45.

Das Erste, was Harry klar wahrnehmen konnte, war der beißende Geruch von Verbranntem und als Harry sich alarmiert umsah, entdeckte er, dass er sich auf einer weiten Ebene befand. Der Boden unter seinen Füßen war schwarz und mit einem Hauch von silbergrauer Asche überzogen. Stellenweise stieg feiner Rauch auf, als wäre es nicht allzu lange her gewesen, dass hier ein riesiges Flammenmeer alles Leben verschlungen hatte. In einiger Entfernung konnte Harry verkohlte Baumstümpfe sehen, die ihn erahnen ließen, dass sich an jener Stelle mal eine größere Anzahl an Bäumen befunden hatte, doch nun standen hier nur noch die kümmerlichen Überreste einst hoher Bäume; ragten schwarz und anklagend, wie erhobene Zeigefinger in den blassen Himmel. Harry zog fröstelnd die Schultern an und dies lag nicht nur an der Trostlosigkeit, die ihn hier umfing, denn obwohl es hier deutliche Anzeigen eines kürzlich erloschenen Feuers gab, war es kalt, bitter kalt. Während Harry sich vorsichtig um seine eigene Achse drehte und seine Augen den Horizont entlang wandern ließ, trieb sein eigener Atem als federweißes Gespinst davon, fast so als würde seinem eigenen Körper damit auch das letzte bisschen Wärme entweichen. Eine schwarze, bizarr gezackte Linie bildete die Grenze zwischen dem blassen violetten Horizont und der grauschwarzen, verbrannten Ebene. Dunkle Rauchschwaden stiegen aus dem Boden auf und zogen wie zerschlissene Schleier über die verbrannte Erde hinweg, während rings um ihn herum eine gespenstische Stille herrschte. Nicht der geringste Laut war zu hören und Harry fragte sich unwillkürlich, ob hier jemand den Ton abgedreht hatte.

Mit taumelnden Schritten ging Harry vorwärts, doch egal wohin er sich auch wandte, überall zeigte sich ihm das gleiche Bild von Trostlosigkeit und Zerstörung. Seine Füße wirbelten kleine Wolken aus Staub und Asche auf, doch nicht einmal seine Schritte schienen hier ein Geräusch zu verursachen.

„Das ist ein Alptraum, nichts weiter als ein dummer Alptraum", stöhnte Harry auf, während er ziellos umher irrte. „Gleich wache ich auf und dann ist der ganze Spuk vorbei."

Die dunklen Rauchschwaden streifen immer wieder seinen Körper, kräuselten sich und umfingen ihn kurzfristig, ehe sie sich in ein farbloses Nichts auflösten. In einiger Entfernung konnte Harry Risse in der schwarzbraunen Erde entdecken, welche sich verästelten und wie die Fäden eines riesigen Spinnennetzes den Boden überzogen. Harry konnte nicht sagen wo diese Risse begannen oder wo sie endeten; sie schienen plötzlich überall zu sein. Es waren sehr enge, aber tiefe Abgründe, von denen Harry nicht sagen konnte, ob sie nun einen oder zwanzig Meter tief waren. Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend stieg Harry über sie hinweg, immer damit rechnend, dass jeden Moment ein Stück des scharfkantigen Randes weg brechen konnte und er unvermittelt in die Tiefe stürzte; doch nichts dergleichen geschah. Vereinzelt rieselte feiner Sand und Asche hinab, doch selbst das hierbei zu erwartende Knirschen blieb aus.

„Ich wusste bisher nicht, dass Stille wirklich wehtun kann", sagte Harry in dem Versuch diese Lautlosigkeit zu durchbrechen, doch selbst seine eigenen Worte klangen dumpf, als hätte er sie durch einen Berg von Watte gesprochen.

„Verdammt, wo bin ich hier hin geraten, was ist das für ein seltsamer Ort?", startete er einen neuen, diesmal lauteren Versuch, während er sich immer wieder um die eigene Achse drehte, aber auch seine erhobene Stimme schaffte es nicht jene unaussprechliche Ruhe zu durchdringen.

