56.

Silver blickte ihn einige Sekunden prüfend an, ehe er tief seufzte und nickte.

„Gut, beginnen wir mit dem Buch, welches dir Andrea geschenkt hat. Du hast es nicht zufällig dabei?"

„Doch, ich dachte mir, dass Sie es vielleicht sehen möchten", nickte Harry und zog das Buch aus seiner Tasche, um es Silver zu geben. „Es ist ein Muggelbuch, in dem es um die nordische Mythologie geht."

Silver nahm es dankend entgegen und blätterte es interessiert durch, bis er zur Widmung zurückkehrte und diese mit der Spitze seines Zauberstabs antippte. Nichts geschah, doch Silver schien es auch nicht erwartet zu haben; er nickte bedächtig.

„Nun, das wäre dann vielleicht doch etwas zu viel Magie gewesen", lächelte er einen kurzen Augenblick, während sich seine Augen nachdenklich auf Andreas Schriftzug hafteten.

Für Harry hatte dieses bunt illustrierte Buch nicht die Spur von Magie an sich; dennoch wartete er gespannt auf eine weitere Erklärung, die jedoch auf sich warten ließ. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Silver das Buch, während zu erkennen war, dass es hinter seiner Stirn arbeitete.

„Wie du sicher weißt, ist dieses Buch, das erste Lebenszeichen von ihr, seit sie Hogwarts verlassen hat", begann er nach einiger Zeit erneut und reichte das Buch Harry zurück. „Niemand hat bisher erfahren, wohin sie von hieraus gegangen ist, oder…was sie vorhat."

Harry nickte, während Silver sich unschlüssig über das Kinn rieb.

„Es ist noch nicht einmal bekannt, wie sie es geschafft hat unbemerkt die Schlossgründe zu verlassen", fuhr Silver fort. „Du musst wissen, dass Auroren des Zaubereiministeriums alle Wege nach Hogwarts und auch nach Hogsmeade überwachen. Selbst Sirius in seiner Animagusgestalt hatte beträchtliche Schwierigkeiten ungesehen an ihnen vorbei zu kommen. Andrea jedoch, die weder apparieren, noch einen Besen fliegen kann, verschwand spurlos und das, obwohl sie mir ihren Portschlüssel gegeben hat, der die einzige Möglichkeit zum Verschwinden darstellte."

„Sie denken jemand hat ihr geholfen?", fragte Harry nervös.

„Interessante Frage, auf die ich leider keine schlüssige Antwort habe, nur eine Vermutung", seufzte Silver. „Und damit kommen wir zu einem Kernproblem."

Silver machte eine Pause um einen Schluck aus seiner Teetasse zunehmen, ehe er grübelnd weiter sprach. „Andreas Sicherheit ist in einem hohen Maße von dem abhängig, dass niemand ihren Aufenthaltsort kennt."

„Aber Sie haben eine Vermutung wo sie sich aufhalten könnte?", unterbrach Harry Silvers Ausführungen ungeduldig.

„Ja, die habe ich allerdings", nickte Silver langsam.

„Denken Sie, Andrea ist wieder im Haus ihrer Urgroßeltern?"

„Ich befinde mich hier etwas in einem Dilemma", seufzte Silver, ohne auf Harrys Frage einzugehen. „Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass wenn wir, die Andrea besser kennen, nicht wissen wo sie sich befindet, es Voldemorts Leute noch schwerer haben werden sie zu finden. Es wäre also unter Umständen sinnvoll nicht weiter nach Andreas Aufenthaltsort zu forschen. Andererseits…. Und hier hat das Ganze seinen Haken, befürchte ich, dass Andrea vor hat, etwas sehr Törichtes zu tun."

„Andrea wird Voldemort niemals in dieses Haus hineinlassen!", warf Harry heftig ein.

„Nein, das denke ich auch nicht", sagte Silver mit einem traurigen Lächeln. „Ich vermute eher, dass sie etwas weit Gefährlicheres plant."

„Gefährlicher als Voldemort in dieses Haus zu lassen?", fragte Harry ungläubig.

„Allerdings!", nickte Silver. „ Du erinnerst dich sicher an den Spiegelsaal in Andreas Haus. Nun….ich bin schon vor längerer Zeit über ein sehr interessantes Buch gestolpert, in dem, wenn auch nur in Andeutungen, beschrieben wird, für was dieser Raum geschaffen wurde. In diesem Saal ist das gesamte Wissen der vergangenen Generationen gespeichert, um es an die Nachfahren weiter zu geben.

