28.

„Andrea! Andrea, hörst du mich?"

Wie durch einen dichten Nebel drang die leise Stimme, die immer wieder geduldig ihren Namen wiederholte, in Andreas Bewusstsein vor. Es lag nichts Forderndes in dieser Stimme, nur die sanfte Bitte endlich die Augen zu öffnen und aufzuwachen. Eine Hand strich zärtlich über ihre Stirn, als wollte sie den Nebel, der Andreas Sinne umgab, sanft zur Seite schieben. Die Worte kamen näher, wurden deutlicher und nun erkannte sie auch die Stimme.

„Remus?" Andrea blinzelte und als sie die Augen öffnete, sah sie in das lächelnde Gesicht von Remus Lupin.

„Wird auch Zeit, dass du langsam aufwachst", neckte er und drückte einen sanften Kuss auf ihre Stirn.

„Remus, du bist es wirklich?" Verwirrt starrte sie in sein vertrautes Gesicht, ehe sie nervös den Blick zur Seite gleiten ließ und sich hektisch in dem kleinen Zimmer um. Es war derselbe Raum, in dem sie in der Nacht aufgewacht war, doch nun drang Sonnenlicht durch die halbgeöffneten Vorhänge und reflektierte sich in der geschliffenen Glasschale auf dem Tisch, die nun kleine Lichtpunkte auf Wand und Decke warf.

„Natürlich bin ich es!", grinste Remus und zog die Augenbrauen nach oben. „Hab ich mich in den letzten Wochen so sehr verändert?"

Andrea atmete tief ein, während sie den lächelnden Mann gegenüber zweifelnd betrachtete. Ihr Verstand rebellierte gegen das was sie sah, doch dieser Mann sah aus wie Remus Lupin, er sprach wie Remus Lupin und selbst die Art wie er schmunzelnd den Kopf schief legte war ihr so vertraut, dass diese einfache Bewegung alle Zweifel fortfegte.

„Remus", hauchte sie erleichtert und fuhr mit den Fingerspitzen die Konturen seiner Wangenknochen nach, bis sie sich schließlich wieder auf das hier und jetzt besann. „Remus, wo sind wir hier? Was ist geschehen?"

„Wir sind in Sicherheit, mach dir keine Sorgen", flüsterte er, während seine Hand zart die ihre drückte.

„Aber du wurdest gefangen, Voldemort hat…"

„Schhhh!", unterbrach er sie und legte sacht einen Finger auf ihre Lippen. „Wie du siehst geht es mir gut und…dir hoffentlich auch bald wieder."

Für einen Moment verwirrte sie die Gelassenheit, mit der er hier auf ihrer Bettkante saß. „Wie kommst du hier her? Wie bin ich hierher gekommen? Was ist passiert, Remus? Ich kann mich an nichts erinnern?"

Remus zögerte, als müsste er sich überlegen, was er ihr sagen konnte, doch dann seufzte er leise. „Du hattest einen Unfall."

„Einen Unfall?"

Remus nickte, während er ihr Mienenspiel aufmerksam beobachtete. „Ja, du bist in eine magische Falle geraten. Kannst du dich daran erinnern?"

„Nein. Ich weiß nur noch, dass… es mir plötzlich fürchterlich übel wurde und… meine Haut brannte", antwortete sie zögernd. „Irgendwann wurde mir dann schwindlig und ich bin gestürzt."

„In deinem Körper befanden sich Spuren von Magie, die auf diese Falle reagiert haben", seufzte Remus und strich ihr mitfühlend über den Arm. „Glücklicherweise war diese Magie nicht sehr stark, sonst…hätten dich auch die Heiler nicht mehr retten können."

Andrea verstand nicht wirklich, was Remus ihr da erklären wollte; sie hatte nichts von einer Falle bemerkt, oder hatte sie es nur vergessen?

„Ich war in einem Muggelkrankenhaus", grübelt sie und rieb sich über die Stirn, die bei dem angestrengten Nachdenken leicht zu pochen begann.

„Ja, wir mussten dich dort rausholen, weil die Muggel solche Verletzungen nicht heilen können", entgegnete Remus mit einem sanften Lächeln. „Doch hier wirst du wieder ganz gesund."

„Wo bin ich hier?"

„Im Haus eines Freundes, du wirst ihn kennen lernen, sobald es dir wieder besser geht", erklärte Remus und drückte kurz ihre Hand.

„Meine Hände fühlen sich taub an", sagte Andrea und erst jetzt, da sie die Hand anhob, konnte sie die bläuliche Färbung ihrer Haut erkennen.

„Das wird in den nächsten Tagen auch noch vergehen. Diese Art von Verletzungen brauchen einfach Zeit zum Heilen."