Mit einem Anflug von Zorn und Frustration hob Harry einen losen Stein auf und schleuderte ihn mit aller Kraft von sich. Lautlos fiel der Stein einige Meter weiter zu Boden und rollte davon. Einige Sekunden sah Harry ihm unschlüssig nach, bis der Stein in einer Wolke aus Rauch und Asche verschwand, als hätte es ihn nie gegeben.

„Bin ich genau wie dieser Stein, in einem dunklen Nichts verschwunden", schrie er auf und grenzenlose Panik machte sich in seinem Inneren breit, doch einen Augenblick später erfasste ihn ein anderer Gedanke und verscheuchte diese Panik.

„Andreas Seele befindet sich derzeit an einem dunklen Ort", hatte Dumbledore gesagt und während Harry sich mit zunehmender Verzweiflung umsah, dämmert ihn, wo er hier gelandet war. Sollte das möglich sein? War er wirklich in Andreas Geist eingedrungen? Die Vorstellung, dass dies hier wirklich der Ort war, den Andrea als letzte Zuflucht gefunden hatte, schnürte Harry die Kehle zu, doch wenn er an das dachte, was Dumbledore ihm erzählt hatte, machte es durchaus Sinn.

„Ein dunkler Ort, treffender hätte man es vermutlich nicht ausdrücken können", grübelte Harry, während er sich ratlos umsah, doch egal wohin er sich auch wandte, nirgendwo konnte er ein Anzeichen von Leben erkennen. „Aber wie bin ich hierher gekommen und wie komm ich wieder zurück? Und wo ist Andrea?"

Dem Gefühl der Ratlosigkeit folgte rasch wieder das Gefühl von Panik. Harry wusste nicht, wie er es angestellt hatte in Andreas Geist einzudringen und genauso wenig wusste er, wie er diesem Ort wieder entrinnen konnte.

„Harry, denk nach", ermahnte er sich selbst. „Was hat Dumbledore gesagt?"

Doch so sehr Harry sich auch den Kopf zermarterte und immer wieder Dumbledores Worte in seinem Gedächtnis Revue passieren ließ, es fiel ihm nichts ein, was ihn in dieser Situation helfen konnte. Sicher, er war vor einiger Zeit auch schon in Silvers Geist eingedrungen, doch damals waren diese wechselnden Bilder und Szenen vermutlich Erinnerungsfetzen aus Silver Vergangenheit gewesen. Dieses Eindringen war sehr kurz gewesen und ehe Harry sich Gedanken machen konnte, wie er aus dieser Gedankenwelt wieder hinaus kommen konnte, hatte Silver ihn hart geblockt und damit in die Wirklichkeit zurück katapultiert. Doch was war das hier? Dies konnte unmöglich eine reale Erinnerung sein, so eine Welt gab es nicht und während Harry sich mit zunehmend beklemmendem Gefühl umsah, hoffte er inständig, dass es so eine Welt auch niemals geben würde. Hier gab es nichts als Tod und Verwüstung, selbst der Wind, der in den letzten Wochen ständig über das Land fegte, schien hier an diesem Ort keine Macht zu besitzen. Ein blassvioletter, fast weißer Himmel, an dem weder Sonne und noch Sterne ihren Platz fanden, spannte sich wie ein riesiges Leichentuch über kalte, verbrannte Erde.

„Harry, konzentriere dich! Du musst zurück in den Krankenflügel, du sitzt immer noch an Andreas Bett", ermahnte ihn eine leise Stimme, von der Harry nicht sagen konnte, wo diese so plötzlich herkam. Obwohl sie aus großer Entfernung zu kommen schien, war es Harry, als würde er sie doch klar und deutlich in seinem Kopf zu hören.

„Aber wie? Ich weiß nicht wie ich das anstellen soll!", antworte er mit wachsender Unruhe, während er sich hektisch nach allen Seiten umsah. „Ich weiß nicht einmal wie ich hierher gekommen bin."

„Harry, beruhige dich, schließe die Augen und konzentriere dich auf dich selbst. Du bist in Andreas Geist eingebrochen, aber gleichzeitig bist du immer noch hier im Krankenflügel."

Die Stimme wurde eindringlicher und fester, aber so sehr Harry sich auch bemühte, er konnte die Augen nicht schließen und noch weniger konnte er sich auf sein eigenes Selbst konzentrieren. Das Bild des Grauens, das ihm hier begegnete, schien zunehmend Teil seiner eigenen Gedanken zu werden, schien in ihn einzudringen und jede einzelne Zelle seines Körpers in Besitz nehmen zu wollen.

