Wizlove
Er konnte sich nicht erklären, was in Merlins Namen er sich dabei gedacht hatte. Allen Ernstens hatte Severus Snape sich bei einer Eheagentur angemeldet. Die Garantie war, dass sie innerhalb von vier Monaten einen geeigneten Partner oder eine geeignete Partnerin finden würden.
Natürlich hatte er zunächst versucht alte Freundinnen zu treffen, aber erfolglos. Wie erwartet waren sie alle längst vergeben oder reinblütig. In einem Akt der Verzweiflung hatte er den Rat einer ehemaligen Geliebten beherzigt und sich bei „Wizlove" gemeldet, ihrer Meinung nach die einzig wirklich annehmbare Eheagentur.
Heute hätte er gleich drei Treffen mit ihm unbekannten Hexen. Die Agentur hatte zwar davon abgeraten drei Dates an einen Tag einzuplanen, aber er hatte nun einmal nur noch den Sonntag übrig, ehe er nach Hogwarts zurückkehren müsste.
Die erste Hexe die sich zu ihm an den Tisch setzte war ausgesprochen groß, dürr, blass und hatte einen grimmigen Blick. Optisch nicht sein Fall, weil sie ihn auf eine obskure Art und Weise an sich selbst erinnerte. Außerdem hasste er das Parfüm, dass sich innerhalb weniger Sekunden im ganzen Raum breitgemacht hatte und ihm das Gefühl gab ersticken zu müssen.
„Ich bin Hilda Vagan.", meinte sie mit einer Stimme die zu ihrer Erscheinung passte und ihr den letzten Funken Lieblichkeit raubte.
„Severus Snape.", meinte er kurz.
„Ich bin eine Muggelgeborene, sie ein Halbblut, wenn ich mich recht entsinne. Ich habe leider keinen Überblick mehr."
Er nickte nur gelangweilt.
„Ich sage es ihnen gleich, ich bin Modedesignerin und Künstlerin. Ich habe keinen Nerv für Kinder. Das heißt ich suche einen familiären Mann."
„Wie wäre es mit einem Kindermädchen.", meinte Snape schnippisch.
„Das kostet."
„Ich könnte es mir durchaus leisten.", meinte er.
„Das wäre doch Verschwendung. Außerdem passt es nicht in das Image für meine Kinderkollektion.", erklärte sie gähnend.
„Sie wären nehme ich an nicht bereit das Jahr über in Hogwarts zu verbringen?", fragte er wohlwissend welche Antwort er bekommen würde.
Die Frau verfiel in schallendes Gelächter.
„Das ist nicht ihr Ernst. Sie sind LEHRER?"
Snape hasste es, wenn jemand sich über ihn lustig machte. In ihm stieg Zorn hoch, mit dieser Frau würde er wohl nicht einmal eine Woche aushalten.
„Das erklärt ihr jämmerliches Aussehen. Das müsste sich natürlich ändern."
„Sie sehen auch nicht gerade...", er fand keine Worte.
„Soll das ein Scherz sein!", meinte sie entrüstet, „Diese Robe ist ein Designerstück."
„Ihre eigene Kollektion.", begann ihn dieses Spiel zu unterhalten, „Nicht gerade berauschend."
„Was erlauben sie sich eigentlich. Das muss ich mir von einem gewöhnlichen, dahergelaufenen LEHRER sagen lassen.", schrie sie hysterisch und sprang auf.
Im selben Moment kam der Kellner.
„Nicht gut gelaufen?", fragte er.
„Blendend, ich habe schon befürchtet ich müsste tatsächlich einer Stunde mit dieser Frau sprechen.", meinte er grinsend.
„Sie haben einen sehr merkwürdigen Sinn für Humor.", murmelte der Kellner fast unhörbar.
„Bringen sie mir einen Drink. Wenn die nächste Frau nur halb so schrecklich ist, werde ich bis dahin eine Menge davon brauchen."
Auf die Minute genau erschien eine mollige, kleingewachsene Hexe in Hausfrauenkluft im Lokal. Sie erinnerte Snape an Großmütter, wie wesen sie aus Bilderbüchern kannte.
„Scarlet Baker.", reichte ihm die Frau ihre dicke Hand mit kleinen Stummelfingern.
„Severus Snape.", meinte er und versuchte zu lächeln ohne sie auszulachen.
„Sie mögen Kinder, Mr Snape?", fragte sie zuerst und orderte dann beim Kellner, der diesmal schnell kam, um doch noch ein Geschäft zu machen, offenbar die halbe Speisekarte an.
„Nicht unbedingt.", meinte er kühl.
„Aber in ihrer Bewerbung stand doch, sie wären Lehrer?", war sie offenbar irritiert.
„Ja, das bin ich.", erklärte er.
„Was unterrichten sie denn?"
„Zaubertränke."
Was nun geschah schockierte Snape zutiefst.
