Hier das versprochene zweite Weihnachtskapitel. Leider nicht gebetat, denn auch Betaleserinnen haben Familien und feiern Weihnachten, also duckt Euch wenn ein Fehler auf Euch zukommt!
24. Einblicke
Ginny erwachte. Ein Druck auf ihrer Schulter hatte sie geweckt. Doch damit begann nur das Problem, denn Snape lag immer noch dicht hinter ihr und hielt sie fest im Arm. Vorsichtig versuchte sie sich aus der Umarmung zu drehen, doch kaum war sie einige Zentimeter weggerückt, zog der Tränkemeister sie mit einem Unmutsbrummen wieder zu sich. Die junge Hexe wurde unruhig, diese Nähe war beängstigend. Auch wenn er ihr in der vergangene Nacht die Geborgenheit gab, welche sie brauchte.
Es klopfte laut an der Tür.
„Snape!", brüllte eine Frauenstimme von draußen.
„Lass mich schlafen", murrte Snape im Halbschlummer.
Das Poltern an der Tür wurde lauter, Ginny erwartete, dass die Tür bald eingetreten würde – Sie hatten wahrscheinlich Rockwood entdeckt … er war gefunden worden … sie waren gekommen um sie zu töten … sie und Snape – Mit beiden Händen packte sie seinen Oberarm und schüttelte so fest sie konnte. Sein Kopf schnellte nach oben verwirrt sah sie kurz an. Dann stupste er sie erschrocken ein Stück von sich weg.
„Was soll das?", knurrte er.
„Bei Merlin mach diese Tür auf, Snape!", donnerte die Frau auf dem Flur.
Griesgrämig stand Snape auf und ging nur mit der Unterhose bekleidet zur Tür. Öffnete diese, verdrehte die Augen und schnauzte dann Bellatrix Lestrange an:
„Was willst du schon wieder von mir? Kannst du nicht zu anständigen Zeiten kommen? Also, was willst du?"
„Hab ich dich gestört?"
Sie sah an ihm vorbei und erblickte Ginny, die verängstigt in ihrem Nachthemd auf dem Bett saß und die Decke hochgezogen hatte.
„Oh, dein Spielzeug! Sie sieht wirklich schon fast aus wie eine Frau. Das sie noch keine Persönlichkeit hat stört dich sicher nicht, du hast ja auch keine."
Snape warf ihr einen gelangweilten Blick zu. „Willst du sie behalten? Sie ist es ja gewohnt in einem verlausten Drecknest zu wohnen, sie würde sich in deinem ‚Haus' bestimmt sehr wohl fühlen", höhnte Bellatrix.
„Was willst du Lestrange? Wenn du nur gekommen bist, um mich zu langweilen, hättest du dir den Weg sparen können", antwortete er ruhig, doch Ginny kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er vor Zorn bebte.
Bellatrix stolzierte zum Bett hinüber, ignorierte Snapes Protest und grinste die rothaarige Hexe abfällig an.
„Du scheinst nicht sehr anspruchsvoll zu sein. Oder kennst du noch nichts Besseres? Wenn es dir nach einigen Wochen mit diesem Ekel immer noch so gut geht. Aber er ist ja genauso ein unwürdiges Mitglied der Gesellschaft wie deine ganze Familie, Kleine. Glaube mir, wenn du sein verlottertes, ärmliches Haus siehst, wirst du dich gleich wie daheim fühlen", spottete sie.
„Besser arm, geliebt und glücklich als reich, kaltherzig und hochnäsig", fauchte Ginny.
„Dein Spielzeug kann ja sprechen. Ist das nicht lästig?", Bellatrix ließ ihr furchtbares Lachen hören.
„Könntest du endlich zur Sache kommen? Ich habe anderes zu tun, als mich mit dir zu unterhalten."
„Das kann ich mir vorstellen, wo du endlich jemanden gefunden hast, der nicht vor dir davon laufen kann. -- Aber nun zum eigentlichen Grund meines Kommens. Weißt du wo Rockwood geblieben ist? Er wollte gestern Abend noch zu dir und seither hat ihn niemand mehr gesehen."
„Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen, aber wir hatten gestern keinen Besuch. Auch nicht Rockwood, vielleicht ist ihm etwas dazwischen gekommen."
„Das wird sich zeigen", polterte Bellatrix und schritt aus dem Zimmer.
Kaum hatte sich die Tür geschlossen schlug Snape mit der Faust gegen den hohen Bettpfosten. Der folgenden Verwünschung war zu entnehmen, dass es ihm große Schmerzen bereitete.
„Diese blöde, impertinente, aufgeblasene, dumme Kuh. Denkt sie wäre was Besseres, nur weil sie ein Reinblut ist", schimpfte er los.
„Wie alle Todesser", warf Ginny gedankenlos ein.
Snape glotzte sie ungläubig an. Doch Ginny sah ihm ruhig in die Augen.
„Es ist aber wirklich so! Wenn man ein Habblut und mittellos bist, will niemand etwas mit einem zu tun haben. Beachtung erfährst man nur, wenn man Reinblütig und vermögend bist. Oder wenn man mächtig genug ist, dass sie vor einem zittern. Wenn man den Frauen keine Geschenke und Ansehen bieten kann, behandeln sie einem wie den letzten Dreck. Genauso wie Bellatrix es tut", sagte er bitter.
„Wer würde schon eine Frau wie Bellatrix Lestrange wollen? Dann kann man genauso gut einen Eisblock heiraten, nur wird man den wieder los, wenn er schmilzt."
Ein Lächeln huschte über Snapes Gesicht.
„Willst du sagen, jemand wie DU würde … jemanden wie MICH … heiraten?"
Ginny starrte ihn an, seine schwarzen Augen sahen sie das erste Mal offen an. Das schwarze Haar hing ihm wirr ins Gesicht und stach von seiner fahlen Haut ab. Sie hatte in den vergangenen Wochen einen ganz anderen Severus Snape kennen gelernt und sie mochte diese andere Seite an ihm. Doch er war immer noch ein Todesser, der Mörder Dumbledores und der Feind Harrys - das böseste Monster, gleich nach Voldemort.
Watcher flatterte am Fenster, Snape ließ ihn herein und der Vogel setzte sich auf die Kopfseite des Bettgestells.
„Nein! Denn …", begann Ginny.
„Siehst du! Ich wusste es!", unterbrach er sie heftig.
„Ich würde niemals einen feigen Mörder heiraten!", keifte die Hexe ärgerlich.
„Ich bin kein feiger Mörder!", donnerte er zurück.
„Hat sich Dumbledore etwa selbst in den Todesfluch gestürzt?" Die Wut ließ ihre Stimme zittern.
Snape schnappte nach Luft, eine unheildrohende Röte zeigte sich auf seinen Wangen. Er stieß Ginnys Oberkörper aufs Bett und setzte sich auf sie, den Zauberstab, den er vom Nachttischchen nahm, hielt er ihr an die Kehle.
„Wage es ja nicht, noch einmal so mit mir zu reden! Sonst …"
„Dann tun Sie es doch, los! Wenn Sie keinen Widerspruch vertragen können …", Ginny stockte, woher bei allen Dämonen kamen diese Worte.
Snapes Hand begann zu zittern, seine Lippen wurden noch schmaler. Ginny bekam Angst, was würde er jetzt tun?
Würde er sie töten oder bestrafen?
Doch er starrte sie nur an und hielt immer noch zitternd, aber kraftloser seinen Zauberstab an ihren Hals.
Die junge Hexe nahm ihren ganzen Mut zusammen und fasste nach seiner Hand, tastete den Stab und Snape ließ ihn sich ohne Gegenwehr aus der Hand nehmen.
„Warum haben Sie es getan? Auch wenn Sie auf Voldemorts Seite stehen, Dumbledore hat Ihnen nie etwas getan", fragte sie sanft.
Watcher krächzte auf seinem Platz, doch keiner der Beiden beachtete ihn. Ginny vernahm einen fremdartigen Sprechgesang, der ihr dennoch seltsam vertraut vorkam. Woher nur kannte sie … das war doch die Sprache der alten Druiden, mit der heute noch Heiratszeremonien in der Zaubererwelt abgehalten wurden? Die schwarzen Augen des Tränkemeisters waren auf einmal wie vernebelt.
