22.

Der Festbetrieb war bereits in vollem Gange, als Silver den kleinen Park erreichte, in dem er sich mit Andrea und Sirius verabredet hatte. Nach der grellbunten Straßenbeleuchtung dauerte es etwas, bis sich seine Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten und er die einsame Gestalt auf der Parkbank erkennen konnte. Sirius schien ihn bereits bemerkt zu haben, denn noch ehe Clark Silver die Bank ansteuern konnte, erhob sich Sirius und schlenderte langsam auf die Rückseite des Hotelgebäudes zu.

„Lass uns reingehen", flüsterte Sirius, sobald Silver ihn erreicht hatte und deutete auf das offene Fenster zu seinem Zimmer. Silver nickte und Sirius schwang sich, mit einem letzten, prüfenden Blick über den leeren Park, auf das Fensterbrett und verschwand im Inneren.

„Wo ist Andrea?", fragte Silver besorgt und sah sich in dem dunklen Hotelzimmer um. Die Verbindungstür zu Andreas Zimmer stand offen, doch auch dort war es finster und nichts deutete darauf hin, dass sie anwesend war.

„Popkorn kaufen", brummte Sirius gereizt, zog die Gardinen vor und knipste das Licht der Nachttischlampe an.

„Was ist los, hattet ihr Streit?", forschte Silver stirnrunzelnd nach und setzte sich in den Sessel, während Sirius sich ihm gegenüber auf das Bett plumpsen ließ.

„Nein, nicht direkt!", stöhnte Sirius und verdrehten die Augen. „Sie ist einfach nur fürchterlich stur."

„Scheint genetisch bedingt zu sein", entgegnete Silver trocken, während seine linke Augenbraue nach oben wanderte.

„Was ist mit Tonks und Bill, haben sie sich bei Dumbledore gemeldet? ", fragte Sirius, Silvers Bemerkung ignorierend.

„Ja, doch den beiden ist nichts von einem Verfolger aufgefallen", sagte Silver, ehe er zögernd hinzusetzte: „allerdings ist Tonks der Überzeugung, Remus gestern in Carlisle gesehen zu haben."

„Wo?"

„In einem Linienbus, der an ihr vorbei fuhr"

„In einen Lienenbus? Ist das ein Scherz?", schnaubte Sirius ungläubig. „Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, Remus würde hier mit einem Linienbus spazieren fahren? Sie muss sich getäuscht haben."

„Davon gehen wir auch aus, trotzdem hat Dumbledore ein paar Leute mehr hierher geschickt. Das heißt für euch erhöhte Wachsamkeit…"

„Ja, ja, ich hab schon verstanden, wir werden vorsichtig sein", murrte Sirius und verdrehte die Augen. „Was gibt es sonst noch Neues? Habt ihr etwas Genaueres über die Bastet herausgefunden?"

„Nur soviel, dass sie mit gut einem Dutzend Flüchen belegt ist, von denen jeder einzelne eine direkte Auswirkung auf Andreas Gesundheit haben kann. Dumbledore könnte sie brechen, doch dazu müsste Andrea unmittelbar anwesend sein, andernfalls riskieren wir, ihr einen irreparablen Schaden zuzufügen."

„Oder sie damit umzubringen", ergänzte Sirius verdrießlich. „Mir sind diese Art von Bannflüchen bekannt. Sie müssen in der richtigen Reihenfolge gelöst werden, um keinen Schock oder Schlimmeres auszulösen."

„Ja. Wenn Andrea damit einverstanden ist, werden Madam Pomfrey, Flitwick, Dumbledore und ich einen entsprechenden Raum in Hogwarts vorbereiten."

Sirius wiegte unschlüssige den Kopf. „Wäre es nicht besser, sie nach St. Mungo zu bringen? Mal von der psychischen Belastung abgesehen, ist so eine Prozedur nicht ungefährlich."

„Noch gefährlicher wäre es, wenn derjenige, der das Negativstück besitzt, davon Wind bekommt", seufzte Silver und fuhr sich müde über die Augen. „Außerdem werden wir Heiler Neil bitten, während der Behandlung dabei zu sein."

Sirius wollte bereits zu einer erneuten Entgegnung ansetzen, als das Schließgeräusch an der der Tür Andreas Rückkehr verriet. Mit einer Tüte Süßigkeiten im Arm betrat sie durch die Verbindungstür Sirius Zimmer.

