23.  

Sirius und Silver apparierten fast zeitgleich in Andreas Hotelzimmer, doch noch ehe Silver überhaupt den Mund aufmachen konnte, um sich erkenntlich zu geben, hatte Sirius bereits den Entwaffnungszauber gesprochen und Silver verlor seinen Zauberstab. In der Dunkelheit die sie hier umgab, konnten sie sich nur als schwachen, schemenhaften Umriss erkennen; dennoch wusste Silver im Gegensatz zu seinem Gegenüber genau, wen er hier vor sich hatte.

„Sirius, ich bin´s, Clark", sagte er hastig und hob vorsichtshalber die Arme in die Höhe, nicht sicher ob Sirius ihn sofort erkennen würde.

Mit einem erleichterten Ausatmen ließ Sirius den Zauberstab sinken und schaltete das Licht der Deckenbeleuchtung ein. „Wo ist Andrea?", fragte er heiser, während er Silver den Zauberstab zurückgab und sich im Zimmer umsah. „Ich habe euch zusammen vor dem Zelt der Wahrsagerin gesehen."

„Ehrlich gesagt, ich habe nicht die leiseste Ahnung", seufzte Silver und ließ sich erschöpft an der Wand entlang nach unten sinken. „Ich habe sie aus den Augen verloren, doch ich vermute, sie ist dem Mann nachgelaufen, der sich für Remus ausgab."

„Jemand hat ein magisches Kraftfeld auf dem Festplatz erzeugt, wir können sie derzeit nicht suchen."

„Das war kein gewöhnliches Kraftfeld", sagte Silver kraftlos, während er die Augen schloss und den Kopf gegen die Wand hinter sich lehnte. „Das war Magie, der übelsten Sorte."

„Verdammt, Clark, drück dich gefälligst deutlicher aus. WAS GENAU WAR DAS?" Sirius Stimme hallte laut durch den Raum und spiegelte nur zu deutlich die Anspannung wider unter der er stand.

„Ein Exekutionszirkel", antwortete Silver so leise, dass Sirius ihn kaum verstehen konnte.

„Ein was?", stieß Sirius entsetzt aus und sank fassungslos auf Andreas Bett.

„Ein Fluch, der einmal aktiviert, alles magische Leben innerhalb eines bestimmten Kreises auslöscht. Galt in früheren Zeiten als eine der effektivsten Arten, eine größere Zahl von Feinden mit einem Streich zu vernichten", antworte Silver tonlos.

„Aber das…das bedeutet…" Sirius brach ab, unfähig das auszusprechen, was Silvers Erklärung zwangsläufig bedeuten musste.

„Das bedeutet, dass Voldemort geschickt eine Falle gestellt hat, in die wir prompt hineingestolpert sind. Dieser Fluch wirkt wie eine langsam ansteigende Welle und jeder Zauberer, beziehungsweise jede Hexe, die sich eine Minute nachdem dieser Fluch seinen Höhepunkt erreichte  noch auf dem Festplatz befand, ist tot."

Sirius stieß gepresst die Luft aus und senkte den Kopf. „Es war wie ein nahendes Gewitter, ich fühlte es, wusste dass man uns dort eine Falle stellte, doch mit so einem Ausmaß …habe ich nicht gerechnet", sagte er mit gebrochener Stimme, ehe er wieder den Kopf hob und Silver ansah. „Wie viele unserer Leute befanden sich dort?".

„Ich weiß es nicht genau, acht bis zehn schätze ich, möglicherweise auch mehr. Tonks, Bill Weasley und Kingsley sind zu ihrem Treffpunkt disappariert, doch ich kann dir nicht sagen, ob sich dieser innerhalb oder außerhalb des Kreises befand", seufzte Silver schwer und blickte ihn das erste mal seit ihrer Rückkehr direkt in die Augen. „Du solltest deine Sachen packen und so schnell wie möglich von hier verschwinden. Spätestens in einer halben Stunde wird es hier nur so von Auroren wimmeln...ich werde inzwischen Dumbledore bescheid sagen."

„Und Andrea? Ich kann nicht…"

„Wenn die Wirkung des Zirkels nachlässt werde ich nach ihr suchen. Egal ob sie sich innerhalb oder außerhalb des Kreises befunden hat, hilfst du ihr nicht, wenn du der magischen Strafverfolgung in die Arme läufst und unser Apparieren hierher ist sicher nicht unbemerkt geblieben."

„Du hast Recht", gab er widerstrebend zu und erhob sich schwerfällig.

Mit einem Wink seines Zauberstabs öffneten sich der Deckel seines Koffers und die Türen des Kleiderschranks. In weniger als fünf Minuten waren Sirius Habseligkeiten im Koffer verstaut und ein weiterer Schlenker ließ ihn auf die Größe einer Streichholzschachtel schrumpfen.