„Harry, hör mir zu! Dies ist nicht deine Gedankenwelt, dies…"

Die Stimme wurde leiser und undeutlicher, bis sie nur noch ein kaum wahrzunehmendes Raunen war.

„Nein, das sind nicht meine Gedanken", sagte Harry fest, während er krampfhaft versuchte sich das Zimmer des Krankenflügels in dem Andrea lag vorzustellen, gleichzeitig drängte jedoch ein anderer Gedanke diesen Wunsch in den Hintergrund. „Das hier ist der dunkle Ort von dem Dumbledore sprach, und hier…hier muss auch Andrea sein."

Ohne weiter auf die schwache, jedoch deutlich warnende Stimme zu achten, rannte Harry los. Setzte mit unzähligen Sprüngen über die schmalen Gräben hinweg, rannte und rannte, aber diese trostlose Ebene nahm weder ein Ende noch konnte er ein Anzeichen von Andrea entdecken. Harry wusste nicht wie lange er gelaufen war, bis ihm schließlich die Luft ausging und er sich erschöpft gegen einen der verkohlten Bäumstümpfe lehnen musste. Seine Beine zitterten vor Erschöpfung und seine Augen brannten nicht nur von dem beißenden Rauch, mit dem die Luft noch immer erfüllt war.

„Andrea wo bist du?", hauchte er kraftlos, während er sich erschöpft an dem rußigen Stamm hinab gleiten ließ. „Bitte Andrea, du kannst nicht hier bleiben! Komm mit mir…"

Harry verstummte und brennendheiß rannen Tränen seine Wangen hinab, als ihm bewusst wurde, was er hier sagte. Er, Harry, hatte nicht die geringste Ahnung, wie er es anstellen sollte sich selbst, geschweige denn Andrea zurückzubringen. Was nützte es, wenn er sie fand, er konnte ihr doch nicht helfen. Verzweiflung krallte sich um sein Herz, wie eine eiserne Faust und presste es erbarmungslos zusammen.

„Andrea bitte, dies ist deine Gedankenwelt, hilf mir!", flehte er leise und vergrub das Gesicht in den Armen. „Bitte! Ich komm hier allein nicht mehr raus!"

„Harry! Nein! Tu es nicht!", erklang erneut die Stimme in seinem Kopf, doch diesmal war sie hart und streng, während deutlich Besorgnis in ihr mitschwang und plötzlich fühlte sich Harry an seine Occlumency-Stunde mit Silver erinnert und im Bruchteil einer Sekunde wurde ihm klar, dass es Silver sein musste, der hier in seinen Geist einzudringen versuchte.

Im gleichen Augenblick jedoch, in dem Harry erleichtert aufatmen wollte, Silvers Kontaktversuch als Chance für seine eigene und Andreas Rettung ansah, begann die Erde unter ihm zu beben. Ein ohrenbetäubendes Getöse setzte ein, die kahlen, verbrannten Baumstümpfe ächzten, kippten zur Seite und der Boden brach auf. Die zuvor lautlose Atmosphäre schien sich in sekundenschnelle elektrisch aufzuladen, knisterte beängstigend und mit tosendem Geheule zog ein orkanartiger Sturm auf. Ein eisiger Wind zerrte beängstigend an Harrys Robe und drohte ihn mit sich fort zu reißen.

„Andrea hilf mir!", brüllte Harry gegen den Sturm ankämpfend, doch das Heulen des Windes verschlang seine Worte.

Mit letzter, verzweifelter Kraft klammerte er sich an den morschen Äste des abgestorben Baumes fest, während er sich gleichzeitig die Frage stellte, ob diese Gedankenwelt für ihn wirklich tödlich sein konnte. „Es sind doch nur Andreas Vorstellungen, sie können mir nichts anhaben", versuchte er sich einzureden, aber dennoch fühlte sich das Reißen des Sturmes schmerzhaft real an und ließen ihn an der Harmlosigkeit seines Erlebens zweifeln. Der Baumstumpf, der ihn bisher spärlich Halt gegeben hatte, brach aus der Erde und Harry glitt unaufhaltsam abwärts.