„Oh, hallo Clark, du bist ja schon da", begrüßte sie ihn fröhlich.  

„Ich dachte, du wolltest nur Popkorn kaufen?", fragte Sirius stirnrunzelnd, als sie die randvolle Tüte auf der Kommode absetzte.

„Nun, nachdem du dich weigerst mit mir auf das Fest zu gehen, habe ich dir eine kleine Auswahl von Muggelsüßigkeiten mitgebracht", entgegnete sie grinsend und reichte ihm nacheinander eine Tüte gebrannte Mandeln, Makronen, Popkorn, Gummischlangen und eine Packung mit kandierten Früchten.

„Wer soll das alles essen?"

„Na du! Du darfst aber Clark ruhig etwas davon abtreten", zwinkerte sie schalkhaft, während sie eine Mandel aus der Tüte angelte und diese genüsslich zerkaute.

„Danke, sehr großzügig", schmunzelte Silver, seine Mimik verriet jedoch, dass er ihr, die zur Schau gestellte Fröhlichkeit nicht abnahm.

Sirius seufzte schwer, ehe er die Süßigkeiten zur Seite legte und Andrea ernst ansah. „Clark erzählte mir gerade, dass Dumbledore vermutlich die Zauber aufheben kann, die dich an die Bastet binden."

„Prima, dann soll er das bitte auch möglichst bald tun", seufzte sie erleichtert. „Mein Einverständnis hat er. Habt ihr inzwischen etwas über Francesco erfahren?"

„Nein, bisher noch nicht", antwortete Silver. „Wir haben sein Haus nach dem Gegenstück zu deiner Bastet durchsucht, aber nichts gefunden."

Für einen kurzen Moment huschte so etwas wie ein dunkler Schatten über ihr unbefangenes Gesicht, doch eine Sekunde später lächelte sie schon wieder zuversichtlich. „Es gibt sicher eine ganz simple Erklärung."

„Oh ja, sicher!", entgegnete Sirius gereizt. „Es ist ja nichts Besonderes unter dem Bann eines Wächters gestellt zu werden, das kommt schließlich alle Tage vor."

„Nun hör aber auf, Sirius!", brauste sie auf und plötzlich war nichts mehr von der Gelassenheit zu bemerken, die sie eben noch so eisern versucht hatte aufrecht zu  erhalten. „Zugegeben, Francesco und ich waren in den letzten Jahren nicht immer einer Meinung, doch er würde niemals wissentlich etwas tun was mir schaden könnte. Ich halte es für viel wahrscheinlicher, dass diese Bastet schon bevor er sie gekauft hat mit einem Zauber belegt wurde und er überhaupt nichts davon weiß."

„Andrea…", setzte Sirius an, doch noch ehe er seinen Satz vollenden konnte, wurde er von Andrea zornig unterbrochen.

„Er ist mein Pate, Sirius, genau wie du Harrys Pate bist und auch wenn er mir mit seiner übertriebenen Fürsorgen manchmal auf die Nerven ging, so ändert es nichts daran, dass er mich liebt und niemals etwas tun würde…"

Andrea brach unvermittelt ab, presste die Lippen zusammen und wandte sich mit einem Ruck von den beiden Männern ab. Mit einer fahrigen Bewegung zog sie die Brille von ihrem Gesicht und fuhr sich über die Augen.

„Es gibt Tatsachen, die du nicht leugnen kannst, Andrea", seufzte Sirius, trat hinter sie und drehte sie zu sich herum. „Dieser Wächter wurde mit deiner Lebensenergie verbunden, du hast ihn nicht zufällig in die Hände bekommen."

„Und wenn schon, das heißt noch lange nicht, dass Francesco…ach lassen wir das! Dumbledore wird den Zauber aufheben und damit ist die Sache erledigt", entgegnete sie unwirsch und wandte sich erneut von ihm ab.

Doch damit war nun endgültig das Ende von Sirius Geduld erreicht und er fuhr sie ungehalten und lautstark an.

„Sag mal hörst du uns überhaupt zu? Dieser Wächter ist…."

„Sirius!", unterbrach ihn Silver mahnend und hob beschwichtigend die Hand. „Etwas leiser!"

„Aber…"

 „Nein, dies ist bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt um über Rasul zu diskutieren", unterbrach er ihn entschieden. „Es gibt Wichtigeres zu besprechen!"

„Ok, ich sag ja schon nichts mehr", seufzte Sirius resignierend, während Andrea Silver einen dankbaren Blick zuwarf.