Ich habe nachgeforscht und herausgefunden, dass ab dem 14ten Jahrhundert keiner von Andreas Vorfahren je eine Zauberschule oder Ähnliches besucht hat. Das bedeutet, dass dieser Spiegelsaal offensichtlich in früheren Jahren die Funktion hatte, die Kinder und Heranwachsenden zu schulen und sie entwickelten sich alle zu stolzen, manchmal zur Hochmut neigenden Hexen und Zauberern, denen ein hohes Maß an magischem Potential nachgesagt wurde."

„Dann ist dieser Raum so was wie Bibliothek, Schule und Trainingsraum in einem?"

„Vermutlich", stimmte ihn Silver zu. „Vielleicht sind die Tore, die du dort gesehen hast, so etwas wie Klassenräume, wer weiß."

„Wow!", stieß Harry beeindruckt aus.

„Sicherlich eine bemerkenswerte Leistung, doch lass mich weiter erzählen. Irgendwann im Laufe der Familiengeschichte muss ein Punkt gekommen sein, an dem die normale, gewöhnliche Magie ihren Reiz verlor und man häufte zusätzlich Wissen über die dunkle Magie an. Alexander Samuel Hussel erkannte schließlich, dass sich seine Familie mit dieser Form der Magie mehr Schaden zufügte, als es ihnen nützlich war und versuchte demzufolge Schritte zu einem Kurswechsel im Denken seiner Familie einzuleiten…mit wenig Erfolg. Alexander Samuel Hussel wurde ermordet, wie viele in seiner Familie vor ihm, doch dies nur als Ergänzung." Silver holte die Luft und seufzte schwer. „Die weitere Geschichte kennst du, ich muss sie nicht wiederholen?"

Harry nickte, nicht sicher worauf Silver hier hinaus wollte. „Aber Andrea besitzt doch nur geringe Magie, die sie…"

„Oh, täusche dich da nicht, Harry!", unterbrach ihn Silver und schüttelte den Kopf. „Andrea besaß bereits magisches Potential, als sie noch unter dem Einfluss des Wächters stand. Erinnerst du dich noch, dass sie von Hagrids Hütte aus Hogwarts sehen konnte?" Harry nickte erneut. „Nun nachdem dieser Bann aufgehoben wurde, kehrt auch der Teil, der bisher durch den Wächter gefesselt war, zu ihr zurück."

„Moment mal!", unterbrach ihn Harry aufgeregt. „Ich erinnere mich, als die Bastet zerfiel, da kam etwas heraus, das aussah wie ein kleiner Vogel…"

„Ich habe es selbst nicht gesehen, doch nachdem was mir Sirius und Remus beschrieben, denke ich, dass es die gefesselte Magie war, die in diesem Augenblick ihre Freiheit wiedererlangte."

„Heißt das, Andrea wird irgendwann eine vollwertige Hexe werden?"

„Diese Möglichkeit besteht", antwortete Silver zögernd.

„Ist es das, was Ihnen Sorgen bereitet, dass Andrea eine Hexe wird?", fragte Harry stirnrunzelnd. „Glauben Sie, Andrea würde den Spiegelsaal benutzen, um ihre magischen Fähigkeiten zu entwickeln und…dabei dunkle Magie erlernen?"

„Nein, nicht ganz", widersprach ihm Silver. „Es ist eher so, dass ich befürchte, sie wird ihre Magie zu einem ganz bestimmten Zweck einsetzen."

Silver nahm das oberste Buch von dem Stapel, der sich auf seinem Schreibtisch türmte. „Madam Prince hat mir vor Weihnachten erzählt, dass Andrea sich Bücher ausgeliehen und diese nicht zurückgebracht hätte. Ich ging darauf in den Krankenflügel um die Bücher zu holen und… nun sieh selbst."

„Zeitumkehrer?", stieß Harry verblüfft aus, als er den Buchtitel las. „Sie denke Andrea will einen Zeitumkehrer benutzen?"

„Wäre nahe liegend", seufzte Silver schwer und nahm das zweite Buch zur Hand. „Vor allem wenn es sich bei den anderen beiden Büchern um dasselbe Thema handelt. Allerdings könnte ich mit meiner Vermutung auch gänzlich daneben liegen."

Um Harrys Brust schien sich plötzlich ein stählernes Band zu legen, welches ihn am Atmen hinderte. „Aber das wäre…das wäre…" Harry verstummte, während ihm bewusst wurde, was Silver mit Torheit gemeint hatte.

„Andrea hat sehr viel verloren und ich könnte mir vorstellen, dass sie zu dem Entschluss kam in die Vergangenheit zu reisen, um dort einige Ereignisse zu verhindern", sagte Silver leise. „Allerdings bezweifle ich, dass sie wirklich ahnt, welche Konsequenzen eine Manipulation der Vergangenheit haben könnte."