Bilder, fremde Bilder … entfernte Erinnerungen traten vor Ginnys inneres Auge. Obwohl sie nicht wusste, was passierte, siegte ihre Neugierde. Sie gab sich den fremden Eindrücken hin:
‚Ein kleiner Junge mit einem geflickten Teddybär saß in einem schmutzigen winzigen Garten – ein etwas größeres Kind saß in einer Ecke und weinte während ein Mann eine vor ihm sitzende Frau anbrüllte: „Du hättest mir sagen müssen, dass du eine Hexe bist, bevor wir diesen kleinen Bastard auf die Welt gesetzt haben." Und Ginny fühlte Wut – die Frau weinte sich am Bett ihres Kindes aus, der kleine Junge versuchte sie zu beruhigen – Der gleiche Junge stand auf einem Pausenhof. Die anderen Kinder standen auf der gegenüberliegenden Seite des kleinen Hofes und zeigten mit den Fingern herüber. „Seht ihn euch an, den Freak! Genauso verrückt wie seine Mutter." und wieder verspürte Ginny Wut – Ein schwarzhaariger Schüler in einer Slytherinrobe saß auf seinem Bett und die Mitschüler amüsierten sich über seine gebrauchten Bücher und abgelegten, alten Roben – den jungen Snape wie er einer rothaarigen jungen Hexe nachstierte, doch Ginny konnte das Gesicht nicht erkennen – der junge Snape wie er kopfüber in der Luft hing und daneben Black, Potter und Pettigrew die ihn verhöhnten – James Potter, der eine rothaarige Hexe küsste (endlich verstand Ginny, das war Lily Evans … doch warum beobachtete Snape Harrys Mutter?) - ein dunkelhaariges Mädchen, das Snapes Einladung zum Abschlussball lachend und höhnend ausschlug und wieder diese dunkle, grollende Wut – Snapes erstes Treffen mit Voldemort - Snape wie er Dumbledore und Trewlaney in einem kleinen schmutzigen Zimmer belauschte, bis der Wirt ihn verjagte – wie er Voldemort berichtete – Mrs Snape, die bei einem Todesserüberfall ums Leben kam – die Beerdingung seiner Mutter, an der außer ihm keiner teilnahm - ein Gespräch Snapes mit Dumbledore – ein Gespräch mit Voldemort über den Plan Hogwarts auszuspionieren – seine erste Unterrichtsstunde - wie er zum Haus der Potters kam, als der dunkle Lord seine Tat vollbracht hatte – sie sah den toten James Potter, Harry als Baby, Voldemorts Umhang und seinen Zauberstab auf dem Boden und neben der Wiege lag Lily Potter, Snape rannte davon – Ginny wurde Zeuge eines Alkoholexzesses, wie sie ihn noch nie gesehen hatte, dass Snape das überlebt hatte, kam ihr wie ein Wunder vor– seine erste Begegnung mit Harry – Snapes Diskussion mit Dumbledore in der Snape dem ehemaligen Schulleiter von dem unbrechbaren Fluch berichtete. Snapes Entsetzen, als Albus Dumbledore von ihm verlangte den Schwur auf alle Fälle einzuhalten, den folgenden Streit – sie und Harry – die Situation auf dem Astronomieturm …', Snape unterbrach mit einem Aufschrei die Bilder.
Ein Schmerz durchdrang Ginnys Kopf, langsam nahm sie die Realität um sich herum wieder war. Snape starrte sie fassungslos an:
„Wie bei allen Dämonen hast du das gemacht? … Außer Dumbledore hat es noch nie jemand geschafft in meine Gedanken einzudringen? Nicht einmal dem dunklen Lord ist es gelungen … woher nimmst du diese Kraft?", argwöhnisch betrachtete er Ginny.
„Ich habe nicht … ich kann doch gar nicht …wie sollte ich?", stotterte Ginny ängstlich, denn Snapes Blick war mörderisch.
„Bist du jetzt endlich zu frieden?", blaffte er.
„Warum musste Dumbledore sterben?", Ginny nahm allen Mut zusammen.
