39.

Als Harry an diesem Abend in den Turm zurückkehrte, fand er den Gemeinschaftsraum, wie nicht anders erwartet, verlassen vor. Nur ein Schopf feuerroter Haare, die noch über den Rand des vor dem Kamin stehenden Sessels überstanden, sagte ihm, dass Ron noch auf ihn gewartet hatte und wohl dabei eingeschlafen war. Müde und nicht sicher, ob er jetzt überhaupt reden wollte, ging er leise auf ihn zu und rüttelte ihn sacht an der Schulter.

„He, Ron! Schlafen solltest du in deinem Bett."

„Hm…was…ach du bist´s, Harry", nuschelte er schlaftrunken und fuhr sich über die Augen.

„Zeit schlafen zu gehen!"

„Muss hier eingepennt sein." Ron gähnte herzhaft und blinzelte dann neugierig zu Harry auf. „Und? Was erreicht?"

„Wie man´s nimmt", brummte Harry und ließ sich in den Sessel neben Ron fallen.

„Erzähl mal!"

„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich habe Silver nicht gefragt, ob er mit mir zusammen in das alte Haus gehen würde."

„Warum nicht?"

„Keine Gelegenheit."

„Mensch, Harry lass dir doch nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen", murrte Ron, der nun hellwach dasaß und ihn groß ansah.

„Ist ein bisschen schwierig", seufzte Harry und blickte sich unschlüssig in dem leeren Gemeinschaftsraum um. „Der Orden hat auch so eine heiße Spur zu Andrea."

„Hm, verstehe."

Harry bezweifelte, dass Ron wirklich verstand, doch er widersprach ihm nicht. Einige Minuten saß er nur stumm da und grübelt in sich hinein, während immer wieder das Gespräch mit Silver in seinem Kopf Revue passierte, bis er sein eigenes Schweigen selbst nicht mehr aushielt.

„Sag mal, Ron, hast du dich schon mal gefragt…wann der Zweck die Mittel heiligt?"

„Wie bitte?" Rons Gesicht spiegelte deutlich seine Verwirrung wieder, bis ihm langsam dämmerte, dass Harrys Frage etwas mit seiner Stunde bei Silver zu tun haben musste.

„Vergiss es, war ne blöde Frage!", stöhnte Harry, mit einer wegwerfenden Handbewegung.

„War es die Stunde bei Silver, die dir so zugesetzt hat?", forschte Ron stirnrunzelnd nach. „Oder hat es etwas mit dem Orden zu tun? Ist was passiert?"

„Nein, es ist nichts…" Harry brach ab und starrte unschlüssig auf seine Füße. „Ich weiß auch nicht, es ist alles nur so….so….verquer!"

„Und deshalb hast du Silver auch nicht auf das Haus angesprochen?"

„Ja….nein, es ist…eher so, dass…ach vergiss es einfach! Ich muss da selbst erst mal drüber nachdenken!"

Ron nickte unsicher, doch noch ehe er etwas sagen konnte, war Harry schon auf den Füßen und auf den Weg zum Jungenschlafsaal.

x x x x

Es war dunkel um sie herum und für einige Augenblicke wusste sie nicht, wo sie sich befand, bis quälend langsam ihre Erinnerung zurückkam. Sie lag wieder in dem gemütlichen Gästezimmer, doch wie kam sie hierher? Bruchstückhaft reihten sich in ihrem Kopf die letzten Ereignisse aneinander, bis sie schließlich zu dem Punkt kam, als Richard Harvey seinen Zauberstab zog. Kleine grüne Lichtfunken hatten sie berührt und in ihrem Körper ein Gefühl ausgelöst, dass sich am ehesten mit einer unerwarteten, kalten Dusche vergleichen ließ. Aber was war danach geschehen?

Einige Minuten versuchte sie noch diese fehlende Erinnerung zurückzurufen, bis sie schließlich zu der Erkenntnis kam, dass sie anscheinend, genau in dem Augenblick da diese Funken sie berührten, das Bewusstsein verloren haben musste. Andrea richtete sich unwillkürlich auf, als sie sich an seine Worte erinnerte. „Tut mir leid, wenn ich dir das jetzt antun muss, doch eine andere Möglichkeit habe ich nicht."