„Von Hogwarts aus gibt es einen Geheimgang der direkt zur Heulenden Hütte führt", begann Sirius zögernd. „Sag Dumbledore, dass ich dort auf Neuigkeiten warten werde."

„Das werde ich tun", nickte Silver und erhob sich nun ebenfalls. „Ich werde von hier aus zum Grimmauld Place apparieren, das ist die schnellste Möglichkeit um mit dem Orden in Verbindung zu treten."

„Was machst du?" Silver war an Andreas Kommode getreten und holte nun Papier und Stift aus der obersten Schublade.

„Ich hinterlasse Andrea eine Nachricht, dass ich in spätestens einer halben Stunde zurück sein werde und sie hier auf mich warten soll", erklärte Silver und schrieb einige Zeilen auf den Briefbogen, ehe er diesen zusammenfaltete und auf ihr Bett legte.

„Andrea ist ein Muggel", sagte Sirius, vielleicht eine Spur überzeugter, als er in Wirklichkeit war. „Selbst wenn sie sich im Inneren dieses…dieses Zirkels befand…hätte sie dieser Zauber nicht töten können."

Silver antwortete ihm nicht darauf, stattdessen löschte er das Licht und klopfte Sirius leicht auf die Schulter. „Nun mach dass du weg kommst, wir sehen uns in Hogsmeade."

Sirius nickte zögernd und einen Moment später apparierten die beiden Männer, Sirius zur Heulenden Hütte und Silver direkt in den Grimmauld Place, um von dort aus Dumbledore Bericht zu erstatten.

Eine Stunde später erreichte Silver wieder den Festplatz, um den sich inzwischen eine beträchtliche Anzahl von Auroren und Eingriffszauberer versammelt hatten. Er musste nicht lange suchen, bis er auch Tonks, Kingsley und Bill mitten unter ihnen fand.

„Clark, endlich!", stöhnte Tonks erleichtert auf, sobald sie ihn erblickte und stürzte auf ihn zu. „Was hat das alles zu bedeuten? Was ist dort passiert? Keiner von uns kann da hinein, es liegt so was wie ein Schutzbann darüber. "

„Lass den Jungen doch erst mal zu Luft kommen", ertönte eine vertraute, mürrische Stimme und als Silver sich umdrehte konnte er Moody erkennen, der mit eiligen Schritten auf ihn zugehumpelt kam. „Ich nehme an, du hast Dumbledore unterrichtet:"

„Ja, hab ich", nickte Silver, während er mit zusammengekniffenen Augen die schwach leuchtende Kuppel beobachtete, die sich wie eine Seifenblase über den gesamten Festplatz gelegt hatte.

„Die Eingreifzauberer versuchen dieses magische Kraftfeld zu brechen, doch bisher hatten sie noch keinen Erfolg", erklärte Bill, der Silvers Blick gefolgt war.

„Es wird sich in wenigen Minuten von selbst auflösen", sagte Silver und wandte sich wieder den Ordensmitgliedern zu. „Es ist kein magisches Kraftfeld, es ist ein Exekutionszirkel."

Für einen kurzen Moment schien es, als hätte er mit diesen Worten einen Erstarrungszauber über die vier Anwesenden gelegt. Tonks die sich eben noch fröstelnd über die Arme gerieben hatte, hielt mitten in ihrer Bewegung inne, Moodys magisches Auge drehte sich blitzschnell nach vorne und glotzte ihn erschreckend starr an und Bill riss erschrocken den Mund auf, schien mit dem Begriff jedoch wenig anfangen zu können. Moody reagierte als erster; er stapfte mit einem grimmigen Schnauben zu den Eingreifzauberern, offensichtlich um ihnen von Silvers Mutmaßung zu berichten. Wenig später kehrte Moody mit zwei Mitarbeitern des Zaubereiministeriums zurück.

„Guten Abend, mein Name ist Stoker, ich bin Leiter der Abteilung für magische Strafverfolgung", stellte sich der größere der beiden Männer steif vor. „Mad Eye sagte, dass sie der Ansicht wären, es handle sich hierbei um einen Exekutionszirkel. Wie kommen Sie darauf?"

„Ich war auf den Festplatz als der Zauber einsetzte", sagte Silver müde und rieb sich über das Gesicht.

„Interessant", schaltete sich nun auch der zweite Mann in das Gespräch ein und beäugte Silver misstrauisch. „Vor allem wenn man bedenkt, dass man unseres Wissens nach, aus einem tatsächlichen Exekutionszirkel nicht mehr disapparieren kann."

„Man kann es, wenn die Vorzeichen rechtzeitig genug erkannt werden."

„Es gibt bei diesem Zauber keine Vorzeichen", entgegnete Stoker nun schroff.