„Wir müssen das verhindern!", sagte Harry mit bebender Stimme.

„Die Frage ist, ob dem wirklich so ist und wenn ja, ob wir es dann verhindern könnten", erklärte Silver, während sich auf seiner Stirn eine steile Falte gebildet hatte.

„Was sagt Professor Dumbledore dazu?"

„Nun…" Silver stieß hörbar die Luft aus. „Nun… ich habe mit ihm nicht darüber gesprochen."

„Warum nicht?", platze es fassungslos aus Harry hervor. „Ich meine, er ist …"

„…der Schuleiter und derzeit mein direkter Vorgesetzter, ich weiß", seufzte Silver schwer, während er sich im Stuhl zurücklehnte und seine Stirn massierte. „Und damit wären wir bei dem nächsten, nicht weniger heiklen Punkt. Verstehe mich nun bitte nicht falsch, Harry. Albus Dumbledore besitzt meine größte Hochachtung, er ist ein Zauberer wie ihn die Welt selten gesehen hat und wie es auch in Zukunft sehr wenige geben wird." Silver machte eine Pause um sich erneut Tee einzugießen und so, wie Harry vermutete, seine nächsten Worte sorgfältig wählen zu können. „Trotz alledem ist er ein Mensch und diese neigen dazu, auch bei noch so viel Kompetenz und Weisheit, Fehler zu machen."

„Es geht um sein Vertrauen zu Snape", sagte Harry einer plötzlichen Eingebung folgend.

Silver hob überrascht den Kopf und einige Sekunden sahen sie einander nur in die Augen. Es war offensichtlich, dass Silver diesen Gedankengang Harrys nicht erwartet hatte, nun jedoch an einem Punkt war, an dem er es auch schlecht verneinen konnte.

„Es steht mir nicht zu Professor Dumbledore Vorschriften zu machen, wem er vertraut und mit wem er welche Geheimnisse teilt", erwiderte Silver leise ohne direkt auf Harrys Worte einzugehen.

Für eine ganze Weile schwiegen sie beide, bis Harry sich schließlich zu der Frage durchrang, die sogar seine Sorge um Andrea in den Hintergrund drängte. „Weshalb misstrauen Sie Snape; ich meine, jedem hier scheint es zu genügen, dass Professor Dumbledore ihm vertraut, warum Ihnen nicht?"

„Ich weiß nicht. Vielleicht weil ich zu den Menschen gehöre, die extrem misstrauisch sind, oder auch nur aus einer Kette von Ereignissen die mich an seiner Loyalität zweifeln lassen", sagte Silver langsam und nachdenklich. „Schon zu Anfang wunderte ich mich, weshalb ein Mensch, dessen Denken so sehr vom Hass bestimmt ist, der Muggel verachtet und dem es offensichtlich ein Gräuel ist, mit einigen der Ordensmitglieder an einem Tisch zu sitzen und sich dem Phönixorden angeschlossen hat. Ich begann ihn zu beobachten. Doch erst als nach Remus Befreiung klar wurde, dass wir einen Verräter im Orden haben…"

„Was war da?", unterbrach ihn Harry.

„Jemand hat Tonks mit einem Imperiusfluch belegt, sodass sie Remus in diesen Park bestellte", antwortete Silver und zog eine Augenbraue nach oben. „Wusstest du das nicht?"

„Nein, mir wird hier sehr wenig bis gar nichts erzählt", entgegnete Harry brummig und Zorn flammte in ihm auf.

Silver nickte verstehend und einen kurzen Augenblick schien es so, als wollte er etwas dazu sagen, doch nach einem Moment des Zögerns nahm er den unterbrochenen Faden wieder auf. „Nun…wir konnten nie feststellen, wer diesen Fluch gesprochen hat, doch es war sehr nahe liegend, dass dies jemand aus dem Orden tat. Es war eine ganze Reihe an Nebensächlichkeiten, die schließlich meinen Verdacht erhärteten, dass Severus Snape nicht auf unserer Seite kämpfte. Den Ausschlag gab jedoch sein seltsames Interesse an allem was mit Andrea zu tun hat. Für jemanden, der ihr mit offenkundiger Verachtung begegnete, interessierte er sich erstaunlich viel für alles was mit ihrer Person zusammenhing."

„Sie denken, er sammelt für Voldemort Informationen?"

„Ja, das befürchte ich und aus diesem Grund ist es mir auch so wichtig, dass er nichts über Andreas Verbleib erfährt oder über die Fortschritte, die du in Occlumency machst."

„Und über meine beginnende Fähigkeit in den Geist eines anderen Menschen einzudringen", nickte Harry, dem plötzlich einige Zusammenhänge klarer wurden.