„Ich bin doch nicht immer wieder Voldemort entkommen, nur um jetzt in Andreas Gedankenwelt zu sterben!", schrie er in letzter Verzweiflung auf, während seine Hände und Füße krampfhaft nach Halt suchten und das erste mal in seinem Leben empfand Harry wirklich so etwas wie Todesangst.

Er kämpfte verbissen, bis plötzlich eigene Bilder und Erinnerungen in sein Bewusstsein stiegen; sein erster Tag in Hogwarts und Harry fühlte noch einmal seine Nervosität, als er auf den dreibeinigen Hocker mit dem sprechenden Hut zuging; sah sich selbst wieder gegen den norwegischen Stachelbuckel kämpfen; erinnerte sich an Rons Strahlen, als er, Harry den brandneuen Feuerblitz auspackte. Ein seltsames Hochgefühl erfüllte ihn, als er an Sirius ersten Brief dachte und an Onkel Vernons verdutztes Gesicht, als dieser erfuhr, dass das Schreiben von Harrys Paten stammte. Noch einmal erinnerte sich Harry an den düsteren, unterirdischen Gang zwischen der peitschenden Weide und der Heulenden Hütte, in dem Sirius ihn angeboten hatte bei ihm zu leben, sobald sein guter Name wieder hergestellt war. Mit einem warmen Gefühl im Herzen dachte er auch an den Weihnachtstag im Grimmauld Place und hörte Sirius „morgen kommt der Hippogreif" singen. Das war einer jener seltenen Augenblicke gewesen, in denen er sich in Sirius Elternhaus glücklich fühlte. Die Bilder wechselten rasch und Harry konnte sich noch einmal in Andreas Haus sehen, wie sie beim Abendessen saßen und die Sprache auf Andreas Verwandtschaft zu Sirius kam. Für einen kurzen Augenblick flammte noch einmal der Schmerz um den Verlust seines Paten auf, doch schon im nächsten Augenblick konnte er sich mit Sirius zusammensitzen sehen. Eine Welle unendlicher Erleichterung erfasste ihn, als er sich an die vielen langen Gespräche erinnerte, die sie vor seiner Rückreise nach Hogwarts geführt hatten. Für einen kurzen Augenblick erlebte er noch einmal, wie es sich anfühlte, Hermine im Arm zu halten, wie süß ihr Kuss schmeckte und wie glücklich er war, dass Ron mit dieser Veränderung in ihrer Freundschaft klar kam. Diese angenehmen Erinnerungen setzten sich jedoch nicht endlos fort und noch ehe Harry sie richtig genießen konnte, drängten andere, weniger angenehme Bilder in sein Bewusstsein. Er fühlte seine eigene Hilflosigkeit, als man Remus entführte, seine Runespoor tötete, Sirius und Andrea sich unbedingt an der Suche beteiligen mussten und er selbst dazu verdonnert war, einfach abzuwarten. Ein kalter Schauer lief über Harrys Rücken, als er an die letzte Vision von Voldemort dachte. Die Reihe an Erinnerungen setzte sich fast chronologisch fort, bis Harry an dem Punkt kam, als Dumbledore ihm erklärte, wie es seiner Vermutung nach um Andrea stand und sie derzeit keine Möglichkeit hatten, ihr zu helfen.

Angst stieg in Harry hoch, als ihm bewusst wurde, dass er jetzt genau das getan hatte, was Dumbledore ihm als zu riskant für Andrea erklärt hatte.

„Ich möchte nicht abstreiten, dass wir die Macht hätten, diesen dunklen Ort zu erreichen, doch haben wir auch das Recht dazu? Niemand weiß vorherzusagen, ob wir dieses Leben wirklich retten würden, oder ob es durch diesen neuen Akt der Gewalt nicht endgültig zerstört würde."

Für einen kurzen Augenblick hatte Harry das schreckliche Gefühl, jemand würde ihm mit aller Macht die Kehle zudrücken, bis er sich plötzlich mit einem Ruck aufrichtete konnte, die Augen öffnete und direkt in Clark Silvers bleiches Gesicht sah.