„Doch die gibt es, auch wenn wir sie als Zauberer nicht sofort zu spüren bekommen", widersprach ihm Silver müde und deutete auf eine Reihe von Krankenwägen und Polizeiautos die am Eingang des Festplatzes standen. „Die Muggel reagieren sofort darauf und erleben es als einen plötzlichen Ausbruch an Aggression der jedes logische Denken ausschaltet, während ein Zauberer es erst dann zu spüren bekommt, wenn der Zauber seinen Höhepunkt erreicht. Im Gegensatz zu uns, bemerken die Muggel aber nichts von dieser Energiekuppel, für sie ist es nichts weiter als ein schwacher Nebel, der keinerlei Wirkung auf sie hat."

„Clark weiß wovon er hier redet", schaltete sich nun unerwartet Tonks in das Gespräch ein. „Er…"

„Oh, ja, das weiß ich auch, er redet von schwärzester Magie", wurde sie sofort von dem zweiten Mann, mit einer ungeduldigen Handbewegung unterbrochen. „Stellt sich an dieser Stelle nur die Frage, woher diese speziellen Kenntnisse kommen."

„Sie wollen doch nicht etwa behaupten, Clark hätte was mit diesem Zauber zu tun?", ereiferte sich Tonks, was jedoch nur zu einem verächtlichen Schnauben Stokers führte. Doch noch ehe dieser zu einer weiteren Entgegnung ansetzen konnte, deutete Kingsley nach vorn.

„Seht mal, die Energiekuppel löst sich auf!"

Die beiden Ministeriumsangestellten wirbelten überrascht herum, ehe sie mit einem letzten ärgerlichen Blick auf die Mitglieder des Ordens davon stapften. Sie konnten hören, wie Stoker seinen Leuten einige Anweisungen zuwarf, doch das kümmerte sie nicht; die Kuppel, die ihnen bisher den Blick auf den Festplatz verwehrt hatte, wurde zusehend durchsichtiger und offenbarte zögernd das, was ihren Augen bisher verborgen blieb.

„Oh nein!", hauchte Tonks und krallte ihre Finger in Silvers Unterarm.

Das, was zuvor ein lustiges, buntes Treiben gewesen war, glich jetzt nur noch dem hektischen Gewimmel, das nach einer verlorenen Schlacht auf einem Kampfplatz entsteht. Zelte waren teilweise eingestürzt, Buden zertrümmert, aus dem Stand des Fischverkäufers stiegen noch immer kleine Rauchschwaden auf und der Hammer, mit dem zuvor der Lukas geschlagen worden war, steckte im Dach einer Losbude. Der Boden des Festplatzes war übersät mit einem Gemisch aus Glassplittern, Holz und den Waren aus den Verkaufsständen. Überall saßen erschöpfte und verletzte Menschen, denen deutlich anzusehen war, dass sie nicht die geringste Vorstellung hatten, was hier mit ihnen geschehen war. Die Sanitäter und Notärzte der Muggel verarzteten notdürftig die Verletzten, während eine große Anzahl von Polizeibeamten erste Befragungen durchführten.

„Bringen wir´s hinter uns", brummte Moody und humpelte hinter den Auroren her, die soeben den Festplatz betraten. Tonks atmete schwer ein, folgte ihm jedoch ohne zu zögern und auch Bill, Kingsley und Silver schlossen sich ihnen an. Mit dem beklemmenden Gefühl der Hilflosigkeit überquerten sie den Festplatz, bis Moody plötzlich stehen blieb und auf eines der wenigen noch fest stehenden Zelte deutete.

„Dort drin haben sie die Toten untergebracht", sagte er leise, während sein rotierendes, magisches Auge misstrauisch die Umgebung beobachtete.

„Wie viele sind es?", fragte Bill atemlos und trat zögernd näher an das Zelt heran, ehe er sich unsicher nach Moody umblickte, der nicht sofort antwortete.

„Zu viele", kam, nachdem er Bills Blick auf sich bemerkt hatte, die schroffe, knurrende Antwort des alten Zauberers, dessen magisches Auge gleichzeitig fest auf die Zeltwand gerichtet war.

Silver war der erste, der den Eingang des ehemaligen Festzeltes erreichte und dort von einem Polizisten am Eintritt gehindert wurde. Sie konnte nicht hören, was er dem Beamten sagte, doch wenige Augenblicke später trat dieser zur Seite und gab Silver den Weg frei.

Im Zelt waren Tische und Bänke zusammen gestellt und an den beiden Längsseiten des Zelts hatte man die Toten in zwei langen Reihen aufgebahrt. Auch wenn die toten Körper allesamt mit Tüchern abgedeckt waren, konnte man unschwer erkennen, dass die Leichen nach Geschlecht getrennt lagen. Während Silver und Moody die langen Reihen abgingen, wartete Kingsley, Bill und Tonks am Eingang.

