Dank an meine Beta Mariacharly, fürs Durchkämpfen trotz vieler Arbeit. 'ganz fest knuddel'
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3. Blick zurück
Petunia Dursley saß in der Küche am Tisch und dachte an eine Zeit, in der sie noch Petunia Evans hieß. Lilly war damals sechzehn, sie selbst fast achtzehn Jahre alt...
Damals hatte sie sich noch mit ihrer Schwester verstanden, doch dann nahm an einem Donnerstag das Schicksal seinen Lauf. Petunia begleitete Lilly in die Winkelgasse. Die Schwestern gingen schwatzend in den Buchladen „Florish und Botts". Lilly hat ihre Bücherliste von Hogwarts bekommen und nun gingen sie gemeinsam Einkaufen.
„Lilly, warum sehen eigentlich alle Bücher so alt aus? In Muggelbuchläden sind die Cover immer schön bunt und ansprechend."
„Petty, ist es nicht egal, wie das Buch von außen aussieht? Lernen muss man doch, was drin steht", scherzte Lilly.
Die Türglocke ging und vier Jungen betraten den Laden. Zwei Schwarzhaarige, ein kränklich aussehender Brünetter und ein kleiner, dicklicher Junge mit aschblonden Haaren. Die beiden Dunkelhaarigen blieben wie angewurzelt stehen und starrten zu den Schwestern.
„Hallo, Evans, auch hier in der Winkelgasse?", fragte einer der Beiden und seine braunen Augen glänzten.
„Hallo Potter, deine Beobachtungsgabe ist sensationell wie immer", antwortete Lilly kühl.
„Wer ist denn das?", fragte der andere etwas ungehobelt.
Seine blauen Augen starrten Petunia an. Lilly funkelte zornig zurück.
„Unterstehe dich, Black. Reichen dir die Mädchen nicht mehr, die dir scharenweise nachrennen? Lass deine hemmungslosen Finger von meiner Schwester."
„Hallo, ich heiße Sirius. Und du?", fragte Sirius unbeeindruckt von Lillys Warnung.
„Ich bin Petty", antwortete sie mit einer leichten Röte auf den Wangen.
„Komm, wir gehen, wir kommen später noch mal her."
Lilly schob ihre Schwester an den beiden schmachtenden Jungen vorbei und bemerkte, wie Lupin sich nur schwer ein Lachen verkneifen konnte, während Pettigrew ein schmieriges, anzügliches Grinsen zeigte.
„Wer waren denn die beiden?", fragte Petunia neugierig.
Der freche Junge hatte ihr imponiert. Hatte sich doch auch mal jemand für sie interessiert und nicht immer nur für ihre kleine, hübsche Schwester. Doch Lily sah sie vorwurfsvoll an.
„Petty, Sirius ist der größte Weiberheld auf Hogwarts. Außerdem ist er fast zwei Jahre jünger als du. Jetzt mal ehrlich, du kannst ihn doch nicht nett finden, oder?"
Lilly sah ihre Schwester skeptisch an. Petty lachte laut und zwinkerte Lilly zu.
„Ja, klar, und du kannst diesen Potter ebenfalls nicht ausstehen. Erzähl´ doch keine Märchen. So zickig wie du warst musst du ja ganz schön verknallt sein."
Kichernd zogen die beiden durch die Winkelgasse und besorgten Lillys neue Schulsachen und Klamotten. Da es für einen englischen Sommertag ungewöhnlich heiß war, kehrten sie in Florean Fortescues Eisdiele ein und bestellten zwei große Eisbecher.
Kaum hatten sie den ersten Löffel Eis im Mund zerlaufen lassen, als die vier Jungs sie erspähten. Stühle wurden herbei geschafft, und schon saßen sie zu sechst um den kleinen Tisch herum.
„Du magst Fruchteis, wie ich sehe", bestaunte Sirius Petunias großen Eisbecher.
„Ja, was dagegen? Oder willst du sagen, ich wäre zu dick, um soviel Eis zu essen?", ihre Augen verengten sich.
Das war natürlich eine rein rhetorische Frage, denn Petunia war sehr schlank, eher sogar etwas dürr.
„Nein … natürlich nicht … was denkst du … von mir?", entrüstete sich Sirius.
„Das werde ich dir nicht auf die Nase binden", antwortete Petunia geheimnisvoll.
Ja, so hatte sie ihn kennen gelernt – ihn, Sirius Black, ihre erste große Liebe. Wie lange das schon her war. Bis heute hatte sie nicht mehr daran gedacht, hatte nicht mehr daran denken wollen - es tat immer noch zu weh.
Es waren die schönsten Monate ihres Lebens. Zum Abschied am Hogwarts Express gab ihr Sirius einen Kuss. Sie konnte ihn beinahe immer noch auf den Lippen spüren. Beinahe täglich schrieben sie sich Briefe, sie hatte sie alle aufbewahrt, in einer kleinen Kiste im hintersten Winkel des Kellers.
Dann kamen die Weihnachtsferien und Lilly eröffnete, dass sie und James Potter ein Paar waren. Petunia freute sich, es bedeutete, das James und Sirius ein paar Tage zu Besuch kamen. Es wurde das schönste Weihnachten, das Petunia je erlebt hatte. Endlose Stunden des Alberns, des Scherzens aber auch des Schmusens und …
Der Abschied schmerzte diesmal besonders. Noch nie war sie so eifersüchtig auf ihre Schwester wie jetzt. Wieso nur konnte Lilly immer mit James zusammen sein, und sie musste auf Sirius bis zu den Osterferien warten.