„Er ist zurück", sagte Silver über Harrys Schulter hinweg, ehe er zögernd die Hände von Harrys Schläfen nahm und sich seufzend aufrichtete.

Es dauerte einen Moment bis Harry begriff, dass er zurück war und diese Worte an eine Person hinter ihm gerichtet waren, doch ihm fehlte die Kraft sich zuzudrehen. Schweiß rann ihn von der Stirn und Harry musste die Brille abnehmen, um ihn aus den Augen wischen zu können.

„Wie geht es dir, Harry", erklang die brüchige Stimme von Sirius hinter ihm und ein Paar Hände legten sich schwer auf seine Schultern. Harry schluckte schwer, aber noch ehe er antworten konnte, meldete sich jemand anders zu Wort.

„Wie geht es Andrea und welche Auswirkung hatte das Ganze jetzt auf sie?", das war eindeutig die Stimme von Remus Lupin, auch wenn sie noch rauer und schwerer als sonst klang.

Silver saß, durch Andreas Körper getrennt, Harry gegenüber doch er blickte weder ihn noch Sirius und Remus an, die offensichtlich direkt hinter Harry standen. Seine Augen waren starr und mit ausdruckslosem Gesicht auf Andrea gerichtet, als erwarte er jeden Moment eine sichtbare Reaktion von ihr, die jedoch ausblieb. Silvers Brust hob und senkte sich rasch, wie bei jemanden, der vor kurzem ziemlich schnell gelaufen war und auch seine Stimme klang matt und atemlos.

„Ich denke es ist besser, wenn ihr jetzt mit Harry einen kleinen Spaziergang macht; das Ganze war ziemlich aufreibend."

Harry war ganz und gar nicht nach Spazierengehen zumute, doch er wagte es nicht, Silver zu widersprechen. Tausend Fragen schossen ihm gleichzeitig durch den Kopf, während er mit wackligen Knien aufstand und zu Sirius hoch sah. Die Hand seines Paten lag noch immer auf seiner Schulter, als würde Sirius befürchten, Harry konnte jeden Augenblick umfallen. Sirius verzog das Gesicht zu Etwas, das wohl ein Lächeln sein sollte - Harry jedoch nicht darüber hinweg täuschen konnte, welche Sorgen sein Pate sich machte.

„Es tut mir leid, ich wollte das wirklich nicht", sagte Harry leise und senkte betreten den Blick.

Sirius verstärkte kurz den Druck auf Harrys Schulter, doch es war nicht Sirius, sondern Silver der antwortete.

„Es gibt nichts wofür du dich entschuldigen müsstest, Harry. Das, was hier geschehen ist, liegt nicht in deiner Verantwortung."

„Aber auch nicht in deiner", sagte Sirius und sah Silver eindringlich an, ehe er Harry sanft auf die Schulter klopfte um ihm anzudeuten, dass sie nun gehen sollten.

Silver antwortete nicht und auch sein Mienenspiel verriet nichts von dem, was in seinem Kopf vor sich ging, noch ob er Sirius Worte überhaupt gehört hatte.

„Was ist mit dir, Remus? Kommst du nicht mit?", fragte Sirius, als sie die Tür bereits erreicht hatten und Remus Lupin noch immer unbeweglich dastand.

„Nein, ich bleibe!", sagte er kurz, beinahe schroff und griff nach dem Stuhl, auf dem Harry zuvor gesessen hatte, um ihn wieder näher an das Bett heranzuziehen.

„Bitte Remus, du kannst hier nichts tun und…", widersprach ihm Silver halbherzig, wurde jedoch von Remus unterbrochen.

„Ich bleibe!", sagte er entschieden.

Silver seufzte und deutete ein resignierendes Achselzucken an, als er sich plötzlich mit einem Ruck wieder Andrea zuwandte.

„Was ist?", fragte Sirius alarmiert und trat rasch näher an das Bett heran.

Harry folgte seinem Beispiel, doch noch ehe Silver zu einer Erklärung ansetzen konnte, sah es auch Harry; Andreas Augen bewegten sich unter den geschlossenen Lidern. Remus war mit einem Satz auf den Füßen und auch Harry hielt unwillkürlich die Luft an, als ein leises Zittern durch Andreas Körper ging.

„Sie wacht auf!", stieß Remus in deutlicher Erleichterung aus und auch Sirius hatte nun das Bett erreicht.