„Sieht so aus, als wärt ihr vier die Einzigen, die entkommen sind", sagte Moody mit schwerer Stimme, als sie nach einigen Minuten zurückkamen.

„Das kann nicht sein! Barks, Clermont, Clarkson, Brownlee, Parker, Sallonger…sie sind alle…", unfähig ihren Satz zu beenden brach Tonks ab und blickte hilfesuchend zu Silver, als hoffe sie, dieser würde Moodys Behauptung widerlegen, doch er tat es nicht.

„Dillon und Ingleby sind ebenfalls dabei", brummte Moody und legte seine knochige Hand väterlich auf Tonks Schulter. „Lass uns nach Hause gehen, hier gibt es nichts mehr für uns zu tun."

„Ich werde noch einmal das Gelände abgehen", sagte Silver, während seine Augen nervös über den Festplatz wanderten.

„Lass gut sein, Junge! Die Leute vom Ministerium werden sich um alles Weitere kümmern und du siehst nicht so aus, als…"

„Geht schon mal vor, ich komme nach", unterbrach ihn Silver mit einem schiefen Lächeln und kehrte ihnen den Rücken zu.

„Sieht ganz schön fertig aus", seufzte Bill und blickte besorgt Silver nach, der in diesem Augenblick zwischen zwei Bretterbuden verschwand. „Wir sollten ihn nicht…"

„Ich werd mit ihm gehen", sagte Tonks und eilte hinter Silver her.

Nach wenigen Metern hatte sie ihn eingeholt. „Was dagegen, wenn ich mich anschließe?", fragte sie unsicher.

„Nein", antwortete er einsilbig, während sein Blick nachdenklich die Gasse entlang wanderte.

Ohne weiter auf sie zu achten, ging er mit langsamen Schritten an den Buden und Zelten vorbei, bis er schließlich das Ende der Gasse erreicht hatte und auf der hinteren Seite der Buden wieder zurückging. Tonks folgte ihm schweigend, bis sie an den kleinen freien Platz kamen, an dem sie Silver zusammen mit Sirius gesehen hatte.

„Clark, darf ich dich was fragen?", sagte sie unsicher und als Silver nickte fügte sie mit festerer Stimmen hinzu: „Es geht um Sirius."

„Mach dir keine Sorgen, es geht ihm gut", sagte Silver mit einem matten Lächeln. „Er ist rechtzeitig weggekommen."

„Warum hast du mir nicht gesagt…dass er lebt?"

„Er wollte seine Rückkehr geheim halten und ich vermute, das möchte er auch jetzt noch", seufzte Silver schwer und blickte sie besorgt an. „Hast du mit jemanden darüber gesprochen?"

„Nein", murmelte Tonks und senkte den Blick. „Offen gestanden befürchtete ich, dass das alles nur Einbildung war. Ich hab auch Remus in einem Bus gesehen und…na ja…"

„Sirius lebt, doch bitte ich dich, es vorläufig niemanden zu erzählen."

„Aber warum? Ich meine…was hat er vor? Wo war er und…"

„Nicht jetzt, Tonks", unterbrach Silver sie matt. „Ich werde dir alles erzählen, doch bitte nicht jetzt."

„In Ordnung", seufzte sie widerstrebend und folgte ihm die Gasse entlang, während Silver unbeirrt weiter den Boden absuchte.

Sie hatten gerade das eingestürzte Zelt der Wahrsagerin passiert, als Silver sich plötzlich bückte und etwas vom Boden aufhob.

„Was willst du damit? Das ist nur eine abgerissene Zuckerkette, die gab es hier massenweise zu kaufen", seufzte Tonks, während Silver die einzelnen bonbonrosa Zuckerherzen einsammelte und auf seine Handfläche legte, als wollte er sie in einer bestimmten Reihenfolge sortieren.

„Mag sein, doch diese Kette hier…gab es nur einmal", sagte er leise, ballte die Hand zur Faust und schloss einen kurzen Moment die Augen.

„Hm?", brummte Tonks und sah ihn mit großen Augen an. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung wovon Silver eigentlich sprach. Irritiert von seinem, für diesen sonst so beherrschten Mann, untypischen Verhalten, beobachtete sie sein Gesicht. Die angespannte Kiefermuskulatur und die zusammengekniffenen Lippen verrieten deutlich, wie fest er die Zähne aufeinander biss und sie fragte sich unwillkürlich, was in diesem Augenblick in seinem Kopf vorging. Aber noch ehe sie eine diesbezügliche Frage stellen konnte, hörte sie wie jemand ihre Namen rief, Tonks drehte sich um und sah Bill Weasley im Laufschritt auf sich zukommen.

„Sie haben ihn!", keuchte er schon von weitem. „Sie haben ihn gefunden!"

„Wen haben sie gefunden?", fragten Silver und Tonks gleichzeitig.