Andrea nickte, während sie sich nachdenklich in dem altmodisch eingerichteten Zimmer umsah. „Was war das für eine Falle?", sagte sie nach einiger Zeit und sah erneut in Remus Gesicht. „Du sagtest, dass ihr mich nur retten konntet, weil ich nicht so viel magische Energie in mir trug, doch was ist mit den Anderen?"

„Mit welchen Anderen?", entgegnete Remus und für einen kurzen Augenblick war Andrea sich ziemlich sicher, dass Remus sehr wohl wusste, wen sie damit meinte.

„Mit den Muggel und…"

„Dieser Zauber hatte auf die Muggel keine Wirkung, er machte sie nur ein bisschen nervös", erklärte er ausweichend und stand auf, um einen Krug mit Saft von der Anrichte zu nehmen. „Möchtest du ein Glas Saft?"

„Ja", nickte Andrea, während sie nachdenklich Remus beobachtete, wie er ein Glas mit Saft füllte und damit an ihr Bett zurückkam. „Was ist mit den Hexen und Zauberern geschehen, die sich dort befanden?", rang sie sich schließlich doch zu der Frage durch, auch wenn sie die Antwort bereits zu wissen glaubte.

„Hier trink erst mal", sagte Remus und setzte sich zurück auf die Bettkante. Den linken Arm unter ihren Rücken schiebend, half er ihr beim Aufrichten und hielt ihr vorsichtig das Glas an die Lippen.

Es dauerte einen Augenblick, ehe sie das Gefühl seiner warmen Hand auf ihrer nackten Haut zuordnen konnte und erst als Remus das Glas wieder absetzte und sie sacht zurück gleiten ließ, bemerkte Andrea, dass sie noch immer den Krankenhauskittel trug.

„Wo sind meine persönlichen Sachen?", fragte sie, während sie unauffällig die Bettdecke höher zog.

„Sind alle ziemlich unbrauchbar, ich werde dir etwas Neues zum anziehen besorgen", schmunzelte Remus und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „So nun muss ich aber los, ich werde später noch mal bei dir rein schauen. Anna wird sicher schon das Essen fertig haben."

„Ist das die alte Frau, die in der Nacht hier war?"

Remus nickte bedächtig und stand auf, doch noch ehe er das Zimmer verlassen konnte, hielt Andrea ihn zurück. „Remus, warte! Bitte sag mir, was mit den anderen Zauberern und Hexen, die sich auf dem Fest befanden, geschehen ist."

Die Hand bereits auf der Türklinke drehte sich Remus noch einmal um und plötzlich war jede Heiterkeit aus seinem Gesicht verschwunden. Für einige Sekunden trafen sich ihre Blicke und Andrea glaubte fast so etwas wie Ärger in seinen Augen aufblitzen zu sehen, bis Remus schließlich das Gesicht der Tür zuwandte und kaum merklich den Kopf schüttelte.

„Ich denke nicht, dass dies der richtige Zeitpunkt ist um darüber zu reden. Ruh dich noch ein bisschen aus, bis Anna mit dem Essen kommt."

„Nein!", entgegnete sie heftig, während sie sich in den Kissen aufstemmte. „Ich möchte wissen was geschehen ist, ich möchte es wissen, auch…auch…wenn das bedeutet…." Tränen schossen in ihre Augen, von denen sie nicht sagen konnte, ob sie nun durch die Schmerzen in ihren Körper oder von der Angst ausgelöst wurden. Einige Sekunden herrschte Stille, in der nur das leise Ticken einer Uhr zu hören war.

„Keiner hat es überlebt", sagte Remus schließlich tonlos, während er regungslos auf die Tür vor sich starrte.

„Niemand?"

„Nein, niemand!", sagte er bitter. „Dumbledore hat seine Leute wissentlich in eine tödliche Falle geschickt, aus der es kein Entrinnen mehr gab."

Ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen, drückte er die Türklinke hinunter und verließ den Raum. Für einige Minuten starrte Andrea fassungslos gegen die halbgeöffnete Tür, nicht wissend was sie nun mehr schockierte, die Tatsache, dass er nach dieser Mitteilung einfach ging, oder der Ton von Hass und Bitterkeit, der in Remus Stimme mitschwang, oder auch die Erkenntnis, dass die Menschen, die ihr die letzten Wochen und Monate so wichtig geworden waren, tot sein sollten. Eine merkwürdige Taubheit erfasste sie und diese hatte diesmal nichts mit den Folgen ihrer magischen Verletzung zu tun. Dumbledore hat seine Leute wissentlich in den Tod geschickt? Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein! Remus Schritten waren längst im Korridor verklungen, doch seine Worte hallten noch immer mit unbarmherziger Klarheit in ihr nach.