„Dumbledore kann versuchen, die Zauber des Wächter aufzuheben, doch das Ganze ist etwas komplizierter als du es dir vorstellst", wandte Silver sich nun an Andrea. „Wie gestern schon erklärt, besteht eine direkte Verbindung zwischen dir und der Bastet. Konkret heißt das, Dumbledore wird sehr behutsam vorgehen, trotzdem wird dieses Lösen der Zauber eine Auswirkung auf dich haben."

„Was für eine Auswirkung?", fragte Andrea unsicher geworden und trat näher an Silver heran.

„Genau kann das niemand vorhersagen", begann Silver zögernd. „Wir haben die Bastet in Hogwarts eingehend untersucht und sind dabei auf einige Abwehrflüche gestoßen, die möglicherweise, wenn nicht sogar sehr wahrscheinlich, Einfluss auf dein Wohlergehen haben."

„Kannst du dich ein bisschen deutlicher ausdrücken?", fragte Andrea angespannt und schlang die Arme eng um ihren Körper.

„Als wir die Bastet mit einem Bannzauber belegten, hast du gespürt, dass es dir kalt wurde…löscht man nun einen Abwehrfluch…so ist die Wirkung bedeutend unangenehmer. Je nachdem welcher Teil deines Selbst mit dem Wächter verbunden ist, wirst du es auf physischer oder auf psychischer Ebene zu spüren bekommen. Das ist auch der Grund, weshalb du bei diesem Vorhaben anwesend sein musst. Wir werden in Hogwarts einen Raum vorbereiten und Heiler Neil bitten, deine körperliche Verfassung zu überwachen."

„Grandiose Aussichten", stöhnte Andrea, während sie betreten zu Boden sah und heftig schluckte. „Hört sich nicht so an, als wenn dies eine besonders angenehme Erfahrung werden würde."

„Nein, die wird es sicher nicht", sagte Silver leiser. „Deshalb ist es auch so wichtig, dass du in dieser Zeit unter Beobachtung stehst. Niemand kann sicher sagen, wie Körper und Geist auf diese Trennung reagieren."

„Und was ist, wenn etwas schief geht? Ich vermute, in diesem Fall fügt mir dann dieses Brechen der Zauber Schäden zu, die sich nicht so einfach wieder korrigieren lassen", entgegnete Andrea matt und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.

 „Mach dir keine Sorgen, soweit werden wir es nicht kommen lassen", versuchte Silver sie zu beruhigen und lächelte ihr aufmunternd entgegen. „Wir werden dieses Vorhaben sofort abbrechen, sollten Nebenwirkungen auftreten, die dir nachhaltige Verletzungen zufügen könnten."

Andrea seufzte schwer, ehe sie wieder unschlüssig in Silvers zuversichtliches Gesicht sah. „Vorausgesetzt, ich stimme dieser Aktion zu, wer garantiert mir, dass ich keinen psychischen Schaden davon trage? Du hast bisher nur davon gesprochen, dass Neil die körperlichen Auswirkungen kontrolliert, doch wer passt auf meinen Kopf auf?"

„Das werde ich tun", entgegnete Silver schlicht.

„Du?" stieß Andrea überrascht aus, während Sirius zweifelnd hinzufügte: „Hältst du das für eine gute Idee?"

Andrea verstand nicht wirklich, was Sirius mit dieser Bemerkung sagen wollte, doch noch ehe sie eine Frage stellen konnte, fuhr Silver bereits mit seiner Erörterung fort.

„Sehr viele Möglichkeiten haben wir nicht. Dumbledore ist der einzige der es sich zutraut, diese Zauber behutsam genug löschen zu können, und nachdem was ich  über Severus Feinfühligkeit in Legilimentik mitbekommen habe, möchte ich ihm nicht die Verantwortung für Andreas Psyche übertragen."

„Oh, ich auch nicht!" Sirius verdrehte bei dem Gedanken an Snape die Augen, dennoch schien er auch von der Vorstellung, dass Silver diese Aufgabe übernahm, nicht sehr begeistert.

„Was ist Legilimentik?", fragte Andrea und blickte unsicher von Sirius zu Silver.

„Die Fähigkeit, gewaltsam in den Geist eines anderen Menschen einzudringen", erklärte Silver, fügte jedoch, als er Andreas alarmierten Blick sah beschwichtigend hinzu: „Ich werde keine Legilimentik verwenden, das verspreche ich dir".