Was hatte er damit gemeint? Was hatte er getan? Er hatte sich für Remus Lupin ausgegeben, aber warum? Warum hatte er sich nicht zu erkennen gegeben? Und warum hatte er ihr erzählt, dass alle die auf dem Stadtfest in Carlisle waren, ums Leben gekommen waren? Clark Silver war am Leben und hatte…. Andrea schüttelte unwillkürlich den Kopf und kniff die Augen zusammen, als sie sich daran erinnerte, wie Clark versucht hatte sie zu besänftigen, wie er sie retten wollte und sie selbst in ihrer Panik nach dem Brieföffner griff. Ihr Magen krampfe sich zusammen, als sie an den entsetzten Ausdruck in seinen Augen dachte.

Irgendwo im Haus knarrte eine Tür und riss sie damit unvermittelt aus diesen düsteren Gedanken. Mit einem leisen Knacken wurde der Lichtschalter umgelegt und ein matter Schein drang unter ihrer Zimmertür hindurch. Jemand schlürfte den Korridor entlang und kurze Zeit später konnte sie das Rauschen von Wasser hören. Es dauerte nicht lange, da bemerkte Andrea, trotz der zugezogenen Gardinen, das Einsetzen der Morgendämmerung und langsam nahmen auch die Möbelstücke um sie herum Gestalt an. Einen kurzen Augenblick beruhigte es sie wieder in dem nostalgischen Zimmer aufgewacht zu sein, bis langsam aber stetig ein flaues Gefühl von Hilflosigkeit in ihr hochstieg. Was nutzte ihr die Gewissheit wieder in demselben Raum zu sein, wenn sie noch immer nicht wusste, wo genau sie sich befand und warum sie überhaupt hier war? Mit zittrigen Fingern umklammerte sie die Bettdecke und lauschte in die nachlassende Dunkelheit, während sie automatisch die Decke ein Stück höher zog, als könnte sie diese vor dem Unbekannten schützen.

Es wurde heller und heller um sie herum, während die Geräusche im Haus zunahmen. Irgendjemand schien Frühstück zu machen. Der Duft von gebratenen Eiern kroch durch die geschlossene Tür und plötzlich hörte sie auch leises Stimmengemurmel und Schritte, die sich ihrer Tür näherten. Andreas Herz pochte bis zum Hals, während sie sich gleichzeitig wünschte, wieder in tiefe Bewusstlosigkeit fliehen zu können; doch die lähmende Angst, die sich um ihr Herz krallte, ließ es nicht zu, dass sie die Augen schloss. Gebannt starrte sie auf die Türklinke, die sich langsam nach unten bewegte und Sekunden später schon wurde sacht die Tür aufgedrückt. Der Kopf der alten Frau erschien und als sie Andreas Wachsein bemerkte, verzogen sich ihre Lippen zu einem gütigen Lächeln.

„Guten Morgen, Andrea!", sagte sie freundlich und trat ins Zimmer. „Der Heiler vermutete, dass sie heute aufwachen würden."

Andrea erwiderte diesen Morgengruß nicht. Misstrauisch beobachtete sie die alte Frau, die mit einem verständnisvollen Lächeln zum Fenster ging und die Übergardinen zurückzog. Ein grauer, wolkenverhangener Himmel wurde sichtbar, doch Andrea nahm dies nur am Rande wahr.

„Wie fühlen Sie sich?", sagte die alte Frau, während sie die Fensterflügel öffnete und Andrea ein Schwall kalter Luft berührte.

„Weiß nicht", antwortete Andrea zögernd und versank ein Stück tiefer in der Bettdecke, während sie überrascht feststellte, dass die Kraftlosigkeit, die sie noch bei ihrem letzten Aufwachen empfunden hatte, verschwunden war.

„Es ist kalt heute Morgen. Bleiben Sie lieber gut zugedeckt, bis ich mit dem Frühstück zurückkomme."

Andrea nickte, auch wenn sie diese Aufforderung für mehr als unnötig empfand. Trotz der dicken Zudecke spürte sie die Kälte und nichts hätte sie in diesem Augenblick dazu bewegen können, das warme Bett zu verlassen, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie sich dieser Situation machtlos ausgeliefert fühlte. Die Tür schloss sich hinter der Frau und Andrea überkam erneut das inzwischen schon so vertraute Gefühl von Unwirklichkeit.

Sie musste nicht lange warten, da klopfte es erneut an der Tür und Richard Harvey kam mit einem Frühstückstablett herein.

„Guten Morgen, Andrea", grüßte er mit einem ungezwungenen Lächeln und stellte das Tablett auf ihrem Nachttisch ab. „Wie geht es dir jetzt?"