„Remus! Sie haben Remus gefunden!"

„Wo? Wie geht es ihm?", sprudelte es aus Tonks hervor, während Silver erleichtert die Luft ausstieß.

„Ist ziemlich mitgenommen, doch er lebt. Sie bringen ihn gerade ins St. Mungo!" erzählte Bill aufgeregt, und fügte, mit einem Blick auf das sie umgebende Durcheinander etwas ernster hinzu: „Wenn ihr hier soweit fertig seit….Dumbledore erwartet uns um Mitternacht im Hauptquartier."

„Gut", nickte Silver, öffnete kurz die Hand in der er noch immer die Zuckerkette hielt und ließ die Zuckerherzen in die Tasche seiner Jacke gleiten. „Ich werde pünktlich dort sein."

Bill machte kehrt und Tonks setzte bereits an ihm zu folgen, als sie bemerkte, dass Silver noch immer unschlüssig stehen blieb und sich grübelnd umsah.

„Sagt du mir jetzt endlich, wonach du eigentlich suchst?", fragte sie ungeduldig, während Bill gerade zwischen den Auroren verschwand. „Und was ist mit dieser Zuckerkette?"

Silver seufzte tief, wurde jedoch einer Antwort entbunden, da in diesem Augenblick zwei Beamte des Zaubereiministeriums auf ihn zutraten.

„Professor Clark Silver?"

„Ja, der bin ich", nickte Silver und blickte die beiden Beamten fragend an.

„Wir haben da noch ein paar Fragen an Sie", sagte der eine, der beiden Männer, ohne sich weiter vorzustellen und zog ein Klemmbrett unter seinem Arm hervor. „Ihr vollständiger Name ist Clark Nikodemus Silver?"

„Ja", gab Silver mit einen tadelnden Blick auf Tonks zu, die bei der Nennung seines zweiten Vornamens amüsiert die Augenbraue nach oben gezogen hatte.

„Sie wurden am 15. Januar 1958 in Sheffield geboren?"

„Ja, das ist richtig."

„Ist es richtig, dass Sie…"

„Sir, Carter ist soeben zurückgekehrt", unterbrach ihn ein junger Zauberer, der in diesem Augenblick auf die beiden Beamten zu gerannt kam. „Die Muggel führen ein Verzeichnis, in dem sie alle verletzten und behandelten Personen aufgelistet haben. Da steht auch drin, in welches Krankenhaus die einzelnen Leute gebracht wurden. Es liegt vorn am Festeingang aus."

„Ah, sehr schön! Sehr schön, doch das nächste Mal schreien Sie bitte nicht so!", sagte er ungnädig, ehe er sich wieder geschäftsmäßig Silver zuwandte. „Sie entschuldigen mich, Mr. Silver, wir setzen die Befragung später fort." Mit einem kurzen Nicken und ohne eine Antwort abzuwarten, stürmte er davon.

„Was ist denn das für einer?", fragte Tonks mit einem ungläubigen Kopfschütteln. „Hab ihn noch nie im Ministerium gesehen. Und was interessieren ihn eigentlich die verletzten Muggel?"

Doch Silver hörte ihr nicht zu, mit raschen Schritten folgte er den beiden Beamten und ließ eine ziemlich ärgerliche Tonks zurück.

„He Clark, könntest du zur Abwechslung mal mit mir reden? Wo willst du denn hin?", sagte sie und hielt ihn energisch am Handgelenk fest.

„Mir die Liste ansehen, von der die beiden gesprochen haben", erklärte er ungeduldig, während er  Tonks, die Mühe hatte mit ihm Schritt zu halten, gleichzeitig mit sich zog.

„Und wozu soll das gut sein? Auf dieser Liste sind nur Muggel aufgeführt."

„Genau deswegen ja!"

Es dauerte etwas bis Tonks die Zusammenhänge begriff, doch dann machte sich der Ausdruck des Verstehens auf ihrem Gesicht breit. „Andrea, du suchst Andrea."

„Ja, sie war heute Abend hier auf dem Fest", nickte Silver kurz und steuerte auf den Tisch zu, an dem bereits die Beamten dies Zaubereiministeriums standen und konzentriert die Listen durch gingen, die zur offiziellen Einsicht auf einen Tisch geklebt wurden. Silver und Tonks folgten ihrem Beispiel, bis Silver sich ruckartig aufrichtete und Tonks durch eine leichte Kopfbewegung andeutete, ihm zu folgen.

„Santa Gloria, sie haben sie ins Santa Gloria gebracht. Weißt du wo das ist?", fragte er drängend.

„Ja, ist gar nicht weit von hier", nickte Tonks. „Die Straße runter und dann die zweite Querstraße rechts."

„Dann komm! In dem Muggelkrankenhaus brauche ich sicher deine Unterstützung", drängte er und zog Tonks mit sich die Straße entlang.