„Was dann?", forschte Sirius stirnrunzelnd nach. „Wie willst du sicherstellen, dass ihre Psyche nicht kollabiert, wenn du…"

„Es gibt ältere, effizientere Methoden um dies zu verhindern", unterbrach ihn Silver mit der stummen Bitte in seinen Augen, es dabei zu belassen. Einige Sekunden sprach niemand, bis Andrea schließlich mit einem leisen Seufzen die Stille durchbrach.

„Was ist….wenn ich diese Trennung nicht durchführen lasse? Ich meine…könnte man nicht einfach…die Bastet irgendwo wegsperren? Bisher hat sie mir keinen Schaden zugefügt."

„Das Problem dabei ist, dass wir die Bastet zwar unter Verschluss halten können, doch selbst das hat bereits Auswirkung auf dich…."

„Bis jetzt habe ich keine Auswirkung darauf gespürt", unterbrach sie Silver ungeduldig. „Mir geht es prima."

„Dir geht es nicht prima", widersprach ihr Silver mit einem leisen Lächeln. „Du fühlst dich unwohl, müde und ….eingesperrt. Je länger diese gewaltsame Distanz besteht, umso mehr werden sich genau diese Gefühle verstärken."

Andrea öffnete bereits den Mund zu einer Antwort, doch sie entgegnete nichts. Stattdessen legte sie den Kopf schief und blickte ihn mit einer Mischung aus  Verblüffung, Beunruhigung und Skepsis an, ehe sie zögernd fragte: „Bist du so was Ähnliches wie ein Empath oder so?"

„Etwas Ähnliches", nickte Silver mit einem Schmunzeln, ehe er sofort wieder ernst wurde. „Doch um wieder auf die Bastet zurückzukommen; solange die Verbindung zwischen dir und dieser Figur besteht, können wir sie weder dauerhaft von dir fernhalten, noch riskieren, dass sie in irgendeiner Form Kontrolle über dich ausübt."

„Oder sich jemand mit ihrer Hilfe Zugang zu dem Casa de anhelo verschafft", ergänzte sie mürrisch und starrte auf den Boden vor sich. „Sieht nicht so aus, als wenn ich eine große Wahlmöglichkeit hätte."

„Vermutlich nicht", gab Silver mit einem matten Lächeln zu.

„Na schön, dann richte bitte Dumbledore aus, dass ich damit einverstanden bin", stimmte sie schweren Herzens zu. „Ich hoffe nur, ihr wisst was ihr da tut, ich weiß es nämlich nicht."

Sirius atmete erleichtert auf, während er ihr stumm die Hand drückte.

„Gut, dann werde ich mich jetzt verabschieden, ich habe noch eine Verabredung mit Tonks, bevor ich nach Hogwarts zurückkehren kann", sagte Silver und stemmte sich aus dem Sessel.

„Und wir werden noch einen Streifzug durch die Gegend machen", sagte Sirius und wie auf ein unsichtbares Kommando hin, ertönte ein leises Summen aus Andreas Armbanduhr. Mit einer kapitulierenden Geste hob sie die Hände, stand auf und holte ihre Flaschen mit dem Vielsaft-Trank aus der Kommode. Seufzend entkorkte sie die Flasche und trank einen großen Schluck, ehe sie angewidert das Gesicht verzog. „Und du behauptest, man könnte sich daran gewöhnen", wandte sie sich an Sirius und verdrehte die Augen.

„Ich sagte früher oder später", grinste Sirius, während gleichzeitig die Wirkung des Vielsaft-Tranks bei ihm nachließ und er sich wieder in sein gewohntes Erscheinungsbild verwandelte.

„Wohl eher später", brummte Andrea ungnädig, als mache sie Sirius für den schlechten Geschmack des Tranks verantwortlich.

„Andrea wird nochmals den Festplatz abgehen und ich werde meine Hundenase ein bisschen in den Wind halten", erklärte Sirius, der Silvers fragenden Blick bemerkt hatte. Mit einer lässigen Bewegung schob er die Gardinen zurück, um einen prüfenden Blick in den Park zu werfen.