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Sirius wusste nicht, zum wievielten Male er an diesen Tag schon den Platz abgegangen war, an dem vor kurzen noch das Jahresfest der kleinen Stadt Carlisle stattgefunden hatte. Der Stadtrat hatte sich offensichtlich große Mühe gegeben, die letzten Spuren der Tragödie so schnell wie möglich zu beseitigen. Selbst der Schuttberg, auf dem am Morgen noch die verkohlten Überreste von Zelten und Brettbuden lagen, war inzwischen verschwunden, genauso wie die Wohnwägen der Schausteller und das große Festzelt. Nun war dieser Platz nur noch eine leere Schotterfläche aus der vereinzelt Grasbüschel wuchsen und wären nicht die tiefen Spuren von Autoreifen in dem aufgeweichten Boden zu sehen gewesen, hätte man beinahe vergessen können, was hier stattgefunden hatte.

„Es hat keinen Sinn, hier werden wir nichts mehr finden", seufzte Tonks und ließ sich erschöpft neben Sirius auf einer Parkbank nieder.

Sirius gab ein unwilliges Knurren von sich, was Tonks als Zustimmung verstand und sie dazu veranlasste, gedankenverloren über sein wuscheliges, weißes Fell zu streichen. Bevor sie sich auf den Weg nach Carlisle machten, hatte Tonks darauf bestanden, die Erscheinung von Sirius Animagus Gestalt zu verändern. Nicht viel, wie sie ihm glaubhaft zu versichern suchte, doch genug, um Sirius das Gefühl zu geben, als wandelnder Bettvorleger spazieren zu gehen. Natürlich war er immer noch ein Hund, nur war sein Fell nun weiß, etwas länger und wie Tonks behauptete, viel kuscheliger, was sie dann auch immer wieder veranlasste, über Sirius Rücken zu wuscheln. Selbst sein Protest, dass er keine Lust hatte, als zu groß geratener Teddybär zu fungieren, konnte sie da wenig beeindrucken. Immer wieder hatte er ihre Finger in seinem Fell und wäre die Situation nicht so ernst gewesen, hätte Sirius sich längst mit einem kurzen, aber kräftigen Biss in ihre Hand revanchiert. So beschränkte er sich nur darauf, sie hin und wieder leise anzuknurren und es ansonsten über sich ergehen zu lassen. Vielleicht auch, weil er noch immer ein schlechtes Gewissen hatte Tonks so lange in Ungewissheit gelassen zu haben. Sie hatte wirklich unter seinem angeblichen Tod gelitten und wenn dies nun ihre Art war sich dafür zu rächen, dann wollte er sie ihr auch zähneknirschend zugestehen.

„Ich frag mich die ganze Zeit, von wo aus dieser Zauber gesprochen wurde", grübelte Tonks, während sie den Blick nachdenklich über den Platz schweifen ließ. „Wir können davon ausgehen, dass dieser Zauber schon vor längere Zeit gesprochen wurde, sonst hätte das magische Warnsystem auf einen Zauberspruch dieser Stärke reagiert."

Sirius richtete sich auch und sah Tonks fragend an, was sie dann zu einer ausführlicheren Erklärung veranlasste. „Hm…,ich meine, dieses Warnsystem wurde eingerichtet, noch bevor die Muggel überhaupt mit den Vorbereitungen für ihr Fest anfingen. Wenn Clark mit seiner Vermutung richtig liegt, dann muss so ein Exekutionzirkel von einem zentralen Punkt aus gesprochen werden und dieser Punkt ist bis zur endgültigen Aktivierung als schwarzblauer Schatten sichtbar. Und was noch wichtig ist, die Größe des Schattens ist abhängig von dem Radius des Zirkels, das heißt, in diesem Fall müsste er eigentlich den Durchmesser von mindestens zwei bis drei Metern gehabt haben."

Sirius stellte die Ohren auf, als er begriff, auf was Tonks hinaus wollte. Wenn dieser zentrale Punkt sichtbar war, warum hatten ihn dann niemand zuvor bemerkt? Dieser Platz war zuvor genauso leer gewesen, wie er es auch jetzt war und einen schwarzblauen Schatten auf dem hellen Schotterboden hätte nicht nur den Auroren, sondern auch den Muggel auffallen müssen. Sirius sprang auf die Füße und stupste Tonks mit dem Kopf, um ihr anzudeuten, dass sie ihn folgen sollte. Gemeinsam ginge sie in die Mitte des Platzes, wo sich auch der zentrale Punkt des Exekutionzirkel befunden haben musste, doch hier war nichts, was einen schwarzen Schatten dieser Größe hätte verbergen können.