„Auch das", stimmte Silver ihm zu. „Bisher fehlen mir stichhaltige Beweise, doch es spricht zuviel gegen ihn, als dass ich es ignorieren könnte. Sollte er für Voldemort arbeiten, riskieren wir Andreas Sicherheit wenn er Einzelheiten erfährt, die eventuell Aufschluss darüber geben, wo sie ist, oder was sie genau vorhat."

„Ich habe Snape nie vertraut", schnaubte Harry. „Er ist mir seit meinem ersten Tag in Hogwarts mit Hass begegnet und ich vergesse auch nicht, dass er damals alles daran setzte, dass Sirius den Kuss der Dementoren bekam. Er hat ihn im Grimmauld Place provoziert, damit Sirius die Sicherheit des Hauses aufgab und ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass er an meinem Unfall in Zaubertränke nicht ganz unbeteiligt war. Ist schon sehr komisch, dass vor seiner Nase meine und Hermines Büchertasche durchwühlt und das Herzstück gestohlen wird, ohne dass er etwas davon mitbekommt."

„Nun das sind Spekulationen, doch Tatsache ist, es war Snape, der mit Nachdruck darauf bestand, dass man dir das Tragen des Herzstücks während deiner Unterrichtszeit verbot und dies letztendlich den Diebstahl erst ermöglichte."

„Und was machen wir jetzt?", fragte Harry aufgebracht. „Ich meine, wir können doch nicht einfach so tun, als sei alles in bester Ordnung."

„Oh doch, genau das können und werden wir tun", widersprach ihm Silver fest. „Irren wir uns… lass mich bitte ausreden, Harry!" Harry hatte bereits den Mund geöffnet, schluckte jedoch einen bissigen Kommentar hinunter. „Irren wir uns, dann schaden wir damit niemanden, doch wenn es wahr ist und Snape in Wirklichkeit für Voldemort arbeitet, nehmen wir uns die Chance das zu beweisen, wenn wir ihn mit offenem Misstrauen begegnen. Daher ist es extrem wichtig, dass du dein Verhalten ihm gegenüber nicht änderst und dir nichts anmerken lässt. Hast du das verstanden?"

„Ja", seufzte Harry mit säuerlicher Miene. „Daher auch der Test, ob ich mich im Notfall gegen einen Angriff von ihm wehren könnte."

„Nein, dies allein war nicht der Grund, sonst hätte ich meinen Verdacht, dass wir es hier möglicherweise mit einem Verräter zu tun haben, einfach für mich behalten", sagte Silver und schüttelte den Kopf. „Ich muss gestehen, ich habe sehr lange gegrübelt, ob ich dir überhaupt davon erzähle, bin jedoch letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass ich von dir kein Stillschweigen erbitten kann, wenn ich hier nicht mit offenen Karten spiele. Der eigentliche Grund aber, warum ich dir überhaupt von alledem erzähle, ist: ich möchte, dass du Kontakt mit Andrea aufnimmst."

„Wie? Ich meine…niemand weiß hundertprozentig wo sie ist, noch wie man sie erreicht."

„Nun, wenn meine Vermutung stimmt, dann bist du der Einzige, der dies bewerkstelligen kann", sagte Silver mit einem matten Lächeln. „Andrea hat dich mit der Weitergabe des Herzstücks zu ihrem Erben gemacht und demzufolge ist es nun auch dein Haus."

„Sie meinen, ich solle zu diesem Haus gehen und einfach mal an die Tür klopfen?", sagte Harry unsicher.

„Nein, ich denke nicht, dass wir sie überfallen sollten. Mir schwebt daher die Benutzung des Flohnetzwerks vor. Ich habe vor einigen Tagen versucht so Kontakt zu Andrea zu bekommen, doch das casa de anhelo verweigert mir diese Kommunikationsmöglichkeit."

„Na ja, einen Versuch ist es wert", stimmte ihn Harry zu, auch wenn er Zweifel hatte, dass es wirklich so einfach wäre. „Doch was soll ich ihr sagen?"

„Hier würde ich vorschlagen, höre auf dein Herz. Wenn du möchtest erzähl ihr von meinem Verdacht mit dem Zeitumkehrer, oder…nun ich denke, du wirst die passenden Worte finden, wenn es soweit ist."

Harry gab ein leises Stöhnen von sich und verdrehte die Augen. „Ich bin nicht wirklich gut darin, die passenden Worte zu finden."

„Lass dich von deinem Herz leiten und du findest sie", lächelte Silver.

„Na schön", brummte Harry resignierend. „Wann soll ich es versuchen?"

„Ich würde sagen, jetzt gleich!"