„Woher soll ich wissen, dass du wirklich du bist?", entgegnete Andrea seine Frage ignorierend und richtete sich vorsichtig auf, während sie jede seiner Bewegungen, mit denen er das Fenster schloss, scharf beobachtete.

Harvey blickte sie einen Augenblick überrascht an, ehe er zum Bett zurückkehrte und nach der Kanne auf dem Tablett griff. „Falls sich dies in den letzten Wochen nicht geändert hat, bevorzugst du zum Frühstück Kaffee", sagte er gleichmütig, füllte eine Tasse und reichte sie Andrea.

„Das beantwortet nicht meine Frage!"

„Dann frage mich etwas, das nur ich wissen kann", seufzte er mit einem Schulterzucken, zog sich einen Stuhl heran und griff nach der zweiten Tasse, um sich ebenfalls Kaffee einzuschenken.

Für einige Sekunden starrte Andrea nur in den dampfenden Inhalt ihrer Tasse, bis sie schließlich den Kopf hob und Harvey direkt ansah. „Was wird hier gespielt, Richard? Warum bin ich hier? Warum habt ihr mich nicht in dem Muggelkrankenhaus gelassen? Was hast du mit mir gemacht? Wo ist Francesco? Und warum hast du dich für Remus Lupin ausgegeben?"

Harvey nahm einen großen Schluck aus seiner Tasse und stellte sie auf das Tablett zurück. Einige Sekunden schien sein Blick durch sie hindurch zu gehen, während er unschlüssig auf der Unterlippe kaute. „Ich werde dir alles erklären. Doch wo fang ich an?", seufzte er schließlich schwer und rieb sich unschlüssig über die Stirn.

„Vielleicht damit, wo ich hier bin?", sagte Andrea ungeduldig. „Oder damit warum du mich belogen hast, warum du vorgespielt hast Remus Lupin zu sein?"

Harvey nickte, dennoch dauerte es noch eine Weile, bis er mit leiser Stimme seine Erklärung begann. „Das wo wir hier sind…ist einfacher zu erklären, als der Rest. Wir befinden uns hier in einem Landhaus in der Nähe von Aberdeen, das uns für deine Genesung zur Verfügung gestellt wurde."

„Ah!" Andrea blicke ihm skeptisch entgegen. „Und was sollte dann die ganze Maskerade? Warum hast du nicht einfach…"

„Lass mich von vorn beginnen, Andrea!", unterbrach Harvey sie mit einem energischen Kopfschütteln und rückte mit seinem Stuhl näher an Andreas Bett heran. „Wir haben nicht so viel Zeit wie du vielleicht denkst."

Harvey machte erneut eine Pause, doch als er zu sprechen begann, klang seine Stimme fest und sicher; fast so, als hätte er seit langer Zeit darauf gewartet, ihr das Folgende zu erzählen.

„Wie du dich sicher erinnern wirst, gab es bereits zu der Zeit als der dunkle Lord das erste Mal an die Macht kam, einen Bund, dem sich auch deine Eltern zugehörig fühlten."

„Ja, Francesco hat mir einiges davon erzählt. Dieser Bund sah seine Aufgabe darin, Voldemort zu bekämpfen, doch was hat das mit mir zu tun?", fiel sie ihm ungeduldig ins Wort.

Harvey zuckte heftig zusammen und für einige Sekunden sah es aus, als hätte ihn die Nennung von Voldemorts Namen völlig aus dem Konzept gebracht; doch es dauerte nicht lange, bis er sich wieder gefangen hatte. „Das ist richtig, doch dieser Bund hatte auch noch andere Aufgaben; unter anderem die, für deine Sicherheit zu sorgen."

„Meine Sicherheit?"

„Ja. Uns war immer bewusst, dass du irgendwann den Weg deiner Vorfahren gehen würdest. Es war nur eine Frage der Zeit, bis du Zugang in das Haus deiner Urgroßeltern gefunden hattest und der Bund sah es als seine Aufgabe…"

Andrea setzte sich mit einem Ruck in ihrem Bett auf. „Ich bin nicht wie meine Vorfahren! Und ich werde nie ihr Interesse an der dunklen Magie haben!"

„Deine Neugier, dein Temperament und deine Neigung das Unbekannte zu ergründen, sind sicher Wesenszüge, die du von deinen Vorfahren geerbt hast", entgegnete Harvey mit einem Lächeln, das Andreas Zorn nur noch steigerte.