Tonks ließ ihren Blick zum wiederholten male über den Boden schweifen, bis ihre Augen schließlich einen Laternenmasten entlang wanderten. „Vielleicht haben sie den Zauber ja auch von der Luft aus gesprochen", brummte sie sarkastisch. „Allerdings wäre dieser Schatten dann über den Köpfen der Menschen geschwebt und noch viel auffälliger gewesen. Es hat keinen Sinn, Sirius! Lass uns zurückgehen, von hier aus kommen wir nicht weiter", setzte sie seufzend nach, doch Sirius hörte ihr schon nicht mehr zu.

Tonks hatte ihn auf eine Idee gebracht. Mit weit ausholenden Sätzen jagte er über den freien Platz, bis er die dichte Baumgruppe erreichte und sich bellend nach Tonks umdrehte.

„He, langsam, bleib doch mal stehen, ich habe nur zwei Beine und die sind eindeutig langsamer als deine vier Pfoten", schimpfte sie, während sie schwer atmend hinter Sirius her rannte.

Als sie die Bäume erreicht hatte, verwandelte sich Sirius in seine menschliche Gestalt und deutete Tonks an tiefer in das Dickicht einzudringen. Hier wo die Büsche windgeschützt standen, trugen sie noch volles Laub und boten ihnen damit einen guten Sichtschutz, gegen zufällige Beobachter.

„Die Kanalisation, Tonks!", stieß er gepresst hervor, während er über die Büsche hinweg, einige Männer der Straßenreinigung beobachtete. „Unter diesem Platz verläuft die städtische Kanalanlage und von dort aus könnten die Todesser den Zauber gesprochen und später auch aktiviert haben."

„Das wäre eine Möglichkeit", nickte sie und fuhr sich zerstreut über ihre pinkfarbenen Stoppelhaare. „Das wäre sogar sehr gut möglich! Damit wäre auch klar, warum das magische Warnsystem keine Aktivität verzeichnet hat, es konzentrierte sich nur auf die Magie über der Erde und nicht unter ihr."

„Solange es hell ist werden wir wohl kaum unbemerkt in die Kanalisation gelangen können, doch sobald es dunkel wird…"

„….suchen wir uns einen netten Kanaldeckel und steigen hinab ins Reich der Ratten", vollendete Tonks augenrollend seinen Satz. „Ich kann mir für den heutigen Abend wirklich nichts Aufregenderes vorstellen."

„Vielleicht treffen wir ja auf eine uns bekannte Ratte", brummte Sirius, während er unwillkürlich die Hände zu Fäusten ballte.

„Wir sollten allerdings Dumbledore benachrichtigen."

Sirius nickte und im Schutz der Bäume disapparierten sie.

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Die letzte Unterrichtsstunde an diesem Tag war Pflege magischer Geschöpfe. Hagrid hatte ihnen einen langen, nicht immer ganz verständlichen Vortrag über Graphörner gehalten und es war nicht nur Harry, der am Ende erleichtert aufatmete, als Hagrid sich entschuldigte, dass er ihnen leider kein lebendiges Exemplar vorführen konnte.

„Oh wie schade!", feixte Malfoy, als Hagrid die Schüler verabschiedete und sie sich auf den Rückweg machten. „Dabei wäre so ein lebendiges Exemplar doch so interessant gewesen. Aber vermutlich hat der dumme Tölpel Angst, das Graphorn konnte jemanden aufs Korn nehmen. Jemanden, der vor nicht allzu langer Zeit schon mal eine Begegnung mit so einem Vieh hatte."

Crabbe und Goyle lachten dümmlich, während Malfoy sich demonstrativ nach Harry umdrehte.

„Wohl kaum, aber wenn es Leute gibt, die schon mit einem harmlosen Hippogreif Probleme haben, dann kann Hagrid wohl kaum ein Graphorn vorführen", entgegnete Harry kalt. „Schließlich muss Hagrid sich ja am Niveau der schwächsten Schüler orientieren."

Malfoy zuckte kurz zusammen, doch eine Sekunde später war das Grinsen auf seinem Gesicht schon wieder so selbstgefällig wie eh und je. "Ja und du hast deine wahre Stärke mit dem Graphorn schon unter Beweis gestellt! Vor allem wenn dann auch noch ein böser Dementor dazu kommt."

„Ach halt den Mund, Malfoy, jemand der sich schon bei einem Hippogreif vor Angst in die Hosen macht, sollte hier wirklich keine großen Sprüche klopfen", mischte sich nun Ron beton gelangweilt ein.

„Lass ihn ruhig reden, Ron! Du weißt ja, die Malfoys können nichts anderes als Sprüche klopfen, wenn es wirklich mal zur Sache geht, geben sie ein recht jämmerliche Figur ab", erklärte Harry mit einem lässigen Achselzucken. „Also lass ihn nur, außer von Dummköpfen wird er ja eh nicht ernst genommen."