Harry seufzte schwer; er hatte das erwartet, doch gleichzeitig fühlte er sich nicht im Geringsten auf so ein Gespräch vorbereitet. Silver war um den Schreibtisch herum auf den Kamin zugetreten und nahm eine Prise aus der Porzellandose, die auf dem Sims stand. Während er mit der einen Hand Flohpulver in die Flammen warf, richtete er mit der anderen Hand seinen Zauberstab auf das Feuer und eine Sekunde später wurde Harry von einer grellen Stichflamme geblendet.

„Was war das?", stieß er erschrocken aus und trat unweigerlich einen Schritt zurück.

„Nur eine Vorsichtsmaßnahme, dass niemand deine Unterhaltung belauschen kann", zwinkert Silver. „So bedien dich!"

Silver deutete auf die Porzellandose und trat zurück, damit Harry Platz vor dem Kamin hatte. Mit einem leichten Räuspern, nahm Harry das Flohpulver zwischen die Finger und kniete sich vor den Kamin. Einen kurzen Moment zögerte er, doch dann warf er es mit einem leichten Seufzen in die Flammen.

Sie leuchtete smaragdgrün auf und mit einem kurzen Blick zurück zu Silver sagte Harry klar und deutlich: „Casa de anhelo", ehe er seinen Kopf hinein steckte.

Mit einer Übelkeit erregenden Geschwindigkeit wirbelte sein Kopf durch den Kamin und Harry fragte sie schon, in welchem Kamin des Hauses er landen würde, als er nach einigen Momenten mit etwas Hartem zusammenstieß. Mit einem gewaltigen Ruck wurde er zurückgeschleudert und schlug unsanft mit dem Rück auf dem Boden vor Silvers Kamin auf.

„Autsch!", stieß Harry ärgerlich aus und rieb sich den Kopf, doch noch ehe er mehr sagen oder erklären konnte, erschien der hutzelige Kopf eines Hauselfen in den Flammen.

„Caspar!", stießen Silver und Harry gleichzeitig aus.

„Harry Potter, Clark Silver", sagte der Hauself überrascht, während seine langen Ohren aufgeregt flatterten.

„Ich wollte mit Andrea sprechen", erklärte Harry, während er sich aufrappelte und vor den Kamin kniete in dem nun Caspars Kopf schwebte.

„Das wird nicht möglich sein", wehrte der kleine Elf ab. „Miss wollen keine Störung, Miss brauchen Ruhe!"

„Also ist sie im Haus", bohrte Harry nach.

Caspar schien zu überlegen, was er hierauf antworten durfte, doch Silver kam ihn zu Hilfe.

„Wir müssen nicht wissen, wo Andrea ist, wir möchten nur sichergehen, dass es ihr gut geht."

„Miss geht es nicht gut, sie redet nicht und läuft manchmal die ganze Nacht umher", sagte der Hauself und augenblicklich sanken seine großen Fledermausohren traurig an den Seiten seines Kopfes herab. „Miss isst zuwenig und rührt nicht mal die heiße Schokolade an, die Caspar jeden Abend an ihr Bett stellt."

In seinen tellergroßen Augen schwammen Tränen und Harry wünschte sich sehnlichst, etwas Aufmunterndes sagen zu können, doch ihm fehlten die Worte.

„Caspar, befindet sich in eurem Haus ein Zeitumkehrer", fragte Silver nach einer kurzen Pause langsam. „Du weißt, etwas das aussieht wie ein Stundenglas."

„Caspar weiß was ein Zeitumkehrer ist", nickte der alte Hauself zögernd und es war ihm anzusehen, dass er den Hintergrund dieser Frage nicht deuten konnte. „Aber Caspar bezweifelt, dass sich einer im Haus befindet. Großes Unglück ist mit einem Zeitumkehrer geschehen und seither hat Caspar keinen mehr gesehen."

„Demnach hat Andrea dich nicht nach einem Zeitumkehrer gefragt", sagte Harry erleichtert.

„Nein Miss redet nicht viel, Miss immer noch sehr traurig", seufzte Caspar.

„Das kann ich mir vorstellen", nickte Harry niedergeschlagen.

„Caspar muss gehen!" und ehe Harry richtig begriff, war der Kopf des Hauselfen mit einem leisen Plopp verschwunden.

Harry starrte einige Sekunden unbeweglich in die Flammen, ehe ihn Silvers Stimme aus der Trance riss.

„Nun zumindest wissen wir jetzt, dass Andrea in Sicherheit ist und… offensichtlich doch nicht vorhat den Zeitumkehrer zu benutzen."

„Aber es geht ihr auch nicht gut", sagte Harry matt, während er sich schwerfällig aufrichtete und auf seinen Platz zurückkehrte.

„Nein, doch das habe ich ehrlich gesagt auch nicht erwartet", seufzte Silver und fuhr sich müde über das Gesicht.