„Was aber nicht heißt, dass ich in ihre Fußstapfen treten muss!", brauste sie zornig auf. „Ich bin nicht in Mirandas Haus gegangen um dort schwarze Magie zu suchen."

„Du hast schon vor langer Zeit begonnen diesen Weg zu gehen!", seufzte er schwer und hob, als sie ihm erneut ins Wort fallen wollte, beschwichtigend die Hand. „Andrea versteh das jetzt nicht falsch! Niemand von uns verurteilt deine Neugier, wir machen uns nur Sorgen um die Auswirkungen die das Ganze auf dich haben wird."

„Das ist doch Blödsinn! Du tust ja gerade so, als würde sich in diesem Haus ein Virus befinden, der aus jedem Bewohner einen schwarzen Zauberer mit den Eigenschaften einer Killermaschine macht!"

„Killermaschine…hm…?" Harvey sah sie einen Moment irritiert an, schien dann aber zu dem Entschluss zu kommen, dass dies nicht der geeignete Zeitpunkt war, um sich von Andrea Begriffe aus der Muggelwelt erklären zu lassen. „Ob du es wahrhaben willst oder nicht, dieses Haus hat dich verändert."

„Quatsch!"

„Am deutlichsten wurde es, als du Clark Silver töten wolltest….", fuhr er beharrlich fort, als hätte es ihren Einwand überhaupt nicht gegeben.

„Ich wollte ihn nicht töten!", brauste Andrea empört auf und wäre sicherlich aus dem Bett gesprungen, wenn Harvey sie nicht energisch an der Schulter festgehalten hätte.

„Doch das wolltest du! Sieh den Tatsachen ins Auge, Andrea! Tief in deinem Inneren warst du bereit zu töten!"

„Das ist nicht wahr!"

„Doch und das weißt du genauso gut wie ich."

Andrea hatte das beklemmende Gefühl ein Eimer mit eiskaltem Wasser sei über ihren Kopf ausgeschüttet worden. Mit sprachlosem Entsetzen starrte sie ihm entgegen, während Panik wie ein schleichendes Gift ihre Brust erfüllte. Hatte Richard Harvey Recht? War sie wirklich so skrupellos wie ihre Vorfahren, denen es nur um Macht ging? Ihre Brust zog sich bei diesem Gedanken schmerzhaft zusammen, als hätte sich das imaginäre Wasser zu hartem Eis verwandelt, das nun ihre Lungen fest zusammen presste.

„Andrea, ich verurteile dein Verhalten nicht, ich wollte dir damit nur zeigen, wie nahe du an dem Weg bist, den du angeblich nie anschlagen wolltest." Harvey machte eine kurze Pause um Andrea Gelegenheit zu geben, das Gehörte erst einmal zu verarbeiten, ehe er ihn beschwörenden Ton weiter sprach. „Es ging mir bzw. uns immer nur darum dich zu schützen."

„Indem man mich in die Muggelwelt verbannte, mich meiner Wurzeln beraubte, mich belogen und betrogen hat", entgegnete sie bitter und wich stur seinem Blick aus, bis ein lange unterdrückter Verdacht in ihr aufkeimte und sie mit einem Ruck den Kopf hob. „Ihr hab diese Bastet in einen Wächter umgewandelt und mich damit…."

„Ich behaupte nicht, dass wir in der Vergangenheit alles richtig gemacht haben", unterbrach er sie schroff. „Aber du musst zugeben, dass es dir keinen Schaden zugefügt hat, bis Dumbledore und seine Konsorten sich da eingemischt haben."

„Vielleicht ist es dir entgangen, doch diese Leute haben sich ebenfalls um meine Sicherheit gesorgt!"

„Hast du dich schon mal gefragt, warum sie das taten?"

„Möglicherweise, weil sie mich einfach gern haben und im Gegensatz zu euch haben sie mich nicht belogen und unter dem Bann von einem magischen Wächter gestellt!"

Mit einem resignierenden Seufzen schloss Harvey für einen Moment die Augen und schüttelte den Kopf. „Ich habe dich bisher für deutlich cleverer gehalten! Andrea, mach dir endlich bewusst, dass du nicht irgendjemand bist; du bist der Schlüssel zu den Geheimnissen vom alten Ignatz Hussel!"

„Da kann ich dich beruhigen, niemand wird in dieses Haus eindringen und sich Wissen über dunkle Magie aneignen!", erklärte Andrea bissig und ein unbändiger Zorn flammte in ihr auf, der die eben noch gefühlte Beklommenheit mit einem Wisch hinfort fegte.