Harry wusste sehr genau, dass er an diesen Punkt einen empfindlichen Nerv traf und wirklich, Malfoy wirbelte herum, während seine Hand rasch in die Tasche fuhr. Aber noch ehe er sich richtig versah hatte er bereits Hermines Zauberstab vor der Nase.

„Versuch es erst gar nicht, du ziehst eh den Kürzeren", sagte sie leise, während sich ihre Augen zu schmalen Schlitzen verengten.

„Gibt´s n´ Problem?", polterte Hagrid von hinten und kam mit langen Schritten auf die kleine Gruppe zu.

„Nein!", antwortete Malfoy schroff, während er Hermine zornig anfunkelte. „Warte es ab, Schlammblut, irgendwann wird auch dir noch die hochnäsige Art vergehen", zischte er verhalten, ehe er Crabbe und Goyle durch eine kurze Kopfbewegung zum Gehen aufforderte.

„Was war´n los?", fragte Hagrid stirnrunzelnd, während die Slytherins mit raschen Schritten davon gingen.

„Nichts Besonderes, nur das Übliche", brummte Harry, während er den Dreien nachdenklich hinterher sah.

Hagrid schien sich mit dieser Antwort zufrieden zu geben, denn er brummte etwas Unverständliches in seinen Bart, klopfte Harry noch kurz auf die Schulter und schlürfte zurück zu seiner Hütte.

„Was hast du, Harry?", fragte Hermine, als sie sich ebenfalls auf den Rückweg begaben und Harrys Blick noch immer, den vor ihnen laufenden Slytherins folgte.

„Ich frage mich gerade, woher Malfoy das mit dem Dementoren weiß", brummte Harry, ohne die Augen von Malfoys Rücken zu lassen.

„Häh? Was für Dementoren?" Ron war unwillkürlich stehen geblieben und sah Harry nun verständnislos an.

„Die Dementoren in der Klosterruine", erklärte Harry mit einer Spur von Ungeduld in der Stimme, doch als er den gleichen unwissenden Ausdruck in Hermines Gesicht sah, erinnerte er sich wieder daran, dass er seinen Freunden bisher nichts von den Dementoren gesagt hatte.

„Du hast uns nichts von Dementoren in der Klosterruine erzählt", sagte Hermine leise, während sich auf ihrer Stirn eine steile Sorgenfalte bildete.

Harry erzählte ihnen in Kurzfassung von seinem Zusammentreffen mit den beiden Dementoren, als er in dem Kellergang mit der Runespoor sprach. „Sie tauchten vor dem Graphorn auf und haben mir so zugesetzt, dass ich mich weder in Sicherheit bringen, noch gegen das Graphorn verteidigen konnte", beendete Harry seinen kurzen Bericht.

„Uns hat niemand davon erzählt", sagte Ron und zuckte die Achseln.

„Genau darum geht es doch!", erklärte Hermine und verdrehte die Augen. „Wenn nicht einmal wir es wussten, wie konnte Malfoy dann davon erfahren?"

„Hm, zu diesem Zeitpunkt waren jedenfalls keine Todesser mehr in der Klosterruine", brummte Ron verdrießlich.

„Zumindest niemand, von dem wir denken, dass er auf Voldemorts Seite steht", ergänzte Harry.

„Wer hat denn außer dir die Dementoren gesehen?", brummte Ron und setzte zögernd seinen Weg fort.

„Nur Remus und Silver."

„Hm", brummten nun Ron und Hermine synchron.

„Wir können aber davon ausgehen, dass die Beiden auch mit den anderen Ordensmitgliedern über diesen Vorfall gesprochen und sicher auch die Dementoren erwähnt haben."

„Ich denke, dass wir Silver vertrauen können", sagte Hermine fest, was Ron mit einem vernehmbaren Schnauben kommentierte.

„Hatten wir diese Diskussion nicht schon mal?"

Eine Gruppe von Hufflepuffs kam aus dem Tor, gerade als Harry, Ron und Hermine das Schloss betreten wollten. Sie ließen sie vorbei und setzten dann ihren Weg zum Gryffindorturm fort, als Harry auf der Hälfte der Treppe stehen blieb und sich nach Ron umsah.

„Wo ist er denn hin?"

„Keine Ahnung, er war doch eben noch hinter uns", seufzte Hermine und trat an das Geländer, um so besser nach unten in die Eingangshalle sehen zu können, doch auch hier war keine Spur von Ron zu erkennen.

„Vielleicht hat er was vergessen?", grübelte Harry, ehe er resignierend die Schultern hob und die Treppe weiter nach oben stieg. „Ich glaube kaum, dass er hier verloren gehen kann."

Hermine nickte zögernd und folgte Harry nach oben. „Hast du mit Ron geredet?", fragte sie, als sie den Korridor im zweiten Stock durchquerten.