„Und was machen wir jetzt?"

Für einige Minuten blickte Silver gedankenversunken ins Leere, ehe er den Kopf hob und tief Luft holte. „Ich würde sagen, abwarten! Mehr können wir derzeit nicht tun."

Harry antwortete ihm nicht, doch in seinem Kopf wiederholten sich immer wieder die Worte des Hauselfen, bis er die Stille nicht mehr aushielt und Silver direkt ansah.

„Es hörte sich an, als würde Andrea den ganzen Tag nur grübeln."

„Ja, so hörte es sich an und so wird es wohl auch sein", nickte Silver nachdenklich.

„Sie denken noch immer, dass sie etwas vorhat?", sagte Harry nach einer kurzen Pause.

„Ja, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, was das sein könnte", erwiderte Silver und kniff die Lippen zusammen. „Dieses ruhelose Umherwandern, was Caspar beschrieben hat, sagt mir, dass Andrea stark mit etwas beschäftigt ist, wofür sie noch keine Lösung gefunden hat."

„Dann können wir nur hoffen, dass Andrea nicht so schnell eine Lösung findet", brummte Harry verdrießlich.

„Du weißt nicht was sie vorhat, wie willst du da beurteilen, dass es vorteilhafter wäre, sie würde keine Lösung finden?", warf Silver mit einem halbherzigen Lächeln ein.

Harry nickte ergeben, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, dass er von irgendeiner Aktion, die Andrea plante, begeistert sein würde.

„Wir können nur abwarten und weiterhin das Tal beobachten, in dem sich Andreas Haus befindet", sagte Silver mit einem Achselzucken. „Sobald dort etwas geschieht oder sie das Grundstück verlässt, werden wir es erfahren."

„Wie? Ich meine, es ist ziemlich müßig sich tagelang am Waldrand oder sonst wo rum zu treiben und auf einen Fleck schneebedeckte Wiese zu starren, wo ein Haus steht, das niemand sehen kann."

„Nun wir haben eine weit effektivere Beobachtungsmöglichkeit und die hat uns Voldemort persönlich in die Hände gespielt", schmunzelte Silver. „Möchtest du, dass ich sie dir zeige?"

„Ähm…ja", nickte Harry überrascht und richtete sich kerzengerade auf.

„Nun, dann würde ich sagen, wir machen einen kleinen Spaziergang in die Küche und lassen uns von den Hauselfen ein Stück frischgebackenen Kuchen geben."

„In die Küche?", fragte Harry ungläubig, doch Silver war schon aufgestanden, hatte den Stillezauber von der Tür entfernt und deutete Harry mit einer einladenden Geste an ihm zu folgen.

Nicht sicher, ob Silver ihn nun auf den Arm nehmen wollte, was Harry gleichzeitig für sehr unwahrscheinlich hielt, ging er schweigend neben Silver die Treppen nach unten, bis sie schließlich die Küche erreichten.

Dobby war völlig aus dem Häuschen, als er Harry erblickte und Silver ihm erklärte, dass sie hier gern ein Stück Kuchen essen würden. Mit wehenden Ohren sauste er durch die Küche und wenig später saßen sie genau an jenem Tisch, an dem Harry vor einigen Wochen mit Dumbledore gesessen hatte.

„Nun wie du siehst, ist hier immer etwas los", flüsterte Silver während er lächelnd die Hauselfen beobachtete, die mit Eifer durch die geräumige Küche eilten.

„Hm", brummte Harry, während er sich ratlos umsah.

„Wenn du nun den Blick mal auf die Wand hinter dir richtest, wirst du feststellen, dass hier ein interessantes Bild hängt", sagte Silver mit einem Zwinkern und nahm einen großen Schluck Tee.

Harry drehte sich um und starrte einige Sekunden verwirrt auf das Landschaftsgemälde hinter ihm. Es zeigte ein schmales Tal, durch dessen schneebedeckte Wiesen sich ein kleiner Bach schlängelte und welches zu beiden Seiten von Wald eingesäumt war. Es war ein magisches Bild, den Harry konnte erkennen, dass sich die Baumwipfel leicht im Wind bewegten.

„Erinnerst du dich an die Gemälde welche wir in der alten Klosterruine entdeckt haben?", fragte Silver, während sein Blick auf einem Punkt in der Mitte des Gemäldes ruhte.

„Ja, dunkel. Sie zeigten die Kellergänge von Voldemorts Versteck und waren wohl so was wie eine…" Harry stockte, als ihn die plötzliche Erkenntnis traf. „Das ist das Tal in dem Andreas Haus steht!", sagte er atemlos während er gleichzeitig nach Anzeichen für ein Haus suchte, doch davon war nicht das Geringste zu erkennen.