„Du besitzt eine seltsame Definition von dem Begriff niemand!", entgegnete Harvey nun ebenfalls in ungehaltenem Ton. „Tatsache bleibt es wohl, dass du Remus Lupin, Clark Silver, Tonks, Moody und nicht zu vergessen Harry Potter mit seinen Freunden den Zugang in dieses Haus gewährt hast!"

„Sie sind nicht eingedrungen, ich habe sie eingeladen!"

„Und wie du in der Klosterruine bewiesen hast, ist es dir auch gelungen diese alte Magie zu benutzen", fuhr Harvey, ihren Einwand ignorierend fort. „Spätestens da war mir klar, dass Dumbledore seine lange Nase da nicht raushalten kann. „Genau wie der dunkle Lord ist auch er versessen darauf, sich dieses alte Wissen anzueignen!"

„Nun mach mal einen Punkt! Du kannst doch Dumbledore und den dunklen Lord nicht in einen Topf schmeißen!"

„Ach meinst du?", fragte er sarkastisch. „Ich weiß nicht, wer von beiden skrupelloser ist, wenn es darum geht Macht und Einfluss zu gewinnen!"

„Aber Dumbledore würde nie…."

„Andrea, hör mit diesem schwarzweißen Denken auf und benutze deinen Kopf! Der dunkle Lord hat den Mitglieder des Phönixordens in Carlisle eine tödliche Falle gestellt und Dumbledore, obwohl er gewarnt war, schickte seine Leute dort hinein!"

„Das glaub ich nicht! Auch wenn ich diesen alten Zauberer nicht unbedingt mag, so ist und bleibt er doch jemand, der sich immer für das Wohlergehen anderer Menschen eingesetzt hat. Dumbledore hat immer für das Gute gekämpft, er hätte nie unschuldige Menschen in den Tod geschickt!"

„Unschuldig?" Harvey lachte trocken auf. „Unschuldig ist wohl keiner, der sich aktiv an einem Krieg beteiligt. Es spielt dabei keine Rolle auf welcher Seite sie stehen, oder welchen Idealen sie nachhängen; letztendlich geht es immer nur darum zu gewinnen! Oder glaubst du wirklich, dass Dumbledores Leute nur aus reiner Menschenfreundlichkeit hinter einem Werwolf hergejagt sind?"

„Wie meinst du das?"

„Zähl eins und eins zusammen, dann ist es ganz einfach! Der dunkle Lord hat erfahren, dass es Remus Lupin gelungen ist dein Vertrauen zu erlangen; du ihm sogar gestattest, Hussels Haus zu betreten und Lupin, wenn auch immer nur zeitlich begrenzt, damit Zugang zu der alten Magie hatte. Mag sein, dass das nicht der einzige, aber wohl der ausschlaggebende Grund war, warum die Todesser ihn gefangen nahmen. Dumbledore brachte das in arge Bedrängnis, denn zum einen wurden damit seine fabelhaften Pläne durchkreuzt und zum anderen musste er verhindern, dass der dunkle Lord über den Werwolf…."

„Das ist nicht wahr! Sie haben nach Remus Lupin gesucht, weil er ihr Freund ist!"

„Du bist naiv, Andrea! Dumbledore hat, genau wie der dunkle Lord, nur Interesse so viel wie möglich über diese alten Geheimnisse zu erfahren und dafür ist ihm jedes Mittel recht. Er hat Lupin mit Erfolg auf dich angesetzt, aber bevor Dumbledores wunderbarer Plan aufging, hat ihm der dunkle Lord einen Strich durch die Rechnung gemacht und Lupin entführt."

„Das glaube ich nicht!"

„An dem Tag, da Dumbledore dich bat, im Hauptquartier des Phönixordens zu bleiben, ahnte Francesco bereits, dass hinter dieser Einladung mehr steckte, als das Leben eines Muggels zu schützen."

„Aber Dumbledore wusste doch gar nicht wer ich war."

„Woher willst du das wissen?", brummte Harvey ungnädig.

„Ganz einfach, weil es nämlich Zufall war, dass ich Harry in dem Park in Surrey getroffen habe!"