Zehn Minuten später, standen sie an der Pforte des Krankenhauses und Tonks redete auf die völlig überlastete Empfangsschwester ein. Silver hielt sich im Hintergrund und nach einer, wie es schien, endlosen Debatte, hatte Tonks die Zimmernummer erfahren.

„208, das ist im zweiten Stock", sagte sie und sah sich nach dem Fahrstuhl um.

„Lass uns zu Fuß gehen, das geht schneller", drängte Silver und zog sie Richtung Treppe.

In der Lounge der zweiten Etage angekommen, sahen sie sich mehrerer abgehenden Gänge gegenüber, doch Tonks begann nicht erst nach dem Zimmer zu suchen, sie steuerte direkt auf das Schwesternzimmer zu. „Guten Abend, könnten Sie uns bitte sagen wo wir Zimmer 208 finden?"

„Zu wem wollen Sie denn?", seufzte die Krankenschwester resignierend, der deutlich anzusehen war, dass Tonks und Silver nicht die einzigen nächtlichen Besucher an diesen Abend waren.

„Andrea Summer, sie wurde heute Abend auf dem Fest verletzt", erklärte Silver freundlich, während er innerlich hoffte, dass Andrea auch hier, wie bei den Sanitätern auf dem Fest, den Namen angegeben hatte, den sie bisher in der Muggelwelt verwendete.

„Es tut mir leid, doch ich kann keinen zusätzlichen Besuch gestatten", brummte die Schwester und blickte in den Gang zu ihrer Linken.

„Was soll das heißen, zusätzlichen Besuch?", fragte Silver alarmiert und auch Tonks Gesicht spiegelte eine dunkle Vorahnung wieder.

„Ja, ihre Eltern sind…" Weiter kam die Krankenschwester nicht, den Tonks und Silver hatten sich gleichzeitig in Bewegung gesetzt und rannten nun den menschenleeren Korridor entlang. Vor Zimmer 208 stoppten sie und Silver riss ohne zu zögern die Tür auf. Im Halbdunkel konnten sie deutlich ein Zimmer mit zwei Betten erkennen; in dem einen schlief, leise vor sich hinschnarchend, eine alte Frau, doch das zweite Bett war leer und auch von den angeblichen Besuchern war keine Spur zu erkennen.

„Ja sagen Sie mal, sind Sie noch bei Sinnen?", ereifert sich die Krankenschwester, die ihnen mit zorngerötetem Gesicht hinterher geeilt war. „Sie können doch nicht….wo ist Miss Summer?", setzte sie fassungslos hinterher und schaltete die Deckenbeleuchtung ein. Mit drei Schritten hatte sie das Zimmer durchquert und die Badezimmertür geöffnet, doch auch dort war niemand. Die alte Frau in ihrem Bett brabbelte etwas im Schlaf und drehte sich auf die andere Seite.

„Sie kann doch nicht weg sein?", hauchte die Schwester sichtlich verwirrt und blickte sich hilflos in dem kleinen Zimmer um. Neben dem Bett stand noch immer der Ständer mit den Infusionsflaschen von denen ein verwaister Schlauch nach unten baumelte und aus dessen Spitze gelbliche Flüssigkeit nach unten tropfte.

„Kann es sein, dass sie einen kleinen Spaziergang macht?", fragte Silver, bemüht möglichst ruhig und arglos zu klingen.

„Nein, das ist unmöglich!", entrüstete sich die Frau und schüttelte energisch den Kopf. „Nein, nicht in diesem Zustand und zum anderen hätte ich gesehen, wenn jemand den Gang entlang gekommen wäre. Ich muss den Arzt verständigen!" Mit hastigen Schritten stürmte sie nach vorn zum Schwesternzimmer. „Hier kann sich doch niemand in Luft auflösen!"

„Oh doch, das kann man", seufzte Silver schwer, ehe er sich wieder an Tonks wandte. „Sieh zu, dass du eine Beschreibung der angeblichen Eltern bekommst, ich werde mich hier umsehen." Tonks nickte und folgte der Krankenschwester, während Silver das Krankenblatt vom Fußende des Bettes zur Hand nahm.

x x x x

Die Mitglieder des Phönixordens waren bereits vollzählig versammelt, als Silver und Tonks den Grimmauld Place Nr. 12 betraten, trotzdem herrschte eine gespenstische Ruhe im Haus. Man nickte ihnen kurz zu und als sie ihre Plätze eingenommen hatten, begann Dumbledore mit einer Zusammenfassung der Ereignisse des Abends. Niemand wagte es, seine Ausführungen zu unterbrechen; mit bestürzten Gesichtern hörte man ihm zu, bis er schließlich geendet hatte. Für einige Augenblicke herrschte betretenes Schweigen, bis Kingsley genau das auf den Punkt brachte, was wohl jeder der Anwesenden zu denken schien.