„Richtig!", nickte Silver, während er genüsslich seinen Kuchen verspeiste. „Wir fanden es unter den anderen Bildern, die Voldemort zum Zweck der Überwachung erschaffen ließ."

„Aber warum hängt es hier in der Küche?", stieß Harry entgeistert aus.

„Die Antwort hast du vorhin selbst gegeben", schmunzelte Silver. „Es wäre tatsächlich sehr müßig wenn jemand in der Kälte sitzen müsste, um ein Haus zu beobachten, dass er gar nicht sieht. Als Moody und Tonks dieses Gemälde nach Hogwarts brachten, hatte Dumbledore die glänzende Idee es hier in die Küche zu hängen."

„Ich verstehe!", grinste Harry. „Hier ist immer jemand der einen Blick auf das Bild werfen und gegebenenfalls sofort Meldung machen kann."

„Genau aus diesem Grund beauftragte er die Hauselfen damit", nickte Silver. „Wenn irgendetwas um das Haus herum geschieht, werden wir es sofort erfahren."

„Aber warum kann ich das Haus nicht sehen? Eigentlich müsste es doch für mich sichtbar sein, oder nicht?"

„Über diesem Haus liegt ein mächtiger Schutzzauber und vermutlich würde selbst Andrea hier nichts sehen. Du musst dich in der Nähe befinden, damit jene, das Haus umhüllende Magie, dich erkennt."

Harry nickte nachdenklich, während er sich gleichzeitig an seinen letzten Aufenthalt im casa de anhelo erinnerte.

Fortsetzung folgt…

An: Ohhhhhhhhhh, ihr hab mich ja diesmal mit Review-Antworten verwöhnt! Vielen, vielen Dank! So und nun gleich zu den Antworten darauf

Rudi: Nein, war über die Weihnachtstage in seiner alten Schule

Rapunzelou: Tja, da sieht man mal, wo die moderne Technik überall Einzug gehalten hat. Ich freue mich, dass du auch in einem so abgelegenen Teil des Landes noch die FF verfolgen kannst. Nun ja und was sie Cliffhanger angeht…diesmal war es keiner! Was nun nicht heißt, dass ich euch nicht noch den ein oder anderen vorsetzen werde, bis die FF endgültig abgeschlossen ist ;-)

Jo Lizard: Doch wie du an diesem Kapitel siehst! sfg

DKub: Weißt du nach diesem Kapitel nun ein bisschen mehr? ;-) Zu den Abkürzungen; also sfg – heißt sehr freches Grinsen; Au – bedeutet anderes Universum, also eine FF die nicht mehr mit den vergangenen Ereignissen der Orginalbände übereinstimmt. Im Fall dieser FF wissen wir inzwischen das Harrys 6. Jahr ganz anders abläuft, als ich mir das so hübsch ausgemalt habe. Die Abkürzung OC – hm, bitte jetzt nicht schlagen, wenn ich mich täusche, doch ich denke, das bedeutet, dass sich ein Charakter nicht so verhält, wie wir es aus den Orginalbüchern kennen. Z.B. ein liebenswürdiger, fürsorglicher Snape, ein bösartiger Dumbledore, ein schüchterner Malfoy – denke du weißt was ich damit meine ;-) so und nachdem du mir verraten hast, dass zu dir auch ein kleinen Alexander gehört, grüße ich ihn hiermit mal herzlich! Wenn er groß genug ist, darf er auch mal FF´s lesen… na ja zuvor wahrscheinlich eher die HP-Reihe ;-)

Eva Luna: Das finde ich sehr schon, dass ich dir mit meinem neuen Kapitel den Einstieg in einen neuen Arbeitstag versüßt habe. Nachdem dieses Kapitel wieder in der Nacht ins Netz geht, bestehen gute Chance, dass sich dieses wiederholen kann. ;-)

Jana: Hoppla, hoffe du bist nicht ernsthaft vom Stuhl gefallen! Na ja, der gute Silver ist schon immer wieder für eine Überraschung gut! sfg

Arnold Friedrich: mein lieber Arnie, du hast aber eine Menge Fragen ;-) Oh oh und wo fang ich jetzt an? Hm? Also was den Zeitpunkt des Überfalls angeht, so könnte es auch sein, dass es Zufall war, oder? Was jetzt der Koboldsteinclub macht, ja das fragt Harry sich auch und Andrea…na ich denke, diesbezüglich hast du ja in diesem Kapitel wieder was erfahren. Jaaah, ich weiß, es bleiben immer noch Fragen ;-)

Municat: Ja, und ihr verwöhnt mich mit Review´s, was ich auch sehr schön finde. Weiter möchte ich jetzt nichts zu deiner Review sagen, am Ende verplapper ich mich noch sfg

Adsartha: Nun ich freue mich über jede Review, was aber nicht heißt, dass hier Review-Zwang besteht. Ich denke, jedes Review ist ein kleines Geschenk, das seinen Wert verlieren würde, wenn man es einfordert ;-) Außerdem weiß ich aus eigener Erfahrung, dass man auch nicht immer zu jedem Kapitel was zu schreiben hat und das ist auch ok so!