Andrea wusste selbst nicht was es war, das sie dazu trieb, Dumbledore so vehement zu verteidigen. Dieser alte Zauberer war ihr in den letzten Wochen und Monaten nicht immer nur sympathisch gewesen; oft genug hatten sich ihre Meinungen und Ansichten unterschieden, hatte sie sich über seine Allmacht geärgert, doch jetzt…. Vielleicht war es Harveys Art, seine ganz persönliche Sichtweise der Dinge dazustellen, die so rein gar nichts mehr mit dem gutmütigen alten Freund, wie sie ihn früher kannte, zu tun hatte, oder es war einfach nur ihre Weigerung sich einzugestehen, dass sie hier in etwas verstrickt war, was sie nun nicht mehr überschauen konnte. Tief in ihrem Inneren rebellierte alles dagegen, dieses einmal gefasste Bild zu revidieren.

„Hat Dumbledore dich wirklich nie gebeten ihm Näheres über das Haus zu erzählen? Wollte er das Haus nie besuchen oder das Salomonschild in Händen halten?"

Andrea wusste nicht was sie darauf entgegnen konnte und Harvey nahm dieses Schweigen als Bestätigung hin. „Unterschätz niemals diesen alten Fuchs, er tut nichts ohne Grund und Hintergedanken."

Lautlos und doch mit der Macht einer gigantischen Explosion zerbarst unerwartet das letzte bisschen Sicherheit, das Andreas Weltbild bis dahin noch notdürftig zusammen gehalten hatte. Die Welt um sie herum schien plötzlich nur noch aus Schutt und Trümmer, Rauch und Hoffnungslosigkeit zu bestehen. Eisige Leere krallte sich um ihr Herz, während eine neue, erbarmungslose Erkenntnis, wie ein schwarzer, mit Grauen gefüllter Schatten über ihr schwebte.

„Genau wie du", entgegnete sie leise und für einen kurzen Moment war sie sich selbst nicht mehr sicher, ob dies wirklich ihre eigene Stimme war, welche hier Harvey emotionslos und kalt antwortete. „Auch du hast ein persönliches Ziel, das du hier verfolgst."

Harvey widersprach ihr nicht. Ohne auf ihre Worte einzugehen, stand er auf und ging zum Fenster, durch das nun der rotviolette Morgenhimmel zu sehen war. Einige Minuten stand er still da und starrte in die Morgendämmerung, bis er sich langsam zu ihr umdrehte und sie flehend ansah.

„Wir stecken in einem ziemlichen Schlamassel, Andrea und…wir brauchen deine Hilfe!"

„Ich wüsste nicht, wie ich euch helfen könnte und selbst wenn….nach allem was ihr….was du mir angetan hast…..glaubst du ernsthaft, dass ich das einfach vergesse?"

„Du wirst möglicherweise deine Meinung ändern, wenn du den Mann kennen gelernt hast, der in der Küche auf dich wartet!"

x x x x

Harry, Hermine und Ron hatten gerade, mit Pflege magischer Geschöpfe, ihre letzte Unterrichtsstunden an diesem Tag hinter sich gebracht, als sie auf dem Rückweg auf eine Gruppe Hufflepuffs trafen, die unter der Führung von Silver ebenfalls zum Schloss zurückgingen.

„Das steht uns diese Woche auch noch bevor!", stöhnte Ron und deutete auf die reichlich durchgeschwitzten und erschöpften Schüler. „Ernie hat mir erzählt, dass Silver mit ihnen so eine Art Feldübung…."

„Ernie Macmillan?", unterbrach ihn Harry verblüfft.

„Ähm…ja! Er hat mir´s gestern Abend erzählt…."

„Ich dachte…"

„Ron hat sich bei Ernie entschuldigt!", erklärte Hermine kurz und warf Harry einen Blick zu, der ihn deutlich warnte jetzt nur nichts Falsches zu sagen.

„Aha!", sagte Harry, nicht sicher was er von dieser plötzlichen Wende halten sollte, doch Ron hatte sich bereits Ernie zugewandt.

„Und?", fragte er und deutete auf Silver, welcher, ein Stück hinter ihnen stehen geblieben war und sich nun mit einigen Slytherins unterhielt, die den Gryffindors in geringen Abstand folgten. „Hat er euch recht getriezt?"

„Frag nicht!", stöhnte Ernie und strich sich die schweißnassen Haare aus der Stirn. „Zuerst hat er uns um den gesamten See…"

„Ich bin froh, dass die beiden sich ausgesprochen haben", flüsterte gleichzeitig Hermine von der anderen Seite, während Harry selbst Silver beobachtete.

„…..das musst du dir mal vorstellen, wir dachten echt…"

„erinnerst dich sicher noch, als Ron plötzlich verschwunden war?"