„Ohhh! Zaubertränke, wie wunderbar.", seufzte sie beinahe hysterisch und Snape wurde bewusst wie sehr ihn ihre hohe Stimme auf die Nerven viel, „Als ich ein junges Mädchen war, habe ich heimlich für meinen Zaubertränkelehrer geschwärmt. Horace Slughorn, so ein charmanter Mann. Aber leider hatte ich keine angesehenen Verwandten und keine besonderen Talente. Außer backen und nähen. Ich koche vorzüglich sagen all meine Freundinnen. Und ich stricke gerne."
Die Frau hörte nicht mehr auf ihm von ihrem äußerst langweiligen Alltagsleben zu erzählen.
„Würden sie nach Hogwarts ziehen?", unterbrach er sie plötzlich, ohne ihr wirklich zugehört zu haben.
„Oh ja gerne. Da sind doch all diese lieben Kinder. Das wäre doch eine nette Umgebung für unsere Kinder. Bestimmt wachsen sie dort zu kleinen, schlauen Rackern heran. Natürlich müssten sie ihre Arbeit nicht dafür unterbrechen. Ich wollte immer schon Hausfrau und Mutter werden. Ich wollte immer schon mindestens fünf Kinder. Aber wissen sie sieben ist doch die magische Zahl, und wofür lebt wesen schon, wenn nicht für Kinder. Sie sind doch unsere Zukunft."
Snape bestellte einen Drink, während die Frau sich nicht die Mühe machte das Gespräch zu unterbrechen.
Nach drei Drinks war ihre Stimme noch immer nicht erträglicher und die Geschichten langweilten ihn zutiefst.
„Wie sieht es mit ihrer Bildung aus?", fragte er plötzlich.
„Also ich habe drei ZAGs und meinen Abschluss in Kräuterkunde. Glauben sie ich könnte einen kleinen Garten in Hogwarts haben, ja? Wo ich doch so gerne koche?", redete sie weiter über die Themen die sie offenbar brennend interessierten.
Nach einer weiteren Stunde unterbrach er sie genervt:
„Hören sie: Ich will nicht mehr Kinder als unbedingt notwendig sind, habe kein Interesse an Hausarbeit, Küchensendungen oder Soaps und ziehe akademische Diskussionen vor. Ich bin mir sicher, dass ich sie langweilen würde."
Mit der letzten Bemerkung versuchte er etwas Höflichkeit zu bewahren.
„So sollten Männer doch sein, nicht wahr? Gebildet und verschlossen, und natürlich brauchen sie alle eine Frau die sich um sie kümmert, nicht wahr. Sie müssen doch Essen und jemand muss sich um ihre Alltäglichen Arbeiten kümmern, während sie sich mit der Arbeit beschäftigen.", meinte sie enthusiastisch.
Snape war enttäuscht, dass es nach hinten losgegangen war.
„Ich brauche eine Frau die zumindest einige meiner Interessen teilt!", meinte er und versuchte seine Wut zu zügeln.
„Ich höre gerne zu und gebe gerne Ratschläge.", begann sie und plapperte weiter.
„Und ich brauche meine Ruhe!", erklärte er finster.
„Das wahr jetzt nicht gerade höflich, wissen sie.", entrüstete sie sich.
„Verzeihen sie, aber ich glaube, dass wir einfach ganz andere Ansichten haben. Mein Beruf mag ihnen wohl eine falsche Vorstellung vermittelt haben. Aber bestimmt finden sie einen geeigneten Partner, ja?", meinte er und versuchte sie abzuschütteln.
„Vielleicht überlegen sie es sich ja noch.", meinte sie darauf und die Verabschiedung dauerte weiter zehn Minuten.
Im Anschluss daran genehmigte sich Snape einen weiteren Drink und verfluchte innerlich seine Ex-Geliebte, die ihn diese Agentur vorgeschlagen hatte. Er überlegte ob sie möglicherweise einen Grund gehabt hätte, sich an ihm zu rächen. Vermutlich aber hatte sie es tatsächlich gut gemeint.
Als er auf die Uhr sah, war er schockiert. Er hatte noch zehn Minuten, dann würde sein nächstes Date erscheinen.
Nach einer halben Stunde überlegte er, ob sie überhaupt auftauchen würde und hoffte sie würde es nicht tun. Aber den Gefallen tat ihm Kandidatin Nummer 3 nicht.
Eine sehr junge Hexe, die überflüssigerweise eine Sonnenbrille trug, betrat das Lokal und setzte sich zu ihm.
„Aha, sie sind also dieser Lehrer?", fragte die Frau.
Sie war vielleicht Mitte 20 und war sehr lässig gekleidet. Sie versprühte ihre Coolness in alle Richtungen, so wie Snape das beurteilen konnte. Das erste was sie tat, noch ehe sie ihren Namen genannt hatte, war es sich eine Zigarette anzuzünden.
„Severus Snape.", stellte er sich vor und verzog das Gesicht als ihm eine Rauchwolke entgegenströmte.
„Nichtraucher? Naja macht nichts. Daran gewöhnt wesen sich.", meinte sie und meinte damit bestimmt nicht, dass sie in Erwägung zog das Rauchen aufzugeben.