„Sei vorsichtig, damit du nicht versehentlich einem bekannten Gesicht über den Weg läufst", warnte Silver und trat neben Sirius ans Fenster. Andrea löschte das Licht, ehe sie für Sirius das Fenster öffnete und dieser lautlos nach draußen sprang. Einen Moment später konnte sie den großen schwarzen Hund sehen, der flink über den Rasen huschte und im Dunkel der Büsche verschwand. Silver wollte ihm bereits folgen, als Andrea  ihn mit einem unsicheren Lächeln zurückhielt.

„Du kannst getrost die Tür benutzen, in diesem Hotel ist heute Abend so viel Betrieb, dass es nicht auffallen wird, wenn du aus diesem Zimmer kommst."

„Ich werde trotzdem den Weg durch das Fenster nehmen", sagte er leise und drückte sanft ihre Hand. „Aber wenn du möchtest, können wir den Weg zum Festplatz gemeinsam gehen, ich treffe mich dort mit Tonks."

„Sehr gern", nickte Andrea, nicht sicher was plötzlich diese Unsicherheit in ihrem Inneren auslöste.

Als Andrea wenige Minuten später in die Hauptstraße einbog, wartete Silver bereits auf sie. Mit einem schelmischen Grinsen reichte er ihr eine Kette mit bunten Zuckerherzen, die er zuvor hinter seinem Rücken verborgen hatte.

„Ich glaube die fehlt noch in deiner Sammlung an Muggelsüßigkeiten", flüsterte er und fügte, als er ihre Verlegenheit bemerkte, in verschwörerischem Ton hinzu: „Tarnung ist alles."

Andrea nickte und Silver legte ihr die Kette um den Hals, ehe sie gemeinsam die hell erleuchtete Straße entlang gingen. Zu beiden Seiten hatten die Ladenbesitzer ihre Schaufenster mit bunten Girlanden dekoriert, Gastwirte hatten der kühlen Temperatur zum Trotz Tische und Bänke den Bürgersteig  entlang aufgebaut und aus den Fenstern drang fröhliche Musik nach außen. Obwohl an diesem Abend vielen Menschen unterwegs waren, dauerte es nicht lange und sie hatten den Festplatz am Flussufer erreicht.

„Ganz schön was los", sagte Silver, während er an einer Losbude stehen bleib und die vorbeiströmende Menschenmenge beobachtete.

„Kann man wohl sagen", stöhnte Andrea. „Die sind sicher alle wegen des Feuerwerks hier."

„Nun, das gibt es schließlich nicht alle Tage", lächelte Silver und deutete ihr durch eine leise Kopfbewegung an, weiter zu gehen.

„Ein Zauberer, sieh mal ein echter Zauberer", rief plötzlich eine aufgeregte Kinderstimme neben ihnen und Andrea konnte fühlen, wie Silver neben ihr zusammenzucke. Ein kleiner Junge hatte nach der Hand seines Vaters gegriffen und zog ihn nun eifrig in die Richtung des bunten Zeltes, in dessen Eingang soeben ein schwarz gekleideter Mann mit Zylinder erschienen war. Andrea musste sich hart auf die Lippe beißen, um nicht laut los zu lachen, als der angebliche Zauberer einen neongrünen Plastikzauberstab aus seinem Ärmel zog und damit gegen das Schild über dem Eingang klopfte. Eine Sekunde später flammte rings um das Zelt herum eine bunte Lichterkette auf.

„Muggelmagie", flüsterte Andrea, immer noch bemüht ihr Lachen zu unterdrücken.

„Und ein richtiger Muggelzauberer", zwinkerte Silver ihr zu. „So was bekommt man wirklich nicht alle Tage zu sehen."

„Und da behauptet Dumbledore, dass es in diesem Städtchen nicht die geringste Magie gibt" kicherte Andrea leise.

„Zumindest nicht in diesem Moment, sonst wurde das eigens dafür eingerichtete Alarmsystem anschlagen", erklärte Silver, indem er sich zu ihr hinabbeugte und leise in ihr Ohr flüsterte. „Niemand kann hier zaubern, ohne dass es nicht sofort sichtbar werden würde."

Inzwischen scharrten sich immer mehr Leute um das Zelt, aus dem nun eine dröhnende Stimme die bevorstehende Zaubervorstellung ankündigte, während von der anderen Seite ein Fischverkäufer lautstark seine Ware anpries. Andrea lächelte unwillkürlich, als sie am Ende der Gasse das Zelt einer Wahrsagerin entdeckte und die Erinnerung an Harrys Erzählungen von seiner ersten Unterrichtsstunde in Wahrsagen in ihr hochstieg.