„Was ist mit ihr? Wacht sie wirklich auf?"

„Ich weiß nicht", entgegnete Silver zögernd, während er sanft mit den Fingerspitzen über Andreas Wange fuhr.

Im Nachhinein konnte Harry nicht mehr sagen, wer was sagte oder tat, er hatte nur Augen für Andrea, in deren bisher leblosen Körper nun Bewegung kam. Zuerst warnen es nur ihre Augenlider, die zu flattern begannen, dann beschleunigte sich ihre Atmung und schließlich bewegte sich ihre Hand tastend über die Bettdecke, bis sie Silvers Arm zu fassen bekam und sich daran festhielt.

„Andrea", seufzte Remus erleichtert und lehnte sich näher an sie heran, aber noch bevor er die Hand nach ihr ausstrecken konnte schlug Andrea die Augen auf und ließ ihn in seiner Bewegung erstarren.

Einige Sekunden blinzelte sie und Harry vermutete, dass sie weder Silver noch Remus klar wahrnehmen konnte.

„Hallo Andrea!", sagte Remus mit einem sanften Lächeln und vollendete seine Bewegung, in dem er sacht ihre Hand berührte. „Wie geht es dir?"

Harry hatte eigentlich erwartet, dass Andrea dieses Lächeln erwidern würde, dass sie sich freuen würde Remus wieder zu sehen, doch nichts dergleichen spiegelte sich in ihrem Gesicht. Mit undurchdringlichem Blick fixierte sie Remus, ehe ihre Augen zu Sirius und Silver wanderten und schließlich auf ihrer eigenen Hand, die noch immer Silvers Arm umklammert hielt, hängen blieben. Für einen kurzen Moment lösten sich ihre Finger und es sah so aus, als wollte sie die Hand zurückziehen, doch als Silver seine freie Hand sacht darauf legte, entspannte sich ihre Haltung, auch wenn ihre Augen noch immer unruhig von einem zum anderen wanderten.

„Du bist hier in Hogwarts", sagte Remus und fügte, als sie auf seine Worte keine Reaktion zeigte, zögernd hinzu. „Sirius und ich haben dich hierher gebracht, kannst du dich daran erinnern?"

„Du bist in Sicherheit", bestätigte auch Sirius und veranlassten Andrea schließlich zu einem zögerlichen Nicken.

„Mein Gedächtnis funktioniert ausgezeichnet", sagte sie tonlos und zog ihre Hand bedächtig von Silver zurück. „Ihr habt mich gegen meinen Willen hierher gebracht und mit einem Zauber betäubt!"

Überrascht von diesem ungewöhnlichen Verhalten blickte Harry fragend zu Silver, dem es offensichtlich als Einzigen nicht zu befremden schien, dass Andrea ihre Benommenheit so rasch abgeschüttelt hatte und einen kurzen Moment kam es Harry so vor, als wenn Silver genau diese Reaktion Andreas erwartet hätte.

„Das ist richtig!", nickte er langsam, während sich seine Augen verengten und er Andrea mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck beobachtete.

Sirius und Remus wechselten betroffene Blicke, ehe Sirius mit einer Geste der Hilflosigkeit die Hände hob und seufzte. „Was für eine andere Wahl hätten wir denn sonst gehabt? Du warst völlig außer dir und wir konnte dich nicht einfach so zurücklassen."

„Wir hatten Angst um dich", warf auch Remus unsicher ein.

Andreas Blick ruhte kurzfristig auf Remus Gesicht, ehe sie Sirius und anschließend Silver ansah, als müsse sie sich davon überzeugen, dass eine Antwort tatsächlich erforderlich war.

„Das war völlig unnötig, es bestand zu keinem Zeitpunkt unmittelbare Gefahr!", entgegnete sie gleichgültig, während sie sich scheinbar desinteressiert in ihrem Krankenzimmer umsah. „Ist es möglich hier etwas zu Trinken zu bekommen? Ich habe Durst."

„Natürlich", nickte Remus sichtlich verwirrt und Harry konnte es ihm nur zu gut nachempfinden.