„Weil der alte Narr den Trank getrunken hatte … weil ich ihn umgebracht habe", zischte Snape aufgebracht. Er ließ sich auf die Bettkante sinken.
„Welchen Trank?", fragte Ginny irritiert.
„Ich habe für den dunklen Lord vor etwa zwanzig Jahren einen fürchterlichen Trank erfunden. … Wer ihn trinkt, leidet über Stunden an den schlimmsten Alpträumen, die man sich vorstellen kann. Bis schließlich das Gehirn so angegriffen ist, dass das Opfer den Rest seines Lebens in einem ewigen Dämmerzustand lebt. Ich nannte ihn den ‚flüssigen Kuss des Dementor'. ICH habe diesen Trank hergestellt - zweimal in meinem Leben. Einmal für den dunklen Lord und dann für Regulus Black der ihn im Auftrag des dunklen Lords holte - Als ich auf dem Astronomieturm Dumbledore vor mir sah, musste ich mich entscheiden. Sein Leben oder meines, ob du es mir glaubst oder nicht, ich war bereit zu sterben … Doch dann roch ich den Trank, ich erkannte ihn sofort. … Hätte ich einen brillanten Mann wie Albus Dumbledore in Demenz vor sich hindämmern lassen sollen? Und er wusste auch, was er da getrunken hatte, er hatte es mit Absicht …", Snapes Stimme versagte.
„Hätte man Dumbledore nicht doch noch helfen können?"
„Nein! Der Trank war so verdammt genial, dass er nicht zu stoppen war. … Wie hatte ich ihn nur erfinden können und dann auch noch stolz darauf sein?"
Minutenlang lagen sie schweigend nebeneinander auf dem Bett. Ginny hatte die Augen geschlossen und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Sollte sie … nein, konnte sie das glauben? Wollte sie es? Wenn sie an den Snape dachte, den sie kennen gelernt hatte, hier während ihrer Gefangenschaft … Doch sie glaubte ihm.
„Weshalb haben Sie Harrys Mutter beobachtet? Haben Sie sie gemocht?", die Frage bohrte in ihrem Kopf.
„Das geht dich nun wirklich nichts an!", schnarrte er, packte seinen Zauberstab und flüchtete förmlich vom Bett und dann aus dem Zimmer.
Snape kam abends nicht zurück und auch den nächsten Tag hörte und sah Ginny nichts von ihm. Nur Paxy leistete ihr ab und zu Gesellschaft und brachte ihr etwas zu Essen.
„Paxy ist wieder hier, Miss", der kleine Hauself strahlte und hielt Ginny ein Päckchen unter die Nase.
„Was ist das Paxy? Ein Geschenk? Weshalb?" Ginny war ehrlich überrascht.
„Miss hat Geburtstag heute", strahlte der Hauself und seine langen Ohren schienen vor Aufgeregtheit zu zittern.
„Oje, daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Woher weißt du das? Und weshalb hast du ein Geschenk für mich? Hauselfen schenken doch nur ihren Herren Geschenke."
„Das ist nicht von mi … ich wollte sagen …", erschrocken blickten die großen Augen zu ihr auf.
„Von wem ist das Geschenk? PAXY! Sag' die Wahrheit, von wem ist das?"
Das kleine magische Wesen starrte auf seine Füße und begann zu stammeln „Dem Master – Aber bitte, bitte sagen Sie nichts. Er wird sehr wütend, wenn er weiß, dass ich mich verplappert habe."
Ginny legte das Geschenk ungeöffnet weg: „Ich werde nichts sagen."
„Aber Sie müssen es noch öffnen", Paxy lächelte sie an.
„Ich will kein Geschenk von dem!", zischte Ginny.
„Aber Miss, er hat gesagt, ich muss dafür sorgen, dass Sie es tragen. Bitte!", flehte der Hauself.
Ginny schnaubte und griff sich das kleine Packet wieder. Gleichgültig wickelte sie es auf und eine Kette mit einem Runenanhänger kam zu Vorschein. Es war ‚Algiz' die Rune für Schutz, Leben und Geleit. Fragend sah Ginny den Hauselfen an, doch dieser zuckte nur die kleinen Schultern.
tbc