„Ja und dann meinte Silver, wir sollten es ihm nachmachen…"

Die Slytherins waren inzwischen weiter gegangen, doch Silver stand noch immer unbeweglich an derselben Stelle und schien gedankenvoll über die Schlossgründe hinweg zu blicken. Im Gegensatz zu den meisten seiner Schüler sah Silver frisch und ausgeruht aus, doch das war es nicht, was Harry irritierte. Mit dem komischen Gefühl, dass etwas an diesem Mann nicht stimmte, wandte sich Harry wieder Hermine zu, die ihn in diesem Augenblick am Ärmel seiner Robe zupfte.

„Komm lass uns weiter gehen."

„Geh schon man vor, ich komm gleich nach", murmelte Harry und drehte sich erneut zu Silver um und plötzlich wusste er es; Silver war dort nicht allein. Die Hände tief in die Taschen seiner Robe vergraben, stand Silver dort und unterhielt sich mit einer unsichtbaren Person, die vermutlich unter einem Tarnumhang verborgen auf Silver gewartet hatte. Harry wusste nicht, was ihn da sicher machte, doch als Silver wenig später leicht nickte und seinen Rückweg zum Schloss fortsetzte, fühlte Harry seine Vermutung bestätigt.

Unschlüssig, ob er nun stehen bleiben und auf Silver warten, oder Hermine und den anderen Gryffindors folgen sollte, blickte sich Harry nach allen Richtungen um. Der größte Teil der Gryffindors war bereits durch das Schlossportal verschwunden, einige Slytherins standen am Fuß der Treppe und schienen sich ein Wortgefecht mit Seamus, Neville und Ron zu liefern, während Anne Smith und Luna Lovegood mit mäßigen Interesse zusahen. Silvers Schritte die sich nun hörbar näherten, nahmen Harry jedoch die Entscheidung ab.

„Hallo Harry", grüße Silver, als er ihn erreicht hatte.

„Guten Abend, Professor", antwortete Harry zögernd und warf einen Blick zu jener Stelle zurück, an der Silver kurz zuvor gestanden hatte.

„Du hast eine scharfe Beobachtungsgabe", schmunzelte Silver und klopfte kurz gegen Harrys Schulter. „Komm lass uns weitergehen, ich werde es dir unterwegs erzählen."

Harry nickte und Silver erklärte ihm in knappen Sätzen, dass Sirius und Remus möglicherweise das Haus gefunden hatten, in dem man Andrea festhielt. „Ich bin auf dem Weg zu Dumbledore, um mit ihm das Weitere zu besprechen."

Harry nickte erneut und als wenn Silver seine Gedanken gelesen hätte, fügte er nach einer kurzen Pause leise hinzu: „Wenn du möchtest kannst du nach dem Abendessen in mein Büro kommen, vielleicht kann ich dir dann schon Konkretes sagen."

„Danke, Professor!"

Sie erreichten die Treppen, zum Eingangstor, als Harry sich zu der Frage durchrang, die ihn bereits seit einigen Minuten beschäftigte. „Professor….haben Sie ….ich meine, Professor Dumbledore wollte doch nicht, dass Sie mir Einzelheiten erzählen….haben Sie…."

„Ärger bekommen?", vollendete Silver seinen Satz und schüttelte den Kopf. „Nein, mach dir keine Gedanken. Professor Dumbledore hatte nichts dagegen."

„Aber…"

„Harry, du weißt, nur wer Fragen stellt, wird auch Antworten erhalten."

Für Harry war das nicht unbedingt eine sehr befriedigende Antwort, da sie jedoch in diesem Moment das Schlossportal durchschritten und in der Eingangshalle reger Betrieb herrschte, verschob Harry alle weiteren Fragen auf einen späteren Zeitpunkt. Mit gemischten Gefühlen blickte er Silver nach, der nun, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe nach oben spurtete.

Fortsetzung folgt…

Autornote: Ein ganz, ganz dickes Dankeschön für euere lieben Reviews!

Hier noch eine persönliche Anmerkung: Einige von euch haben mir geschrieben, dass sie Probleme damit haben, sich noch an die fanficinternen Zusammenhänge zu erinnern, weil in den aktuellen Kapiteln auf Ereignisse aus dem Beginn der Story zurückgegriffen wird. Nun ja, mir ist bewusst, dass diese FF inzwischen sehr vielschichtig geworden ist und genau so war es auch geplant, ich wollte euch hier keine seichte Fast-Food-Story vorsetzen. Allerdings macht gerade diese Komplexität, die Länge der Fanfic und die größeren Pausen zwischen den letzten Kapiteln, es Einigen schwer den Überblick zu behalten. Ich habe mich deshalb mit meiner Betaleserin beraten und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass an einigen Stellen evtl. kurze Rückblicke helfen können. Ansonsten kann ich euch eigentlich nur empfehlen, die vergangenen Kapitel noch mal zu lesen, bzw. mich einfach das zu fragen, was euch noch unklar ist.