„Nein, noch nicht, aber ich werde es heute noch tun", erwiderte er mit einem unsicheren Lächeln und griff verstohlen nach ihrer Hand.

Zwei zankende Erstklässler aus Ravenclaw, die in diesen Moment am anderen Ende des Korridors auftauchten, ließen Hermine unwillkürlich die Hand zurückziehen. „Irgendwie denke ich, man muss es uns ansehen", nuschelte sie verlegen, während ihre Wangen sich leicht rosa färbten.

„Na ja, ich sehe es dir jedenfalls an", grinste Harry und als kein Schüler mehr im Korridor zu sehen war, beeilte er sich rasch einen Kuss auf Hermines Lippen zu drücken.

Hermine stieß ein frustriertes Seufzen aus, als sich diesmal am entgegengesetzten Ende des Korridors eine Tür öffnete und Filch mit einem Besen bewaffnet aus dem Klassenraum kam.

„Kommst du mit in die Bibliothek, ich muss noch was für Flitwicks Aufsatz nachschlagen?", sagte Hermine, während Filch ihnen einem misstrauischen Blick zuwarf.

„Gute Idee", nickte Harry, während er stur Filchs Blick standhielt. „Ich wollte auch noch was über die Magie der Wächter nachschauen."

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Andrea hatte den gesammten Nachmittag verschlafen und erst als die alte Frau sanft über ihre Schulter strich wachte sie auf.

„Remus hat dir frische Kleidung gebracht und ich dachte, nach einer guten Tasse Tee, würdest du vielleicht gern ein Bad nehmen", sagte sie lächelnd und deutete auf einen Stapel Wäsche am Fußende ihres Bettes.

„Kann bestimmt nicht schaden", seufzte Andrea. „Aber ich bezweifle, dass ich allein aufstehen kann. Ich habe fast kein Gefühl in den Beinen und…möchte Ihnen nicht zur Last fallen."

„Unsinn!", winkte die alte Frau mit einem breiten Lächeln ab. „So schwach wie ich dir vielleicht erscheine, bin ich nicht und das Badezimmer ist gleich nebenan."

Andrea nickte, auch wenn sie stark bezweifelte, dass diese schmächtige alte Frau sie im Notfall wirklich halten konnte. Etwas zögernd ließ sie sich von der Frau ein dickes Kissen unter den Rücken schieben, welches ihr ein bequemeres Sitzen im Bett ermöglichte und zu ihrer Verwunderung musste Andrea feststellen, dass dieses Sitzen wesentlich besser ging, als sie bislang vermutet hatte. Selbst die Schmerzen, die sie während des Mittagessens noch gespürt hatten, waren nur noch als ein schwaches Ziehen spürbar und auch in ihre Hände schien langsam das Gefühl zurückzukehren.

„Du wirst sehen, es wird von Tag zu Tag besser werden", lächelte die alte Frau und stellte ein Tablett mit einer Teetasse vor ihr auf das Bett.

„Wie lange bin ich schon hier?", fragte Andrea, nachdem sie vorsichtig die Tasse in die Hand nahm.

„Einige Tage, man hat mich erst gerufen, als du schon hier warst."

„Dann sind Sie meinetwegen hier?"

„Ja, eine Frau zu pflegen sollte man nicht den Männern überlassen", schmunzelte sie. „Auch wenn sie sich noch so sehr bemühen, so sind sie doch im Allgemeinen zu grob und wissen nicht, was eine Frau braucht."

Andrea nickte verstehend, während die Wärme die Tees langsam ein angenehmes Kribbeln in ihren Fingern auslöste. Der bernsteinfarbene Tee schaukelte leicht in der Tasse, als ihre Hände zu zittern begannen, doch Andrea konnte sich nicht entschließen die Tasse wieder auf das Tablett zu stellen. Für einige Sekunden hatte sie die unsinnige Hoffnung diese warme Flüssigkeit könnte die Leere, die sie in ihrer Brust fühlte vertreiben. Seit dem kurzen Gespräch am Vormittag hatte sie Remus nicht mehr gesehen und hätte die alte Frau nicht gesagt, dass Remus ihr die Kleidung gebracht hatte, wäre Andrea möglicherweise auf den Gedanken gekommen, die Begegnung mit Remus nur geträumt zu haben.

„Kommt Remus heute noch einmal?", fragte sie leise, während ihre Finger die Tasse umklammerten.

„Ich weiß es nicht. Er kommt und geht, manchmal ist er die ganze Nacht weg und dann ist er wieder stundenlang in seinem Zimmer. Er redet nicht sehr viel."

