen musste, nur weil er zufällig schon vor über zehn Jahren geheiratet hatte. Harry konnte sich noch gut daran erinnern, wie Ron damals durch den Wind gewesen war.

„Ich erzähl dir jetzt mal was", sagte Ron, „Hermine wollte mir das Kleid auch nicht zeigen. Ich habe überall herumgeschnüffelt und sie hat mich erwischt, wie ich gerade unter ihrer Matratze am Suchen war. Sie hat zwei Tage lang nicht mehr mit mir gesprochen. Da siehst du, wie Frauen sind, wenn es um ihr Brautkleid geht."

Harry lachte auf.

„Na ja, aber ich weiß nicht, ob Ginny – "

„Aber sicher! Sie ist eine Frau. Die finden es normal, ihr Kleid zu verstecken", schnitt Ron ihm das Wort ab, „auch wenn wir Männer es nicht verstehen!"

„Wenn du meinst", sagte Harry ergeben.

Gegen Abend trudelten Hermine und Ginny wieder in Hogsmeade ein.

„Und, habt ihr was gefunden?", fragte Harry und hastete auf Ginny zu.

„Nichts, was nicht noch bis zur Hochzeit warten könnte", rief diese und eilte die Treppe hinauf, eine riesige rubinrote Tasche hinter dem Rücken versteckt.

„Was hab ich dir gesagt?", fragte Ron. Harry schaute zerknirscht auf den Boden, dann wandte er sich an Hermine.

„Hermine, du bist meine beste Freundin", begann er, „bitte – "

Doch bevor er überhaupt richtig angesetzt hatte, schüttelte sie schon den Kopf.

„Das bringt Unglück, Harry", sagte sie lächelnd.

„Das kommt ausgerechnet von dir", sagte Harry beleidigt, „wo du doch sonst überhaupt nichts mit so was anfangen kannst."

„Falls du Wahrsagen meinst, das ist etwas anderes", meinte Hermine, „das hier ist einfach nur eine Tradition. Ein Brauch eben."

„Und außerdem wirst du ja wohl ein bisschen an dich halten können", sagte Ron grinsend.

„Das sagt ja gerade der Richtige", meinte Hermine und knuffte ihn in die Seite. Rons Gesicht nahm einen matten rosafarbenen Ton an.

„So, wir müssen jetzt auch direkt wieder gehen", sagte Hermine, „du weißt schon, die Kinder."

„Und mach dich nicht verrückt, Mann!", rief Ron und boxte ihm freundschaftlich gegen die Schulter. Dann waren sie verschwunden.

Doch Harry machte sich verrückt. Diese letzte Woche trieb ihn im wahrsten Sinne des Wortes in den Wahnsinn. Die Tage verstrichen unaufhaltsam und Harry konnte die Hochzeit kaum erwarten und gleichzeitig wünschte er sich, die Zeit würde nicht so an ihm vorbeirasen.