Als sich Lilly dann aber bei einem Zaubertrankunfall so sehr verletzte, dass sie für längere Zeit in der Krankenstation bleiben musste, reiste Petunia mit ihren Eltern nach Hogwarts, um sie zu besuchen. Nachdem sie Lilly eine Zeit lang Gesellschaft geleistet hatten, erklärte James sich bereit, Petunia zum Gemeinschaftsraum der Gryffindors zu bringen. Der Weg dorthin war interessant und Petunia staunte nicht schlecht. James öffnete den Eingang und ließ Petunia ein, verabschiedete sich dann aber und ging zurück zu Lilly. Petunia betrat langsam den Raum und sah sogleich ein bekanntes Gesicht.
„Hallo Remus", begrüßte Petty den schüchternen jungen Zauberer, der in einem Sessel vor dem Kamin saß.
„Petunia … was … wie … was machst du hier?", stotterte er entsetzt.
Weshalb war Lupin nur so aufgeregt? Es war ihm ja beinahe peinlich, dass sie hier war. Warum nur?
„Kannst du mir sagen, wo Sirius ist?"
„Also Petty … nun … ich … ich glaube … ich denke, er ist nicht da. Er ist zur Bibliothek, soviel ich weiß. Soll ich dir zeigen, wie man hinkommt?" Remus erhob sich hilfsbereit.
„Aber Remus, was erzählst du der netten Petty da? Sirius ist doch oben, oder? Ich habe ihn vorhin nach oben gehen sehen. Du warst wohl zu sehr in dein Buch vertieft", plapperte Peter Pettigrew.
Petunia hatte auf einmal das Gefühl, dass Remus sehr genau wusste, dass Sirius oben war, es ihr aber nicht sagen wollte.
„Welche Treppe?", fragte sie kurz.
Peter nickte mit dem Kopf in Richtung einer der Treppen. Petunia schritt bestimmt die Stufen hinauf, blieb im Flur stehen und vernahm ein Stöhnen und Keuchen. Mit einer düsteren Vorahnung stieß sie die Tür auf. Ihr Atem stockte – auf einem der Himmelbetten lag IHR Sirius hüllenlos auf einem ebenfalls unbekleideten Mädchen und schien sich zu amüsieren. Petunia öffnete und schloss ihren Mund tonlos, doch das Mädchen bemerkte sie an der Tür und quiekte laut. Sirius wirbelte verärgert herum, doch als er Petty sah, starrte er sie erschrocken an.
„Petty!"
Doch Petunia rannte die Treppen hinab durch den Gemeinschaftsraum und entschwand durch das Eingangsloch in der Wand. Einige Ecken weiter lehnte sie sich heulend an die Wand und rutschte langsam auf den Boden. Doch Sirius war ihr nachgelaufen, nur mit einem Handtuch bekleidet.
„Petty, bitte, es tut mir leid ... schrecklich leid. Sag mir, was ich tun kann, um es wieder gut zu machen."
„Spinnst du? Glaubst du allen Ernstes, dass man da noch etwas gut machen kann?"
„Ich … du … bitte nicht!"
Seine großen, blauen Augen sahen sie angstgeweitet an. Doch Petunia konnte nicht, es schmerzte zu sehr. Tränen schossen aus ihren Augen. Sirius versuchte, sie in seinen Arm zunehmen, um sie zu trösten. Allerdings konnte sie seine Berührung nicht ertragen, ihre Handfläche traf hart seine Wange, die sich auch sofort rötete.
„Geh, Sirius – geh! Ich möchte dich NIEMALS wieder sehen!", brüllte sie ihn an.
Mit gesenktem Haupt trollte sich Sirius mit hängenden Schultern davon.
Petunia stand hilflos auf dem Flur und wusste nicht wohin. Ein kleines Mädchen bot ihr ihre Hilfe an.
„Kann ich dir helfen? Geht es dir nicht gut? – Soll ich dich in den Krankenflügel bringen?", fragte die Kleine.
Petunia konnte nur nicken, kein Wort wollte über ihre Lippen kommen. Ein dicker Kloß hing in ihrem Hals und so sehr sie auch schluckte, er wollte nicht verschwinden. Vor der Tür dankte sie dem Mädchen, das sich schnell entfernte. Petunia versuchte ihre Augen zu trocknen, damit niemand etwas merkt.
Kurz darauf trat sie an das Bett ihrer Schwester und alle redeten über das Unglück und wie arm Lilly doch war. Die arme Lilly, mit ihren Schmerzen, ihren Verletzungen …
Doch Petunia sah nur eine glücklich lächelnde Lilly in den Armen von James, über die sich alle Sorgen machten und sich rührend um sie kümmerten.
Wieder zu Hause saß sie nachts in ihrem Bett und heulte. Sie schwor sich an diesem Abend, dass sie nie wieder etwas mit der abartigen Zaubererwelt und auch mit ihrer perfekten Schwester zu tun haben wollte. Sie wollte sich einen rechtschaffenen Mann suchen und glücklich werden.
Nun saß sie da - verheiratet mit Vernon Dursley, hatte alles, was sie sich immer gewünscht hatte, und es war ihr sogar gelungen, ihren magischen Neffen Harry elf Jahre lang zu fast zu ignorieren. Doch dann kam der Brief von Hogwarts und so sehr sie sich auch sträubte, die Erinnerungen kamen zurück.
Bis Harry letzten Sommer erzählte, dass sein Pate Sirius Black gestorben sei. Sie hatte es zuerst nicht glauben wollen. Aber trösten konnte sie den Jungen nicht, um sich nicht Vernon gegenüber zu verraten. So musste sie alleine trauern, um ihn – um Sirius.
So saß Petunia Dursley leise weinend am Tisch ihrer Küche.
tbc