„Lass uns weitergehen", sagte Silver und legte die Hand auf ihren Rücken.

Andrea nickte und so schlenderten sie langsam die Gasse entlang, bis sie einem Pulk von reichlich angetrunkenen Männern auswichen, die enthusiastisch einen ihrer Kumpels anfeuerten, der sich eben anschickte mit einem Hammer auf die hervorstehende Platte eines röhrenförmigen Gerät einzuschlagen.

„Was tun die da?", flüsterte Silver sichtlich irritiert.

„Hau den Lukas", grinste Andrea und führte Silver zu einer Stelle, von der sie besser zusehen konnten. Eine Minute beobachtete er das Schauspiel, ehe er sich kopfschüttelnd zu ihr wandte.

„Und wofür soll das gut sein?"

„Zu nichts weiter, als dass sie sich damit gegenseitig ihre Kraft beweisen", erklärte Andrea lächelnd. „Je höher das…"

Ein lautes Krachen ertönte und eine Glocke bimmelte, als einer der Männer mit einem kraftvollen Schlag das Katapult nach oben beförderte. Ein vielstimmiges Grölen erfolgte und dem Schläger wurde anerkennend auf die Schulter geklopft. Silver beobachtete interessiert, wie ein breitschuldiger Mann lallend die richtige Technik des Schlagens erklärte, als plötzlich Andrea seinen Arm packte.

„Remus!", stieß sie fassungslos aus, während sie wild gestikulierend nach vorn deutete. Silver setzte bereits zu einer Warnung an, doch einen Moment später war sie bereits zwischen den Männern hindurch geschlüpft.

„Andrea! Nein!", rief Silver ihr nach, doch es war zu spät, seine Worte gingen in dem Johlen und Grölen der Betrunkenen unter.

Kurz entschlossen setzte er ihr nach, doch noch ehe er sie festhalten konnte, hatte sie bereits die andere Seite der Zeltgasse erreicht. Für einen kurzen Augenblick gelang es ihm noch zu erkennen, wie sie sich hektisch nach allen Seiten umsah, ehe die Menschenmenge ihm wieder die Sicht verdeckte. Innerlich fluchend kämpfte sich Silver durch die torkelnde und johlende Schar, bis er kurze Zeit später die Stelle erreichte, an der er Andrea zuletzt gesehen hatte, doch sie war verschwunden.

Noch während Silver unschlüssig beide Seiten der Gasse beobachtete, bemerkte er plötzlich wie die Stimmung um ihn herum immer aggressiver wurde. Passanten rempelten sich an, Kinder zeterten und jammerten, genervte Eltern ergingen sich in gegenseitigen Vorwürfen und die Zahl der Betrunkenen schien drastisch gestiegen zu sein. Aber noch ehe Silver sich über diese merkwürdige Veränderung Gedanken machen konnte, hörte er bereits das leise, in dem Tumult kaum wahrnehmbares Knurren eines Hundes hinter sich. Silver musste sich nicht erst umzudrehen, um zu wissen, dass es Sirius war, der hier in der Dunkelheit zwischen den Zelten auf sich aufmerksam machte. Mit einem letzten besorgen Blick auf die heftig debattierenden Menschen, wandte er sich um und trat in den Schatten der Zelte.

„Was ist los?", flüsterte er, doch statt einer Antwort, machte der Hund kehrt und jagte mit weit ausholenden Sprüngen über den freien Platz, der sich unmittelbar hinter den Zelten befand. Das dumpfe Getrappel der aufsetzenden Pfoten wurde vom feuchten Gras fast vollständig verschluckt.

Silver seufzte leise, ehe er ihm eilig über die Rasenfläche folgte, vorbei an den Wohnwägen der Schausteller, bis sie schließlich die Baumgruppe auf der anderen Seite erreicht hatten und Sirius unvermittelt stehen blieb. Pechschwarze Dunkelheit umfing sie, die nur durch den matten Glanz der Wohnwägen unterbrochen wurde. Nur schemenhaft konnte er erkennen, wie Sirius sich in seine menschliche Gestalt zurückverwandelte.

„Was ist los?", wiederholte er seine Frage und blickte sich alarmiert um. Von hier konnten sie deutlich hören, wie der Lärm des Festbetriebs stetig anschwoll.

„Ein Falle! Das Ganze ist eine Falle!", stieß Sirius gepresst hervor und zog seinen Zauberstab hervor.