In den vergangenen Tagen war Harry, genau wie Remus, Sirius und Silver so oft an diesem Bett gesessen und hatte gehofft, dass Andrea endlich aufwachen würde. Man hatte ihn, Harry, darauf vorbereitet, dass Andrea vielleicht anders reagieren würde, als er es von ihr kannte, doch niemals, zu keinem Zeitpunkt, hätte er mit dieser unnatürlichen Ruhe und Emotionslosigkeit gerechnet, die Andrea hier an den Tag legte. Remus durchquerte den Raum und nahm einen Krug mit Wasser von der Kommode unter dem Fenster und Harry konnte beobachten, wie seine Hände zitterten, als er ein Glas füllte und es Andrea ans Bett brachte.

„Danke, sehr freundlich!", sagte sie formal und nahm es entgegen.

Für einen kurzen Augenblick zögerte sie, ehe sie das Glas vorsichtig an die Lippen setzte und trank. Einige Sekunden sagte niemand etwas, bis Sirius sich schließlich räusperte und so Andreas Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Remus hat dich vorhin gefragt, wie es dir geht und auch mich würde es interessieren."

Mit einem eher gezwungenen Lächeln stellte Andrea das Glas auf dem Nachttisch ab und hob die Schultern. „Es geht mir gut!"

„Den Eindruck machst du auf mich ganz und gar nicht", widersprach ihr Sirius stirnrunzelnd und sprach damit genau das aus, was auch Harry dachte.

Andrea sah blass und müde aus, hatte dunkle Ringe unter den Augen; ihre Bewegungen wirkten kantig, als müsse sie sich darauf konzentrieren und das Trinken des Wassers schien sie zusätzlich erschöpft zu haben.

„Da sieht man mal wieder, wie sehr der äußere Eindruck täuschen kann", antwortete sie leichthin, während sie scheinbar interessiert die Lampe auf ihrem Nachttisch betrachtete.

„Deine Show ist nicht sehr überzeugend, zumindest nicht für Freunde die dich kennen", sagte Silver, der sich bisher, genau wie Harry, nur auf das Beobachten beschränkt hatte.

Andrea tat seine Worte mit einem lässigen Achselzucken ab, doch so einfach gab Silver nicht auf. Er schüttelte unwillig den Kopf, ehe er sich zu Andrea aufs Bett setzte, seine Hand an ihre Wange legte und sie so zwang ihn anzusehen. „Hier sind Freunde, die sich um dich sorgen", sagte Silver beschwörend. „Keine Illusion, kein Vielsaft-Trank und auch kein Zauber, der dir hier vertraute Personen vortäuscht. Wir sind es wirklich."

„Das habe ich auch nicht angezweifelt, aber eure Sorgen sind überflüssig… es geht mir prima!", entgegnete Andrea und wandte den Kopf, um erneut den Lampenschirm zu betrachten. Harry entging jedoch nicht, dass ihre Augen einen merkwürdig trüben Ausdruck bekamen und für einen Moment dachte und hoffte er, sie würde zu weinen beginnen, um somit wenigstens eine nachvollziehbare Reaktion zu zeigen.

Durch die geschlossene Tür des Krankenzimmers erklangen plötzlich Schritte und Sirius verwandelte sich im selben Augenblick in seine Animagusform. Andrea zuckte deutlich zusammen, doch gleichzeitig kam nun auch Bewegung in ihr bisher ausdrucksloses Gesicht.

„Das werden Madam Pomfrey und Professor Dumbledore sein", erklärte Silver und legte beruhigend seine Hand auf ihren Arm. „Madam Pomfrey weiß nichts von Sirius Animagusform und solange sie nicht von seiner Unschuld überzeugt ist, sollten wir ihr auch nicht verraten, wer sich hinter diesem großen schwarzen Hund verbirgt."

Andrea widersprach ihm nicht, stimmte jedoch auch nicht zu. Mit einem starren Gesichtsausdruck blickte sie auf die Tür, als erwarte sie einen ganz gewöhnlichen Besucher.

Fortsetzung folgt………

Review-Antworten: Vielen, vielen Dank für euere lieben Reviews und hier kommen auch gleich die Antworten dazu:

Torence: Oh, meine liebe torence, wie konnte ich dich nur vergessen? „Asche auf mein Haupt" erstmal vielen Dank für Kaffee und Kekse die ich natürlich gern annehme! Und ja, mit deiner Vermutung hattest du Recht! J

Andrea Lupin: Und deine Hoffnug hat sich erfüllt, sie ist aufgewacht!