„Und sie sind?", bestand er darauf, dass sie sich endlich vorstellte.
„Lydia Hall.", meinte sie knapp.
„Falls sie mein Aussehen verändern oder eine ganze Fussballmannschaft Kinder erwarten, würde ich sie gleich bitten, wieder zu gehen.", meinte er.
Sie zog die Augenbrauen hoch.
„Auch schlechte Erfahrungen mit diesem Programm. Naja, macht nichts. Also ich will keine Kinder. Das eine wird sich wohl nicht vermeiden lassen, aber meine Mutter liebt Kinder, die hätte kein Problem es großzuziehen. Vorausgesetzt sie wohnt bei uns.", erklärte sie, „Glauben sie mir, die Vorstellung gefällt mir auch nicht, aber wir müssen wohl alle Opfer bringen, nicht wahr? Und wie sie aussehen ist mir doch egal."
Nach all den Katastrophen, war diese Frau noch eine Wohltat.
„Welche Bedingungen stellen sie sonst?", fragte Snape in geschäftlicher Manier.
„Ich habe kein Interesse, dass jemand mir vorschreibt wie ich zu leben habe. Das ist das eine und das andere: Sex."
„Es ist nur einmal notwendig.", meinte Snape.
„Was?", ging sie beinahe an die Decke.
„Sie glauben doch nicht, dass ich abstinent werde."
„Sie können so viele Affären haben wie sie wollen.", meinte er.
„Ich bitte sie. Wenn ich heirate will ich schon einen Mann haben, der es bringt, verstehen sie. Ich würde vorschlagen wir gehen gleich mal ins Hotel. Also ich will doch nicht die Katze im Sack kaufen. Das ist meine Bedingung. Sex wann immer mir danach beliebt und natürlich funktioniert das nur, wenn sie wirklich gut sind.", belächelte sie ihn.
„Ist das ihr Ernst?", fragte Snape.
„Ja, freuen sie sich. Sie sind ein Mann. Jedem Mann würden bei diesem Angebot das Wasser im Mund zusammen laufen."
„Haben sie so etwas wie eine Bildung?", fragte er.
„Ja, sieben ZAGs und ebenso viele NEWTs (A/N: Ich habe keine Ahnung wie die deutsche Übersetzung dafür ist, sorry).", meinte sie desinteressiert, „Aber ich brauche keinen Mann um zu reden. Dafür habe ich genug Freundinnen. Also wie steht es nun mit dem Hotel?", fragte sie drängend.
„Wären sie bereit nach Hogwarts zu ziehen? Ich verbringe dort das ganze Schuljahr."
„Wie lästig.", murmelte sie, „Bestimmt lässt sich da etwas machen. Wie wäre es mit einem anderen Job."
„Nein."
„Nun ja, wie gesagt, wenn mir nicht langweilig wird."
„Wie oft im Monat brauchen sie Sex?", fragte er direkt.
„IM MONAT?", schrie sie beinahe.
„Gut, dann eben pro Woche.", gab er fast kleinbei.
„WOCHE? Sie meinen wohl, wie oft pro Tag?"
„TAG?", meinte er entrüstet.
„Natürlich habe ich auch noch gewisse Vorlieben. So ein düsterer Geselle wie sie ist doch sicher auch in der Sado-Maso-Szene bekannt, nicht wahr?", wurde sie nun direkter.
„Wissen sie was. Ich glaube, das ist keine gute Idee. Am besten sie suchen sich jemanden der mehr Zeit für solche Dinge hat.", meinte er und diesmal war er es der den Tisch verließ.
„Wie ist es jetzt mit dem Hotel?", fragte sie nur und zündete sich eine weitere Zigarette an, während er an der Bar bezahlte.
„Ich bedauere.", meinte er kurz und nickte zum Abschied.
Er hörte nur noch, wie die Frau sich an den Kellner heranmachte, der offenbar noch nicht vergeben war und weniger Probleme mit den Bedürfnissen dieser Frau hatte.
Snape verbuchte diesen Tag als ein einzige Desaster und tröstete sich damit, dass er seine nächste Verabredung frühestens in einem Monat haben würde. Jetzt wusste er ganz genau, weshalb die Agentur von mehr als einem Date abgeraten hatte. Ein Date hätte er wohl schneller vergessen und als Desaster verbuchen können.
Immerhin hatte er noch einige Zeit und eine Liste mit möglichen Kandidatinnen, die allesamt noch besser wären, als die Frauen die er heute getroffen hatte.
Enttäuscht musste er feststellen, dass Scarlet Baker – die ihn immer noch an eine Großmutter aus klassischen Erzählungen erinnerte – noch immer die geeigneteste Kandidatin wäre. Aber als er an eine Quidditch-Mannschaft Kinder dachte, beschloss er keine der Frauen auf seine Liste zu setzen und vielleicht nächstes Mal lieber auf eigene Faust auszugehen. Nach Möglichkeit in keines der neuen Lokale, die speziell wegen des neuen Gesetzesbeschlusses eröffnet hatten.