Andrea seufzte leise und trank gedankenverloren ihren Tee. Die Worte der alten Frau, dass Remus hier anscheinend kommen und gehen konnte, wie er wollte, besänftigten sie; offensichtlich waren sie hier keine Gefangenen, auch wenn die Umstände, unter denen Andrea in diesen Haus aufgewacht war, sie noch immer beunruhigten. Sie fühlte sich noch immer seltsam, ja schon fast irreal, so als wäre sie aus einem langen Traum erwacht und würde nun immer wieder zwischen Wirklichkeit und Traum schwanken.

Über den Rand ihre Teetasse hinweg sah sie sich nachdenklich um; dieses Zimmer, genau wie die Art mit der diese alte Frau sie liebevoll umsorgte, hatte etwas Vertrautes und Behütendes an sich, wie ein Echo aus längst vergangenen Tagen, als die Welt um sie herum noch in Ordnung war, als es noch eine klare Trennung zwischen Gut und Böse, richtig und falsch gab. Erinnerungen stiegen hoch, an ein Leben, das noch von Liebe und Vertrauen geprägt war, als Andrea noch wusste wohin sie gehörte, als das Wort Zuhause mehr, als nur ihren Wohnort umschloss. Ein Leben, das noch ihr selbst gehörte, bevor das Schicksal beschloss, sie wie einen verloren gegangen Ball, der zufällig eine Straße entlang rollte, von einem Ort an den nächsten zu kicken. Andrea konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann diese große, trostlose Leere in ihrem Inneren entstand, die sich anfühlte, als hätte man einen lebendigen Teil ihrer selbst entrissen, oder wie ein großes, schwarzes Loch, das jedes Gefühl von Wärme und Behaglichkeit verschlang. Plötzlich fühlte es sich an, als würde selbst der Tee, der warm und angenehm ihre Kehle hinab ran, sich in ihrem Inneren sofort in kaltes, hartes Eis zu verwandeln.

„Liebst du ihn?"

Die Frage der alten Frau kam so überraschend, dass Andrea unwillkürlich zusammenzuckte und Tee über ihre Hand schwappte. Tief aus ihrem Grübeln gerissen starrte Andrea die alten Frau verständnislos an und für einen kurzen Augenblick wusste sie nicht, auf wen sich diese Frage bezog.

„Ich spreche von Remus", erklärte die alte Frau mit einem gütigen Lächeln, zog ein Tuch aus ihrer Schürzentasche und tupfte sanft Andreas Hand trocken.

„Ich weiß es nicht", gestand Andrea verlegen und stellte die Tasse zurück auf das Tablett. „Es gab eine Zeit, da glaubte ich es, doch nun….ich weiß nicht. Es ist so seltsam, ich hatte solche Angst, dass ihm etwas passiert sein könnte, doch jetzt da ich ihn hier sehe, da ist er mir fremd. Fast so, als wäre er ein anderer Mensch oder ich hätte einfach vergessen, wie es sich anfühlt zu lieben."

„Niemand der geliebt hat, kann dieses Gefühl der Liebe je wieder vergessen", erklärte sie sanft, während ihre Augen mit einem feuchten Schimmer auf Andreas blassen Gesicht ruhten.

Andrea nickte, auch wenn sie es nur aus Höflichkeit tat. Tief in ihrem Inneren breitete sich ein tiefes, schwarzes Loch aus, das alles Angenehme zu verschlingen drohte.

Fortsetzung folgt………. (bald…sehr bald!)

Autornote:

Ein ganz herzliches Dankeschön an: Jana, Fluffy Bond, janine black, Michael H, Moin, Truemmerlotte, blub, Six83, rainman70, Moondrow, Schnuckiputz, Miss Shirley-Blythe, Rapunzelou, Honigdrache, Padfoot's Mate, AlasterC, DAU, Lana18, Mnemochan, Kaori, Frodo, Bele, Max88, Louis M. Wolf, Jinxxx, Arwen, maya, Mora, X-Ray, padfoot13, Karin, Eva Luna, banduan, wayana, HJ-HJ, D Kub, rudi, betzi, Golbarin, Tretor, ardsmair, shila848, Quizer, alicia spinnet 2, günni, kiki, torence, ardsmir, skate Z, laser-jet, vero, Leseteufel, Candy 222, Millicent-vs.-Hermione, LillyAmalia, pirat, sinis-seph, TheSnitch, Schnuffel21, Lavendel, vickysnape.

Ich hab mich sehr über euere Reviews gefreut! Einige euerer Fragen haben sich sicher schon durch die letzten Kapitel beantwortet, daher denke ich, dass es wenig Sinn macht sie alle zu wiederholen. Hoffe mir ist nun niemand böse, wenn ich nicht auf jede Einzelne speziell eingehe.

So und nun nach langem Warten endlich eure Review-Antworten:

Moondrow: Kann dich beruhigen, Silver hat keine Katze gegrillt und es sind auch keine Tierschützer mit denen er aneinander geraten ist! zwinker Und danke für den Keks! Deine Vervollständigung des Satzes war übrigens richtig!