„Das heißt, wir mussten eine Niederlage auf der gesamten Front einstecken", sagte er mit schwerer Stimme und senkte niedergeschlagen den Kopf.

„Aber wir haben Remus wieder", sagte Tonks zaghaft, in dem Versuch diese niederschmetternde Wahrheit etwas abzuschwächen.

Die Reaktion, die diesen Worten folgte, war jedoch völlig anders. Arthur Weasley, der ihr direkt gegenüber sah, zuckte zusammen und seine Frau neben ihm schlug die Hände vor das Gesicht. Einige Sekunden schienen diese Worte, wie ein lautloses Echo im Raum widerzuhallen. Die Anwesenden senkte die Blicke und nur Dumbledore schien die Kraft zu haben, ihrem Blick standzuhalten. Er seufzte tief, während er kaum merklich den Kopf schüttelte. „Nein, Tonks, wir haben ihn nicht."

„Aber…"

„Der Mann, der heute Abend irrtümlich für Remus Lupin gehalten wurde, war ein Todesser unter der Wirkung des Vielsaft-Tranks."

x x x x

Zur gleichen Stunde in Hogwarts wurde Harry von seinem eigenen Schrei aus dem Schlaf gerissen. Seine Narbe brannte, als würde ihm jemand glühendes Metal auf die Stirn pressen.

„Harry! Harry, was ist los? Harry komm zu dir!"

Rons besorgte Stimme drang wie durch einen Berg von Watte an Harrys Ohr und es dauerte einige Zeit bis er begriff, dass es Ron war, der an seiner Schulter rüttelte.

„Hör auf, Ron", stöhnte Harry matt und richtete sich in seinem Bett auf.

„Du…hast geschrieen", sagte Neville mit zittriger Stimme und erst jetzt bemerkte Harry, dass auch Seamus, Dean und Neville um sein Bett herum standen.

„Tut mir leid euch geweckt zu haben. War…nur ein…Alptraum", nuschelte Harry und nahm die Brille entgegen, die Ron ihm vom Nachttisch reichte. „Geht wieder schlafen."

Für einige Sekunden rührte sich niemand, bis Harry mit einer wegwerfenden Handbewegung und der Hoffnung überzeugend zu klingen, hinzufügte: „Es ist alles in Ordnung, macht euch keine Sorgen und geht wieder schlafen."

Dean, Seamus und Neville nickten zögernd und kletterten in ihre Betten zurück, Ron jedoch blieb mit besorgter Miene auf Harrys Bettkante sitzen.

„Ein Alptraum, häh?", seufzte er leise und blickte sich nach seinen Zimmergenossen um, ehe er sich wieder Harry zuwandte. Die Tatsache, dass Harry noch immer den Handballen gegen seine schmerzende Stirn drückte, verriet ihm nur zu deutlich, was für eine Art von Alptraum das gewesen war. „Magst du was trinken?"

Harry nickte noch immer schwer atmend und Ron ging hinüber zum Fenster, um ihm aus dem Wasserkrug ein Glas einzuschenken. Harry strich sich die Haare aus der schweißnassen Stirn und erst jetzt spürte er, wie sehr seine Hände zitterten und wie trocken sich sein Hals anfühlte.

„Danke, Ron", sagte er leise und nahm ihm das Glas ab.

„War es…wieder Vol…Voldemort?", fragte Ron stockend. „War er wieder wütend?"

Für einen kurzen Augenblick war Harry versucht es einfach abzustreiten. All die Frustration und Wut, die er die letzten Tage Ron gegenüber empfunden hatte, flammten plötzlich erneut auf, aber genauso schnell wie sie gekommen waren, verschwand sie auch wieder. In diesem Augenblick wusste er: hier saß ein Freund, der sich ehrlich sorgte, der ihm beistehen wollte und zum ersten Mal seit sie wieder in Hogwarts waren, spürte Harry wieder die alte Verbundenheit mit Ron.

„Lass uns nach unten gehen", sagte er mit zittriger Stimme.

Ron nickte und so schlüpften sie in ihre Morgenmäntel und stiegen leise die Treppe zum Gemeinschaftsraum hinunter. Einige Minuten saßen sie schweigend vor dem Kamin und Harry war zutiefst dankbar, dass Ron ihm diese Zeit ließ, um seine Gedanken wieder zu ordnen. Hier vor den wärmenden Flammen des Kaminfeuers verblasste langsam das Gefühl der Panik, das ihn Minuten zuvor noch den Atem geraubt hatte.

„Du hast Recht, es war Voldemort", sagte Harry nach einigen Minuten leise, ohne den Blick von den Flammen zu nehmen. „Aber es war keine Wut, die er fühlte…es war Triumph."