Aber noch ehe Silver etwas sagen oder weitere Fragen stellen konnte, hörten sie die hastigen Schritte, mit denen jemand über die Rasenfläche auf sie zu rannte.

 „Verdammt Clark, bleib doch endlich stehen", keuchte eine Stimme hinter ihnen und im ersten Moment erwartete Silver wirklich Andrea zu sehen, doch es war Tonks die schwer atmend hinter den Wohnwägen auftauchte.

„Sag mal wo willst du denn hin", schnaufte sie atemlos und griff nach seinem Arm, als wollte sie verhindern, dass er noch einmal davon lief. „Ich laufe hier…."

Weiter kam sie nicht, denn Sirius der bisher von den tiefschwarzen Schatten der Sträucher verborgen war, trat nun einen Schritt nach vorn.

„Verschwindet aus diesen Hexenkessel! Warnt die Anderen! Das alles ist eine Falle um die Mitglieder des Phönixordens hierher zu locken", drängte Sirius, Tonks sprachloses Entsetzen ignorierend. „Ich konnte beobachten, wie ein Mann, der verdammte Ähnlichkeit mit Remus hatte, gezielt hinter den Ordensmitgliedern her schlich, um sich von ihnen im geeigneten Moment sehen zu lassen. Aber wer auch immer das ist, es ist nicht Remus!"

Ohne auf eine weitere Reaktion zu warten, verwandelte Sirius sich wieder in seine Hundegestalt und jagte davon. Silver stieß einen unterdrückten Fluch aus und packte Tonks, die noch immer völlig erstarrt dastand hart am Arm.

„Tonks, reiß dich zusammen! Wo sind die Anderen?"

Doch Tonks rührte sich nicht, mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf die Stelle, an der Sirius noch Sekunden zuvor gestanden hatte. Silver konnte sich lebhaft vorstellen, was in diesem Moment in ihrem Kopf vorging, doch dies war nicht der Zeitpunkt für Erklärungen. Wenn Sirius seine Tarnung aufgab, dann sicher nicht ohne Grund.

„Komm mit", sagte er angespannt und zog die verdatterte Tonks mit sich.

Ohne Widerstand zu leisten, ließ Tonks es zu, dass er sie entschieden über die Rasenfläche zurück schob. Kaum hatten sie die Gasse erreicht, fanden sie sich in einer Horde tobender und prügelnder Menschen wieder. Ein Mann mit hochrotem Gesicht hatte einer Glasflasche den Boden abgeschlagen und versuchte nun, mit der so entstandenen Waffe, eine Polizisten zu attackieren, der sich erfolglos bemühte Ruhe und Ordnung wieder herzustellen. Hexenkessel, hatte Sirius es genannt und Silver musste sich nur umsehen, um festzustellen dass es kaum einen besseren Begriff für diesen Tumult gab, der hier so unerwartet losgebrochen war.

Noch während Silver überlegte, wie er am schnellsten die anderen Mitglieder des Phönixordens finden konnte, sah er bereits Kingsley auf sich zu hasten.

„Die Muggel sind alle verrückt geworden", keuchte er atemlos, während er gleichzeitig einem Stein auswich, der in diesem Moment auf ihn zu folg.

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, man hat sie alle mit einem Verwirrungszauber belegt", schnaufte Bill Weasley, der unvermittelt hinter Kingsley auftauchte und ebenfalls besorgt die Menschenmenge beobachtete.

„Halte ich nicht für ausgeschlossen", sagte Silver, doch noch ehe ihm jemand widersprechen konnte, zerriss ein ohrenbetäubender Knall die Diskussion, dem nur eine Sekunde später bereits der Nächste folgte.

„Magie", stießen Kingsley und Bill gleichzeitig aus.

Zu beiden Seiten der Gasse konnten sie sehen, wie kleine, blaue Bündel aus zuckenden Lichtpunkten über den Köpfen der Menschen schweben.

„Der Magiealarm", keuchte Bill und drehte sich hektisch um die eigene Achse.

Überall um sie herum sahen sie blauen Lichtbündel, welche die magische Aktivität anzeigten, doch einen Moment später wurde dieses Lichtspiel bereits von dem beginnenden Feuerwerk überlagert. Mit Gezische und Getöse stieg eine Unzahl von Raketen auf, explodierten und tauchten den Himmel in ein buntes Licht.

Für einen kurzen Augenblick schien das Feuerwerk die Menschen von ihren Streitigkeiten abzulenken, ehe diese mit unverminderter Wut von neuem begann.