Tammo: Oh bitte, gern geschehen! „gggg Freut mich, dass sich meine FF so begeistert.

Anne: Oh weh, in Depri-Stimmung wollte ich dich ganz sicher nicht versetzen. „seufz" Hm…was soll ich jetzt schreiben, das neue Kapitel ist ja noch trauriger.

Fluffy Bond: Ach doch, auch nach 84 geschriebenen Kapitel kann ich diesen Satz noch immer hören bzw. lesen! Schließlich sagt er ja nichts anderes, als dass euch meine Story gefällt! Und ja, Harry befindet bzw. nach diesem Kapitel befand sich in Andreas Gedankenwelt. Hey, ich konnte dir mal ne Frage klar beantworten! „gggg"

michi-skyNein, mit deiner Interpretation liegst du völlig richtig. Hm…ein Kapitel in dem es ausschließlich um die Gefühle zwischen Harry und Hermine geht, wird es wohl nicht geben, was jetzt aber nicht heißt, dass dies in den nächsten Kapitel nicht vorkommt.

Lord Slytherin: Nun, Ron und Hermine kennen Harry sicher gut, doch das heißt nicht, dass sie deshalb immer seine Problematik erkennen und verstehen können. Ich habe diesen Teil bewusst so geschrieben, weil ich denke, dass dies gut das emotionale Erleben von 16jährigen ausdrückt. Bei allem Verständnis für Harrys Situation, sind sie doch noch Jugendliche und können nicht über ihren eigenen Schatten springen; auch Ron und Hermine haben Gefühle, die verletzt werden können. Und was meinen Beruf angeht…NEIN, um Himmels Willen, ich bin keine Hausmeisterin, welche kleine Kinder quält. Ich arbeite in einer hortähnlichen Einrichtung für die ersten beiden Jahrgangstufen.

Ardsmair Ja, irgendwann…werden die Fragen beantwortet ! „grins" Einige davon sind es ja schon in diesem Kapitel.

padfoot13: Oh vielen Dank! Und ja, ich schreib ganz schnell weiter.

Arnold Friedlich: Schön, wenn ich dich ein bisschen unter Spannung halten kann!

sunnymaus2180: Ja, Wunder gibt es immer wieder! Die Regierungshauptstadt kenne ich. ;-)

mayaJa ja, immer diese Jungs!

Tommy:Schön, dass du die Enden meiner Kapitel liebst! Das tu ich auch! „gggg"

Eva Luna: Vielen Dank für dein großes Lob! Deine ausführliche Review hat mich wirklich gefreut! Tja und was die Cliffhanger angeht – irgendwie gelingt es mir nicht ein Kapitel zu beenden, ohne dass ich neugierige Leser zurück lass. Hm…und irgendwie fände ich es auch schade, wenn ihr nicht neugierig auf das neue Kapitel wartet würdet.

Insa Black: Oh oh…da hab ich doch wirklich vergessen, dass es da noch eine Seite gibt, wo meine FF steht und auf einen update wartet. Tja…was sag ich nun zu meiner Entschuldigung? Hm? Nun inzwischen hab ich vier weitere Kapitel hochgeladen und die restlichen kommen auch noch. Versprochen! „Asche auf mein Haupt" Freue mich aber, dass dir meine FF gefällt und du hier eine Review geschrieben hast! Und ja, ich freu mich auch über weitere Reviews von dir! ;-)

X-RayDas mit dem zu schnell updaten, wird sich für die nächsten Wochen eh erledigt haben, ab Montag muss ich wieder arbeiten. „seufz" Denke also, du wirst zukünftig wieder nachkommen! „sfg"

Kaori: Vielen Dank! Hoffe du hattest einen schönen Urlaub! Habe gerade noch vor dem Hochladen des neuen Kapitels deine Review bekommen. ;-)

So nun hoffe ich, dass ich diesmal auch wirklich jede Review beantwortet habe und entschuldige mich noch mal bei der lieben torence. Soll nicht wieder vorkommen!

Viele liebe Grüße von euerem Sternchen!