„Triumph", fragte Ron ungläubig.

„Ja…vorausgesetzt, das war keine…Vision, die er mir absichtlich geschickt hat, aber das glaube fast nicht", sagte er langsam und blickte Ron erstmals direkt in die Augen. „Wenn das, was ich gesehen habe der Wahrheit entspricht, dann…sind die Mitglieder des Ordens heute Nacht in eine Falle getappt und…und…er hat Andrea."

Fortsetzung folgt………

Autornote: So meine Lieben, hoffe es hat euch wieder gefallen, auch wenn es etwas düster war.

Und nun zu eueren Reviews: Ihr seid einfach toll! Kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich mich über jedes Einzelne freue. Vielen, vielen Dank dafür!

Fluffy Bond: Zu deiner Fragen nach dem Emphat. Unter emphatisch versteht man die Fähigkeit die gefühlsmäßigen Zustande seiner Mitmenschen zu erfassen. Tja, worin diese Falle bestand, hast du in diesen Kapitel erfahren.
Louis M. Wolf: Gerade dein Lob macht mich sehr, sehr stolz, da ich weiß, dass du ein sehr kritischer Leser bist! Interessant fand ich vor allem deine Beschreibung des Kapitels, da sie genau das schildert, was mir beim Schreiben durch den Kopf ging. Obwohl du nicht wusstest um was für einen Zauber es sich handelt, hast du exakt dieses wellenförmige Ansteigen des Zaubers beschrieben, wie ich ihn mir in meiner Vorstellung ausmalte. Ich bin beeindruckt von deiner Fähigkeit, das zu erfassen, was bislang noch gar nicht klar beschrieben war!
Schnuckiputz: Ich knuddel dich auch mal ganz fest!
Padfoot's Mate: Ich fühle mich geschmeichelt! „strahlt wie ein Christkind" From: Lord Mystic Padfoots Mate: In Ordnung du kannst auch zum Essen bleiben.

Six83: Danke für dein Lob! „freu" Deine Einschätzung ist schon richtig, der Orden ist jetzt am rotieren!
vickysnape: Nun ich denke, nach diesem Kapitel ist manches klarer „grübel" hoff ich zumindest! Und nein, du hast nicht zuviel Blödsinn gelabert! „lach"
Lea: Danke sehr! Klar mach ich schnell weiter!
Miss Shirley-Blythe: Ist ja schon da, das neue Kapitel! „grins"
Rapunzelou: Danke für dein großes Lob! „stolz bin"  Tja, richtig erkannt, mit dem Informationsfluss haben sie so ihre Schwierigkeiten!
Günni: Die Intuition meiner Leser begeistert mich immer wieder aufs Neue! Klasse! „Daumen hoch halt" Mehr werde ich jetzt nicht dazu schreiben, will ja nicht zuviel von den kommenden Kapiteln verraten!
HJ-HJ: Na klar mach ich ganz schnell weiter, auch wenn ich leider nicht so schnell schreiben, wie du lesen kannst! „gggg"
Kara: Aber selbstverständlich!
juddy: Schön! Hoffe mal, du liebst mich am Ende der Story immer noch! „ggg"
Moin: Ich mag auch keine Cliffhanger…„hüstel"…außer sie stammen von mir selbst! Dafür gibt's aber ganz schnell das neue Kapitel! „zwinker"
rainman70: Schön mal von dir zu lesen! „freu" Nun…Harry wird sicher in den nächsten Kapitel wieder mehr im Geschehen sein!
Vamp: Zu deiner Frage: Remus hat die Bastet nie berührt und als Hermine sie anfassen wollte, wurde sie von ihr angefaucht.
X-Ray: Danke! „rotwerd"
Kiki: Danke! Freut mich, dass es dir gefallen hat!
torence: Danke sehr! „freu"
Eva Luna: Hab mich extra für dich beeilt! „zwinker"
Janine Black: Ich quäl hier doch niemanden…oder doch? „grübel"
Lord Mystic: from Padfoot's Mate: oh, besten Dank, Mylord, aber da werd ich doch ruck-zuck zum Vegetarier. Finger weg von Sternchen!! (ach mein Held hat gesprochen!)

maya: Meine liebe ungeduldige Maya, es geht ja schon weiter!
ardsmair: Vielen Dank für dein großes Lob! Hab mich sehr gefreut! Was die Gedanken von unserer lieben Frau Rowling angeht…nun ja, ich denke ja nicht, dass sie Sirius auf so einfache Weise wieder zum Leben erwecken wird „seufz" Aber dafür gibt es ja Fanfics „ggg"
lorelei: Oh vielen Dank für deinen vielen, lieben Reviews! Und nein, selbstverständlich fühle ich mich nicht davon genervt! Freue mich über jedes Einzelne!

Viele liebe Grüße von euerem Sternchen!