Der Slytherin Lord: Das mit dem roten Strich im Kalender hat mich echt zum lachen gebracht! Klasse Idee! Tja… Harrys Versprechen…hm… was sag ich nun dazu ohne zuviel zu verraten? Ach, wart´s einfach ab, wie unser lieber Harry damit klar kommt! ;-)

Maya: Meinst du ich sollte langsamer schreiben? kicher Nein, keine Sorge, das werde ich nicht tun! ;-)

michi-sky: Erstmal vielen, vielen Dank für dein großes Lob! Und…ja… dein Wunschdenken…hm, mal gucken, ob du mit meinem letzten Kapitel zufrieden sein wirst – schwer zu sagen! Die Kekse nehm ich aber trotzdem dankend entgegen! sfg

Firiel: Dein Anfall großer Gutmütigkeit beruhigt mein Gewissen! Ich geben dir Recht, es gäbe sicher die ein oder andere Szene die man ausführlicher beschreiben könnte, doch irgendwo muss ich immer mal Abstriche machen, sonst weitet sich diese lange FF zu einer Marathon-FF aus und was vielleicht noch entscheidender ist, ich weiß, dass ich ab Mitte September kaum mehr Zeit zum schreiben haben werde und möchte deshalb die FF vorher abschließen. Nachdem ich den Inhalt der nächsten Kapitel im Kopf habe, weiß ich was ich eueren Nerven antäte, wenn ich euch wochenlang auf eine Fortsetzung warten ließe. Dann eher ein paar Kürzungen! ;-)

Anna-Julia-Shirley: Nun, was silver zu erzählen hatte, hast du in diesem Kapitel erfahren und ja, ich schreibe…weiter, weiter und immer weiter, bis ich beim Ende angekommen bin! ggggggggg

HexeLea: Du machst mich ganz verlegen rotwerd Und nein, wenn alles gut geht, wonach es derzeit auch aussieht, wird es bis zum Ende keine längeren Pausen mehr geben.

Vamp: Ja, ich habe mich schon entschieden! Und nein, es wird leider keine Fortsetzung der Fortsetzung geben. seufz Zu deinem Ordner - 300 Seiten, so viele sind das schon? Hm, hätte ich gar nicht gedacht. Ich freu mich natürlich sehr, dass dir die FF so gut gefällt!

Lady-Claw: Vielen Dank, freut mich, dass sie dir gefällt!

Martina 86: Nun, für den Suchtfaktor übernehme ich keine Verantwortung! sfg Was nicht heißt, dass ich mich sehr darüber freue, dass dich die beiden FF´s so begeistern!

Schokki: Nun, es scheint so, als hätte das stolpern manchmal auch seine Vorteile! ggg und in dem Fall würde ich sagen besser spät als nie! Über dein großes Lob freue ich mich sehr, gerade weil es bei einigen Szenen manchmal sehr schwierig den feinen Grad zu finden, der zwischen Kitsch und Oberflächlichkeit liegt. Tja, Silvers Vergangenheit – ein interessantes Thema, doch ich verspreche dir, du wirst in den nächsten Kapiteln dazu noch ein bisschen was erfahren. Seine Unterrichtsfächer in der alten Schule waren, VgddK, Occlumency und Meditation, das wird aber in der FF nicht weiter von Bedeutung sein, daher werde ich darauf auch nicht näher eingehen. Hm, die weiteren Fragen kann ich dir nicht beantworten, da ich dir und anderen sonst die Spannung rauben würde ;-)

The Snitch Tante Bruder: ggggggggggggg Ja, ja, Ordnung muss sein! Tja was schreib ich euch dreien nun? Hm…na vielleicht einfach das, das neue Kapitel (57) ist schon in Arbeit, wird also auch nicht so lange auf sich warten lassen!

So, das war es für heute! Ihr hatte diesmal ja wirklich jede Menge Fragen und ich hoffe euch zumindest einen kleinen Teil davon beantwortet zu haben. Wie nach jedem Kapitel hoffe ich auch diesmal, dass ich niemanden von euch vergessen habe! Falls doch, war es bestimmt keine Absicht und wird nachgeholt!

Liebe Grüße von eurem Sternchen!