„Verschwindet, von hier aus können wir den Muggeln nicht helfen", rief Silver und rüttelte an Tonks Schulter. „Ihr müsst hier weg! Beeilt euch!"

Bill und Kingsley nickten und auch in Tonks blutleeres Gesicht kam plötzlich wieder Leben.

„Zum Treffpunkt", sagte sie heiser und einen Augenblick später disapparierte sie.

Bill und Kingsley nickten kurz und verschwanden genau in dem Augenblick, als der Boden des Festplatzes leicht zu beben begann. Begleitet von der Vibration stieg plötzlich weißer, kaum wahrnehmbarer Dampf aus dem Boden auf und im Bruchteil einer Sekunde begriff Silver worin diese Falle bestand, vor der Sirius noch Minuten zuvor gewarnt hatte. Ohne lange zu zögern apparierte er, inständig hoffend, dass auch die Anderen  diese Gefahr rechtzeitig erkannten.

Fortsetzung folgt……..(bald, das verspreche ich)

Autornote: Ein ganz, ganz herzliches Dankeschön für euere tollen Reviews! Hab mich sehr darüber gefreut! Knuddel euch alle mal ganz fest!!!

Remiew-Antworten:

Louis M. Wolf: Tja, mit deiner Einschätzung der Ruhe vor dem Sturm hast du voll ins Schwarze getroffen. Mein Kompliment!

Six83: Ja, das mit Harry sehe ich auch so, mit einem Schulverweis muss er sicher nicht rechnen.

Bele: ….und hier ist es schon!

Janine Black: Bitte nicht durchdrehen! Schreib ja schon weiter!

Padfoot's Mate: Oh, Padfoot´s Mate du bist mein Held! Vielen Dank für deine Verteidigung! Was zwischen Andrea und Silver gelaufen ist? Bisher eigentlich nur ein ganz unschuldiger Abschiedskuss! „ggg"

Kara: Vielen Dank!

auxia: Was plagt dich denn?

Tertor: Ein neuer Fan! „jubel" Freut mich sehr! Vielen Dank für dein großes Lob!

Tach / Moin: Vielen Dank! Nicht weinen, hier ist ja schon das Neue!

Kiki: Danke sehr! „verbeug"

michy: Kapitelnamen kommen noch! Wenn dir ein paar Passende einfallen, lass es mich wissen, bin für jede Anregung dankbar!

Maya: Kann nur sagen, Danke!

Lea: Wo nimmst du nur all die Fantasie her? Keine Ahnung, die fliegt mir einfach so zu! „lach"

Lord Mystic: Du bekommst heute eine Review-Antwort von Padfoot´s Mate „sfg" Lord Mystic: Ihr geht zu weit, finstrer Lord! Ich werde mein liebes Sternchen mit blankem Schwert gegen Euch verteidigen! (dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen)

Miss Shirley-Blythe: Danke sehr! Freut mich dass es dir gefallen hat!

Schnuckiputz: Schön, dass du Harry die Daumen drückst, das kann er bestimmt gebrauchen!

HJ-HJ: Vielen Dank für dein riesengroßes Lob „rotwerd"  Außerdem bewundere ich deine Ausdauer Beide Storys in zwei Tagen? Alle Achtung!

PadfootLi: Vielen Dank! Ja, Harrys Selbstdisziplin…..wir werden sehen!

Eva Luna: Tja, leicht macht Silver es ihm damit bestimmt nicht! „fg" Deine Hoffnung hat sich ja erfüllt….und wenn alles gut geht, bekommst du vor dem 22, auch noch Kapitel 23.

torence: Nach den Idee hat mich doch heute schon mal jemand gefragt „grübel" na die fliegen mir einfach so zu, weiß auch nicht wie das geht!

Lana18: Viele Dank für dein riesengroßes Lob! Tja, das mit der Fortsetzung auf xperts funktioniert leider noch nicht. Keine Ahnung, warum der update nicht stattgefunden hat! Hab die Fortsetzung schon am 14 Mai und letzte Woche noch mal abgeschickt, doch bis jetzt hat sich noch nichts getan. Das mit Remus….hm…lass dich überraschen! „zwinker"

So das war es erstmal für heute, hoffe wie immer, dass ich niemanden vergessen habe und wünsche euch noch ein schönes Wochenende!

Liebe Grüße von euerem Sternchen! „wink"