Review-Antworten:

Leandriel-Whitestorm: Nein, die Story hört hier nicht auf, sie wird Stück für Stück weiter geschrieben. „ggg" Und ja, ich bemühe mich so schnell wie möglich weiter zu schreiben! ;-)

Jo Lizard: Selbstverständlich darfst du den Kapitelnamen benutzen! Alles Weitere per Review! „ggg" (zu dem ich hoffentlich am WE kommen werde)

Arwen: "Tjaja... Jemanden, der Hypnose beherrscht, sollte man besser nie verärgern :-). „ Womit du durchaus Recht hast! „sfg"

Golbarin: Obe-Wan-Nr. „grins" den Vergleich find ich klasse!

Eva Luna: Ich hörte die Stein poltern! „sfg"

Lord Slytherin: Das mit den Slytherin-Eigenschaften – hm, da könnte was dran sein! „zwinker"

ardsmair: Keine Ahnung wie viele Kapitel das noch werden. „seufz" Eigentlich wollte ich ja nicht mehr wie 50 in einer FF schreiben…aber irgendwie….

Rapunzelou: Ja, Harry wird langsam etwas reifer, was meiner Ansicht nach auch für seine weitere Zukunft wichtig sein wird. Bin froh, dass dies in dem Kapitel auch so rüber kommt!

Schwarzleser: Freue mich sehr was von dir zu lesen und ja, das nächste kommt ja schon!

Jana: Könnte sein, dass dies schon mal jemand erwähnt hat! „zwinker" Nun, jedenfalls freue ich mich sehr, dass dir die FF nach wie vor gefällt!

Kaori: Freut mich, immer was von dir zu lesen! ggg

Kathe: Denke, deine Frage hat sich inzwischen geklärt! „zwinker"

X-Ray: Freut mich sehr!

TheSnitch: Hab mich mit dem neuen Kapitel beeilt! „sfg" Derzeit komm ich nicht viel zum Schreiben und noch weniger zum Lesen von anderen FF´s, wird aber demnächst nachgeholt und dann wirst auch du wieder eine Review von mir bekommen. Hab manchmal schon ein schlechtes Gewissen, ich bekomm so fleißig von euch Review und ich komm nicht dazu euere FF´s zu lesen. Zu dem nicht mehr alles im Kopf haben, hab ich oben in der Autornote etwas dazu geschrieben. Grüße am deinen Bruder! „zwinker"

torence: Ähm…nein, Verwirrung sollte das letzte Kapitel eigentlich nicht stiften. Was ist denn für dich verwirrend?

Eddy1988: Das beruhigt mich aber sehr! Und ja, das nächste kommt schneller! „ggg"

Fluffy Bond: Meine liebe Fluffy und ihre vielen Fragen! „grins" Aber sie werden ganz sicher beantwortet werden.

HarryHermine: H/Hr werden in den nächsten Kapitel etwas in den Hintergrund treten, doch auch das ändert sich ca. mit Kapitel 42 / 43 wieder!

Fíriel: Hab die Mail nicht vergessen, sie kommt noch!

gil-galad: Also das mit den zwei neuen Kapitel, wenn du aus Spanien zurückkommst, hat ja geklappt! Hoffe du hattest eine schöne Zeit dort!

michi-sky: Vom Datum her befindet sich die Story jetzt kurz vor Halloween.

Und auch ein ganz, ganz dickes Dankeschön an: Seikon, Lara, Harry2004, Josephine-19, Enno, Miss Shirley-Blythe, reason, lorelei, shila848, ardsmair, Missy, Ron Weasley, Rudi, Kiki, Sandy, Truemmerlotte, Padfoot's Mate, TinaHewen, banduan, Enno, Honigdrache, Gilly, Schnuffel21, shila848, Tiberitus, Megagirli, torence

So das war es dann erstmal für heute! Hoffe, dass ich niemanden vergessen habe und wünsche euch an dieser Stelle noch ein schönes Wochenende!

Liebe Grüße von euerem Sternchen!