Honigdrache: Fühle mich sehr geschmeichelt, dass meine FF auch im fernen Schweden gelesen wird!

Leseteufel: Du liegst mit deiner Einschätzung der Situation schon ganz richtig! Mehr möchte ich aber noch nicht verratenggg

rainman70: Oh weh! Quälen wollte ich euch eigentlich nicht, nur ein bisschen auf die Folter spannen. Hoffe mal, deine Tischplatte ist aus solidem Holz und durch das Hineinbeißen ist kein allzu großer Schaden entstanden. Verspreche aber, die nächsten Kapitel kommen nun schneller!

ardsmair: Danke für die positive Schreibenergie! Diese hat sich leider die letzten Wochen angestaut, bricht nun aber umso heftiger aus!

Günni: Und zwar traue ich persönlich Voldemort soviel Menschenkenntnis zu, dass er einschätzen kann, dass sich Andrea ihm nie anschließen wird. - Bist du dir da wirklich so sicher? - Ansonsten frag ich mich, warum Snape so in Rage war. Denn das war er meiner Meinung nach schon bevor er Sirius gesehen hat. Selbst für seine Verhältnisse sind fünfzig Punkte Abzug sehr viel, für eine nicht befolgte Anweisung, und mit das er einen Schüler bedroht ist bisher auch noch nicht vorgekommen, selbst bei Harry nicht. – tja, gut beobachtet! zwinker

Fluffy Bond: Wer behauptet, dass die Bastet Andrea beschützt? Weiß zwar, dass es im Forum mal eine Diskussion darüber gab, aber….um es auf einen Punkt zu bringen, sie schützt Andrea nicht!

baduan: Bist Du eine kleine Sardistin, was? gg Oh Nein! Diesen Vorwurf schiebe ich weit von mir! Möchte euch doch nur eine spannende Lektüre bescheren! hüstel

DAU: Vielen, vielen Dank, für dein dickes Lob! Hab mich sehr darüber gefreut!

Meta: Du liegst mit deiner Vermutung schon ganz richtig!

Schnuckiputz: Eine Frage hab ich noch an dich... Voldemort ist doch bewandet darin in die Gedanken anderer einzudringen... folglich könnte er doch in Remus Gedächnis eingedrungen sein und dadurch von Sirius Rückkehr erfahren haben ... und jetzt wo er Andrea auch noch hat... könnte er auch in ihr Gedächnis eindringen... was ich eigentlich damit sagen wollte... weis er schon von Sirius Rückkehr? – tja, kann sein, oder kann nicht sein! Ist wohl davon abhängig, ob Voldemort sich persönlich mit Remus befasst. ggg

Miss Shirley-Blythe: Schön, dass du auch Urlaub hast, dann steht ja dem fröhlichen Schreiben nix mehr im Wege! Hab heute gesehen, dass auch eine neue Story von dir im Netz ist und wenn ich mit dem Hochladen dieses Kapitels fertig bin, werde ich mich gleich mal drüber machen!

Rapunzelou: Vielen Dank für deine lieben Wünsche! Bin jetzt erst mal zuhause und werde die nächsten Tage das machen, was die letzten Wochen zu kurz kam – SCHREIBEN! ggg

Golbarin: Danke für dein großes Lob, hab mich sehr darüber gefreut! Was das Schreiben angeht, nun dem steht derzeit nichts mehr im Weg!

Tretor: am besten gefällt mir der aller-allerletze Satz der Autorote - Ja, mir auch!

Padfoot´s Mate: Ach weißt du, nachdem ich jetzt bis zum 13. September Urlaub habe, denke ich, ich werde deinen Rat folgen und mich - idealerweise beim Schreiben eines neuen Kapitels... – erholen! Was nicht zwangläufig heißt, dass ich nun pausenlos am PC hängen muss! sfg

Jinxxx: Nee, lag nicht an der Hitze, doch in diesen und im nächsten Kapitel wird sich deine Frage nach Sirius beantworten! ggg

vero: Ja, das neue Kapitel ist schnell da! zwinker! Warum Hermine rot wurde…tja das wird sie Harry demnächst noch erzählen.

Millicent-vs.-Hermione: Also ich muss dir mal sagen; deine Story entwickelt sich so langsam aber sicher zu einem richtigen Softporno – hihihihihi! War eigentlich nicht als Solches gedacht, kann dich aber beruhigen, detaillierte Sexszene werde ich nicht beschreiben!

So das war´s erst mal für heute! Hoffe ich hab niemanden vergessen – falls doch bitte ich um Verzeihung, war keine Absicht!

Viele liebe Grüße von Sternchen!